David Foenkinos - Souvenirs / Les Souvenirs

  • Verlagstext

    Der junge Held dieses Romans lebt in einem Zustand "permanenter Unschlüssigkeit", ... ... als kurz hintereinander sein Großvater stirbt, seine Großmutter nicht nur ins Altenheim, sondern auch wieder in die Schule, sein Vater in Rente und seine Mutter nach Russland geht. Irgendetwas ist in seine Familie gefahren. Was bleibt ihm anderes übrig, als in den Tiefen der Pariser Nacht seine ruhmreiche Zukunft als Schriftsteller hinter der Rezeption eines kleinen Hotels vorzubereiten? Wenn sich alles verändert, was bisher unverrückbar schien, braucht man schließlich etwas, was einem Halt gibt. Eine Frau zum Beispiel. Doch wo finden? Auf einer Beerdigung etwa? Wohl kaum. Am Ende kommt doch wieder alles


    Der Autor

    David Foenkinos, 1974 in Paris geboren, ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er studierte Literaturwissenschaften an der Sorbonne und Musik mit Schwerpunkt Jazzgitarre am CIM. Seine Bücher sind weltweit in mehr als 20 Sprachen übersetzt und wurden bereits für alle wichtigen französischen Literaturpreise nominiert. Sein Roman, "Nathalie küsst" wurde von ihm und seinem Bruder Stéphane Foenkinos mit Audrey Tautou in der Rolle der Nathalie verfilmt. “Souvenirs” ist Foeninos’ neunter Roman, mit den der 38-jährige Autor im vergangenen Jahr in Frankreich auf die Shortlist für den bedeutenden Prix Goncourt gelangte .


    Der Sprecher

    Stefan Kaminski, 1974 in Dresden geboren, schloss sein Studium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch ab. 1996 begann er seine Laufbahn als Sprecher und Schauspieler. Er betreibt die beliebte Live-Hörspielreihe Kaminski on Air und ist seit 2001 am Deutschen Theater Berlin zu sehen.


    Inhalt

    Patrick hat sein Leben als zukünftiger Autor genau geplant - er wird als Nachtportier in einem kleinen Hotel arbeiten und tagsüber an einem bedeutenden Roman arbeiten. Romane wachsen aus der Abwesenheit von Zwängen, nicht aus geregelter Arbeitszeit, ist seine Überzeugung. Auf die Inspiration wartet der Icherzähler noch immer; worüber sollte er auch schreiben können, wenn er noch nichts erlebt hat? Patricks Chef Gérard, der Besitzer des Hotels, zeigt tiefes Verständnis für die Schaffenskrise seines Angestellten. Er weiß, dass alle Schriftsteller aus Selbstschutz behaupten, nicht zu schreiben. Durch den Tod seines geliebten Großvaters gerät Patricks Leben aus dem Tritt. Die mittlere Generation seiner Familie zeigt sich unfähig, mit dieser Veränderung umzugehen. Patricks Vater leidet nach "zwanzig Jahren als Filialleiter" am Pensions-Schock, die Mutter befindet sich auf Selbstfindungstrip, um ihr Ausgebranntsein im Schuldienst zu verdrängen. Die betagte Großmutter wird von ihren Söhnen kurzfristig in ein Altenheim verfrachtet, ihre Wohnung und ihr gesamter Besitz ungefragt verkauft. Das einzig verständige Familienmitglied, das in dieser Situation mit der Großmutter fühlt, ist Patrick. Er nimmt wahr, wie sie der gesundheitliche Niedergang ihrer Mitbewohner deprimiert, und versucht sie mit seinen Besuchen aufzuheitern. Ungewöhnliche Gedanken entwickelt Patrick und zeigt erstaunliches Einfühlungsvermögen in Eltern und Großeltern. Schließlich erkennt der junge Mann mit den hochfliegenden Autoren-Plänen, dass der Knoten am Ende des Lebens seiner Großmutter nur dort zu lösen sein wird, wo sie als Kind gelebt hat - in Étretat am Atlantik.


    In Rückblenden nimmt uns der Autor mit zurück in die Zwanziger Jahre, als die Großmutter seines Ich- Erzählers, ausgelöst durch die Weltwirtschaftskrise, zu ihrem großen Kummer nicht mehr zur Schule gehen konnte. Foenkinos lässt den jungen Mann aus der Jugend der Großeltern und der Eltern erzählen, berichtet sogar aus Gérards Vergangenheit und aus den Erinnerungen des Vaters einer jungen Lehrerin. Gerade die Rückblenden lassen beim Lesen schmunzeln; offenbar hat der Erzähler selbst noch nicht realisiert, welch grandioser Stoff für einen großen Roman dort zu seinen Füßen liegt! Auch wenn die Schriftsteller-Karriere vielleicht ein Traum bleiben muss, durch eine verblüffenden Begegnung findet zumindest das karge Liebesleben des Erzählers ein Ende. Plötzlich passt ihm der Anzug seines Lebens.


    Fazit

    Nach einem deprimierenden Auftakt entwickelt sich "Souvenirs" zum berührenden Portait einer innigen Beziehung zwischen Enkel und Großmutter. Zugegeben, der Möchtegern-Schriftsteller hat mich anfangs mit seiner abgehobenen Sprache genervt, als er z. B. seine Großmutter nicht zum Frisör gehen ließ, sondern sie ihren Frisör "frequentieren" ließ. Je weiter er in die Geschichte seiner Familie eintauchte, umso liebenswerter wirkte der Erzähler auf mich. Der kauzige Humor, mit dem Foenkinos seinen Protagonisten erzählen lässt, macht seinen Roman zu einem heiteren, anrührenden Leseerlebnis.


    Stefan Kaminski vermittelt glaubwürdig Foenkinos jungen Ich-Erzähler, dem es zunächst noch an Lebenserfahrung mangelt.


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    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow