Joël Dicker - Das Verschwinden der Stephanie Mailer / La Disparition de Stephanie Mailer

  • Kurzmeinung

    Cocolina
    Ganz gut, aber doch ein wenig zu lang.
  • Kurzmeinung

    Imagine
    Ein Buch wie ein Theaterstück. Teilweise satirisch überzogene Charaktere. Ein großes Lesevergnügen
  • Sommer 1994. In der amerikanischen Kleinstadt Orphea in den Hamptons werden am Rande eines Festivals der Bürgermeister samt Ehefrau und Sohn sowie ein Zufallsopfer ermordet. Schnell wird der Täter von den zwei Polizisten Rosenberg und Scott ausgemacht und verhaftet. 20 Jahre später steht Detective Jesse Rosenberg kurz vor seinem wohlverdienten Ruhestand, während Derek Scott Innendienst schiebt, als die Journalistin Stephanie Mailer behauptet, Hinweise zu haben, dass die beiden damals eine Unschuldigen hinter Gitter gebracht haben und der wahre Mörder noch immer frei herumläuft und dies werde sie in einem Buch veröffentlichen. Kurz danach ist Stephanie wie vom Erdboden verschluckt. Rosenberg und Scott machen sich gemeinsam mit Anna, der stellvertretenden Leiterin der Polizei, daran, sowohl Stephanie Mailer zu finden als auch den 20 Jahre alten Fall erneut zu untersuchen…


    Joël Dicker hat mit seinem Buch „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ seinen dritten Roman vorgelegt, der wieder einmal das Leserherz im Sturm erobert. Der Schreibstil ist flüssig, fesselnd, detailreich und so atmosphärisch dicht, dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Der Autor bedient sich wechselnder Erzählperspektiven, die nicht nur die Spannung immer mehr in die Höhe schrauben, sondern auch die Ereignisse der Gegenwart und der Vergangenheit von allen Seiten unter die Lupe nehmen und die unterschiedlichen Ansichten der einzelnen Personen zum Ausdruck bringen. Dicker lässt den Leser mit raten und das Puzzlespiel Stück für Stück zusammensetzen. Ebenso hebt er die menschlichen Abgründe und ein Wirrwarr an Intrigen so gekonnt heraus, dass der Leser in einen regelrechten Sog gerät. Durch immer wieder gut dosiert eingeworfene Wendungen und viele gleichzeitig ablaufende Handlungen hält er den Leser bei der Stange und animiert ihn gleichzeitig dazu, alles immer wieder zu überdenken und neu zu kombinieren, bis die Wahrheit mit einem Knall ans Licht kommt. Dicker versteht es ausgezeichnet, die Örtlichkeiten bildgewaltig zu beschreiben und seine Handlung in den malerischen Hamptons stattfinden zu lassen, einen Platz, den man sich für solche Verbrechen so gar nicht vorstellen kann.


    Die Charaktere sind ein bunter Strauß an unterschiedlich angelegten Persönlichkeiten, die detailliert ausgestaltet und mit Leben versehen wurden. Jeder von ihnen hat seine Daseinsberechtigung und sei es nur, um den Leser noch mehr auf falsche Spuren zu locken. Dicker öffnet dem Leser die Tür zum Örtchen Orphea und seinen Bewohnern, deren Leben genauso beleuchtet wird wie der alte Mordfall oder das Verschwinden von Stephanie. Als Teil der Gemeinschaft nimmt der Leser unsichtbar an Tragödien und unterschiedlichen Lebensläufen teil, trifft auf exzentrische Menschen, auf Verzweifelte oder wahre Egoisten. Zu keiner Zeit hat man beim Lesen das Gefühl, die jeweilige Person genau zu kennen, sondern ist immer auf der Hut, denn jeder könnte der potentielle Täter sein, der nicht möchte, dass seine Identität aufgedeckt wird.


    „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ zeigt einmal mehr Joël Dickers Erzähl- und Schreibtalent, denn selten bekommt man eine so verschachtelte, aber in sich stimmige Geschichte zu lesen, an deren Ende man atemlos und auch zufrieden ist. Hier wird großartige Spannung neben einer tollen Gesellschaftsstudie geboten. Absolute Leseempfehlung für ein wahres Highlight!


    Absolut verdiente :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Joël Dicker - Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ zu „Joël Dicker - Das Verschwinden der Stephanie Mailer / La Disparition de Stephanie Mailer“ geändert.
  • Spannende Story, die aber besser umgesetzt hätte werden können.

    20 Jahre sind vergangen, seitdem ein grausiger Mehrfachmord das kleine Städtchen Orphea an der amerikanischen Ostküste in seinen Grundfesten erschüttert hatte – der damalige Bürgermeister und seine Familie sowie eine jungen Joggerin, die scheinbar nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war, waren auf gewaltsame Weise aus dem Leben gerissen worden. Die Erleichterung der Gemeinde war groß, als die damaligen leitenden Polizisten Jesse Rosenberg und Derek Scott letztlich den Täter dingfest machen konnten. Zwei Jahrzehnte später verkündet die junge und bis in die Haarspitzen motivierte Journalistin Stephanie Mailer dem verdutzten Jesse, dass ihres Erachtens der Polizei damals ein folgenschwerer Fehler unterlaufen sei…der wahre Täter sei ungestraft davongekommen. Doch dank einer geheimen Quelle, von der sie sich aussagekräftige Beweise erhofft, werde sie nun den Fall wieder ins Licht der Öffentlichkeit rücken – was für die Cops durchaus peinlich werden könnte, die laut Stephanie damals den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen hätten. Jesse Rosenberg ist zunächst einmal alles andere als begeistert – sein Ruhestand steht kurz bevor und das Letzte was er gebrauchen kann ist eine wichtigtuerische Journalistin, die meint ihm sagen zu müssen, wie er seine Arbeit hätte verrichten sollen. Aber dennoch lässt ihn der Gedanke nicht ganz los… Könnte seine Einheit vor 20 Jahren tatsächlich solch einen schwerwiegenden Fehler begangen haben? Nein, unmöglich! Doch plötzlich verschwindet Stephanie Mailer, scheint wie vom Erdboden verschluckt. Kann dies nur Zufall sein? Oder ist sie der gefährlichen Wahrheit zu nahegekommen und soll nun daran gehindert werden, die Identität des tatsächlichen Täters zu enthüllen…? Jesse bleibt keine Wahl – er nimmt die Ermittlungen wieder auf.


    Als Szenerie ist die Nobel-Region der malerischen Hamptons, Zuhause und Wahlheimat der elitären finanziellen Oberschicht Amerikas, gewählt worden. Zwischen Strandvillen und exklusiven Shopping-Boulevards führen die Anwohner dort ein beschauliches Leben, das wenig mit dem Alltag der Normalverdiener oder gar verarmten Bevölkerung der USA gemein hat – und ausgerechnet hier in diesem friedvollen, mit sich selbst beschäftigten Örtchen finden nun solche Verbrechen statt, die ansonsten immer nur woanders passieren… Ein Skandal! Der Autor zeigt damit auf, dass Verbrechen tatsächlich überall geschehen können, unabhängig vom sozialen Milieu.


    Die Kapitel sind abwechselnd aus der Perspektive unterschiedlicher Charaktere geschrieben; der Autor beleuchtet die gegenwärtigen Ereignisse sowie die Geschehnisse der Vergangenheit aus allerlei verschiedenen Perspektiven, was einerseits dem Leser einen größeren Einblick in das Ganze verschafft und gleichzeitig dazu verleitet, eigene Theorien zum potentiellen Täter und wahren Tathergang herzustellen – nur um diese dann mit der nächsten unvorhergesehenen Wendung wieder völlig in Frage zu stellen und von Neuem zu rätseln. So wird man des Öfteren auf die falsche Fährte gelockt und kann sich hinsichtlich der Charaktere nie vollständig sicher sein, ob sie nicht doch etwas verbergen. Dadurch, dass stets aus der Ich-Perspektive erzählt wird, muss man sich als Leser schon genau konzentrieren, was mich in meinem regulären Lesetempo ein wenig gebremst hat.


    Nach einem rasanten Start, der die Leser direkt in die Geschehnisse hineinkatapultiert (- hierbei möchte ich besonders hervorheben, wie authentisch der anfängliche innere (Gewissens-)Konflikt des angehenden Ruheständlers Jesse geschildert worden ist -), kam mir das Entwicklungstempo im Mittelteil eher ein wenig gedrosselt vor, da hier mehr Fokus auf die Hintergründe/Lebensumstände und Schicksale der einzelnen Figuren gelegt worden ist, was sich zum Ende dahingehend auszahlt, dass sich alles schlüssig zusammenfügt. Mit den vielen thematischen Nebenschauplätzen (Eheprobleme, Drogen, etc.) geht das Werk für mich über einen normalen Krimi weit hinaus. Meine Lieblingsfigur war übrigens die neu zugezogene Polizeibeamtin Anna, die sich zunächst einmal auf dem Revier behaupten muss.


    Der Schreibstil ist stets sehr klar und flüssig und besticht durch die Intensität, mit der der Autor sich der Ausarbeitung der einzelnen Figuren widmet. Jedoch tritt die eigentliche Ermittlung dabei ab und zu in den Hintergrund. Hinsichtlich der Dialoge war ich nicht vollständig überzeugt – gerne hätte es ein wenig emotionaler sein dürfen; ich könnte mir allerdings vorstellen, dass der - meines Erachtens - zu unkonventionelle Tonfall (angesichts der ernsten Themen) eventuell bewusst als Auflockerungselement gewählt worden war.


    Für meinen Geschmack hätte es auch ein bisschen weniger (dafür mehr chronologisches) Hin-und-Her-Switchen zwischen den Zeitebenen sein können, aber das ist nur meine persönliche Empfindung; es hielt sich insgesamt schon noch im Rahmen. Schlimmer fand ich die Erkenntnis, wie offensichtlich schlampig bzw. unlogisch bei den damaligen Ermittlungen des Vierfachmordes vorgegangen worden war – das so etwas tatsächlich auch im echten Leben passieren kann ist schon sehr beängstigend.


    Fazit: Ein wenig zu komplex für meinen Geschmack mit zu viel Nebeninformationen (– ich bevorzuge eher Geschichten mit mehr Fokus auf die Hauptfiguren -), die zwar für entsprechende Verwirrung (und somit zum großen Rätselraten) beitrugen, den Roman für mich aber insgesamt etwas zu langatmig wirken ließen. Dennoch: volle 3 Sterne für den spannenden Plot!

  • Handlungsort ist vor allem Orphea, ein kleines Städtchen an der Atlantikküste der USA und das dort stattfindende Theaterfestival.

    1994 als fast alle Bewohner und Gäste des Festivals zum Aufführungsort strömen, erschüttert und lähmt ein Vierfachmord den Ort. Meghan Padalin, die jeden Tag ihre Joggingrunden dreht, wurde vor dem Haus des damaligen Bürgermeisters erschossen. Im Haus selbst wurde der Bürgermeister, seine Frau und der Sohn niedergestreckt. Die Ermittlungen wurden durch zwei junge Polizeibeamte geführt, die sehr schnell den Täter ermittelten. 2014 hat Stephanie Mailer, eine junge Journalistin, neue Nachforschungen angestellt. War Ted Tennenbaum tatsächlich als Täter? Da er sich mittlerweile erhängt hat, kann er keine Antworten geben. Aber jetzt ist Stephanie Mailer verschwunden. Was hat sie bei ihren Nachforschungen erfahren, ist das der Grund für ihr Verschwinden?

    Der Autor hat mich bereits mit seinen zwei Romanen „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ und „Die Geschichte der Baltimores“ begeistert und das kann ich auch von diesem behaupten.

    Er dröselt den alten Fall und auch die Gegenwart akribisch auf und tatsächlich möchte ich von den 660 Seiten keine einzige entbehren. Als Leser ist man gefordert, aufmerksam bei der Sache zu bleiben, denn Dicker führt sehr viele Figuren ein, beschreibt sie samt ihrer Geheimnisse und Charaktereigenschaften ausführlich und bildhaft. Ein Personenregister ist am Ende des Buches zu finden. Dicker läßt vor allem die beiden Beamten Derek Scott die Sicht von 1994 erzählen und Jesse Rosenberg die von 2014. Nebenbei erfährt man auch ihr privates Drama, das mit den damaligen Ermittlungen im Zusammenhang steht. Außerdem kommt der damalige Polizeichef Kirk Harvey und die neu zugezogene Beamtin Anna Kanner zu Wort und sie unterstützen Derek und Jesse tatkräftig.

    Dieser komplexe Kriminalfall wurde spannend und natürlich sehr ausführlich beschrieben. Als Leser wurde man mitgenommen auf falsche Fährten, man konnte die neu gewonnenen Erkenntnisse gut nachvollziehen, einordnen und vor allem eigene Überlegungen anstellen. Ich möchte keine einzige Seite des Buches missen. Es ließ sich flüssig lesen und man kann richtig abtauchen in die Geschichte. Meine Lieblingsfigur war unbestritten Anna Kanner, die zweite stellvertretende Leiterin der Polizei von Orphea. Sie ist nach ihrem Eheende in New York mit dieser neu geschaffenen Position in den „verschlafenen“ Ort gelockt worden. Anfangs muß sie sich als einzige weibliche Beamtin gegen alle Widerstände der männlichen Kollegen durchsetzen und sie schafft das erfolgreich. Privat muß sie sich gegenüber ihren Eltern behaupten, die sie gerne wieder an der Seite des Ex-Ehemanns sehen würden und auch in einem hübschen Häuschen in ihrer Nachbarschaft. Aber sie schafft es, ihren eigenen Kopf durchzusetzen, akzeptiert zu werden und ist dabei äußerst clever.

    Von mir eine eindeutige Leseempfehlung für diesen opulenten Roman!

  • Mörder wider Willen

    Sommer 1994: In der Kleinstadt Orphea an der Ostküste der USA geschieht während der Premiere eines Theaterfestivals ein Vierfachmord. Opfer sind die Familie des Bürgermeisters sowie eine Joggerin, die wohl Zeugin des Verbrechens wurde.

    Die beiden jungen Polizisten Jesse Rosenberg und Derek Scott klären den Fall schnell auf, der Schuldige kommt bei einer Verfolgungsjagd ums Leben.

    Inzwischen schreiben wir das Jahr 2014 und Jesse Rosenberg, den alle aufgrund seiner perfekten Aufklärungsrate „Mister 100 Prozent“ nennen, steht kurz vor der Pensionierung. Ausgerechnet bei seiner Abschiedsparty spricht ihn die Journalistin Stephanie Mailer an, die behauptet, sie hätten damals den Falschen gefasst und der wahre Mörder sei noch auf freiem Fuß. Bevor Stephanie Jesse mitteilen kann, was sie zu dieser Annahme bringt, verschwindet sie und wird wenig später tot aufgefunden.

    Die Polizei von Orphea ist zunächst wenig begeistert, dass der alte Fall wieder neu aufgerollt werden soll, doch dann geschehen weitere Morde...

    Um dieses Buch wurde vor Erscheinen so ein Hype gemacht, dass ich es unbedingt lesen bzw. hören wollte. Der Anfang ist wirklich sehr spannend, und der Roman ist sehr gut und ansprechend gelesen. Der Fall ist mysteriös und spannend, es geraten immer mehr Verdächtige ins Visier der Ermittler und auch die persönliche Geschichten von Jesse und Derek sowie die der anderen Protagonisten sind bis zu einem gewissen Grad interessant. Allerdings ist genau dies auch der Schwachpunkt dieses Romans: er verliert sich auf zu vielen Nebenschauplätzen. Ein früherer Polizeichef, der jetzt als durchgeknallter Regisseur lebt, ein Verleger, dessen Geliebte ständig teure Geschenke von ihm fordert und ihn an den finanziellen Ruin bringt (dieser Handlungsstrang ging mir am meisten auf die Nerven, da mir das beschriebene Verhalten völlig überzogen vorkam), ein drogensüchtiges junges Mädchen, das den Tod einer Mitschülerin verschuldet hat und vieles mehr. Irgendwann war mir das alles zuviel, zumal es einige Querverbindungen gibt und irgendwann fast jeder als Mörder in Frage kommen könnte.

    Das Ende ist dann einigermaßen überraschend und es kommt wieder etwas von der anfänglichen Spannung auf. Wenn dieser Roman nicht ganz so lang wäre, würde er sehr gewinnen. Nicht schlecht, aber der streckenweise langweilige, teils verwirrende und in die Länge gezogene Mittelteil hat mein Vergnügen etwas getrübt.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Ich weiß nicht so recht, was ich mit diesem Buch anfangen soll. War das jetzt ein Krimi? Dann war es mir zu wenig wirklich spannend, obwohl sich ja doch ein sehr beträchtlicher Teil um die Aufklärung der Vierfachmorde von 1994 und diverser anderer Taten drehte, und wir Leser genauso wenig wussten wie die drei Polizeibeamten und wir alle jedem Hinweis nachjagten. Vor allem hatte ich aber aufgrund des 'Tons' des Buches, der vielen nebensächlichen Dinge und auch teilweise wegen dem Verhalten der Polizisten nie das Gefühl, einen echten Krimi zu lesen.


    Dann war es also vielmehr eine recht akribische Beschreibung der Gesellschaft in einer Kleinstadt in den Hamptons? Das wäre ein valides Genre, doch in dem Fall muss ich sagen, dass ich so etwas von Richard Russo schon deutlich besser gelesen habe (in Empire Falls, aber auch in Nobody's Fool zum Beispiel). Auch Joanne K. Rowling hat das in A casual vacancy hervorragend hinbekommen. Und Tom Wolfe hat in seinem Fegefeuer der Eitelkeiten ganz hervorragend einen Kriminalfall mit einer Gesellschaftssatire verbunden.


    Bei Joel Dicker hingegen begegneten mir zu viele Kleinigkeiten, die mich abschweifen ließen, mich oft auch nur marginal interessierten (da mir die Charaktere dazu teilweise völlig egal waren - ich kann nicht für 30 Figuren gleichzeitig Interesse oder gar Sympathien haben) und von denen ich hoffte, dass sie am Ende wenigstens etwas mit dem großen Ganzen zu tun haben. Ob dem so war, möchte ich hier aus Spannungsgründen lieber nicht verraten. In der Kurzbeschreibung steht, dass Dicker ein "richtiges Gespür für Tempo" hat, doch genau das hat er für mein Leseempfinden eben nicht gehabt mit den vielen eingestreuten Nebenhandlungen, und hinzu dem ständigen hin und her sowohl in den Zeiten (1994 und 2014, teilweise auch 2013 oder früher) als auch Erzählperspektiven. Manchmal haben wir einen auktorialen Erzähler, der einen bestimmten begleitet, und das nächste Kapitel ist dann aus der Ich-Perspektive von genau diesem Charakter erzählt. Dann erzählt ein anderer Charakter wieder etwas ganz anderes... Man wird also ständig aus einer Geschichte gerissen und in die nächste hineingeworfen. Ich kam zwar durchaus noch mit beim 'wer mit wem', aber die Spannung auf den wirklichen Kriminalfall ging bei mir dadurch definitiv flöten.


    Auch der Buchtitel ist etwas irreführend, denn um das Verschwinden der Stephanie Mailer geht es wirklich nur kurzzeitig auf den über 650 Seiten. Dabei heißt es sogar im Original so und ist nicht nur eine unglückliche Wahl des dt. Verlags.


    Vielleicht waren meine Erwartungen nach der vielen Aufmerksamkeit, die dieses Buch bekommen hat und den Aussagen über die Großartigkeit des Autors, auch etwas zu hoch und ich hatte ein Wunderwerk erwartet. Dahingehend war ich jedenfalls ein bisschen enttäuscht, als ich die Buchdeckel zugeklappt habe, obwohl der Fall durchaus mit einer Überraschung zu Ende gebracht wurde. Doch vollends überzeugt hat mich das ganze nicht.

  • Klappentext von der Verlagsseite

    Joël Dicker ist zurück – so intensiv, stimmungsvoll und packend wie »Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert«.— Es ist der 30. Juli 1994 in Orphea, ein warmer Sommerabend an der amerikanischen Ostküste: An diesem Tag wird der Badeort durch ein schreckliches Verbrechen erschüttert, denn in einem Mehrfachmord sterben der Bürgermeister und seine Familie sowie eine zufällige Passantin. Zwei jungen Polizisten, Jesse Rosenberg und Derek Scott, werden die Ermittlungen übertragen, und sie gehen ihrer Arbeit mit größter Sorgfalt nach, bis ein Schuldiger gefunden ist. Doch zwanzig Jahre später behauptet die Journalistin Stephanie Mailer, dass Rosenberg und Scott sich geirrt haben. Kurz darauf verschwindet die junge Frau … – Die idyllischen Hamptons sind Schauplatz einer fatalen Intrige, die Joël Dicker mit einzigartigem Gespür für Tempo und erzählerische Raffinesse entfaltet. — »Macht süchtig!« Elle

    Autoreninfo von der Verlagsseite:

    Joël Dicker wurde 1985 in Genf geboren. Seine Bücher »Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert« und »Die Geschichte der Baltimores« wurden weltweite Bestseller und über sechs Millionen Mal verkauft. Für »Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert«, das in Frankreich zur literarischen Sensation des Jahres 2012 wurde und dessen Übersetzungsrechte mittlerweile schon in über 30 Sprachen verkauft wurden, erhielt Dicker den Grand Prix du Roman der Académie Française sowie den Prix Goncourt des Lycéens. Mit »Das Verschwinden der Stephanie Mailer« konnte er an seine Erfolge anknüpfen und schaffte es ebenfalls auf die Bestsellerlisten.

    Erster Satz:

    Nur wer sich mit den Hamptons im Staat New York sehr gut auskennt, der dürfte gehört haben, was am 30. Juli 1994 was in Orphea geschehen ist, einen kleinen, piekfeinen Badeort am Atlantik.

    Aufbau:

    “Das Verschwinden der Stephanie Mailer” ist in drei Teile, einem Vorwort und einen Epilog aufgeteilt. Die drei Teile enthalten die Titel “Abgründe”, “Zur Oberfläche” und “Aufstieg”. Zählen die ersten beiden Teile noch von 7 nach 0 runter, so zählt der dritte Teil vorwärts von 0 zu 4. Hinzukommt noch eine Liste der wichtigsten Personen.

    Meinung:

    Ein Dicker-Roman ist ein Dicker-Roman. Wer bereits seine beiden ersten Werkte “Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert” und “Die Geschichte der Baltimores” gelesen hat, der weiß, dass nie irgendetwas so ist, wie es scheint. Mit diesem Stilelement spielt Joël Dicker auch dieses Mal wieder.

    Nur dieses Mal macht er es offensichtlicher, in dem er seine Titelheldin Stephanie Mailer bereits zu Beginn darauf hinweisen lässt.

    Jesse Rosenberg, einer der beiden Ermittler im damaligen Vierfach-Mord in Orphea, wird von der jungen aufstrebenden Journalistin Stephanie Mailer darauf aufmerksam gemacht, dass er damals den falschen als Täter verfolgt hat. Rosenberg, der eigentlich in den Ruhestand will, ist wachgerüttelt und nervt seinen ehemaligen Partner Derek Scott so lange bis auch er sich der Ermittlung anschließt. Nur wo ist Stephanie Mailer, denn die ist spurlos verschwunden.

    Um dieses Verschwinden und der erneuten Ermittlung im Vierfach-Mord von Orphea dreht sich die ganze Handlung von Joël Dicker. Die Idee fand ich sehr gelungen und daraus hätte man auch eine spannende Story machen können, die einen richtig fesselt von Anfang bis zum Ende. Dies ist leider Dicker nur in Teilen gelungen. Die drei Ermittler, ja es sind drei, hinzu kommt noch die zweite Vize-Polizeichefin von Orphea Anna Kanner, sind gut dargestellt. Wie sie agieren und ihr Hintergrund kommen im Laufe der Handlung gut zur Geltung und überzeugt auch. Das ist ein positiver Aspekt der Geschichte. Zeitgleich sind die anderen Akteure der Handlung stellenweise so überzeichnet, dass sie schon wieder grotesk, skurril bis hinzu überaus nervend sind. Ich denke da nur an den ehemaligen Polizeichef von Orphea Kirk Harvey oder an Alice. Jedes Mal, wenn sie in der Handlung auch auftauchen, musste ich nur mit dem Kopf schütteln. Gut Harvey ist mindestens noch eine tragende Figur der Geschichte, aber Alice ist einfach nur eine Nervensäge. Überhaupt verwendet Dicker unheimlich viel Personal und da war ich schon sehr erfreut über die Personenliste am Ende des Buches. Wie oft ich darin nachgeschaut habe, ich weiß es gar nicht mehr.

    Die vielen Charaktere im Buch führen natürlich auch zu vielen Handlungssträngen, die einen auch überfordern können. Allzu oft habe ich mich gefragt, was nun der Handlungsstrang um Alice, oder der um Dakota Eden überhaupt mit dem Verschwinden von Stephanie Mailer zu tun hat. Im Endeffekt und das wird nach 672 Seiten deutlich, hängt alles zusammen, aber streckenweise hat es mich als Leserin überfordert und ermüdet. Denn die Idee hinter dem Ganzen, dass nichts wirklich so ist, wie es scheint, ist genial und wird am Ende hin auch aufgelöst, dennoch war es über weite Teile in der Mitte einfach nur langweilig. Stellenweise war es auch ein zu viel an Information. Die immer wieder auf Aufpoppen und dann erst viel später Sinn ergeben.

    Eine Hilfestellung bei dem ganzen Wirrwarr war immer, das über den einzelnen kleinen Teilen steht um wen es sich gerade dreht und auch in welchem Zeitabschnitt man sich gerade befindet. Zu den vielen Personen, springt er immer wieder zurück in die Vergangenheit, zwar genau dann, wenn es passt, aber diese Rückblicke strengen auch an.

    Ein positiver Aspekt ist, dass ich bis zum Ende hin mit rätseln konnte, wer der Mörder ist und auch was sich hinter dem Vierfach-Mord verbirgt. Das war wieder überaus gelungen. Dennoch reicht “Das Verschwinden der Stephanie Mailer” für mich persönlich nicht an seinen Erstling “Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert” heran.

    Es ist stellenweise unterhaltsam und es ist mir auch schwergefallen, wenn ich mich mal wieder dazu durchgerungen habe, nach einem Harvey oder Alice Kapitel, es wieder in die Hand zu nehmen es aus der Hand zu legen. Irgendwann bin ich dazu übergegangen die beiden so zu nehmen, wie sie sind, aber diese Überspitzung mit dem Möchtegern-Regisseur Harvey und der Möchtegern-Autorin Alice fand ich zu viel des Guten.

    Hingegen hat er seine Charaktere auch mit vielen Geheimnissen ausgestattet, sodass ich bis zum Schluss hin mitgefiebert habe. Gerade die vielen kleinen Geheimnisse der Charaktere machen das Buch aus, aber für ein absolut geniales Buch reicht dies leider nicht.

    Und dies liegt vor allem am Ausgangspunkt der Geschichte: dem Vierfach-Mord. Nicht nur das zwei absolute Greenhorns einen Vierfach-Mord alleine aufklären, sich darin auch noch total verrennen und nicht Einhalt geboten bekommen, wenn sie einseitig ermitteln ist in meinen Augen unrealistisch und realitätsfern. Den Täter nur anhand von Indizien zu ermitteln, die dann auch widerlegbar sind, zeigt nicht von guter Ermittlungsarbeit.

    Fazit

    Eine spannende Idee mit einem sehr interessanten Plot, der so seine Längen hat, in dem sich am Ende dennoch alles an seinen Platz fügt. Charaktere, die zu sehr überzeichnet sind, sodass man sie nicht mehr ernst nehmen kann und ein Ausgangspunkt, der auch sehr weit hergeholt ist.


    Bewertung

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Da die Bücher von Joel Dicker immer hoch gelobt wurden, wollte ich auch endlich eines von ihm lesen.

    Der Plot verspricht einiges. In einer Kleinstadt verschwindet eine Journalistin, die über das Theaterfestival vor 20 Jahren, bei dem ein Vierfachmord geschah, ein Buch schreiben will. Auch jetzt steht wieder ein Theaterfestival an. Gibt es ein Zusammenhang zu den damaligen Ereignissen?

    Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven und Zeitebenen erzählt. Jedes Kapitel ist mit dem Protagonisten und der Zeit überschrieben. Dadurch kommt man nicht so schnell durcheinander. Auch ist das Personenverzeichnis hilfreich. Nach gewisser Zeit habe ich mit jeder Figur mitgefiebert und wollte wissen, was als nächstes geschah. Natürlich hat der Autor alles mögliche in das Buch rein gepackt, was nicht unbedingt für das Vorantreiben der Handlung nötig war. Mir haben aber auch diese Nebenstränge gefallen.

    Mit hat der Schreibstil und die Beschreibung der handelnden Personen gefallen. Die Auflösung war mir erst kurz vor Schluss klar.

    Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung

    Sub: 5537:twisted: (Start 2024: 5533)

    Gelesen 2024: 14 / 1 abgebrochen

    gelesen 2023: 55/ 2 abgebrochen / 26075 Seiten

    gelesen 2022: 65 / 26292 Seiten

    gelesen 2021: 94 / 1 abgebrochen / 35469 Seiten


    :montag: Anders Roslund - Engelsgabe

    :study: John Katzenbach - Der Wolf


    Lesen... das geht 1 bis 2 Jahre gut, aber dann ist man süchtig danach.

  • Das Verschwinden der Journalistin Stephanie Mailer führt dazu, dass die Ermittlungen in einem 20 Jahre alten Vierfachmord neu aufgerollt werden. Nach und nach zeigt sich, dass die damaligen Ermittler nicht alle Fakten kannten, doch heißt das auch, dass der überführte Täter gar nichts mit den Morden zu tun hat? Jesse Rosenberg und Derek Scott hatten 1994 ihren ersten großen Fall, und stellen 2014 ihre damaligen Ermittlungen in Frage.


    Nachdem mich Joël Dickers ersten zwei Romane bereits begeistert haben, musste ich auch seinen dritten unbedingt lesen – und auch hier findet sich wieder Dickers typischer Stil. Der Roman ist sehr komplex, erst nach und nach gibt er die ganze Wahrheit preis. Bis dahin hat der Leser Überraschungen erlebt, Schockierendes gelesen und seine eigenen Vermutungen immer wieder korrigieren müssen. Den Leser lange im Ungewissen zu lassen, ihn manchmal regelrecht an der Nase herumzuführen, das beherrscht der Autor perfekt. Auch wenn hier manche Szenen schon fast satirehaft überspitzt wirken, bleibt die Logik nie auf der Strecke, und am Ende fügt sich alles meisterhaft zusammen.


    Wie das Geschehen sind auch die Charakter vielschichtig angelegt und ebenfalls alle für eine Überraschung gut. In diesem Roman hat man allerdings hin und wieder das Gefühl, auch manche Charaktere sind allzu überspitzt dargestellt, vor allem den ehemaligen Polizeichef Kirk Harvey kann man kaum ernst nehmen. Ob man allerdings die Charaktere richtig eingeschätzt hat, erfährt man erst am Ende des Romans.


    Nicht nur das Geschehen und die Charaktere sind komplex, auch Dickers Erzählstil. Wie schon in den Vorgängern erzählt er auch hier wieder auf mehreren Zeitebenen und aus verschiedenen Perspektiven, vorwiegend in der Ich-Form, zwischendurch aber auch immer wieder in der dritten Person, wobei hier auch die Ich-Erzähler auftauchen können. Man muss schon ein bisschen aufmerksam lesen, damit einem nichts entgeht und man immer weiß, wo und wann man sich befindet. Für mich haben solche Erzählungen immer einen gewissen Reiz und sorgen dafür, dass ich den Roman nur schwer aus der Hand legen kann.


    Der Roman ist ein typischer Dicker, komplex, deckt nach und nach Zusammenhänge auf, hat immer wieder Überraschungen zu bieten, mehrere Zeitebenen und Perspektiven. Dickers beide anderen Romane haben mir etwas besser gefallen, aber auch sein dritter Roman ist absolut lesenswert und ich freue mich schon auf viele weitere. Von mir gibt es 4,5 Sterne und natürlich eine Leseempfehlung.

  • Bewertet mit 5 Sternen

    Raffinierter und überraschender Plot

    Zwanzig Jahre nach dem Vierfachmord in Orphea an der amerikanischen Ostküste nehmen Jesse Rosenberg und Derek Scott, die beiden Polizisten von damals, den Mordfall wieder auf. Sie rollen den Fall noch einmal komplett neu auf und hinterfragen alles, was sie damals fest gestellt haben. Stephanie Mailers Verschwinden deutet darauf hin, dass die beiden sich geirrt und etwas übersehen haben. Hilfe bekommen Jesse und Derek von einer Polizistin vor Ort, Anna Kanner, die einige Probleme mit ihren männlichen Polizeikollegen hat. Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus den Perspektiven der drei. Die Charaktere werden vom Autor tiefgründig dargestellt, so dass man von Problemen in ihrem Leben und von ihrer Vergangenheit erfährt, ebenso welche persönliche Bedeutung der Fall für Jesse und Derek hat.

    Zu Anfang erfährt man relativ parallel, wie die Ermittlungen 1994 und 2014 anlaufen und voranschreiten. Der Fall des Vierfachmordes zieht weitere Kreise, als gedacht. Nach und nach finden die Ermittler mehr heraus, tappen stellenweise im Dunkeln und müssen öfter ihre Vermutungen verwerfen. Die Nachforschungen hat Dicker geschickt aufgebaut. Als Leser rätselt man mit und stellte eigene Hypothesen auf, was Stephanie Mailer zugestoßen sein könnte und wer hinter den Morden von vor zwanzig Jahren steckt. Der Plot ist sehr gut durchdacht und der Autor verliert sich nicht in Nebensächlichkeiten oder verliert den Überblick über die verschiedenen Hinweise.
    Schon nach den ersten Seiten hat einen das Buch gepackt und der Aufbau des Buches sowie einige überraschende Wendungen machen es sehr spannend und zu einem puren Lesevergnügen.
    Bei ca. der Mitte hatte ich mal kurz den Gedanken, was denn da noch kommen soll und dass ein paar Seiten weniger besser wären, aber als eine neue Erkenntnis der Ermittler auftauchte, war ich wieder gefesselt, was sich bis zum Ende nicht geändert hat. In dem über 600 Seiten starken Werk ist keine Seite zu viel.


    Fazit:

    Komplex und genial aufgebauter Krimi mit wendungsreicher Ermittlung und tiefgründigen Charakteren, den man nur schwer aus der Hand legen kann.

  • Enttäuscht!


    Die Journalistin Stephanie Mailer ist sich sicher, dass 20 Jahre zuvor ein Unschuldiger als Mörder von vier Menschen verurteilt wurde. 1994 wurde in Orphea, in den Hamptons, der Bürgermeister, seine Frau und sein Sohn, sowie eine Joggerin getötet. Nun scheint die Journalistin über Beweise zu verfügen, dass die damaligen Ermittler, Jesse Rosenberg und Derek Scott, den Falschen verhaftet haben. Doch dann verschwindet Stephanie Maier spurlos. Obwohl Rosenberg in 4 Tagen in Pension gehen soll, nimmt er die Ermittlungen noch mal auf und untersucht die schwarze Nacht von Orphea erneut.




    Wer schon mal ein Buch von Joel Dicker gelesen hat, weiss, dass es ausschweifend wird. Auch hier, hat der Autor nicht gekleckert, sondern geklotzt. In der Personenzahl … in der Handlung mit den vielen Strängen … in der Seitenzahl ….. und im Schreibstil. Für mich war das alles zu detailliert, zu ausschweifend und sehr in die Länge gezogen.

    Die Geschichte dreht sich nicht nur um das Verschwinden der Journalistin, sondern auch um viele andere nebeneinander laufenden Geschichten. Diese Nebengeschichten, bei denen die Figuren und die Handlung sich entwickelt, sind sehr zahlreich. Einige, wie die familiäre Situation von Jerry Eden, dem Generaldirektor von Chanel 14, hat mich gefesselt. Denn, Eden kämpft gegen und um seine 19jährige Tochter, die Drogen und alkoholabhängig ist. Gerade diese Geschichte hat mich schlussendlich bei der Stange gehalten. Andere, wie die des untalentierten Schauspielers und Regisseurs und die langatmigen Passagen über sein Theaterstück, eher gelangweilt. Die Story ist sehr, sehr komplex. Denn eine Hauptperson gibt es nicht wirklich. Stattdessen hat Joel Dicker eine grosse Anzahl Figuren in die Geschichte eingeflochten, die ein Eigenleben entwickeln und meilenweit von der Hauptsstory abweichen. Den Ueberblick zu behalten, trotz Personenglossar, viel mir öfters schwer. Hier hätte Herr Dicker straffen dürfen.

    Einige der Handlungen empfand ich als abstrus. So, wie die, dass sich plötzlich etliche Figuren bei dem Theaterstück des nervigen Regisseurs versammeln. Dass, eine Jugendliche, als Strafe für ihren Drogenkonsum, von der Polizei die Teilnahme an einem Theaterstück aufgebrummt wird …. na ja. Oder, dass ein Anwalt dem Vater des Mädchens rät, als " Wiedergutmachung " für eine Tat, ihr Ferienhaus anzubieten, ist sehr, sehr weit hergeholt. Solche Beispiele gibt es etliche, die komplett überkonstruiert und überzeichnet wurden.

    Die Story springt bunt durcheinander, durch Zeiten, die nicht chronologisch geordnet sind. Grundsätzlich ist die Idee gut, in diesem Durcheinander, über den Kapiteln klar zu deklarieren, wer denn nun im Mittelpunkt steht. Hier wirkt das Ganze trotzdem chaotisch, da die Perspektivwechsel so zahlreich sind.

    Ich habe mich zeitweise zwingen müssen, weiter zu lesen. Bei der Stange haben mich, die an und für sich interessanten Charakterisierungen der Figuren, gehalten. Es gibt Figuren, die mir ans Herz gewachsen sind. Wie der Ermittler, Jesse Rosenberg, der sehr viel Biss zeigt und vor seiner Pensionierung noch diesen einen Cold Case lösen will. Oder Dakota, die aufmüpfige und drogenabhängige Tochter von Jerry Eden. Aber auch Steven Bergdorf, der Chefredakteur der New Yorker Review, der sich in einer schier ausweglosen privaten Lage befindet.

    Interessanterweise haben mich diese Figuren mit ihren Geschichten weit mehr gefesselt als die Hauptstory, das Verschwinden der Journalistin.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Inhaltsangabe:


    1994 in Orphea, einer kleinen Stadt in den Hamptons: Während das 1. Theater-Festival beginnt, geschieht ein grausamer Mord. Der damalige Bürgermeister, seine Frau und Sohn und eine unbeteiligte Passantin werden ermordet. Die einstigen Ermittler Jesse Rosenberg und Derek Scott können schon bald den Täter ermitteln. Der Fall wurde abgeschlossen.


    20 Jahre später: Die junge und ehrgeizige Journalistin Stephanie Mailer spricht Jesse Rosenberg auf seiner Verabschiedung aus dem Polizeidienst an. Sie behauptet, dass sie damals den falschen Täter ermittelt haben und dass sie etwas Offensichtliches übersehen hätten. Für Jesse war es der erste große Mordfall und diese Behauptung nagt an seinem Ego.


    Als kurz darauf die Journalistin spurlos verschwindet, beginnen sich die einstigen Ermittler und heutige Freunde zu fragen, ob nicht doch was an der Geschichte dran ist. Sie graben sich tief in die Geschichte von Orphea ein und stellen fest, dass vieles doch nicht so schien, wie es wirklich war.


    Mein Fazit:


    Der Autor hat mal wieder eine Geschichte geschrieben, die ihresgleichen sucht. Vielschichtig, atmosphärisch und mit vielen kleinen Nebengeschichten gespickt, die menschliche Abgründe und dramatische Schicksale ausleuchten.


    Wo fängt man da an? Die Polizisten Jesse Rosenberg und Derek Scott sind die Ermittler, die 1994 und 2014 in Orphea die Mordfälle bearbeiten. Sie schildern auch die Ereignisse von damals und heute in wechselnden Perspektiven. Zu dem Gegenwarts-Strang kommt noch die Polizistin Anna Kanner hinzu, die ebenso ihr eigenes kleines Päckchen zu tragen hat.


    In gewohnter Manier lässt der Autor immer wieder kleinere und größere Abschnitte aus der Vergangenheit einfließen. Dabei werden falsche Fährten gelegt und immer wieder neue Hinweise tauchen auf, die in der Vergangenheit übersehen wurden. Doch der Druck wächst, im Laufe der Ermittlungen und dem nahenden Theater-Festival werden neue Morde begangen, um das Geheimnis von einst zu hüten.


    Dabei zeigt der Autor in überspitzter Form auf, wie sehr der Mensch doch sensationslüstern und gleichzeitig ängstlich ist. Die Stadt Orphea ist in Aufruhr, hat einerseits Angst vor einem Serien-Mörder und andererseits braucht die Stadt die Einnahmen aus dem Festival, denn die Menschen leben dort von den Touristen, die jedes Jahr auf Neue in die Stadt strömen.


    Bedauerlicherweise hat der Autor die Geschichte aber auch erheblich aufgebläht, zu viele Nebenschauplätze eingebaut, die zwar den Leser verwirren (sollen), aber für die Geschichte nur eine untergeordnete Rolle spielen. Wirklich wichtig sind sie nicht alle. Und alle Figuren haben durchweg sehr tragische Erlebnisse gehabt, dass es mir dann an der einen oder anderen Stelle schon manchmal zu viel des Guten war. Nichts desto trotz sind die Figuren sehr unterschiedlich und sind emotional greifbar.


    Die Story ist in sich schlüssig, es bleiben keine Fragen offen und die Auflösung ist spannend gemacht, so ganz in CSI-Manier. Die zweite Hälfte der Geschichte habe in eins durchgelesen, denn es wurde zunehmend spannend. Die erste Hälfte hat sich bei mir allerdings hingezogen, weil es gleich ein hohes Tempo vorlegte und die vielen agierenden Figuren mir noch fremd waren.


    Deshalb gibt es trotz der klaren Lese-Empfehlung auch nur vier Sterne!

  • Der Polizist Jesse Rosenberg steht kurz vor der
    Pensionierung. Er gilt als der „Hundertprozentige“, weil er alle seine Fälle
    gelöst haben soll. Doch eines Tages tritt die Journalistin Stephanie Mailer an
    ihn heran und fragt, ob sie ihn den „Neunundneunzigprozentigen“ nennen dürfe,
    denn einen Fall habe er nicht gelöst. Es handelt sich um einen brutalen
    Vierfachmord, der vor zwanzig Jahren in der Stadt Orphea begangen wurde. Der
    damalige Bürgermeister, seine Familie und eine Joggerin wurden umgebracht, am
    Abend als die Premiere eines Theaterfestivals stattfinden sollte. Rosenberg und
    sein Freund und Kollege Derek Scott wurden mit den Ermittlungen betraut. Nach
    einiger Zeit konnten sie den Mörder ermitteln, jedenfalls haben sie das zwanzig
    Jahre lang geglaubt. Doch Stephanie Mailer hat Informationen, die das
    Verbrechen in neuem Licht zeigen. Ihre Andeutungen lassen Jesse keine Ruhe. Als
    Stephanie verschwindet, nimmt er trotz Widerständen die Ermittlungen auf. Zeitgleich
    soll es in Orphea wieder ein Theaterfestival geben, was einen ganzen
    Rattenschwanz an Problemen nach sich zieht…


    „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ ist mein zweites
    Buch von Joel Dicker, ich kannte bereits „Die Geschichte der Baltimores“,
    welches ich nur mittelmäßig fand. Meine Erwartungen an dieses Buch waren also
    nicht besonders hoch. Im ersten Drittel hatte das Buch auch ein paar Längen,
    ich musste anscheinend erstmal in Orphea ankommen und mit den zahlreichen
    Personen warm werden. Es hat mich ein bisschen verwirrt, dass es so viele Perspektivwechsel
    gibt. Die Abschnitte sind immer mit dem Namen einer Person überschrieben, aber
    innerhalb des Abschnittes wechselt der Blickwinkel noch oft. Wenn man sich aber
    erstmal daran gewöhnt hat, ist es eher faszinierend als störend. Der Roman ist
    wie ein Puzzle, dass der Autor nach und nach für den Leser zusammensetzt. Ich
    lese viele Krimis und weiß oft schon früh, wer der Mörder ist. Hier hatte ich
    einen Verdacht, habe mich dann aber sehr gefreut, dass der nicht bestätigt
    wurde. Den Mörder/die Mörderin (wer weiß…) hatte ich nicht auf dem Schirm!


    Meine Inhaltsangabe oben ist auch keineswegs vollständig, es
    gibt noch zahlreiche weitere Figuren und Nebenhandlungen. Ein weniger
    talentierter Autor hätte sich vielleicht in den vielen Handlungssträngen
    verloren, nicht so Joel Dicker. Ihm gelingt es, die Stränge am Ende zu einem
    kunstvollen Ganzen zu verweben. Das Buch liest sich wie ein Krimi, ist aber
    doch eher Charakterstudie einer Kleinstadt und ihrer Bewohner. Ich fand es
    ungewöhnlich und faszinierend. Am Ende beweist der Autor auch noch, dass er
    Humor hat! Ich habe erst laut gelacht und das Buch dann mit einem Lächeln
    zugeklappt.


    Fazit: Ein Buch, welches seinem Leser zahlreiche Rätsel
    aufgibt und ihn in Atem hält, nicht nur durch unvorhergesehene Wendungen, sondern
    auch durch toll gezeichnete Personen und vor allem meisterlich miteinander
    verwobene Handlungsstränge. Für mich ein Lesehighlight 2019!

  • Kleine_Raupe herzlich Willkommen :winken:


    eine Bitte hab ich: beim Einfügen von Texten aus anderen Programmen kannst du die unschönen Zeilenumbrüche vermeiden, indem Du vor dem Einkopieren auf das Rechteck links oben in der Befehlszeile klickst. Danke :wink: