Krimi-Feeling auf Guernsey
Ein mir bislang unbekannter Krimi-Autor, und ein ungewöhnlicher Schauplatz – die Kanalinsel Guernsey. Noch dazu die hintersinnige Schlagzeile „Victor Hugo ermordet!“… wer hätte da nicht zugegriffen?
Das Buch hat letztlich nicht alle seine Versprechen gehalten. Ich würde es als gute Mittelklasse-Unterhaltung bezeichnen, wobei ich aber den Anteil des eigentlichen Krimis am Lesevergnügen eher geringer einstufe als den Anteil des Lokalkolorits.
Ein Double des Schriftstellers Victor Hugo wurde während einer Filmvorführung in einem stockdunklen Kino erschossen. Zufällig waren auch die Inspektoren Cyrus Doyle und Pat Conroy anwesend. Es stellt sich die Frage, ob der Darsteller überhaupt gemeint war – da er kurz vor der Tat noch seinen Sitzplatz getauscht hatte… Die sich anschließenden Ermittlungen gestalten sich eher beschaulich. Es gibt zwar interessante Nebenhandlungen, so zum Beispiel das Leben Victor Hugos auf der Insel, oder die Besatzungszeit unter den Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Doch das ist letztlich eher „schmückendes Beiwerk“. Das wirkliche Tatmotiv ist ausgesprochen banal und vorhersehbar. Was ich sehr schade fand.
Es ist außerdem der vierte Band einer Reihe – was man für den Verlauf der Handlung nicht unbedingt zu wissen braucht. Allerdings, auch ohne die Vorgänger zu kennen, hat für mich der Sportwagen Doyles ein wenig zu oft geröhrt, und haben sich die beiden Ermittler, die mal ein Paar waren, eine Prise zu oft wie Pubertierende aufgeführt. Und wenn das alles schon vier Bände so geht…?
Wirklich gelungen fand ich die Schilderung der Insel selbst, und so manche Nebenfigur, wie einen schottischen Professor, oder eine ältliche Inselschönheit. Man hat Lust bekommen, Guernsey einmal selber zu besuchen.
Mich hat bisweilen der Verdacht beschlichen, dass der Krimi nicht das eigentliche Feld des Autors ist. Und siehe da, es stimmt. Jan Lucas ist ein Pseudonym von Jörg Kastner, der eher im Bereich Fantasy zu Hause ist – bekannt unter anderem durch den „Engelspapst“ und den „Engelsfluch“. Dieser Stil ist so ganz anders, und – ehrlich gesagt – mir gefällt er besser. Was aber nichts heißen muss. Empfehlen würde ich Cyrus Doyle als leichte Urlaubslektüre durchaus.