(Noch nicht auf deutsch erschienen.)
Briddey Finnigan ist kaufmännische Angestellte bei Commspan, einem namhaften Soft- und Hardwarekonzern und mit der größte Konkurrent von Apple, und seit einigen Monaten mit Trent zusammen, der bei Commspan für die Produktstrategie zuständig ist und gerade vor einem riesigen Coup steht, der das neue iPhone um Längen in den Schatten stellen soll. Im Büro pfeifen die Spatzen schon von den Dächern, was Briddey ihrer distanzlosen irischen Großfamilie noch verschweigt: Trent hat einen der heiß begehrten Termine bei Dr. Verrick ergattert, und bald werden er und Briddey eins der neuartigen Implantate eingesetzt bekommen, das die Gefühle zwischen Liebespaaren verstärken und die Empfindungen des Partners auch über Distanzen hinweg spürbar machen kann.
Alle
beneiden Briddey. Oder vielmehr, alle außer dem nerdigen Anwendungsentwickler
C. B. Schwartz, der größte Bedenken gegen das Implantat (und dafür auch gute
Gründe) hat, doch der ewig zerzauste, stets nachlässig gekleidete und selten
sein Kellerlabor verlassende Einzelgänger gehört nicht direkt zu den Menschen,
auf die Briddey hören würde. Dabei hätte sie das womöglich tun sollen, denn das
Vorhaben hat tatsächlich Konsequenzen, mit denen sie so nie gerechnet hätte.
Ein interessantes
Thema, das Connie Willis ins Zentrum ihres jüngsten Romans gestellt hat: Wie
wäre es wohl, wenn unsere eigenen Gefühle für unseren Partner spürbar wären?
Und, noch etwas weiter gedacht, was würde passieren, wenn man tatsächlich die
Gedanken anderer Menschen lesen könnte? Und was macht eigentlich der
Kommunikations-Overkill durch digitale Medien mit uns?
Wie meistens
bei Willis bin ich mit der Einordnung unter Science fiction nicht ganz
glücklich und habe sie lediglich aufgrund der erfundenen Technologie der
Gefühlsübermittlung per Implantat gewählt. Hauptsächlich geht es weniger um
dieses neue Gadget als um Zwischenmenschliches, insbesondere Ehrlichkeit in
Beziehungen, den Umgang mit psychischen Stresssituationen und eben die Frage,
ob es wirklich so gut wäre, Gedanken oder Gefühle von anderen ungefiltert
wahrnehmen zu können.
"Crosstalk"
hat, abgesehen von Zeitreiseelementen, all das, was ich an ihren Büchern so
schätze: schlagfertige, oft witzige und manchmal auch herrlich absurde Dialoge,
treffende soziologische Beobachtungen (besonders über liebevolle, aber nervtötende
Verwandte, Partnerbeziehungen aller Couleur und Phänomene in Großkonzernen),
Running Gags und jede Menge "unnützes" Wissen und
Popkultur-Anspielungen.
Trotzdem muss ich leider sagen, dass es mir etwas weniger gut gefallen hat als die meisten anderen Bücher von ihr. Die Richtung, in die sich der Plot entwickelt, hat mich überrascht und bietet viel Potential, das sie auch durchaus gut zu nutzen versteht, allerdings kommt vor allem im letzten Drittel immer wieder das Gefühl auf, dass sich die Handlung im Kreis dreht und Straffung vertragen hätte. Bei dem einen oder anderen Coup der Autorin war ich mir dann auch nicht so ganz sicher, ob ich das jetzt genial oder bescheuert oder zumindest an den Haaren herbeigezogen finde, was mir bei ihr zuvor noch nie passiert ist.
Auf gar keinen Fall ein schlechtes Buch - allein schon wegen des trocken-ironischen Humors lohnt sich Willis grundsätzlich immer -, aber auch ganz sicher nicht Willis' bestes.