Toni Morrison - Die Herkunft der anderen / The Origin of Others

  • Kurzmeinung

    BarbSie
    Kluge Fragen und Antworten zu: was ist normal, was ist fremd/ anders, wer hat die Deutungshoheit? Gibt es all das überha
  • Kurzmeinung

    Farast
    Interessant zu lesende Essays, die man gerne auch mehrmals zur Hand nehmen wird.
  • Autor: Toni Morrison
    Titel: Die Herkunft der anderen, aus dem Englischen von Thomas Piltz
    Originaltitel: The Origin of Others, erschien erstmals 2017
    Seiten: 112 Seiten
    Verlag: Rowohlt
    ISBN: 9783498045432


    Die Autorin: (von der Verlagshomepage)
    Toni Morrison wurde 1931 in Lorain, Ohio, geboren. Sie studierte an der renommierten Cornell University Anglistik und hatte an der Princeton University eine Professur für afroamerikanische Literatur inne. Zu ihren bedeutendsten Werken zählen "Sehr blaue Augen", "Solomons Lied", "Menschenkind", "Jazz", "Paradies" und die Essaysammlung "Im Dunkeln spielen". Sie ist Mitglied des National Council on the Arts und der American Academy of Arts and Letters. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, u. a. mit dem National Book Critics' Circle Award und dem American-Academy-and-Institute-of-Arts-and-Letters Award für Erzählliteratur. 1993 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur.


    Inhalt und Meinung:
    Im Frühjahr 2016 hielt Toni Morrison mehrere Vorträge an der Harvard University zum Thema «die Literatur der Zugehörigkeit». Aus dieser Vortragsreihe entstand diese Sammlung mit insgesamt sechs Essays und einem Vorwort von Ta-Nehisi Coates.
    Wie bei Toni Morrison nicht anders zu erwarten, geht es um Rassenzugehörigkeit, um die Abgrenzung von Anderen, und um die Geschichte der Sklaverei bis zu heutigen Abwertungen in der Gesellschaft. Dabei greift sie auf ihre eigenen Erlebnisse und Romane zurück, verwendet aber auch viele Beispiele aus der Literatur. Beispielsweise kommt Harriet Beecher Stowes «Onkel Toms Hütte» gar nicht gut weg: die Darstellungen der Sklaven sind zu romantisch und unterwürfig. Sie stellt zudem die Frage, weshalb Autoren häufig die Hautfarbe ihrer Romanfiguren erwähnen – welche Vorurteile oder Allgemeingültigkeiten nehmen sie damit in Kauf? Außerdem interessant: wie schaffen es die «überlegenen Weißen», sich so sehr abzugrenzen, so unmenschlich zu werden, dass sie andere Menschen wie Tiere (oder schlimmer) behandeln können? Anhand von Zeitungsberichten und Tagebucheinträgen ehemaliger Sklavenhändler und Großgrundbesitzer zeigt sie, wie sehr die Sklaven entmenschlicht / versachlicht wurden, bspw Margaret Garner. Erklärungen kann sie im Prinzip keine darauf geben, aber ihre Essays machen nachdenklich. Auch weil ihre Beispiele nicht nur von der Sklaverei vor dem Sezessionskrieg handeln, sondern bis hinein zum Todesfall Michael Brown (2014) und dem noch immer weitverbreiteten Konzept der White Supremacy. Das Thema ist also nicht neu, aber (leider) weiterhin sehr aktuell. Und es ist auch kein typisch amerikanisches Thema, sondern den Transfer zu aktuellen, europäischen Herausforderungen kann man leicht machen, ohne hier allzu politisch werden zu wollen. Eine große Empfehlung an Alle, die bei Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht genervt die Augen verdrehen, sondern gerne noch etwas dazu von der großartigen, intelligenten und sympathischen Schriftstellerin lesen möchten.
    Und da es ja in ihren Vorträgen auch um die Literatur ging, beschreibt sie ihre Themenschwerpunkte auch anhand von bekannten Romanen. Neben dem bereits erwähnten «Onkel Toms Hütte» wären das ihre eigenen Werke «Menschenkind», «Sehr blaue Augen» und «Paradies». Andere Autoren und Romane sind Joseph Conrads «Herz der Finsternis», William Faulkners «Absalom, Absalom!», «Haben und Nichthaben» von E. Hemingway, Flannery O’ Connors «Der künstliche Nigger», sowie «Der Blick des Königs» von Camara Laye.
    Ein knappes Büchlein, rasch gelesen, aber gehaltvoll. Sicherlich werde ich es immer mal wieder zur Hand nehmen, um wenigstens 1-2 Aufsätze nochmals zu lesen. Außerdem neu auf meiner Merkliste: unbedingt mal etwas von Camara Laye und von Ta-Nehisi Coates lesen.

  • Vielen Dank für diese Besprechung. Bei Morrison hört man immer gerne auf und genauer hin!

    Außerdem neu auf meiner Merkliste: unbedingt mal etwas von Camara Laye und von Ta-Nehisi Coates lesen.

    Zu Ta-Nehisi Coates hatte ich, siehe unten, schon mal eine Rezi verfasst. Vielleicht thematisch wirklich sehr nahe dran...!

  • Nungesser Vielen Dank für deine Rezension, die mich sehr angesprochen hatte. Ich konnte das Buch gerade äußerst günstig erwerben.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Ich konnte das Buch gerade äußerst günstig erwerben.

    Das Glück hatte ich nicht. Meine Bücherei besitzt es leider nicht. Und 16 € für 112 Seiten ist heftig. :-s Auch wenn ich die Autorin außerordentlich schätze und Nungesser s Rezension mir Appetit macht, warte ich auf das TB. Oder einem Flohmarkt irgendwann.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • tom leo , danke für Deinen Hinweis zur Rezi; ich hatte sie gestern Abend bereits gelesen. Ich hatte mich natürlich sehr gefreute, dass von diesem Autoren hier bei BT etwas zu finden war!


    Farast , dann viel Vergnügen beim Lesen! Das Buch hat tatsächlich ziemlich wenig Seiten, aber ich hatte es ebenfalls auf dem Flohmarkt ergattert, und ich konnte etwas Geld sparen.