Dario Fo - Christina von Schweden: Eine Hosenrolle für die Königin / Quasi per caso una donna: Cristina di Svezia

  • Zum Inhalt:


    Der italienische Dramatiker und Nobelpreisträger Dario Fo erzählt die Geschichte einer starken Frau

    Dario Fos Romanheldin Christina von Schweden ist eine „unmögliche Königin“: hochgebildet, rebellisch und unberechenbar. Sie weigert sich zu heiraten, hat Affären und korrespondiert mit Intellektuellen wie Blaise Pascal und Molière. Nach ihrer Abdankung 1654 geht sie nach Rom und wird zu einer wichtigen Förderin von Wissenschaft und Kunst. Anhand geschichtlicher Zeugnisse und Chroniken erzählt Dario Fo das Leben einer selbstbewussten Frau, die mit den Konventionen ihrer Zeit bricht, und erfindet sie dabei ganz neu.

    (Quelle: amazon.de)



    Meine Meinung:


    Auf diesen "Roman" von Dario Fo, den ich vorher nur als Theatermenschen kannte, war ich sehr gespannt gewesen - und habe ihn einigermaßen enttäuscht zugeklappt.


    Christina von Schweden war eine höchst faszinierende Persönlichkeit, und ihr Andenken zu pflegen, ist sicher ein großes Verdienst dieses Werkes. Es hat mich jedoch v.a. deshalb nicht überzeugt, weil es unglaublich hölzern daherkommt. Mir ist es ein Rätsel, wie jemand, dessen täglich Brot der Dialog ist, so wenig wörtliche Rede in einen Text einbauen kann. Da quält man sich durch seitenlange historische Abhandlungen, und plötzlich springt eine Art Harlekin auf die Bühne und man ist mitten in einem Theaterstück. (Diese Passagen waren wenigstens amüsant, wenn auch für meinen Geschmack streckenweise zu derb.) Das Theaterstück ist vorbei, da folgen behauptete, aber eben leider nicht auserzählte Liebschaften und Leidenschaften der Königin - manche zusammengefasst auf anderthalb Seiten, und etwas später wird dem betroffenen Menschen plötzlich eine große Bedeutung zugeschrieben, die sich mir als Leserin jedoch aus dem Text nicht erschließt. (Schade, dass der deutsche Untertitel Christinas Leben und Wirken als "Hosenrolle" bezeichnet, macht doch Fos Werk im Gegenteil deutlich, dass diese Frau sich nicht auf Rollenmodelle beschränken ließ, sondern ihr Leben geschlechterrollenübergreifend so lebte, wie es ihr Freude machte.) Fo baut immer wieder theaterhistorisch interessante Szenen ein, die ich gern gelesen habe, aber drumherum bleibt sein Roman einfach trocken und distanziert. Immerhin habe ich dabei Einiges über die europäische Theatergeschichte gelernt. :lol:


    Dennoch werde ich mich gern weiterhin mit Texten und Aufführungen von Fo befassen, denn ich liebe sein (und Augusto Boals) Verstecktes Theater, und Auszüge aus seiner Rede anlässlich der Verleihung des Literatur-Nobelpreises haben mir seinerzeit über die Verzweiflung ob des Wahlsiegs von Donald Trump hinweggeholfen:

    "Die Macht, und zwar jede Macht, fürchtet nichts mehr als das Lachen, das Lächeln und den Spott. Sie sind Anzeichen für kritischen Sinn, Phantasie, Intelligenz und das Gegenteil von Fanatismus. Ich bin nicht mit der Idee zum Theater gegangen, Hamlet zu spielen, sondern mit der Ansicht, ein Clown zu sein, ein Hanswurst."

    Da wir hierbei auch mal wieder meinen Lieblings-Eco "Der Name der Rose" streifen, hat Dario Fo seinen Platz in meinem Bücherregal und in meiner Theaterliebe sicher, auch wenn mir der vorliegende Roman nicht so gut gefallen hat.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :study: Nadia Murad - Ich bin eure Stimme

    :study: I. L. Callis - Doch das Messer sieht man nicht

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Sarange

    Hat den Titel des Themas von „Dario Fo - Christina von Schweden: Eine Hosenrolle für die Königin“ zu „Dario Fo - Christina von Schweden: Eine Hosenrolle für die Königin / Quasi per caso una donna: Cristina di Svezia“ geändert.
  • Das Buch reizt mich nach der Rezi gar nicht, aber das Zitat gefällt mir sehr (mir sind auch Menschen, die nicht über sich selbst lachen können, höchst suspekt). Danke dafür!

  • Magdalena Vielleicht ist das Buch auch gar nicht so "schlimm", wenn man nicht mit der Erwartung an die Lektüre herangeht, es mit einem Roman zu tun zu bekommen, sondern eben auf einen Genre-Mix eingestellt ist... :-k


    Ich habe auf jeden Fall Lust bekommen, mich nochmal genauer mit Christina von Schweden zu beschäftigen, denn Fo betreibt ja nicht nur einen Genre-Mix, sondern vermischt auch kräftig Dichtung und Wahrheit. :lol:

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  • Allein schon der derbe Humor wäre sicher nicht mein Fall, deshalb lass ich es lieber :wink: