Peter Middendorp - Du gehörst mir / Jij bent van mij

  • Ein Abgrund tut sich auf


    Ich bin nach der Lektüre des Buches „Du gehörst mir“ von Peter Middendorp noch ganz „durchgerüttelt“. Wie um Himmels Willen soll man ein Buch bewerten, bei dem man sich nicht einmal getraut zu sagen, dass man es „gerne“ gelesen hat – bei dem Thema! Wie schon in der Leseprobe, habe ich auch hier, im ganzen Buch, permanent gekämpft. Mit mir. Mit meinem „gesunden Empfinden“. Aber auch mit einer Art widerwilligem Verständnis, das sich dem Täter gegenüber einstellen wollte. Und natürlich mit der absoluten Hochachtung, die ich vor der literarischen Leistung des Autors hatte!


    Obwohl schnell gelesen, hat sich das Buch für mich sehr „zeitlos“ angefühlt. Es ist nur grob zeitlich eingeteilt; nämlich in die vier Erzählabschnitte Frühling, Sommer, Herbst, und Winter. Das bezieht sich jedoch auf keinen konkreten Zeitraum, sondern eher – sozusagen – auf die „emotionalen Jahreszeiten“, die der Täter durchmacht.


    Es ist nämlich ganz sicher kein Thriller. Auch keine eigentliche Lebensgeschichte, keine Beichte, kein Geständnis. Der Erzähler befindet sich offenbar bereits in Haft, und versucht im Rückblick, vor sich selber Bestandsaufnahme abzulegen. Er ist auf „seelischer Spurensuche“. Dabei verliert er durchaus Chronologie sowie Fakten bisweilen aus dem Auge. Wie ging es ihm? Welche Faktoren haben dazu beigetragen, dass geschah, was geschah? Und wie steht er eigentlich zu seiner eigenen Tat? Bis zum Schluss mag ich als Leser das nicht wirklich „Reue“ nennen, was sich da abspielt. Eher eine Art Ermüdung oder Erschöpfung. Und eine gute Portion Fassungslosigkeit. Aber Reue…?


    Tille Storkema, ein niederländischer Landwirt so Mitte 50, hat vor 13 Jahren ein junges Mädchen vergewaltigt und getötet. Er schleicht in seinem Text um die Tat herum wie die sprichwörtliche Katze um den heißen Brei. Man sollte das Buch wirklich nicht zu schnell lesen, oder zu oberflächlich. Denn in der Sprache allein spiegeln sich eine Vielzahl an seelischen Mechanismen wider, die Tille einsetzt. Oder die ihn überfallen…? (Aus psychologischer Hinsicht ist das Buch jedenfalls höchst interessant!) Manchmal spricht Tille von sich in der dritten Person. Oder er erzählt – scheinbar kaltblütig – völlig Nebensächliches. Ergeht sich in Betrachtungen um das Wesen der Landwirtschaft, die Veränderung der Jahreszeiten, den Zuzug von Städtern. Und dann wieder der völlig übergangslose Kontrast zu den Passagen seiner eher ungesunden Zuneigung zur eigenen Tochter… da lief es mir manchmal eiskalt den Rücken herunter! Vermutlich wäre sie irgendwann das nächste Opfer gewesen…


    Einen Stern ziehe ich nur deshalb ab, weil ich mich durch den Klappentext habe in die Irre führen lassen. Denn das politische Geschehen (dass das Dorf zunächst Asylbewerber verdächtigt, die Tat begangen zu haben) kommt viel zu kurz. Es nimmt einfach keinen besonderen Raum ein. Sicher, zum Schluss ist es ein Politiker, der eine DNA-Untersuchung fordert. Aber nach 13 Jahren…? Das ist schon alles sehr merkwürdig. Aber wie gesagt, als schlüssige Geschichte, als Thriller, würde ich das Buch auf keinen Fall betrachten, und auch nicht als solchen weiterempfehlen.


    Aber empfehlen würde ich es! Wer „Lolita“ von Nabokov mochte, wird auch hier in den Bann gezogen werden. In den Bann eines Menschen, dem man fast widerwillig gerne zuhört. Und den man doch nicht greifen kann.

    "Ein Mensch, der Ideale hat/
    Der hüte sich, sie zu erreichen!/
    Sonst wird er eines Tags anstatt/
    Sich selber andern Menschen gleichen."
    (Erich Kästner) :):)

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Peter Middendorp - Du gehörst mir“ zu „Peter Middendorp - Du gehörst mir / Jij bent van mij“ geändert.
  • Und das Original:

    Das ist ja interessant! Man hat das Cover so beibehalten...!

    Ich finde es übrigens ziemlich gelungen...

    "Ein Mensch, der Ideale hat/
    Der hüte sich, sie zu erreichen!/
    Sonst wird er eines Tags anstatt/
    Sich selber andern Menschen gleichen."
    (Erich Kästner) :):)

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)

    In einer Nacht hat der Bauer Tille Storkema Grausames vollbracht. Wie kam es dazu? Wie konnte er danach Jahre lang als Familienvater weiterleben, als wäre nichts geschehen? Peter Middendorp versetzt sich in die Rolle des Gewalttäters. Entstanden ist ein höchst kunstvoller Roman, der sich Wahrheiten stärker annähert, als es durch bloße Fakten möglich ist.


    Autor (Quelle: vorablesen)

    Peter Middendorp, 1971 in Emmen, Niederlande, geboren, hatte 2014 als Autor seinen ersten durchschlagenden Erfolg mit dem Roman „Vertrouwd voordelig“ (ausgezeichnet mit dem Groninger Boekenprjis). Seit 2012 ist er Kolumnist bei der Tageszeitung de Volkskrant. „Du gehörst mir“ hat in den Niederlanden bei Presse und Lesepublikum ein begeistertes Echo hervorgerufen. Der Roman wurde für den BookSpot Literatuurprjis, den Libris Literatuur Prjis und für das Beste Groninger Boek 2019 nominiert.


    Inhalt

    s. Kurzbeschreibung


    Daten zum Buch

    Verlag: Oktaven Freies Geistesleben

    ISBN: 3772530133

    Preis Gebundenes Buch: 23,00 Euro

    Preis Kindle: 18,99 Euro



    Beurteilung

    Wie ich schon bei meinem Leseeindruck zum Buch festgestellt hatte, ein wunderschönes Cover: rot mit schwarzen Vögel am Himmel.


    Dieses Buch hatte mein Interesse geweckt, da ein Gewaltverbrechen aus der Perspektive des Täters geschildert wird. Da dies nicht so häufig zu finden ist und von daher eine andere Art mit der Gedankenwelt eines Täters umzugehen beschreibt. Man weiß von Beginn an, wer der Täter ist und welches Verbrechen er begangen hat. Also eigentlich ein entspanntes Lesen.


    Das Buch ist in vier Kapitel unterteilt: Frühling/Sommer/Herbst/Winter. Sehr lang wird das Familienleben von Tille beschrieben.

    Aus Sicht des Täters kommen viele verstörende Szenen vor. Wie ich schon in der Leseprobe gespürt habe, fand ich den Schreibstil des Autors sehr gewöhnungsbedürftig. Es wurde auch - für mich jedenfalls -, nicht besser beim Lesen des gesamten Buches. Das Abgehackte und immer wieder Wiederholende hat mir nicht gefallen.


    Zum Schluss muss ich feststellen, dass das Thema als solches sehr spannend, aber die Umsetzung des Autors meiner Meinung nach nicht gut war.



    Fazit

    Ein gutes Buch – schwer zu lesen. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


  • Umsetzung nicht ganz klar

    Inhaltlich hätte die Inhaltsangabe eigentlich sehr interessant geklungen. Bzw. ist das Buch inhaltlich eigentlich auch sehr interessant- jedoch ist der Schreibstil sowie die Umsetzung der eigentlichen Idee absolut nicht gelungen. Teilweise gibt es Sätze ohne Zusammenhang, teilweise gibt es sehr sehr kompliziert verschachtelte Sätze, die man 3 Mal lesen muss, um zu verstehen, was diese aussagen sollen. Der Lesefluss ist dadurch sehr gestört - und Spannung kommt keine auf. Ein sehr monotoner und gewöhnungsbedürftiger Schreibstil, mit dem ich persönlich mich leider nicht anfreunden konnte.

  • "DU GEHÖRST MIR" von Peter Middendorp ist ein Roman vom Verlag Oktaven.

    Er besteht aus vier Hauptkapitel (Frühling,Sommer,Herbst und Winter).

    283Seiten haben mir sehr gute Unterhaltung geboten,ein grossartiger Roman ,der unter die Haut geht.

    Es kommen viele verstörende,schmerzhafte und erschreckende Szenen vor,die aus der Sicht des Täters geschrieben werden.

    Die Ich-Erzählung ist einfach und gut zu verstehen,aber es gibt oft monotone Gespräche,die meiner Meinung nach etwas weniger hätten sein können.Eine Aussage zum Beispiel wird bis zu drei mal hintereinander in einem Satz wiederholt.

    Der Familienvater Tille Storkema wird plötzlich eines Nachts zu einem Vergewaltiger und Mörder.

    Er greift ein sechzehnjähriges Mädchen an,aber erst 13 Jahre müssen vergehen,bis endlich die Wahrheit ans Licht kommt .

    In dieser Zeit lebt er als Bauer mit seiner Familie ganz normal weiter,er verdrängt das "Unglück ",wie er es nennt.

    Er redet sich meiner Meinung die Tat als Unglück ein,um sein Gewissen zu beruhigen und unauffällig weiter zu leben.

    Immer wieder wird ermittelt und schliesslich gibt es Anschuldigungen gegen mutmaßliche Täter aus einem Asylbewerberheim.

    Doch nach 13 Jahren wird Tille durch einen DNA Test gefasst und seine Familie ist zerstört.

    Er wurde als Kind viel missachtet und musste einen schrecklichen Unfall seines Vaters mitansehen.

    Ist das der Grund seiner Tat?

    Meiner Meinung nach ein klares NEIN!

    Er beschreibt,dass ihn sein Körper zu der Tat getrieben hat,aber nicht sein Geist.

    Mich als Mutter hat der Roman sehr mitgenommen.Ich kann solche Taten nicht nachvollziehen.Egal,wie schwer die Kindheit war.Er konnte es als Familienvater einfach nicht ertragen,von seiner Frau zurückgewiesen zu werden und zählt dies unter anderem als Gründe auf.

    In den 13Jahren lebt er in seiner eigenen Welt,erleidet Flashbacks und konnte teilweise seine Tat nicht von der Realität unterscheiden.


    FAZIT:Sehr zu empfehlen,die Rolle eines scheinbar harmlosen Gewallttäters wird detailliert und extrem gut beschrieben.

    Ein spannender Einblick in eine psychophatische Seele