Verlagsinfo
Sind Sie schon durchgedreht oder arbeiten Sie noch daran?
Wir leben in einem Zeitalter der Ängste und der überdrehten Schnelligkeit. Man könnte meinen, unsere gesamte Lebensweise wäre darauf ausgerichtet, uns ins Unglück zu stürzen. Der Life-Overload hat uns fest im Griff. Aber: Können wir etwas dagegen tun? Matt Haig beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie die lärmende Außenwelt unser Denken beherrscht und wie wir uns zur Wehr setzen können. Es geht um große und kleine Dinge, um Weltpolitik, Gesundheit, Smartphones, Social Media, Sucht, Vernetzung. Ein Buch, das uns alle angeht und das uns unserer eigentlichen Aufgabe wieder ein wenig näherbringt: dem Menschsein.
Meine Meinung
"Notes on a Nervous Planet" ist ein wirklich passender Titel, denn es wirkt vom Aufbau her wirklich wie ein Notizbuch, in das Matt Haig alles notiert hat, was ihn zu diesem Thema über die Zeit hin durch den Kopf gegangen ist. Ich hab mir auch unzählige Textstellen markiert, mit denen ich mir sicher hin und wieder einiges in Erinnerung rufen werde!
Ich weiß, momentan boomen die Bücher zu dem Thema: Stressabbau, Schnelllebigkeit, Achtsamkeit und mehr Besinnung auf "weniger Konsum" und "mehr leben" - aber ich lese nichts darüber, weil mir vieles davon einfach schon klar ist. Da ich von dem Autor aber schon einige tolle Bücher gelesen habe war ich neugierig, was er dazu zu sagen hat. Es gab nichts wirklich neues für mich und durch den Rundumschlag an Themen hat er vieles nur angekratzt. Genau richtig für diejenigen, die sich vor Augen führen möchten, wo es in ihrem Leben haken könnte.
Außerdem ist er selbst betroffen von Angststörungen und Depressionen und ich bin wieder überrascht, wie offen er damit umgeht und wie gekonnt er auch in Worte fassen kann, was das alles für ihn wie auch für andere im Leben bedeutet. Vor allem auch grade im Bezug auf unsere Gesellschaft, wie sie sich zu einer fortschreitenden Menge mit Siebenmeilenstiefeln entwickelt hat, die über alles hinwegtrampelt, ohne zu sehen, was sie hinter sich lässt.
Er nimmt hier auch immer wieder Bezug auf psychische Krankheiten, die noch immer viel zu wenig ernst genommen werden. Körperliche Symptome werden sofort anerkannt, psychische Probleme klein geredet - dabei sollte eigentlich klar sein, dass das immer zusammenhängt und sollten aufhören, das eine vom anderen zu trennen.
Aber es geht vor allem um die Gegenwart, um das Jetzt, denn das ist es ja, was wir kaum noch wahrnehmen. Dabei ist das Jetzt gerade das wichtige, der Moment, in dem wir etwas erleben, den wir mit allen Sinnen spüren sollten. Was man nicht immer möchte, grade wenn es einem nicht gut geht und was macht man dann? Man lenkt sich ab. Das mach ich auch, aber bringen tut es im Endeffekt nichts. Denn man lenkt sich von sich selber ab und so schwer es auch scheint: wenn man lernt, sich so zu sehen wie man ist und sich zu akzeptieren, fühlt es sich extrem befreiend an.
Gerade das wird uns aber ständig eingeredet: dass wir nicht "vollständig", nicht "richtig" sind: zu dünn, zu dick, zu arm, zu reich, zu langweilig, zu selbstbewusst, zu dumm, zu überheblich usw. aber das sind Bilder aus der Welt von anderen, nicht unsere eigenen - und auf die kommt es an. Wenn man zufrieden ist mit sich selbst, kann einen nichts mehr so runterziehen. Das ist natürlich nicht einfach, Werbung und Nachrichten tun ihr übriges, um uns ein verzerrtes Bild zu zeigen. Sich davon abzugrenzen, grade auch was die sozialen Medien betrifft, ist oft ein innerer Kampf, aber es lohnt sich, sich ihm zu stellen.
Auch die Grübelei darüber, was man alles hätte tun und erleben können täuscht uns darüber hinweg, was wir schon erlebt haben und hält uns davon ab die Dinge und Gefühle zu genießen, denen wir tagtäglich begegnen. Das ständige Schüren von Ängsten, was uns überall begegnet, manipuliert uns uns lässt uns nicht sehen, das gleichzeitig auch so viel gutes in der Welt passiert.
Dazu gehört auch das Loslassen, denn Kontrolle ist eine Illusion. Wir haben keine Kontrolle über das, was passiert - das kann einem Angst machen, kann einen aber auch entlasten, frei machen von zu viel Verantwortung darüber, was wir einfach nicht ändern können. Nur an uns selbst können wir etwas ändern und es ist selbstverständlich, Fehler zu machen oder auch seine Vorstellungen zu ändern ... das macht uns zu Menschen und nicht zu Robotern.
Matt Haig erwähnt hier auch das Experiment, das wissenschaftliche Belege dafür ergeben hat, dass die Natur gut ist für Körper uns Seele. Dafür braucht man Belege? Ernsthaft?
Er findet aber auch wunderbare Worte über das Lesen von Büchern - das ja oft als Flucht vor der Realität gesehen wird. Aber es kann auch ein Weg zur Wahrheit sein, zur Wahrheit über einen selbst!
Ich hab in diesem Buch nicht viel neues erfahren, aber ich konnte mir wieder viele kleine, aber wichtige Dinge bewusst machen, die ich immer wieder vernachlässige oder vor mir hergeschoben habe. Außerdem schreibt Matt Haig super sympathisch, offen, manchmal ernst, aber auch mit Humor, was das ganze zu einem positiven Blick auf die Zukunft macht. Eine Zukunft, die jeder für sich selbst entscheiden muss. Denn jeder schafft sich seine eigene Welt und am besten schafft er sie sich so, wie er sie gerne möchte.
Nach den Hoffnungen und Forderungen anderer zu leben ist nicht MEIN Leben, deshalb lasst euch nichts einreden und seht euch selbst als etwas besonderes, als einzigartig.
Mein Fazit: 4 Sterne
© Aleshanee