Anna Zimt - In manchen Nächten hab ich einen anderen

  • Kurzmeinung

    berita
    Interessanter Erfahrungsbericht über ein alternatives Beziehungsmodell mit erotischen Szenen. Aber etwas amateurhaft.
  • In manchen Nächten hab ich einen anderen

    Mein sinnliches Leben in einer offenen Beziehung


    Anna Zimt (* 1985) ist das Pseudonym einer Hamburger Autorin und Bloggerin beim Onlinemagazin "im gegenteil". "In manchen Nächten hab ich einen anderen" ist ihr erstes Buch. Darin berichtet sie über ihre langjährigen Erfahrungen mit einer offenen Beziehung.


    Anna kennt und liebt ihren Ehemann Max seit sie 18 ist, mittlerweile sind sie Anfang 30. Schon vor der Hochzeit war ihnen klar: Monogamie stellt sie auf Dauer nicht zufrieden, aber sie können auch nicht ohne einander leben. Also blieb der Kompromiss offene Beziehung. Ein Model, das zwischen ihnen beiden soweit gut funktioniert, aber nur mit bestimmten Regeln und mit viel Kommunikation. Die Autorin macht dabei deutlich, dass ihre gewählte Beziehungsform sehr individuell ist und im Laufe der Zeit einem stetigen Wandel unterlegen war.


    Das Werk steht irgendwo zwischen Sachbuch und Belletristik. Auf der einen Seite erklärt Anna Zimt detailliert, wie es dazu kam, dass sie und ihr Mann Max in einer offenen Ehe leben und welche Regeln dabei gelten. Das Buch ist aber kein Ratgeber im eigentlichen Sinne und versucht nicht (aufdringlich) zu missionieren, es zeigt nur eine mögliche Alternative auf.


    Auf der anderen Seite enthält das Buch diverse Handlungspassagen, wie sie auch in einem Roman vorkommen könnten. Vor allem geht es dabei um die Dates, die Anna Zimt mit verschiedenen Männern hat. Bei diesen Treffen geht es meistens erotisch zu. Die Beschreibungen sind explizit, die Praktiken jedoch nicht sehr "ausgefallen" (es sei denn, man sieht Locations wie Autositze schon als ausgefallen an :-). Mal abgesehen vom Unterhaltenswert zeigen diese Szenen vor allem, dass die Offenheit der Ehe nicht nur ein Wunsch ihres Mannes ist, sondern auch Annas eigenen Bedürfnissen entgegenkommt und ihr (Liebes-)Leben bereichtert. Manchmal kommt es bei ihren Sextreffen aber auch zu komischen oder unbefriedigenden Situationen, nicht alles ist nur Sonnenschein.


    Andere Szenen zeigen Anna bei Treffen mit Max oder mit ihren Freundinnen. Diese reagieren zunächst mal skeptisch auf Annas Beziehungskonzept, verhalten sich dann aber doch recht schnell neutral bis wohlwollend der Sache gegenüber, nachdem Anna ihnen die Zusammenhänge erklärt und Bedenken ausgeräumt hat. Ansonsten erfährt man leider wenig über kritische Reaktionen aus ihrem Umfeld, es scheint nur wenige Reibungspunkte zu geben (außer mal bei der eifersüchtigen Partnerin eines Freundes). Was für die Person Anna natürlich gut ist, aber ihre Erfahrungen stellen damit wahrscheinlich nicht alle Seiten der Problematik dar. Vielleicht kommt das Buch auch etwas früh, denn die wirklich harte Belastungsprobe steht Anna und Max noch bevor, nämlich wenn sie Kinder bekommen. Anna macht sich zwar darüber Gedanken, aber die sind natürlich noch sehr theoretisch.


    Das Buch ist durchgehend aus Annas Sicht geschrieben, meistens in der Ich-Form, wobei sie manchmal (vor allem im Rückblick) zwischendurch auch auf "Anna und Max" wechselt oder ihren Partner mit "Du" anspricht. Das Werk ist in kleine, leicht verdauliche Kapitel eingeteilt, in denen zum Beispiel jeweils eine Beziehungsregel erklärt oder ein One-Night-Stand beschrieben wird. Das Buch wirkt wie eine Sammlung von Blog-Beiträgen (was es zumindest zum Teil auch ist), aber der rote Faden bleibt doch in der Regel erkennbar und es gibt auch ein paar sich chronologisch entwickelnde Handlungsstränge. Der Schreibstil ist eher einfach gehalten, vielleicht ein wenig zu einfach manchmal.


    Insgesamt ein interessanter Erfahrungsbericht, dem es aber meines Erachtens ein wenig an sprachlicher Finesse und inhaltlicher Tiefe mangelt. Wer neugierig geworden ist, kann sich in ihrem Blog einen ersten Eindruck verschaffen, einige der Kapitel des Buches sind dort zu finden.