Nadine Gordimer - Der Besitzer / The Conservationist

  • Verlagstext

    Mehring ist ein einflussreicher weißer Manager aus Johannesburg. Eines Tages kauft er sich ein riesiges Stück Land außerhalb der Stadt, um vor seinem Alltag, den ewig gleichen Geschäftsessen, Dinnerpartys und Affären zu flüchten. Aber Mehring hat keine Ahnung von Ackerbau und Viehzucht, und schon bald gerät er in Auseinandersetzungen mit den schwarzen Farmarbeitern. Und dann spült der Fluss die Leiche eines Schwarzen auf sein Land ... Eine meisterliche Charakterstudie und ein bedeutender Roman über die Geschichte Südafrikas.

    Die Autorin

    Nadine Gordimer, geboren 1923 in dem Minenstädtchen Springs, Transvaal, gehört zu den bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit. Jahrzehntelang schrieb sie gegen das Apartheidregime an und setzt sich bis heute mit dessen zerstörerischen Folgen für die schwarze und weiße Bevölkerung auseinander. 1991 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen. Sie starb am 13. Juli 2014 in Johannesburg, Südafrika.

    Inhalt

    Der Südafrikaner Mehring hat sich als Geldanlage und Abschreibungsobjekt eine Farm gekauft. Doch er will sich als Wochenendfarmer vor Nachbarn und Farmarbeitern nicht blamieren und stürzt sich mit großem Eifer auf das Thema Landwirtschaft. Jedes Wochenende reist Mehring an, Mehrings schwarzer Verwalter Jacobus erstattet Bericht und bespricht mit Mehring die Arbeit für die nächste Woche. Ihre Beziehung zueinander ist ein feines Netz aus Führung, Fürsorge, Verantwortung und gegenseitigen Ansprüchen. Mehring trägt die Verantwortung für Land, Mensch und Tier; Jacobus ist Mehring Rechenschaft schuldig. Natürlich braucht der Baas nicht alles zu wissen, was während der Woche passiert.


    Für die schwarzen Arbeiter der Gegend ist Jacobus als Vermittler von Hilfsjobs auf der Farm eine Respektsperson; er muss den richtigen Moment abpassen, in dem er dem Baas eine weitere Arbeitskraft aufschwatzen kann. Mehring lebt ein unordentliches Leben, getrennt von Frau und Kind. Sein Sohn kommt nur selten aus dem Internat zu Besuch. Der Kauf der Farm wirft die Frage auf, ob Mehring das Land überhaupt lange genug besitzen wird, um die Farm auf Vordermann zu bringen - oder ob weiße Farmer bald enteignet werden. Mehring entdeckt sein Interesse am Naturschutz und bemüht sich, Jacobus, den schwarzen Arbeitern und ihren Familien Achtung für die Natur zu vermitteln. Als Mehring zwei europäische Kastanienbäume pflanzen lässt, meint er zynisch: "Ich habe die Kastanien gepflanzt, damit die Schwarzen Feuerholz haben, wenn sie die Macht übernommen haben." Mehring hat sich entschieden; Laubbäume pflanzt man für seine Enkel.


    Der 1974 unter dem Titel "The Conservationist" erschienene Roman spielt zur Zeit der Apartheid in Südafrika noch vor den Ereignissen von Soweto (1976) und zur Zeit, als Namibia noch als "Südwest" unter südafrikanischer Verwaltung stand. Zu Beginn der Handlung wird auf Mehrings Land ein toter Schwarzer gefunden; die Polizei vertuscht den Vorfall und begräbt den Leichnam an Ort und Stelle. Mehring und auch die Leser fragen sich, was Jacobus wohl über die Sache weiß und wie er sich aus der Angelegenheit heraus lavieren wird. Zum Ende der Handlung wird der Tote während eines Unwetters aus dem Boden gespült.


    Bei seiner Veröffentlichung in Deutschland 1977 wurde Gordimers Buch als Roman über die Rassentrennung bezeichnet. Das ist er auch, aber nicht nur. Die halblegale Existenz des indischen Händlers Bismillah verdeutlicht die Absurdität der Rassentrennungspolitik. Als "Farbiger" darf der Inder seinen kleinen Laden offiziell nicht am Ort betreiben und tut es trotzdem, immer auf der Hut vor den Behörden. "Der Besitzer" ist aus heutiger Sicht (besonders durch die aktuellen Ereignisse in Südafrika, Namibia und Zimbabwe) ein erstaunlich zeitloser Roman, der das heikle Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitern, zwischen Schwarzen, Weißen und "Farbigen" mit großer Empathie beschreibt. Darüber hinaus lässt Gordimer Personen und Landschaften so lebendig werden, dass ihren Lesern jede Grasrispe und jedes Sandkorn einzeln vor Augen steht. Die Übersetzung des Buchtitels als "Besitzer" polarisiert unnötig; sie wird weder dem Begriff des "Conservationist" (Naturschützer als Bewahrer) im Originaltitel gerecht noch Mehring als Person und der Verantwortung, die er für seine Arbeiter trägt.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • ... und gerade sehe ich, dass bei der von mir bestellten Ausgabe der Name der Autorin auf dem Cover falsch geschrieben ist. :lol: Wie peinlich für den Fischer-Verlag. :lol:

    :study: I. L. Callis - Doch das Messer sieht man nicht

    :study: Nadia Murad - Ich bin eure Stimme

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Die Rezi von Buchdoktor ist prima gelungen und macht Lust aufs Lesen.

    Zudem gab es für den Roman 1974 den Booker Prize und 2008 wurde das Buch unter allen Booker-Preisträgern bis dato auf den dritten Platz gewählt.


    Hochgelobt und spannendes Thema, aber irgendwie wurde ich mit dem Roman nicht warm.

    Es passiert recht wenig, oder vielmehr sind die Episoden sehr abgehackt / isoliert. Dazu kommt ein Schreibstil, bei dem man teilweise nicht weiss, ob es sich nun um Erinnerungen handelt oder wer gerade "spricht". Ich las eine interessante Momentaufnahme über den reichen, weissen Konservator, der am Wochenende seine Farm und schwarze Belegschaft "verwaltet" - aber keine "Charakterstudie", wie es der Klappentext beschreibt.


    Klar, thematisch geht es um Rassendiskriminierung, um das Verhältnis der Menschen zur Natur, über das Familienleben des "Besitzers", Rohstoffhandel, etc - alles dabei, aber mir fehlte eine ansprechende, spannende Geschichte drumherum.

    So habe ich mich durch die 300 Seiten gelesen, weil es zu schade zum Abbrechen war aber doch bis zum Schluss die Spannung vermissen liess.