Gelebte Zeit - Seiten 1-175

  • Migränebedingt bin ich in den letzten zwei Tagen ausgefallen. Aber jetzt geht es mir wieder besser.


    Bis Seite 150


    In dem Kapitel, in dem Katinka von ihren Eltern geschlagen und gedemütigt wird, habe ich geweint, so nahe ist es mir gegangen. Salome handelt richtig in meinen Augen, denn sie sieht die Situation aus ihrer Erfahrung heraus und schätzt sie richtig ein, denn Elijah hat leider keine Beweise für das, was er gehört hat. Dieses Kapitel war für mich sehr hart und schwer zu ertragen, aber alle hier haben Mut bewiesen: Katinka, dass sie wieder in diese Situation zurückgekekehrt ist, Elijah damit, dass er sich um Katinka gekümmert hat, und Salome damit, dass sie Katinka einen Weg gewiesen hat. Ihre "Wir sind anders, und das ist gut so"-Rede fand ich klasse, man hättte sie aber teilweise auch daraufhin interpretieren können, dass sie anders sindm, weil sie Juden sind. Diese Doppeldeutigkeit hat mir gut gefallen (vielleicht interpetiere ich aber auch zu viel in den Text hinein).


    Dass Dr. Aslan Kinderarzt ist und dann seiner Tochter so etwas antut, ist unfassbar. Ein aufwühlendes Kapitel.

  • "Never let me down again" - ich weiß, dieses Kapitel ist heftig und es war für mich auch beim Schreiben das schlimmste, da ich mich an Dinge erinnern musste und sie dabei nachfühlen, die ich eigentlich schon aufgelöst zu haben glaubte.

    Und plötzlich fand ich mich doch wieder in diesem dunklen Tal und musste noch einmal in diese alten Schmerzen hineingehen ... mich ganz genau an meine Gefühle und an die Worte und Taten erinnern, die mich damals so verletzt haben - und es gab niemanden, der mich rausgeholt hat.

    Das soll jetzt nicht euer Mitleid erregen, ganz im Gegenteil: Es zeigt, wie viel man als Mensch überstehen, in sich heilen und trotz des Erlebten aus der Opferrolle herausfinden und glücklich werden kann. Wäre ich nicht in der Balance gewesen, hätte ich diese Passagen niemals schreiben konnten. Inzwischen ist so viel innere Stabilität in mir gewachsen, dass ich voriges Jahr in der Lage war, noch einmal alles nachzufühlen, als würde es gerade geschehen ... die Ohnmacht, die Wut, die Angst, den Schmerz.

    Ein Zuckerschlecken war das nicht und manchmal habe ich mich gefragt, warum ich mir das eigentlich antue, aber heute bin ich froh darum und es ist mir ja auch gelungen, mich zu erinnern, ohne vollkommen darin unterzugehen. Das aufzuschreiben, was ich mir damals so sehnlichst gewünscht habe - nämlich dass da jemand ist, der mich aus einer solchen Situation rausholt und beschützt -, hat das Erlebte im Nachhinein in Liebe und Licht gebettet und auch dadurch ist Heilung geschehen (Schreiben ist so machtvoll!).


    Ich hoffe einfach, dass die Leser trotz dieses Kapitels dran bleiben und nicht aussteigen ...


    "Never let me down again" war damals übrigens ein Song, der für mich wie eine Überlebenspille war. Ich hab ihn zu Hause auch einmal so laut aufgedreht als Protest, dass die Wände gewackelt haben ... ;-) Er musste die verletzenden Worte übertönen, die ich einfach nicht mehr hören konnte.

    Aber auch hier: Ich schreibe das nicht, um Bedauern zu ernten - und im Laufe des Buches kommen wir der Ursache des Ganzen auch noch näher. :-)


    Ich bin meinen Eltern - Gott hab sie selig - heute in Liebe und Dankbarkeit verbunden. Ich habe so viel von ihnen gelernt. Es muss sie unendlich geschmerzt haben, diese Situationen mit mir zu erleben; so, wie es mich geschmerzt hat. Und doch war es mir wichtig, dieses Thema in einem Buch aufzugreifen, denn es ist wichtig, dass darüber gesprochen wird und so etwas irgendwann nicht mehr passiert ... Ich habe versucht, das zu tun, ohne anzuprangern und zu verurteilen. Ein komplexes Thema, über das wir sicher noch ein paar Mal sprechen werden.

  • Alive

    Elijah hat es nicht leicht bei seiner Stelle in der Psychiatrie. Er ist dort von so viel Leid umgeben. Ich bin mal gespannt, ob er sein Vorhaben mit dem Studium weiter durchzieht. Offenbar ist ihm klar geworden, dass er Katinka dadurch wohl doch nicht besser verstehen kann.

    Katinka taucht unterdessen wieder bei Elijah zuhause auf. Anstatt ihn, möchte sie aber seine Mutter Salome sprechen. Anscheinend hat Salome es geschafft, Katinkas Vertrauen zu gewinnen. Salome und Elijah sehen die Blutergüsse und Wunden auf Katinkas Rücken. Klar, dass Elijah am liebsten sofort handeln würde, aber seine Mutter kann ihn zurückhalten.


    The Power of Love


    Ich fand es krass, wie offen Katinka vor Elijah über ihre Gefühle spricht. Vorher hat sie sich ja eher zurückgehalten. Ich konnte richtig ihre Angst und Ohnmacht spüren und kann mir vorstellen, wie schwer es für Katinka ist, dass ihr Vater so unberechenbar ist. Erst dachte ich, dass es blöd von ihr ist, ihren zu verteidigen. Aber es ist eben ihr Vater und sie ist mit ihm aufgewachsen und liebt ihn sicher auch. Wie ja auch von Salome gesagt wird, empfindet Katinka ihre Situation als normal. Obwohl sie ja schon merkt, dass es ihr weh tut und dem gerne entfliehen würde. Die Kraft bringt sie aber erst jetzt auf, wo sie Menschen hinter sich stehen hat, die sie auffangen. Ich denke, dass Kinder in solchen Situationen wirklich machtlos und handlungsunfähig sind. Es muss schlimm sein immer so hin und her gerissen zu sein zwischen: Das ist mein Papa, den habe ich lieb und eigentlich hat er mich doch auch lieb. Und: Wieso tut er mir dann weh? Das kann so nicht richtig sein.


    Bei Levy warte ich immer noch darauf, dass zu ihm mal etwas mehr Erklärungen kommen.

    Ja, definitiv. Mir sind bis auf Elijah, Salome und Katinka alle Charaktere bisher etwas zu blass. Und auch bei manchen Handlungssträngen hätte ich mir gewünscht, dass sie weiter ausgeführt worden wären. Aber ich denke der Fokus des Buchs liegt einfach auf anderen Dingen.

    "Never let me down again" - ich weiß, dieses Kapitel ist heftig und es war für mich auch beim Schreiben das schlimmste, da ich mich an Dinge erinnern musste und sie dabei nachfühlen, die ich eigentlich schon aufgelöst zu haben glaubte.

    Und plötzlich fand ich mich doch wieder in diesem dunklen Tal und musste noch einmal in diese alten Schmerzen hineingehen ... mich ganz genau an meine Gefühle und an die Worte und Taten erinnern, die mich damals so verletzt haben - und es gab niemanden, der mich rausgeholt hat.

    In Bezug darauf würde es mich sehr interessieren, warum du dich entschieden hast, das Buch aus Elijahs Perspektive zu schreiben.

  • Amy410 Ich glaube, aus Katinkas Perspektive wäre das Buch für die Leser einfach nicht zu ertragen gewesen ... Dann wäre es zu dunkel, zu düster und hoffnungslos geworden und das wollte ich auf keinen Fall.

    Dadurch, das Elijah erzählt, wird selbst die dunkelste Episode in Licht und Wärme gehüllt - und ich glaube, es bleibt trotzdem genügend Identifikationsspielraum mit Katinka für die Leserinnen. Denn ich lasse Katinka immer recht viel erzählen, sodass ihre Stimme gut hörbar und fühlbar ist.

  • Ich kann momentan leider nur übers Handy kommentieren.


    Bis Seite 175

    Ich war wirklich sehr schockiert, als ich erfahren habe, dass Herr Aslan Kinderarzt ist. Klar hat der Beruf nichts mit dem Charakter eines Menschen zu tun, aber irgendwie hat man doch eine Idealvorstellung dieser im Kopf, was die Hadlungen automatisch noch viel schlimmer macht. Wobei das ja eigentlich Schwachsinn ist, denn schlimm ist schlimm, egal wer oder was es begangen hat und dennoch stößt einem sowas sauer auf, vorallem wenn man selbst noch Kinder hat.


    Ich finde es toll, wie sich die ganze Familie um Katinka kümmert und geschlossen hinter ihr steht. Wenn man einfach so dahin ließt, vermutet man nichts von den anfänglich genannten Eheproblemen.


    Ich bin gespannt wie das Gespräch mit Katinkas Vater verlaufen wird ... ich ahne nichts Gutes.

  • Schönen guten Morgen!


    Danke für deine Offenheit, Bettina! Dass das Kapitel schwer für dich zu schreiben war, kann ich gut nachfühlen, aber ich glaube, dass es wegen deiner eigenen Erfahrungen unheimlich echt und real ist. Ich finde es sehr wichtig, dass es dieses Buch gibt, denn in so vielen Familien ist Gewalt gegen Kinder Alltag, und dein Buch sensiblisiert dafür.


    Bis Seite 175


    Wie schön und sicher auch sehr heilsam für sie, dass Katinka ihre Gefühle Elijah anvertraut. Es ist für sie das erste Mal, dass sie über das reden kann, was sie erlebt.

    Nun kommt auch Wolfgang, Elijahs und Levys Bruder, zum Zug, und er hat sofort einen Draht zu Katinka.


    Die ganze Familie ist für sie ein Fels in der Brandung, der hinter ihr steht.


    Elijahs Erfahrungen in der Psychatrie kosten ihn seine ganze Kraft, aber er lernt auch viel.


    Schön finde ich auch, dass Robin wieder in Erscheinung tritt, und reagiert sehr reif für sein Alter und geistesgegenwärtig.


    Bei Allem, was Katinka wiederfährt, beruhigt es mich zu wissen, dass sie Robin und seine Eltern und Elijahs Familie hat, die zu ihr stehen.


    Die letzten beiden Kapitel dieses Leseabschnitts haben mich sehr berührt.


    Besonders nahe gegangen ist mir die Bemerkung, dass Katinka es kaum glauben kann, eine ganze Pizza für sich allein bestellen zu dürfen. Das sagt fast mehr über ihre Familie aus als die Gewalt, die sie dort erlebt.


    Gute-Nacht-Klopfzeichen habe ich mir mit meiner Schwester in unserer Kindheit auch gegeben, deshalb hat dieser kleine Satz ich schmunzeln lassen und schöne Erinnerungen geweckt.

  • Besonders nahe gegangen ist mir die Bemerkung, dass Katinka es kaum glauben kann, eine ganze Pizza für sich allein bestellen zu dürfen. Das sagt fast mehr über ihre Familie aus als die Gewalt, die sie dort erlebt.

    Da stimme ich dir an sich auch zu, auch wenn ich es immer wieder in amerikanischen Filmen und Serien sehe dass sich da tatsächlich ganze Familien EINE Pizza teilen (auch zu fünft!). Da frage ich mich dann auch jedes Mal wie man denn bitte von einem Pizzastück satt werden soll. :-s

    Scheinen mir sehr seltsame Sitten zu sein. Bei uns bekommt ja jeder seine eigene normalerweise.

    "I'm one with the force, the force is with me..." - Chirrut Imwe (Star Wars: Rogue One)

    俺は、お前を裏切らない - Ich werde dich nicht verraten

  • Seite 151-175

    Alive


    Das freut mich riesig für Elijah, da er die Zusage, nach dem Ersatztermin für das Vorstellungsgespräch , bekommen hat. Hoffentlich verbaut er nicht seine Chance.

    Es ist eine super Geste von ihm, das er seinen Urlaub gekenzelt hat, damit Katinka nicht vor der zuen Tür steht. Aber war es auch richtig. Ist es richtig, das er jetzt alles auf sie aufbaut. Klar, ist es toll und ich will mich auch nicht fies oder gefühlskalt darstellen. Aber es könnte ja sein, das sie wirklich nie auftaucht. Und will er dann auf alles verzichten?

    Ich kann mir sehr gut vorstellen, das die Arbeit in einer Psychatrie sehr anstrengend ist und seine eigene Psyche geht. Wenn man so viele kaputte Seelen sieht, muss es an die eigene Seele gehen, sonst hat man kein Gefühl. Klar gibt es welche die gelernt haben nicht alles an sich zu lassen, damit man selber nicht kaputt geht. Aber dafür ist Elijah erst zu kurz da.

    Toll, das Katinka den Mut gefunden hat zu Elijah und Salome zu kommen, Das, das mit dem Handy nicht funktioniert, hatte ich mir schon gedacht und das sie Salome sprechen will, war auch irgendwie klar. Denn Salome ist eine Frau und ich könnte mir vorstellen, das in ihrer Situation, eine Frau besser ist. Denn da kann sie offener Reden.

    Ich habe so eine Wut auf den Vater, wie kann er seine eigene Tochter so was antun und sie so verprügeln. Sie muss es ja unendliche Schmerzen haben, nicht nur am Körper, sondern auch Seelische. Der Vater sollte eine Person sein, zu dem man Vertrauen hat, zu dem man in die Arme flüchten kann und die einen trösten. Nicht eine Person vor der man flüchtet oder vor der man Angst hat.


    The Power of Love


    Zitat

    Seite 164:


    "Ich würde sagen, jeder Schlag ist einer zu viel."

    Dieser Meinung bin ich auch.


    Und was damit passiert, wenn man sein Kind so oft schlägt und 1 x im Monat ist oft, sieht man ja an Katinka. Sie hat richtige Angst und kann sich auch nicht wehren. Ich schätze mal, weil es immer noch ihr Vater ist und sie Angst hat, ihm etwas an zu tun.

    Auch wenn nur eine Wunde von ihm ist, ist es schlimm. Aber indirekt sind die anderen Wunden auch von ihm, denn wenn sie nicht hätte flüchten müssen, wäre das nicht passiert und es ist schlimm, das sich zu viele Opfer, auch Katinka, sich die Schuld bei sich selber suchen.

    Ich finde es super, das sie den Mut aufgebracht hat und sich Salome und Elijah zu laufen und ihnen alles zu sagen. Hoffentlich unternehmen sie jetzt was. Es muss doch was passieren.

    Oh Mann, es ist doch Scheiße, das evtl nichts passieren könnte, auf dem offiziellen Weg. Ich finde Salome sehr mutig, das sie erstens mit dem Vater von Katinka redet und dann auch noch so nett und freundlich. Und zweitens, das sie sich am nächsten Tag mit ihm alleine treffen will. Hoffentlich passiert da nichts

    Schön finde ich, das Katinka erst mal für eine Nacht, aus der Hölle kommt.

    Ich liebe das Familienritual. Eine Pizza mit Dirty Dancing und der ganzen Familie. Herrlich.Wobei Dirty Dancing noch mein absoluter Lieblingsfilm ist. Ich weiß gar nicht, wie oft ich den Film gesehen habe.

    :study: Ein Tag ohne ein Buch, ist ein schlechter Tag! :study:


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  • Da frage ich mich dann auch jedes Mal wie man denn bitte von einem Pizzastück satt werden soll. :-s

    Scheinen mir sehr seltsame Sitten zu sein. Bei uns bekommt ja jeder seine eigene normalerweise.

    Das ist mir auch unverständlich.

    es ist schlimm, das sich zu viele Opfer, auch Katinka, sich die Schuld bei sich selber suchen.

    Das sehe ich auch so. Die Schuld bei sich selbst zu suchen, ist etwas, was vielen Opfern so geht und sie zusätzlihc noch belastet.

  • Einerseits glaube ich wehrt sie sich nicht, weil sie doch große Angst vor ihm hat, andererseits sieht sie die Schuld doch auch in sich selbst. Wenn man diese Vorwürfe immer immer wieder zu hören bekommt, glaub man sie irgendwann selbst und man resigniert. Man redet sich selbst ein Schuld an allem zu sein und die anderen werden schon recht haben.

    Dass nichts passieren würde, wenn sie den offiziellen Weg gehen würden, wage ich zu bezweifeln, schließlich gibt es mehrere Mitarbeiter in einem Jugendamt und nicht nur einen und gerade wenn man bei einem Kinderarzt an die Öffentlichkeit geht, macht sowas doch gleich die große Runde und kann meiner Meinung nach nicht vertuscht werden.

    Mit Dirty Dancing an sich kann ich leider so gar nichts anfangen, aber die Pizza hätte ich auf jeden Fall genommen :wink:. Solche Familienrituale sind toll, auch wenn es sie bei uns eher wenig bis gar nicht gab.

  • Ja, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen - irgendwann glaubt man selbst, was einem gesagt wird, und hält sich auch für schuldig. Das frisst sich wie Gift in die eigenen Überzeugungen hinein. Deshalb ist psychische Gewalt nicht minder fatal ... Ich habe so oft gehört, dass ich verkehrt bin, dass ich es irgendwann selbst glaubte - und damit natürlich noch mehr Mist in mein Leben lockte ... (Resonanzgesetz :-) )

    Es ist im Grunde eine Gehirnwäsche. Das Gute daran ist: Als Erwachsener kann man ein anderes Waschmittel wählen und die Glaubenssätze umschreiben (oder zumindest überschreiben).

  • Ich weiß nicht ob psychische Gewalt für die Seele auf Dauer nicht schlimmer ist. Auch wenn natürlich beides schlimm ist und wehtut. ich vermute es natürlich nur, aber ich denke von rein physischer Gewalt kann man sich später vielleicht leichter lösen.

    "I'm one with the force, the force is with me..." - Chirrut Imwe (Star Wars: Rogue One)

    俺は、お前を裏切らない - Ich werde dich nicht verraten

  • Bis Seite 66

    Später Einstieg, aber nun konnte ich endlich meine Gedanken zusammenfassen. Ich kann es nicht richtig beschreiben, aber für mich liest sich das Buch nicht eben weg…


    Sinn eines Klassentreffens ist es doch, etwas über die ehemaligen Mitschüler zu erfahren, und dann gibt es natürlich Fragen nach Familie und Werdegang. Vor allem, wenn man wie Elijah ein bestimmtes Bild zur Schulzeit abgegeben hat und nun völlig von diesem abzuweichen scheint. Gefallen hat mir in diesem Moment seine Selbstreflektion, dass er eben nicht mehr der „der oberflächliche, erfolgsverwöhnte Casanova von früher“ ist, „dem alles leicht von der Hand ging und der sich niemals um etwas oder gar sich selbst Sorgen gemacht hat“. Weil die Begegnung mit Katinka ihn veränderte.


    Überhaupt sind es solche Sätze, die einen gewissen Verlauf der Handlung vorausnehmen oder interpretieren, die mir immer wieder ins Auge springen:

    Zitat von Bettina, Seite 46

    Ich hatte mich selten in meinem Leben so geirrt.

    Zitat von Bettina, Seite 53

    Wir hatten einen Bund mit einer dritten Seele geschlossen, ohne dass wir uns jemals bewusst dazu entschieden hatten. Es hatte vollkommen außerhalb unserer Macht gelegen. Das weiß ich heute – damals beschlich mich nur eine dunkle, ferne Ahnung, dass ich mir einreden konnte, was ich wollte: Katinka würde ich aus meinem Leben nicht mehr heraus radieren können.

    Die Handlung an sich ist für mich persönlich in den Hintergrund gerückt. Ja, es findet eine statt, doch sie ist Träger für eine intensive Darstellung von Gedanken und Gefühlen, die ja durch das Erzählen aus der Ich-Position von Elijah heraus sehr deutlich zutage treten. Elijah vermittelt uns immer, was in ihm vorgeht, und wie er emotional drauf ist und wie er das einordnet.

    Zitat von Bettina, Seite 20

    Mir war, als würde die Zeit stehen bleiben und ein Mechanismus in Gang gesetzt werden, der die bisherigen Jahre meines Lebens genau auf diesen einen Impuls gewartet hatte – dem Kontakt unserer Pupillen.

    Ich finde es bemerkenswert, dies so zu schreiben, vor allem im Angesicht der heutigen, durchaus manchmal gefühlskalt wirkenden oberflächlichen Zeit und Welt. Ich denke, das wird ein Grund gewesen sein, warum sich Verlage mit dem Buch schwergetan haben. Möglicherweise – hätte sich doch einer gefunden – wäre so lange daran „herumgedoktert“ worden, bis es den eigentlichen Sinn verloren hätte und zu einer der üblichen Geschichten geworden wäre. Die will ich nicht schlechtreden, ich lese sie durchaus auch gern. Vermutlich ist es aber nicht Bettina Intension gewesen…


    Hinsichtlich der Figurenbeschreibung möchte ich erwähnen, dass Elijah und Katinka für mich gut „greifbar“ sind. Elijah hat Potential, muss sich aber noch ein paar Sympathiepunkte zusätzlich verdienen. Hervorzuheben ist seine ausgezeichnete Beziehung zu seinem Bruder Levy. Dieser wieddderum ist mir mit seiner Art, sich um Katinka zu bemühen, gleich ans Herz gewachsen.


    Allerdings kann ich nur wenig nachvollziehen, warum Katinka als „nicht normal“ gilt. Dass sie rebellisch, respektlos und einen Ruf als unberechenbares Emotions-Jojo inne hat, wird behauptet, viel davon mitbekommen habe ich nicht. Tatsächlich erscheint sie mir emotional angegriffen, das Ausmaß wird sich wohl im Verlauf herausstellen. Schon jetzt vermute ich, dass die auf jeden Fall mit ihrer Familie, insbesondere ihren Eltern zu tun hat. Ich könnte mir vorstellen, dass dort ein strenges "Regiment" herrscht, hohe Erwartungen an Katinka gestellt, die dann in den Augen der Eltern doch nicht erfüllt werden. Darum auch Fluchten zu Robin. Hier tankt sie möglicherweise auf, muss nicht funktionieren.


    Zugesagt hat mir, wie Katinka die Brüder Elijah und Levy schildert:

    Zitat von Bettina, Seite 22

    „Ihr seht euch so ähnlich... Er hell, du dunkel. Aber ihr beide strahlt.“

    Notiert habe ich mir außerdem die in meinen Augen genial und treffend formulierte Aussage:

    Zitat von Bettina, Seite 36

    Es gibt Menschen, die sich wie Zecken auf dein Leben fallen lassen und sich an dir festsaugen, sodass du das Gefühl bekommst, zu ersticken. Du kannst nicht fliehen, da es ein Seelenbefall ist.

  • Elijha ist mir bisher unsympathisch, was wahrscheinlich ja auch so gewollt ist. Er ist ein reicher Schnösel, der mit 18 schon alleine wohnt und Cabrio fährt? Er ist ein Macho und lebt sich sexuell echt aus. Er schläft ja sogar mit Mädchen, die ihm nichts bedeuten und um sich abzulenken.

    Von Katinka scheint er wie elektrisiert zu sein, obwohl sie erst 14 ist. Er benimmt sich plötzlich wie ein verknallter Teenager und klettert sogar zu ihr ins Zimmer.

    Ein sehr plötzlicher und für meinen Geschmack etwas übertriebener Wandel

    Das drückt du sehr heftig aus, aber ich verstehe, was du damit sagen willst. Bis zum Zeitpunkt des Augenkontaktes scheint Elijah das Leben sehr leicht genommen zu haben. Er hat die Vorteile, die sich ihm geboten haben, ausgiebig genutzt. Und dann ist da ein Mädchen, das erst 14 ist und ihn mächtig verwirrt und aus den Socken haut. Da erscheint ein Wandel dann zu plötzlich...

    Dass Katinka ein blaues Auge hat, lässt gleich vermuten, dass häusliche Gewalt im Spiel ist und ihre Heimlichtuerei abends, zeigt, dass sie in einem sehr strengen Elternhaus lebt.

    Die Vermutung trage ich mit, besonders was die Strenge im Elternhaus betrifft. Das blaue Auge muss, kann aber von häuslicher Gewalt herrühren...

    Ich mag Elijahs ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstreflexion, den Casanova nehme ich ihm gar nicht richtig ab und es erscheint mir auch ziemlich klischeebehaftet. Dadurch, dass die Geschichte nur aus seiner Perspektive erzählt wird, fällt es mir schwer, mich in die anderen Protagonisten (Levy, Katinka) hineinzuversetzen. Andererseits macht gerade das auch die Spannung aus - wie hängt alles zusammen?

    Da bin ich ganz bei dir. Ich finde die Darstellung von Elijahs Selbsteinschätzung absolut gelungen. Die Geschichte nur aus seiner Sicht zu erfahren, macht meines Erachtens DEN Reiz der Geschichte aus...