Gioconda Belli - Mondhitze / El intenso calor de la luna

  • Verlagstext

    "Mondhitze", der neue Roman der lateinamerikanischen Kultautorin Gioconda Belli, handelt von den Geheimnissen, Erfahrungen und Abenteuern einer Frau um die Fünfzig. Oder davon, wie der Verlust der physischen Fruchtbarkeit auch der Beginn einer persönlichen Revolution sein kann.

    Emma ist eine attraktive Arztgattin aus Nicaragua, und sie hat etwas gegen die unschöne Rolle, die einer reiferen Frau von der Gesellschaft zugedacht wird. Da ihr Körper erste Zeichen des Alterns zu zeigen beginnt, packt sie die Panik. An einem besonders schwarzen Tag voller negativer Gedanken ändert ein zufälliges Ereignis ihre Situation jedoch komplett: Sie begegnet unerwarteter Leidenschaft, wird aus ihrer bequemen Routine gerissen und öffnet sich in dieser nächsten Lebensphase neuen Möglichkeiten der Liebe und weiblicher Macht. Denn die Schönheit der Frauen mag sich wandeln, aber sie vergeht nicht ...


    Die Autorin

    Gioconda Belli, geboren in Managua / Nicaragua, beteiligte sich ab 1970 am Widerstand der Sandinisten gegen die Diktatur in ihrem Land und ging 1975 ins Exil nach Mexico. Seit ihr 1988 mit "Bewohnte Frau" der internationale Durchbruch als Schriftstellerin gelang, hat sie mit zahlreichen Romanen, Gedichtbänden und ihrer Autobiographie ein millionenfach gelesenes Werk geschaffen. Nach mehreren Jahren in den USA lebt sie heute wieder in Nicaragua.


    Inhalt

    Der Möbelschreiner Ernesto, ein einfacher, ungewöhnlich gebildeter Mann aus Nicaragua, fand am erotischsten an einer Frau schon immer die Füße. Als Ernesto Opfer eines Verkehrsunfalls wird, sind es ausgerechnet die Füße der Unfallverursacherin Emma, die seine Aufmerksamkeit erregen. Die Begegnung mit Ernesto wird Emmas bisher berechenbares Leben völlig aus dem Gleichgewicht bringen. Emma ist knapp 50 Jahre alt, hat stets großen Wert auf ihr gutes Aussehen gelegt und wird sich gerade der ersten Anzeichen der Wechseljahre bewusst. Vielleicht war sie im Straßenverkehr unaufmerksam, weil sie in Gedanken mit ihrer ausbleibenden Menstruation beschäftigt war. Emma und ihr Mann übernehmen Ernestos Krankenhaus-Kosten, sie besucht den Verletzten im Krankenhaus und kümmert sich nach seiner Entlassung weiter um ihn. Ernesto ist auf die finanzielle Unterstützung angewiesen. Solange er noch nicht wieder als Schreiner arbeiten kann, hat er keine Einkünfte. Die Begegnung mit Ernesto und seinen Lebensumständen holt Emma schlagartig aus ihrem Puppenheim bürgerlicher Verhältnisse. Emma hat einst ein Medizinstudium begonnen und abgebrochen, als sie den Arzt Fernando heiratete und Mutter von zwei Kindern wurde. Emma ist so erzogen, dass das wichtigste Ziel im Leben einer Frau die Heirat und damit die finanzielle Versorgung zu sein hat. Auch wenn ihre berufstätige Tochter Elena längst ein anderes Leben lebt, hat Emma die Ehe als Lebenszweck bisher nicht infrage gestellt. Über ihr Leben scheint sie überhaupt kaum nachgedacht zu haben. Die nahenden Wechseljahre werden reduziert auf Emmas Furcht vor dem Nachlassen ihrer äußeren Schönheit und sexuellen Attraktivität. So verwundert es nicht, dass sie stark unter dem „empty nest“ leidet, als ihre Kinder das Haus verlassen. Indem sie Elena unter Druck setzt, bald einen standesgemäßen Ehemann ins Haus zu bringen, projiziert sie ihr eigenes Leben auf ihre Tochter. Emmas mangelnde Reflexion und zu spät stattfindende Lebensbilanz hat mich schlicht gelangweilt. Über was - außer Äußerlichkeiten – könnte man sich mit einer Person wie ihr unterhalten?


    Fazit

    Bellis Botschaft lautet, dass das Klimakterium nicht das Ende des Lebens und der Liebe bedeuten muss. Auch nachdem sie nicht mehr schwanger werden kann, liegt das Leben einer Frau noch vor ihr. Die medizinischen Details zum Klimakterium werden von Emmas Mann und ihrer Gynäkologin unangenehm belehrend vorgetragen, selbst beim Lesen habe ich mich als Beobachterin von den beiden bevormundet gefühlt. Die geschilderten Einstellungen (die Ärztin greift gleich zum Rezeptblock, um ein Hormonpräparat zu verordnen) hätte ich den 80ern zugeordnet, nicht jedoch unserem Jahrhundert. Deutlich wird hier, wie schnell Einstellungen gegenüber seelischen und körperlichen Veränderungen veralten können. Die Revolution in Nicaragua Ende der 70er erlebte Emma als Jugendliche, demnach ist sie Mitte der 60er geboren und die Handlung spielt wohl doch in der Gegenwart. - Andere Länder, andere Sitten. Die 1948 geborene Giaconda Belli projiziert nach meinem Eindruck altertümlich wirkende Einstellungen ihrer eigenen Generation auf ihre Protagonistin, die jedoch 20 Jahre später geboren ist als die Autorin. Für die Dramaturgie der Geschichte benötigte Belli offenbar eine zunächst eindimensionale Figur, die sich zum Ende der Story noch zu einer weniger oberflächlichen Person wandeln kann. Um einmal Einblick in den Alltag verschiedener Milieus in Nicaragua zu erhalten, kann man das Buch zwar lesen; mich hat Emma über eine weite Strecke gelangweilt.


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    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Die geschilderten Einstellungen (die Ärztin greift gleich zum Rezeptblock, um ein Hormonpräparat zu verordnen) hätte ich den 80ern zugeordnet, nicht jedoch unserem Jahrhundert.

    Das findet man hier und heute leider auch immer noch zur Genüge :thumbdown: