Auf Goethes Spuren...
In den letzten Tagen sind wir von der Sonne verwöhnt worden. Angesichts der hohen Temperaturen greift man gern zu einem leichten Sommer-Roman, der seine Leser in eine gelöste Urlaubs-Stimmung versetzt.
Auch ich habe mich von dem neuen Buch "Ein Sommer am Gardasee" von Johanna Nellon verlocken lassen. Sie erzählt von der angestellten Apothekerin Barbara erzählt, die einen schweren Schock erlebt. Sie hat gerade ihr Brautkleid ausgesucht, als sie ihren Verlobten mit einer anderen beobachtet. Um sich von ihrem Kummer abzulenken, fährt sie an den Gardasee, wo sie den rätselhaften Christian Wagner kennenlernt. Er fasziniert sie vom ersten Augenblick an, doch der Mann, der ihr deutlich seine Zuneigung zeigt, hat ein Geheimnis. Ist Barbaras Glück vorbei, ehe es richtig beginnt?
Das hübsche Cover spiegelt die malerische Kulisse des Gardasees, der mit seinem milden Klima ein beliebtes Reiseziel für deutsche Touristen ist. Auch der gut gewählte Titel setzt auf die ungebrochene Reiselust der Leser, die mit einen bewährten Plot geködert werden.
Das Geschehen wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei die einzelnen Erzählstränge gut miteinander verzahnt sind. Johanna Nellon schreibt in einem einfachen, gut lesbaren Stil, und man kann ihren neuen Roman an einem Tag lesen.
Was mein Urteil über diesen Roman angeht, bin ich etwas zwiegespalten. Die Geschichte um Barbara und Christian ist recht einfach gestrickt, flach und vorhersehbar, wenn man so will: eine triviale reine Herz-Schmerz-Liebesgeschichte, wie man sie in seinem Urlaub genießen möchte, auch wenn Johanna Nellon auf einige (nicht realistische) melodramatische Verwicklungen gesetzt hat, die für etwas Spannung sorgen sollen.
Positiv herausstellen möchte ich die anschaulichen Landschaftsbeschreibungen, die viel italienisches Flair atmen. Johanna Nellon ist es gelungen, ihre Protagonisten vor einer traumhaften Kulisse in Szene zu setzen. Man darf sie auf vielen Ausflügen begleiten, lernt zauberhafte Orte am Gardasee kennen und erhält wichtige Informationen, die einen Reiseführer ersetzen können
Dennoch möchte ich einige kritische Anmerkungen zu diesem Roman machen. Für mein Empfinden wirken die Protagonisten dieses Romans zu hausbacken und provinziell. Ihr geschätztes Alter von etwa 30 Jahren will man ihnen nicht abnehmen, ihrem Benehmen und ihrer Ausdrucksweise nach könnten sie deutlich älter sein.
Was mich extrem stört, ist das (fast erzwungen wirkende) Happy-End für alle Beteiligten, das in "Hochzeit" und "Familiengründung" mündet. Mir will nicht in den Kopf, dass zwei moderne selbständige Frauen von 30 Jahren solche Torschlußpanik entwickeln, wenn sie ihren Traumprinzen im Urlaub kennengelernt haben. Etwas mehr Sinn für die Realität wäre hier angebracht gewesen - und wenn die Verliebten unbedingt unter die Haube gebracht werden müssen, hätte man ihnen etwas mehr Zeit geben und dieses Ereignis in einem Epilog erwähnen können.
Aus diesem Grunde vergebe ich drei Sterne für einen gefühlvollen Sommer-Reise-Roman, der zwar eine angenehme Auszeit vom Alltag beschert, mich nicht völlig überzeugen konnte.