Antje Babendererde - Isegrim

  • Verlagstext

    Der Wald ist Jolas Refugium. Hier ist sie weit weg von ihrer überängstlichen Mutter, der erdrückenden Enge in ihrem Heimatdorf und ihrem besitzergreifenden Freund. Doch seit einiger Zeit fühlt sie sich beobachtet. Irgendjemand treibt im Wald sein Unwesen, folgt ihr und macht ihr Angst. Als Jola auf den mysteriösen Olek trifft, der sie auf seltsame Weise fasziniert, scheint das Rätsel gelöst. Erst nach und nach offenbart der Wald seine dunklen Geheimnisse. Und Jola wird eingeholt von einem furchtbaren Verbrechen, das sie seit fünf Jahren zu vergessen versucht.


    Die Autorin

    Antje Babendererde wuchs in Thüringen auf und arbeitete als Hortnerin, Arbeitstherapeutin und Töpferin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Seit vielen Jahren gilt ihr besonderes Interesse der Kultur, Geschichte und heutigen Situation der nordamerikanischen Indianer. Ihre einfühlsamen Romane zu diesem Thema für Erwachsene wie für Jugendliche fußen auf intensiven Recherchen in den USA und Kanada, und werden von der Kritik hoch gelobt. In ihren beiden Jugendromanen „Isegrim“ und "Der Kuss des Raben", wandte sich die Autorin erstmals ihren Thüringer Wurzeln zu. Mit "Wie die Sonne in der Nacht" und "Schneetänzer" kehrt Antje Babendererde in die magische Welt der Indianer zurück.


    Inhalt

    Jola ist ein Kind des Waldes. Die 17-Jährige wächst als Tochter eines Revierförsters in einem kleinen Ort im Raum Erfurt auf. Jola hat ihren Vater schon immer gern in den Wald begleitet und kennt ihn inzwischen wie die buchstäbliche Jackentasche. Doch Jolas Revier ist für eine Reihe von Dorfbewohnern ein düsterer, unheimlicher Ort, verknüpft mit Ereignissen zu Kriegsende 1945, über die man lieber schweigt. Angezogen vom ungenutzten allmählich überwuchernden Truppenübungsplatz in der Nähe wandern in die Region wieder Wölfe ein. Als Jola bei einem ihrer Streifzüge eine Wölfin beobachtet, die offensichtlich Junge säugt, will sie das Tier unbedingt vor den Menschen verborgen halten. Doch bevor es dazu kommt, muss Jola erst alte Geschichten aus der Zeit des Zwangsarbeiterlagers während des Zweiten Weltkriegs in der Region entwirren.


    Um den Handlungsstrang um Jola mit sehr stimmungsvollen Naturschilderungen rankt sich eine Vielzahl weiterer Handlungsfäden. Beginnend mit Jolas nicht gerade unkomplizierter Beziehung zu ihrem Sandkastenfreund Kai, erste sexuelle Erfahrungen, über die Angsterkrankung ihrer Mutter, die Begegnung mit Zeitzeugen des Kriegsendes, das noch immer ungeklärte Verschwinden von Jolas damals 12 Jahre alter Freundin Alina, die kleinbürgerliche Falschheit hinter der Fachwerk-Idylle, bis zu rätselhaften Diebstählen profaner Alltagsgegenstände aus Häusern und Gärten des Ortes. In Einschüben hängt ein zweiter Erzähler sehr beunruhigenden Gedanken nach. Die Menge an Sonderlingen und psychischen Erkrankungen in einem so kleinen Ort wirkt auf mich übertrieben, es handelt sich schließlich nicht um die Außenwohngruppe einer psychiatrischen Klinik. Jolas Verhalten fand ich für eine 16-jährige Gymnasiastin des 21. Jahrhunderts in mehreren Punkten unglaubwürdig, u. a. dass ihr als Schülerin einer zehnten Gymnasialklasse von allein nicht in den Sinn kommt, zwischen einem Verdächtigen und einem Täter zu unterscheiden. Für die jugendliche Zielgruppe zu spät nimmt die Handlung doch noch Tempo auf und führt zu einem überraschenden Schluss.


    Ein Jugendroman soll seine Leser unterhalten, den Zugang zum behandelten Thema ebnen und nicht unnötig behindern. Die Häufung von Themen und Problemen gemeinsam mit einer teils altertümlich wirkenden Sprache erschwert es jugendlichen Lesern, in die Geschichte hineinzukommen. Jolas Zeitzeugengespräche für ein Schulprojekt, die auch Schülern anderer Bundesländer aus der Schule vertraut sein werden, empfinde ich für die Zielgruppe ab 14 Jahren als weitere Hürde, eben weil das Thema bereits Unterrichtsstoff ist.


    Als Stärke des Buches gefielen mir das Wolfsthema, die Naturschilderungen und Jolas eigensinnige Persönlichkeit. Mit seinem mühsamen Einstieg und einem anspruchsvollen Plot setzt das Buch ein für jugendliche Leser (meiner Erfahrung nach) zu großes Durchhaltevermögen voraus.


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