Karsten Dusse - Achtsam morden

  • Kurzmeinung

    DieSylke
    Lustig und doch spannend. Leider aber Clifhänger
  • Kurzmeinung

    terry
    amüsante Lektüre, auch wenn es nicht ernst zu nehmen ist, sind die Achtsamkeitsregeln dann wirklich einprägsam ;-)
  • Björn Diemel bekommt von seiner Frau Katharina ein Ultimatum gestellt: Wenn er ihre Ehe retten will, muss er das Achtsamkeits-Coaching von Joschka Breitner absolvieren. Der auf seinem Gebiet brillante Strafverteidiger im Dauerstress soll dort lernen, sich zu entspannen und seine Lebenseinstellung achtsam zu optimieren, um so Beruf und Familie in Einklang bringen zu können.

    Trotz reichlicher Vorbehalte lässt sich Björn – vor allem im Interesse seiner geliebten Tochter Emily – darauf ein und findet erstaunlich schnell Gefallen an der neuen Achtsamkeit. Er verinnerlicht die ihm vermittelten Thesen so gut, dass er sich kurzer Hand einiger störender Faktoren entledigt:

    Sein Bäh-Mandant Dragan Sergowicz, ein brutaler Zuhälter, Großdealer und Waffenhändler, segnet im Kofferraum von Björns Wagen das Zeitliche, als sich dieser mit Töchterlein auf den Weg ins Wochenende befindet. Zuvor hatte Dragan auf einem Autobahnrastplatz den „Mitarbeiter“ seines größten Konkurrenten Boris angezündet und mit einer Eisenstange erschlagen. Dumm nur, dass er währenddessen von einer auf Busreise befindlichen Schulklasse gefilmt wird und nun erwartet, von seinem Anwalt aus dem Schlamassel gezogen zu werden. Was ja wohl prächtig gelingt.

    Björn ist so achtsam, dass er zudem seinen in den letzten Jahren ungeliebten Job kündigt, nicht ohne allerdings gleichzeitig eine ansprechende Abfindung auszuhandeln.

    Obwohl ihm das alles bereits eine wohlige Gelassenheit verschafft, liegen weitere Probleme auf dem Tisch: Björn wird nicht nur von der Polizei beobachtet, sondern auch vom rivalisierenden Bandchef Boris, der aus Rache durchaus zu einem Krieg bereit ist. Deshalb muss Björn dafür sorgen, dass niemand mitbekommt, dass Dragan die Luft ausgegangen ist und er in kleine Einzelteile zerlegt wurde. Hilfreich dabei dürfte auf jeden Fall der Daumen sein, der schon zu Dragans Lebzeiten als Siegel zum Einsatz kam.

    Und wäre das nicht schon schlimm genug, muss Björn schnellstens einen Kindergartenplatz für Emily auftreiben, nahezu unmöglich angesichts der desaströsen Situation in der Stadt.

    Wie gut, dass Björn inzwischen gelernt hat, wie er sich den Herausforderungen stellen kann. Denn angesichts der Tatsache, dass es um nichts geringeres geht als um sein und das Leben seiner Familie, ist nicht nur Achtsamkeit gefragt...


    „Achtsam morden“ ist kein klassischer Kriminalroman. Zwar gibt es reichlich Tote, da jedoch von Anfang an bekannt ist, wer hier achtsam mordet, ist dies ziemlich unwichtig. Vielmehr darf Karsten Dusses Held, der gestresste Anwalt Björn Diemel, in einer sympathischen Art und Weise agieren, die dank eines lebhaften Bilderreigens einen hohen Unterhaltswert hat, aber hinsichtlich des Spannungsfaktors entschleunigt ist. Obwohl der Leser im Grunde Mörder verabscheuungswürdig findet, lässt er seinen moralischen Kompass wohlwollend in Richtung Björn ausschlagen, ja wünscht ihm sogar, dass seine unkonventionellen Vorhaben von Erfolg gekrönt sein mögen und er nicht entdeckt wird.

    Karsten Dusse, selbst Rechtsanwalt, balanciert seine Geschichte geschickt aus und mischt niveauvoll schwarzen, bitterbösen Humor und überzogene Klischees des Bandenmilieus mit kritischen, satirischen Anmerkungen zu bürgerlichen Alltagsproblemen sowie politisch inkorrekten Meinungsbildern.

    Daneben hat „Achtsam morden“ auch das Potential zum Ratgeber. Denn die Wirksamkeit der Weisheiten des Achtsamkeitscoaches Joschka Breitner in "Entschleunigt auf der Überholspur – Achtsamkeit für Führungskräfte" dürfte auf einigen Widerhall treffen und ab und an in der realen Welt ebenfalls nicht von der Hand zu weisen sein...


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Mir hat das Buch sehr gut gefallen, der Humor hat gepasst. Ich musste zwar nicht laut lachen, aber oft schmunzeln. Ich fand es auch nicht in erster Linie lustig, sondern mehr verrückt, makaber und zynisch. Mir kamen besonders immer wieder die Worte irre und irrwitzig in den Sinn. Die Hinweise zur Achtsamkeit und ihre folgende Anwendung sind für mich das besondere am Buch. Auf die Idee muss man im Zusammenhang mit diesen Verbrechen erstmal kommen. Und ja, gerade gegen Ende konnte ich noch manches neue über Achtsamkeit mitnehmen und fand die Äußerung besonders interessant, dass man mittlerweie zu jedem Problem eine Achtsamkeitsübung googeln kann. Das muss ich ausprobieren!

    Das Ende fand ich relativ offen, es lässt für Spekulationen Raum. Es ist eines der wenigen Bücher, in denen ich mit dem Bösewicht sympathisiere. Schon erstaunlich!

  • Anwalt Björn Diemel ist gestresst – von seiner Arbeit, von seiner Ehe – nur seine kleine Tochter liebt er heiß und innig. Ein Achtsamkeitsseminar verändert schließlich sein Leben, auf ganz unerwartete Weise.


    Ich gestehe, mit Achtsamkeit habe ich mich bisher kaum beschäftigt, wusste noch nicht einmal genau, was es ist. So war das erste, das ich aus dem Roman mitnehmen konnte, diese Definitionn: „Achtsamkeit ist die wertfreie und liebevolle Wahrnehmung des Augenblicks“ (S. 10). Jedes Kapitel ist zudem mit einer Achtsamkeitsübung überschrieben, die wirklich nützlich sein kann. Auch der Protagonist weiß sie zu nutzen, und wendet sie ziemlich unkonventionell an. Dass der Autor ihn selbst in Ich-Form erzählen lässt, passt prima dazu und lässt den Leser die Geschehnisse aus Björns Sicht heraus erleben, was den (schwarzen) Humor der Geschichte noch verstärkt.


    Sympathischer wird Björn einem dadurch nicht, immerhin ist er ein Anwalt, der für seine kriminellen Mandanten das Gesetz beugt, soweit es geht, und manchmal auch darüber hinaus. Dennoch ist er ein guter Protagonist (man muss sie ja immer mögen), dessen Sicht der Welt sich durch das Seminar auf interessante und unerwartete Weise verändert hat. Je weiter ich gelesen habe, umso öfter musste ich schmunzeln, ich mag schwarzen Humor sehr. Auch die weiteren Charaktere sind keine wirklichen Identifikationsfiguren, manche sogar echte Ekel.


    Auch das Ende hat mir gut gefallen, so hatte ich es mir vorgestellt und so finde ich es auch für diesen Roman am passendsten. Für mich ist die Geschichte hier aber abgeschlossen, ich hoffe nicht, dass es eine Fortsetzung geben wird. Empfehlen kann ich den Roman allen, die schwarzen Humor mögen und auch mit einem weniger sympathischen Protagonisten klar kommen.

  • Hm, dieses Buch einem Genre zuzuordnen ist gar nicht so einfach. Der Autor mischt munter und überaus unterhaltsam Elemente aus Krimi, Satire und Achtsamkeitsratgeber.

    Um seine Ehe zu retten bzw. in erster Linie den Kontakt zu seiner kleinen Tochter zu behalten, besucht der mega-gestresste Strafverteidiger Björn Diemel ein Achtsamkeitsseminar – und mit den dort gewonnenen Einsichten verändert er sein Leben, – nachhaltiger und anders als man gemeinhin annehmen würde. Ihn auf diesem Weg zu begleiten, hat mir vergnügliche Lesestunden bereitet.

    Diemels Interpretationen der Achtsamkeitsregeln, die ihm sein Coach an die Hand gibt, sind böse – sehr böse. Krass und durchaus auch blutig im Ergebnis, entbehren sie aber nicht einer gewissen Logik. Tatsächlich erschienen die Ereignisse nicht nur dem Ich-Erzähler Björn Diemel, sondern auch dem Leser (jedenfalls mir) irgendwie folgerichtig.

    Die Figuren wirkten auf mich in erster Linie „unterhaltsam“. Besondere Sympathie oder Empathie habe ich eigentlich bei keinem verspürt. Tiefgang oder große Emotionen hätten hier auch überhaupt nicht gepasst. Karsten Dusse spielt gerade bei seinen „Protas“ gekonnt mit diversen Klischees, verbindet reale Problematik und gesellschaftskritische Aspekte mit leichter Hand. Und bringt das Ganze mit einer ordentlichen Portion sarkastischem Zynismus oder zynischem Sarkasmus :geek: rüber.


    Darüber hinaus gibt er detaillierte Einblicke in die organisierte Kriminalität und ihre Strukturen. Ob glaubwürdig oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Es wirkte auf mich allerdings manchmal eher persiflierend als realitätsnah, aber was in „diesen Kreisen“ de facto abgeht, übersteigt wahrscheinlich mein Vorstellungsvermögen. Am meisten hat mir hier zu denken gegeben, wie tief und wie nachhaltig sich so ein Anwalt in dieses Milieu verstricken kann. Diese Ausgangssituation von Diemel klang für mich glaubhaft.


    Eine ziemlich coole Romanidee, diese gerade ziemlich angesagte „Achtsamkeit im Alltag“ mit der Frustration eines Strafverteidigers zu verbinden. Das war jetzt der zweite von einem Anwalt geschriebene Krimi der etwas anderen Art, den ich in letzter Zeit gelesen habe und obwohl inhaltlich ganz verschieden, haben mich beide gleichermaßen überzeugt.

  • Der 42-jährige Björn Diemel ist Anwalt für Strafrecht und Wirtschaft und immer sehr eingespannt. Auch zu Hause ist er gedanklich nicht so recht anwesend. Daher verlang seine Frau von ihm, dass er ein Achtsamkeitsseminar besucht. Er fügt sich, weil er seine Tochter liebt und Angst hat, sie zu verlieren. Björn verinnerlicht die Ratschläge seines Coachs Joschka Breitner und wendet sie an, aber auf eine etwas unkonventionelle Art und Weise. Als erstes bekommt das sein Klient Dragan Sergowicz zu spüren. Als Dragan seinen Vater-Tochter-Nachmittag stört, ist dieser plötzlich tot – ganz achtsam ermordet.

    Das Buch lässt sich gut und flüssig lesen. Als Krimi würde ich es allerdings nicht bezeichnen, auch wenn viel Kriminelles darin vorkommt. Die Geschichte ist voller schwarzem Humor, über den ich mich anfangs sehr amüsiert habe, doch zunehmend gefiel mir das immer weniger. Aber da lag wohl eher an mir. Es werden durchaus ernsthafte Themen angeschnitten, die dann aber sehr überspitzt dargestellt sind. Außerdem gab es recht drastische Szenen, die mir wirklich zu heftig waren. Da wäre doch mal Achtsamkeit angesagt gewesen.

    Die Personen sind alle sehr individuell dargestellt und nicht einer davon war mir wirklich sympathisch. Björn ist beruflich sehr eingespannt, was seiner Ehe nicht besonders bekommt. Seine Frau Katharina mag das gar nicht. Sie findet es zwar toll, gut versorgt zu sein, aber ansonsten nörgelt sie nur rum. Sie hätte sich eine Aufgabe suchen sollen. Aber auch Björn gefällt mir nicht, ich fand ihn ziemlich arrogant. Skrupel kennt er auch keine. Aber seine Tochter ist sein ein und alles. Die meisten Typen aus dem kriminellen Milieu waren ziemlich unterbelichtet, nur Sascha macht da eine Ausnahme.

    Die Kapitel werden jeweils mit einer Achtsamkeitsregel eingeleitet und man sollte sie sich ruhig mal zu Gemüte führen.

    Dieser Krimi macht Lesern Spaß, die schwarzen Humor lieben. Mich konnte das Buch nicht so packen.

  • Buchmeinung zu Karsten Dusse – Achtsam morden


    „Achtsam morden“ ist ein Roman von Karsten Dusse, der 2019 im Heyne Verlag erschienen ist.


    Zum Autor:
    Karsten Dusse ist Rechtsanwalt und seit Jahren als Autor für Fernsehformate tätig. Seine Arbeit wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis und mehrfach mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet sowie für den Grimmepreis nominiert.


    Klappentext:
    Björn Diemel wird von seiner Frau gezwungen, ein Achtsamkeits-Seminar zu besuchen, um seine Ehe ins Reine zu bringen, sich als guter Vater zu beweisen und die etwas aus den Fugen geratene Work-Life-Balance wieder herzustellen. Denn Björn ist ein erfolgreicher Anwalt und hat dementsprechend sehr wenig Zeit für seine Familie. Der Kurs trägt tatsächlich Früchte und Björn kann das Gelernte sogar in seinen Job integrieren, allerdings nicht ganz auf die erwartete Weise. Denn als sein Mandant, ein brutaler und mehr als schuldiger Großkrimineller, beginnt, ihm ernstliche Probleme zu bereiten, bringt er ihn einfach um ― und zwar nach allen Regeln der Achtsamkeit.


    Meine Meinung:
    Dieses Kriminalgroteske hat mich vor allem zu Anfang überzeugt. Mit viel schwarzem Humor und Einfallsreichtum wird die Anwendung der Achtsamkeitsregeln durch den Anwalt Björn Diemel beschrieben. Sein Wohlbefinden steht im Mittelpunkt und die Umsetzung der Achtsamkeitsregeln fordert das ein oder andere Opfer in seinem Umfeld. Die Figuren sind meist nur skizziert und der Erzählstil ist eher locker gehalten und recht unterhaltsam. Reichlich vorhandener Gewalt wird du den humorigen Stil viel ihrer Schärfe genommen. Aber leider trägt diese Grundidee den Roman nur eine begrenzte Zeit, der Autor hat den rechten Zeitpunkt für das Ende verpasst. Das Ende selber hat mich voll überzeugt und bei mir Erinnerungen an den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ geweckt.


    Fazit:
    In weiten Teilen eine sehr gelungene Kriminalgroteske, die mir großes Lesevergnügen brachte, aber einfach zu lang geraten ist und zu viel Gewalt nutzt. Trotzdem gibt es vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und eine Leseempfehlung.

    :study: James Lee Burke - Die Tote im Eisblock


    :musik: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Zitat

    Für mich sah russisches Essen immer so aus, als hätte ein Chinese beim Italiener gegessen und dann über einen Teller mit deutschen Spezialitäten erbrochen.

    Zitat

    Der erste gute Schritt zu einer Lösung ist, überhaupt erst einmal ein Problem zu haben. Viele tolle Lösungsansätze scheitern bereits daran, dass es kein Problem gibt, zu dem sie passen.

    Das Buch lässt sich gut lesen, ist amüsant und hat einige überlegenswerte Ansätze. Da könnte ein neues Genre entstehen.

  • Für das Hörbuch eine klare Empfehlung von meiner Seite. Sehr gut gelesen, pointiert und in achtsamer Stimmlage, herrlich schwarzer Humor, so konnte ich sogar mit den Szenen der Gewalt leben. Achtsamkeitsregeln mal anders. So extrem muss es in der Realität nicht sein, doch, um wirklich achtsam zu sein, muss die ein oder andere Grenze, wenn auch nicht des Gesetzes so doch mancher Konvention, überschritten werden (kleines Beispiel: die verhassten Schwiegereltern, die Björn nicht mehr mit Frau und Tochter besucht und seitdem lieben kann; so sind alle Beteiligten glücklich) Von mir 5 Sterne :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich finde, dass die Figur der zweieinhalbjährigen Emily, der Tochter des Romanhelden unglaubwürdig gezeichnet worden ist.


    "Papa. Arbeit ist nicht gut. Ein Ausflug ist gut. Wir machen erst den Ausflug. Dann kannst du arbeiten." (TB, S. 108)


    Falls irgendjemand ein Kleinkind kennt, das so ein Statement daherplappert in dem Alter, dann bitte melden. Ich gebe zu, ich hab nichts mit Kleinkindern zu tun.

    "Wer sich in Familie begibt, kommt darin um!" (Heimito von Doderer)

  • Letzte Nacht habe ich geträumt, dass ich auf Prinzessin Gabriella und Prinz Jacques von Monaco aufpassen musste ... ich glaub, ich breche diesen skurillen Dusse-Thriller hier ab, vielleicht sind Passagen in den Traum hineingewandert. Ich will nichts unversucht lassen, um "den Kontakt" zu dieser unglücklichsten Familie forever abzubrechen. War froh, dass es nur ein Traum war.


    Zitat

    „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich. (Doch keine Familie war jemals so zutiefst vom Fluch des Unentrinnbar-Unglücklichseins getroffen wie die Grimaldis).“ (Leo Tolstoi: Anna Karenina)

    "Wer sich in Familie begibt, kommt darin um!" (Heimito von Doderer)

  • Mich hat das Buch positiv überrascht. :dance: Auf die Idee ein eher esoterisches Thema mit einem Krimi zu verbinden, muss man erst mal kommen. Pluspunkt an den Autor. :thumleft: Genau das hat mir so gut gefallen: eine ungewöhnliche Geschichte mit viel Ironie, viel Provokation, wie ich fand, speziell dem Thema, Achtsamkeit gegenüber, aber sehr gut gelungen. Die Thematik des achtsamen Lebens, die Regeln der Achtsamkeit sind hervorragend in das Geschehen mit eingebunden. Das Buch ist harmonisch und stimmig. Mit viel Witz, Humor und Feingefühl spielt der Autor mit zwei Gegensätzen: einerseits Verbrechen, andererseits Achtsamkeit. Was Vergleichbares, habe ich noch nicht gelesen. Man fühlt sich nicht nur gut unterhalten, man lernt auch eine Menge über achtsames Leben dazu. Sehr erfrischend. :thumleft:

    2024: Bücher: 99/Seiten: 43 438

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Macdonald, Helen/Blaché, Sin - Prophet

  • Hin und her gerissen


    Björn Diemel, ein erfolgreicher Anwalt nimmt auf Wunsch seiner Frau an einem individuellen Achtsamkeitsseminar teil. Und dies zeigt Wirkung, allerdings nicht ganz so, wie angenommen. Sein ganzes Leben wird auf den Kopf gestellt und er ist zu Handlungen fähig, welche er nie von sich erwartet hätte.


    Vorneweg: Der Roman hat mich unterhalten und ich hatte ihn schnell gelesen. Daher auch die 3 Sterne. Der Krimi liest sich gut und flüssig, nur die Zitate des Achtsamkeits-Coaches Joschka Breitner zu Beginn jedes Kapitels fand ich überflüssig, da diese Zeilen auch Bestandteil des Romantextes sind.


    Die Grundidee des Romans hat durchaus Witz und ich bin der Meinung, man darf das Buch nicht zu ernst nehmen. Ein Anwalt, der dank des Handbuchs seines Therapeuten zu mörderischer Hochform aufläuft und darin die Begründung für sein kriminelles Tun ableitet, ist keine literarische Durchschnittskost. Zeitweise ist es mir zu blutig, da tobt das Kopfkino ganz schön heftig. Ab jetzt mache ich auch nur noch, was mir guttut, ob dazu das Lesen eines weiteren Buchs dieser Reihe gehört, habe ich noch nicht für mich entschieden.


    Keine klare Leseempfehlung, aber durchaus unterhaltsam.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Respektlos sympathisch!


    Für Eilige:


    »Achtsamkeit kennt keine Gnade, Achtsamkeit kennt kein Pardon!« Die Verse aus dem Film mit Heinz Schenk und Hape Kerkeling möchte man in leichter Abwandlung anstimmen, wenn man das Buch »Achtsam morden« von Karsten Dusse (sprich: "Düss") zusammenfassen soll. Spätestens aber, wenn man sich entschließt, es zu rezensieren, weil es einem so gut gefallen hat. Kein Pardon kennt Dusse, sobald es um das Zwerchfell oder andere humorgesteuerte Körperteile des Lesers und der Leserin geht. Wobei ich es vorgezogen habe, genussvoll zu schmunzeln und den einen oder anderen Abschnitt mit einem breiten Grinsen noch einmal zu lesen. Als Strafverteidiger weiß der Autor, worüber er schreibt. Nur hoffe ich für ihn, »Achtsam morden« trage keine autobiografischen Züge, wenn der Protagonist zusammen mit seinem Stress sich auch der langfristig aufgebauten oder spontan definierten Widersacher entledigt. Mit Absicht oder mal eben so.



    Inhalt ohne Spoiler:


    Der Anwalt Björn Diemel betreut in einer gut gehenden, renommierten Kanzlei die Schmuddelkinder unter den Mandanten. Nicht nur die Einsicht, dass ihn das zum »Bäh«-Anwalt ohne berufliche Perspektive macht, sondern auch der Umgang der Kanzleiinhaber mit ihm verursachen Stress. Als seine Frau ihn zwingt, dem Burnout durch einen »Achtsamkeitskurs« vorzubeugen, tut sie ihm Gutes: Die Konzentration auf sein Ego und dessen Wohlergehen lässt Diemel aktiv gegen die Probleme vorgehen, gegen die daraus resultierenden Stress­situationen und gegen Personen, die die Probleme verursachen oder die sie selbst darstellen. Allerdings folgen aus der Lösung eines einzelnen Problems unweigerlich mehrere neue. Die Hydra lässt grüßen. Wird er diese Kettenreaktion beherrschen und mit Frau und Tochter zum entspannten, harmonischen Familienleben finden oder geht er in dem Strudel unter, den die Befolgung des Achtsamkeitsratgebers durch das Ziehen immer weiterer Kreise antreibt?



    Schreibstil:


    Political Correctness, Vermeidung von Klischees und von Diskriminierung. Das sind nur einige Tipps, die ich aus Schreibratgebern für meine eigenen Bücher mitgenommen habe. Zumindest so lange, wie ich mich als ernsthaften Schriftseller sehe. Davon hat Dusse wohl noch nie etwas gehört. Auf Klischees basiert die Handlung, Diskriminierung charakterisiert sämtliche Figuren außer dem Protagonisten und seiner Familie, und politisch korrekt kommt zu meinem Vergnügen gar nichts rüber. So stammen die Bösewichter aus osteuropäischen Ländern, beinahe zwangsläufig handeln sie aus niedrigen Motiven oder aus ihrer vom Protagonisten pauschal unterstellten Dummheit, und der unbeschwerte Umgang mit sexistischen, sozialen oder historischen Tabus poppt immer wieder hoch. Diese Respektlosigkeit, das ironische Zitieren des fiktiven (?) Achtsamkeitsratgebers und die von Diemel daraus gezogenen Schlussfolgerungen machen das Buch richtig sympathisch. Erfrischend lebendig präsentiert sich der ständige Wechsel seines Blickwinkels, mal fokussiert auf Tochter Emily (Vergessen Sie nie ihren Namen!), mal auf seine Widersacher (Vergessen Sie nie Emilys Namen!). Dusse bindet den Leser nicht nur ins Geschehen ein, auch an Diemels Gefühlen lässt er ihn teilhaben: Aufregung bei der Analyse der Probleme und Gleichmut, wenn er seine – oft gleichlautende – Lösung erdacht hat. Herrlich, wie die spritzig-freche Sprache sich anpasst! Unvollständige Sätze signalisieren Hektik, Schlangensätze weisen auf Logikketten hin, die der Leser besonders genießt, wenn er die zitierten Achtsamkeits­grundsätze aufmerksam studiert und verinnerlicht. Darin liegt Wahrheit, ihre Umsetzung beschert Kurzweil.



    Fazit:


    Spießer und Gutmenschen werden keinen Gefallen an »Achtsam morden« finden. Für Spießer zu frech geschrieben, Gutmenschen werden in ihrer hehren Gesinnung verunsichert. Für alle anderen und für jene, die sich einen Krimi mit Humor wünschen, ist das Buch ein Must-Read. Selten habe ich ein Buch in der Hand gehabt, das durchgängig so ironisch, so respektlos und dennoch so sympathisch überzeichnet. Karsten Dusse hat mir mit seinem Debütroman nicht nur unvergessliche Lesestunden beschert, sondern verlangt mit der zugrunde­liegenden Konsequenz, dass ich auch die beiden weiteren Bücher der Reihe lesen muss. Das tue ich gern!

  • Herrlich hinreißend und schwarzhumorig


    Björn Diemel ist ein Anwalt in einer großen Kanzlei und sehr ehrgeizig, will er doch „Partner“ in der Sozietät werden. Allerdings kann er sich noch so anstrengen, diese Ehre wird ihm verwehrt, weil sein exklusiver Klient ein Gangster ist. Deshalb rümpfen die Kollegen ihre Nase und behandeln ihn als „Bäh-Anwalt“. Da kann er sich noch so bemühen, als Partner wird er nicht akzeptiert. Der Klient verlangt ein 24/7 Engagement, was wiederum Björns Frau ein Dorn im Auge ist, weil er kaum Zeit für die Familie aufbringt. Daher zwingt sie ihn in ein Achtsamkeits-Seminar.


    Obwohl Björn wenig davon hält, trägt der Kurs Früchte. Nicht nur das, er kann die gewonnenen Erkenntnisse erfolgreich in den Job integrieren, wenn auch nicht unbedingt im Sinne des Erfinders.


    Meine Meinung:


    Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt! Mehrmals habe ich herzlich lachen müssen, wenn Björn in seinem „Achtsamkeitshandbuch“ nachliest, was nun zu tun wäre.
    Die Ratschläge führen zu teils komischen Szenen. Der Autor zieht die Psychologen- und Beraterszene ziemlich durch den Kakao.


    Als ihm sein Klient schwerst auf die Nerven geht und dazu noch seine kleine Tochter bedroht, bringt ihn Björn gleich einmal um die Ecke - achtsam, natürlich.


    Interessant ist auch zu lesen, nach welchen Kriterien in Deutschland Kindergartenplätze vergeben werden. Herrlich, wie sich aus der Vergabepraxis skurrile Allianzen ergeben. So bringen Schwerverbrecher und Polizisten ihre Kinder in einem gemeinsamen Kindergarten unter. Das Anmeldesystem heißt „KOTZ“ - eine lautmalerische Assoziation über die ich herzlich lachen musste. Wer erfindet bitte solche Abkürzungen?


    Natürlich wird gemordet, gefoltert, gedealt oder mit Handgranaten gehandelt - alles, was dem organisierten Verbrechen so zugeordnet werden.


    Die Verknüpfung zwischen „Achtsamkeitsratgeber“ und Krimi ist sehr gut gelungen. Da muss ich doch gleich die beiden anderen Krimis besorgen.


    Fazit:


    Diesem Krimi, der mich bestens unterhalten hat, gebe ich gerne 5 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)

  • Achtsam Lesen.

    Ein Anwalt, der primär einen Bandenstraftäter wiederkehrend vertritt, hat eine Ehekrise und muss daher ein Achtsamkeitsseminar besuchen. Dieses wurde ihm von seiner Frau auferlegt, um eine Trennung zu vermeiden. Der Anwalt besucht dieses widerwillig, kommt dadurch jedoch ins Nachdenken und Umdenken. Allerdings passieren ihm durch Einhalten der Achtsamkeitsregeln diverse Dinge. So wird er zum achtsamen Mörder und noch einiges mehr.


    Das Buch hat eine sehr leichte Art und eine gute Portion Humor. Dabei versteht der Autor gekonnt, die Achtsamkeitsregeln in die dortige Realität zu integrieren und schon verliert manches seine Wirkung bzw. wird in der Dramatik abgeschwächt.


    Der Roman hat uns sehr gut unterhalten. Man war gespannt, wie sich alles weiterentwickelt. Und die Achtsamkeitsregeln sind bei uns gegenwärtig. Ein toller Nebeneffekt.


    Ich bin gespannt auf den 2. Teil.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Eine gute Freundin von mir hat mir diese Reihe quasi aufgedrängt, aber bisher habe ich mich noch nicht dazu durchgerungen, sie zu lesen. Ich schleiche noch ein bisschen drum herum... :-?

  • Dieses Buch habe ich ebenfalls auf Empfehlung einer guten Freundin gelesen. Sie fand es super, aber auch 'ein wenig brutal'. Das ist wahrscheinlich eine Sache der Lesegewohnheiten, ich fand die Brutalität war im Rahmen. Insgesamt hat mir 'Achtsam morden' richtig gut gefallen, ein paar gute Ideen, ein guter Schreibstil, die richtige Prise Humor, um auch mal zu schmunzeln, zwischendurch sogar sowas wie ein Achtsamkeitsratgeber und eine Story, die einen zum Weiterlesen animiert, weil man wissen möchte, wie die Sache für alle Beteiligten zu Ende geht.

    Warum nur :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: ? Weil es mir in manchen Dingen etwas zu klischeebeladen daherkommt.

  • Vorneweg: Das Buch ist eine wirklich kurzweilige, unterhaltsame Lektüre. Allerdings weiß ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Die Idee finde ich ganz witzig und die Geschichte ist wie schon gesagt auch wirklich unterhaltsam, aber so gegen Ende war mir das Ganze dann doch etwas zu überzogen. Ist das, was Björn Diemel da macht, wirklich noch achtsam? Oder einfach nur dumm mit einer ganzen Portion Glück? (Also, Glück für ihn, nicht für all die anderen.) Oder ist das ganze so knallhart an der Realität vorbei, dass sich diese Fragen gar nicht stellen?

    Ich für meinen Teil werde die Nachfolgebände wohl eher nicht lesen, wenngleich ich diesen wirklich flott heruntergelesen habe, denn ich glaube einfach nicht, das ich Freude an deren Lektüre hätte, denn im Grunde kann es ja eigentlich nur noch absurder werden...

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde

  • Respektlos sympathisch!



    Für Eilige:


    »Achtsamkeit kennt keine Gnade, Achtsamkeit kennt kein Pardon!« Die Verse aus dem Film mit Heinz Schenk und Hape Kerkeling möchte man in leichter Abwandlung anstimmen, wenn man das Buch »Achtsam morden« von Karsten Dusse (sprich: "Düss") zusammenfassen soll. Spätestens aber, wenn man sich entschließt, es zu rezensieren, weil es einem so gut gefallen hat. Kein Pardon kennt Dusse, sobald es um das Zwerchfell oder andere humorgesteuerte Körperteile des Lesers und der Leserin geht. Wobei ich es vorgezogen habe, genussvoll zu schmunzeln und den einen oder anderen Abschnitt mit einem breiten Grinsen noch einmal zu lesen. Als Strafverteidiger weiß der Autor, worüber er schreibt. Nur hoffe ich für ihn, »Achtsam morden« trage keine autobiografischen Züge, wenn der Protagonist zusammen mit seinem Stress sich auch der langfristig aufgebauten oder spontan definierten Widersacher entledigt. Mit Absicht oder mal eben so.



    Inhalt ohne Spoiler:


    Der Anwalt Björn Diemel betreut in einer gut gehenden, renommierten Kanzlei die Schmuddelkinder unter den Mandanten. Nicht nur die Einsicht, dass ihn das zum »Bäh«-Anwalt ohne berufliche Perspektive macht, sondern auch der Umgang der Kanzleiinhaber mit ihm verursachen Stress. Als seine Frau ihn zwingt, dem Burnout durch einen »Achtsamkeitskurs« vorzubeugen, tut sie ihm Gutes: Die Konzentration auf sein Ego und dessen Wohlergehen lässt Diemel aktiv gegen die Probleme vorgehen, gegen die daraus resultierenden Stress­situationen und gegen Personen, die die Probleme verursachen oder die sie selbst darstellen. Allerdings folgen aus der Lösung eines einzelnen Problems unweigerlich mehrere neue. Die Hydra lässt grüßen. Wird er diese Kettenreaktion beherrschen und mit Frau und Tochter zum entspannten, harmonischen Familienleben finden oder geht er in dem Strudel unter, den die Befolgung des Achtsamkeitsratgebers durch das Ziehen immer weiterer Kreise antreibt?



    Schreibstil:


    Political Correctness, Vermeidung von Klischees und von Diskriminierung. Das sind nur einige Tipps, die ich aus Schreibratgebern für meine eigenen Bücher mitgenommen habe. Zumindest so lange, wie ich mich als ernsthaften Schriftseller sehe. Davon hat Dusse wohl noch nie etwas gehört. Auf Klischees basiert die Handlung, Diskriminierung charakterisiert sämtliche Figuren außer dem Protagonisten und seiner Familie, und politisch korrekt kommt zu meinem Vergnügen gar nichts rüber. So stammen die Bösewichter aus osteuropäischen Ländern, beinahe zwangsläufig handeln sie aus niedrigen Motiven oder aus ihrer vom Protagonisten pauschal unterstellten Dummheit, und der unbeschwerte Umgang mit sexistischen, sozialen oder historischen Tabus poppt immer wieder hoch. Diese Respektlosigkeit, das ironische Zitieren des fiktiven (?) Achtsamkeitsratgebers und die von Diemel daraus gezogenen Schlussfolgerungen machen das Buch richtig sympathisch. Erfrischend lebendig präsentiert sich der ständige Wechsel seines Blickwinkels, mal fokussiert auf Tochter Emily (Vergessen Sie nie ihren Namen!), mal auf seine Widersacher (Vergessen Sie nie Emilys Namen!). Dusse bindet den Leser nicht nur ins Geschehen ein, auch an Diemels Gefühlen lässt er ihn teilhaben: Aufregung bei der Analyse der Probleme und Gleichmut, wenn er seine – oft gleichlautende – Lösung erdacht hat. Herrlich, wie die spritzig-freche Sprache sich anpasst! Unvollständige Sätze signalisieren Hektik, Schlangensätze weisen auf Logikketten hin, die der Leser besonders genießt, wenn er die zitierten Achtsamkeits­grundsätze aufmerksam studiert und verinnerlicht. Darin liegt Wahrheit, ihre Umsetzung beschert Kurzweil.



    Fazit:


    Spießer und Gutmenschen werden keinen Gefallen an »Achtsam morden« finden. Für Spießer zu frech geschrieben, Gutmenschen werden in ihrer hehren Gesinnung verunsichert. Für alle anderen und für jene, die sich einen Krimi mit Humor wünschen, ist das Buch ein Must-Read. Selten habe ich ein Buch in der Hand gehabt, das durchgängig so ironisch, so respektlos und dennoch so sympathisch überzeichnet. Karsten Dusse hat mir mit seinem Debütroman nicht nur unvergessliche Lesestunden beschert, sondern verlangt mit der zugrunde­liegenden Konsequenz, dass ich auch die beiden weiteren Bücher der Reihe lesen muss. Das tue ich gern!