Roxane Gay - Hunger. Die Geschichte meines Körpers / Hunger. A memoir of (my) body

  • Kurzmeinung

    Marie
    S. 180: „Vielleicht bin ich besessen von mir selbst." Ständige Wiederholungen sorgen nicht für mehr Betroffenheit
  • Autor: Roxane Gay
    Titel: Hunger

    Original: Hunger. a memoir of (my) body
    Verlag: btb
    Erschienen: 22. April 2019
    Seiten: 317, Kapitel: 88, aufgegliedert in 6 Teile
    Format: Hardcover, E-Book, Hörbuch, Audio-CD
    ISBN: 9783442758142


    Amazon schreibt:
    Sie schreibt die Geschichte ihres Hungers. Sie schreibt die Geschichte ihres Körpers. Es ist keine Geschichte des Triumphs. Es ist die eines Lebens, das in zwei Hälften geteilt ist. Es gibt das Vorher und das Nachher. Bevor sie zunahm und danach. Bevor sie vergewaltigt wurde und danach. Roxane Gay, eine der brillantesten, klügsten und aufregendsten weiblichen Stimmen der USA, erzählt eine Geschichte, die so noch nie geschrieben wurde: schonungslos offen, verstörend ehrlich und entwaffnend zart spricht sie über ihren »wilden und undisziplinierten« Körper, über Schmerz und Angst, über zwanghaftes Verlangen, zerstörende Verleugnung und Scham - „Ich war zerbrochen, und um den Schmerz dieser Zerbrochenheit zu betäuben, aß ich und aß und aß.“


    Zum Inhalt
    Roxane Gay schreibt schon seit ihrer Kindheit. Sie schreibt anfangs nur für sich. Sie schreibt sich alles von der Seele. Später dann schreibt sie Romane und publiziert diese auch. Sie wird zu einer sehr bekannten und erfolgreichen Schriftstellerin. Sie hat studiert. Sie ist Professorin für Literatur. Sie hat und kann so vieles, aber glücklich ist sie nicht.
    Im dem Buch geht es um ihr Leben. Um ihre Pein. Um ihre Verfehlungen. Um ihre Disziplinlosigkeit. Um ihren extrem dicken Körper. Um ihre Seele. Um die vielen anderen Menschen, die sich anmaßen über sie und generell über andere dicke Menschen urteilen zu können. Roxane schreibt offen und schonungslos. Sie behält auch einiges für sich, was ihr einfach nicht über die Lippen will. Sie schreibt treffsicher, was ihre Wortwahl angeht. Sie schreibt ehrlich. Sie schreibt und schreibt und schreibt und isst und isst und isst ...


    Meine Meinung
    Roxane Gay ist eine Haitianerin. Sie ist "schwarz". Sie ist für eine Frau extrem groß. Sie ist behütet aufgewachsen, wird geliebt und ist gläubig. Dann kommt der Tag, der alles verändert. Ihr Glaube ist weg. Ihre behütete Kindheit ebenso, obwohl ihre Familie nie aufhört sie zu lieben. Aber sie weiß nicht, was passiert ist. Roxane schweigt. Sie schweigt Ewigkeiten.
    Roxane Gay will nie wieder erleben, was sie erdulden mussten, also isst sie. Sie isst unnatürlich viel und oft. Sie isst und erreicht ihr Ziel, sie wird unfassbar dick.
    Schonungslos schreibt sie davon, was nachfolgende Liebhaber - sowohl Männer als auch Frauen, ihr antun. Im Grunde passiert es ihr immer wieder. Sie fühlt sich benutzt und glaubt, dass das der Sinn ihres Lebens ist. Benutzt zu werden. Beschmutzt zu werden. Nichts wert zu sein. Sie glaubt das so fest und stark, dass ihre Geschichte leider nicht zu einer Erfolgsgeschichte wird. Und das stimmt traurig. Man wünscht es ihr doch so sehr.
    Extrem dicke Menschen werden ausgegrenzt. Sie werden gerade von Ärzten sehr schlecht behandelt. Sie werden diskriminiert, belächelt, beschimpft, verbal beleidigt und immer und immer wieder auch psychisch missbraucht.
    Roxane begreift erst sehr sehr spät, dass sie all das nicht ist. Dass sie all das nicht ertragen muss. Dass es auch Menschen gibt, die wahre Freunde werden, wahre Liebhaber.
    Diese Autobiografie ist ein Buch, welches nicht nur Betroffene lesen sollten, sondern vor allen Dingen schlanke Menschen, Ärzte, die hinter der Fassade und all dem Fett nur Disziplinlosigkeit sehen, Faulheit und Maßlosigkeit. Sie alle sollten hinter die Fassade schauen, wie es zu etwas kommen kann.
    Roxane Gay hat ein Händchen für Worte, für das Schreiben. Sie weiß, wann sie schonungslos offen sein kann, wann sie sich offenbart und behält sich doch vor, das Schlimmste zu verschweigen. Ein Eigenschutz, der fast schon nicht mehr nötig ist, nachdem man dieses Buch gelesen hat. Denn man ahnt, was nicht ausgesprochen wurde.
    Und auch heute noch, beruflich erfolgreich, in der Familie sicher verankert, anerkannt, wird sie beschimpft und beleidigt. Die Menschen sehen nur ihr Äußeres, als wäre das Ausschlaggebend für Erfolg, für Liebe. Als könne und dürfe man nur einen schlanken Menschen lieben und ihm Anerkennung schenken.


    Fazit
    Offen. Ehrlich. Schonungslos. Traurig. Wütend machend.

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)