Neil Gaiman - Die Gütigen / The Kindly Ones

  • Kurzmeinung

    Kapo
    Das komplexeste, umfassendste, aber auch schwerfälligste Werk der Reihe.
  • Sandman Sammelband 9


    "Die Gütigen"


    von Neil Gaiman und weiteren Künstlern


    Inhalt: Nach der Entführung ihres Sohnes wendet sich die alleinerziehende Mutter Lyta Hall an die „Gütigen“. Die Gütigen, aus der griechischen Mythologie als „Furien“ bekannt, ruhen nicht, bevor das Verbrechen, das sie sühnen wollen, mit Blut fortgewaschen ist. Nach einer Intrige des Asen Loki und des Koboldes Puck, macht Lyta den Sandman für das Verbrechen verantwortlich. Der hat sich darauf den Furien zu stellen und sieht dem Untergang seines gesamten Traumreiches entgegen…


    Meinung: Langsam aber sicher neigt sich die Serie dem Ende zu. Gleich 13 US – Hefte und gut -350- Seiten nimmt sich der Autor Neil Gaiman Zeit, das Finale für diese grandiose Serie aufzubauen. Die Geschichte um seine Rolle als Täter und Opfer in einer Familientragödie ist der Höhepunkt und Hauptstrang, mit dem viele kleine Neben- und Unterplots verwoben sind.


    Interessant ist gleich schon der Prolog mit den drei Hexen. Die drei Schrullen sind mir übrigens nicht ganz unbekannt, sie tauchen ja auch immer wieder in meinen Horror Comicheften aus dem Williamsverlag als Geschichtserzählerinnen auf. Die stricken anfangs aus Wollgarn ein Kleidungsstück - ein einziger Wollfaden der sich in vielen verdrehten Maschen durch das gesamte Strickwerk windet. Und am Schluss wird der Faden mit einer Schere einfach abgeschnitten, so wie das Leben des Sandmans. Ob das von Gaiman wohl auch selbstreferierend gemeint war? Vieles deutet darauf hin und man kann sich als Leser den Eindruck nicht erwehren, dass man auf einer gewissen Art und Weise mit den Ideen der Künstler, ihren Texten und den Bildern einen persönlichen Dialog eingegangen ist.


    Da Gaiman uns Lesern ja auch immer etwas mitteilen möchte, habe ich mir auch darüber einmal wieder Gedanken gemacht und bin zu einem für mich recht zufriedenstellenden Ergebnis gekommen: Ausgehend von einer Handlung des Traumwebers setzt sich ähnlich einem Schneeballeffekt eine Kette von Ereignissen in Gang, die unweigerlich und ungewollt in den Untergang führt. Der Sandman, hoffend, dass er diesen noch aufhalten kann, aber ahnend, dass der Untergang unaufhaltsam ist, kommt zu einer abschließenden Erkenntnis: Jeder ist für seine Taten eigenverantwortlich und hat die daraus entstehenden Konsequenzen zu tragen. Aber der Tod ist auch gleichbedeutend mit Auferstehung, so bedeutet jedes Ende auch Neubeginn. Ein Gesetz der Natur, dass Schöpfung und Tod in eine unauflösliche Wechselwirkung bindet. Trauer über den Tod wechselt sich in Glück über eine Neugeburt.


    Wer sich dabei als Leser auf einen großen Showdown einstellt, der wird enttäuscht sein. Recht unspektakulär ist das Ende des Sandmans, was auch passend zu seinem fast menschlichen und zurückhaltenden Wesen ist. Nur ein Handreich zu seiner Schwester Death läutet seinen Tod ein. Deutliche Anlehnung findet das Bild im Deckenfresko Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle in Rom. Im Fresko scheint Gott seiner Schöpfung Adam seine Hand zu reichen. Gaiman definiert dieses Bild als den Tod Sandmans, was der theologischen Idee auf dem ersten Blick vollkommen entgegenläuft, durch die Auferstehung eines neuen Sandmanns aber im Umkehrschluss bestätigt werden kann.


    Fazit: Es ist alles gesagt, der Höhepunkt einer großartigen Serie ist erreicht worden.

    Das Amt des Dichters ist nicht das Zeigen der Wege, sondern vor allem das Wecken der Sehnsucht.



    H.H.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Neil Gaiman - Die Gütigen“ zu „Neil Gaiman - Die Gütigen / The Kindly Ones“ geändert.
  • Es ist alles gesagt, der Höhepunkt einer großartigen Serie ist erreicht worden.

    Das stimmt, es wäre ein gutes Ende gewesen. Deswegen bin ich tatsächlich gespannt, was da im 10. Band noch kommen wird.


    Im Nachhinein betrachtet war "Die Gütigen" ein stimmiges Werk, das den Zyklus um Dream hervorragend abrundet. Es war ja auch das längste Werk dieser Reihe und wie ich finde, auch das Komplexeste. Gleichzeitig war es aber auch das Abgedrehteste und in meinen Augen wirrste. Manchmal wusste ich wirklich nicht, was mir Gaiman sagen wollte und vielleicht hätte man sich den ein oder anderen Schlenker sogar sparen können. Das ist allerdings Jammern auf hohem Niveau, denn gefallen hat es mir trotz allem wie auch die anderen Bände.

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