Kristín Marja Baldursdóttir - Sommerreigen / Kantata

  • Verlagstext

    Mit dem Foto eines verliebten Paares in der Pariser Metro veränderte sich alles. Nicht gleich. Nicht sofort. Aber später. Und ganz woanders. In einem Land im hohen, weißen Norden. Dort wo Nanna und Gylfi sich ein ruhiges, beschauliches Leben aufgebaut haben. Sie liebt ihren Garten, er das Fliegenfischen. Alles ist für alle gut geregelt in der Familie. Erst als der französische Fotograf in ihr Leben tritt, gerät das Gerüst ins Wanken. Kristín Marja Baldursdóttir hat einen meisterlich komponierten Familienroman geschrieben, der über die Familie hinaus die großen Fragen über Veränderungen im Leben, über Bedrohungen und Ängste stellt.


    Die Autorin

    Kristín Marja Baldursdóttir lebt in Reykjavik. Die Autorin ist verheiratet und hat drei Töchter. Sie ist in Island eine der bekanntesten Journalistinnen und Schriftstellerinnen. Vorliegende Romane: "Möwengelächter", "Kühl graut der Morgen", "Hinter fremden Türen", "Die Eismalerin", "Farben der Insel".


    Inhalt

    Ein Fotograf, der angeblich an einer Reportage über Island arbeitet, stört die ländliche Idylle einiger Isländer auf und rührt an deren Geheimnisse. Zwischen seinem Auftreten, einem Foto, das (im Prolog) in der Pariser Metro geschossen wurde, und den teils miteinander verwandten Figuren des Romans muss eine Verknüpfung bestehen. Zu einem großen Familienessen im Garten dringt der dunkelhäutige Ausländer offensichtlich in ein Revier anderer Männer ein. Den Revierverteidigern stellt sich durch den Konkurrenten buchstäblich das Nackengefieder auf. Nanna pflegt mit Leidenschaft einen üppigen Garten, der dabei ist, ihr Haus zu überwuchern. Doch irgendetwas stimmt mit der Frau nicht, die sich von Insekten und anderem Getier zu leicht aus dem Konzept bringen lässt. Zwar gibt es noch keine Ameisen in Island – aber, was wäre, wenn sich das ändern sollte? Die Halbbrüder Dúi und Gylfi und ihr Vater betreiben ein Hotel, für das bald eine Nachfolgeregelung getroffen werden muss. Gudrun Senna, die Tochter des Hoteliers, verdient sich etwas Geld im Hotel, träumt jedoch heimlich davon, Schriftstellerin zu werden. Dúi wird von seinem Onkel Fimur aufgenommen, weil er sich selbst zurzeit keine Wohnung leisten kann. Im Gegenzug sorgt der junge Mann sich um den Onkel, den er für einen bindungsunfähigen Städter hält. Ingdis will endlich ihren erwachsenen Sohn Hjalmar aus dem Haus haben und ihre Dienstleistungen für ihn einstellen. Gylfi hat krumme Geschäfte gemacht, nur woher weiß sein Onkel davon? Hund Olli betritt im Roman wie ein Schauspieler die Bühne und wird dabei wie eine Person behandelt. Die ersten fertigen Bilder des Fremden lassen Zweifel an seinen Fähigkeiten als Fotograf entstehen. Könnte der Fremde hinter der Maske eines Fotografen ganz andere Interessen verfolgen? Unterbrochen werden die zunächst verwirrenden Einzelszenen von mehreren Icherzählern, die ihre Einschätzung bestimmter Personen zum Besten geben. Zu Wort kommen eine Klavierlehrerin, ein Autofahrer und die Maskenbildnerin & Schneiderin.


    Das Geheimnis des Fotos aus der Metro wird in dem Moment gelöst, als eine bildliche Vorstellung zweier Personen aufgebaut wird. Trotz der Wahrheit direkt vor der Nase der Leser war sie vorher nicht zu erkennen. Man könnte zweifeln, ob dieser Version der Ereignisse zu trauen ist. Neben dem Familiengeheimnis geht es um das Erben, die Natur als Erbe und die Veränderung für und durch den Tourismus in Island.


    Fazit

    Krístin Marja Baldursdóttir gibt mit ihrer komplexen Familiengeschichte so manches Rätsel auf. Ihre Themen sind Bilder, die wir uns machen, und Fotos, die entlarven, was mancher lieber verborgen hätte. Dieser Roman mit seinem stimmungsvollen, mit der Handlung harmonierenden Cover lässt sich m. A. mit Baldursdóttirs vorhergehenden Büchern nicht vergleichen. Man muss sich einfach neugierig hineinstürzen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Toibin - Long Island

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow