Andreas Eschbach - NSA (ab 01.04.2019)

  • Hallo zusammen, da bin ich wieder. :winken: Habe fleißig gelesen, bin mittlerweile auch durch und denke auch noch über den Schluss nach. :scratch: Ich lasse mal meine Gedanken zu euren Beiträgen zum 7. Wochenabschnitt da und hoffe, dass ich nicht schon versehentlich zum 8. Abschnitt kommentiere.

    Ich habe gerade ein wenig das Gefühl das die Protagonisten dazu genutzt werden um viele Themen anzureißen, aber wenige werden konsequent zu Ende erzählt - zumindest bisher, und so viel Restbuch ist ja gar nicht mehr da...

    Das Gefühl hatte ich auch sehr stark und das geht meiner Ansicht nach zu Lasten der Figuren - ich hatte keine einzige, mit der ich so richtig mitgefühlt, mich mitgefreut oder mitgelitten habe. Irgendwie fand ich keinen Zugang zu den handelnden Personen...aber wie Lucivarsadi dazu schrieb...

    Für die Story selbst, könnte es etwas fahrig werden. Aber für mich schafft es Herr Eschbach im Großen und Ganzen, diese Themen als Nebenerzählstränge zu platzieren, die dem Verlauf der Haupthandlung nicht ins Gehege kommen. Und vielleicht ist es für das Motto eben auch wichtig, sich selbst Gedanken zu machen, selbst nach historischen Fakten zu suchen oder Parallelen in der heutigen digitalen Welt zu finden, anstatt alles "mundgerecht" verpackt zu bekommen, moralisierend Lösungen anbietend.

    ...hat in meinen Augen die Story etwas darunter gelitten, aber das ganze Drumherum war schon echt super informativ, sehr vielseitig und für reichlich Recherche und Diskussionsstoff sorgend. :idea:

    Toll geschrieben war auch die Szene, als das NSA von der SS übernommen wird.

    Die Szene war wirklich gut, allerdings fand ich etwas befremdlich, dass das RSA bzw. die SS so dermaßen schnell im Bilde und ganz zackig und effektiv waren, dass sie *jetztsofortaufderStelle Helenes und Eugens Datenmanipulation aufdecken und das Potential des NSA erst so spät im Kriegsverlauf entdecken?? :scratch: Wenn sie so spitzenmäßig drauf sind, hätten sie doch die Atombombenpläne schon längst selbst entdeckt oder eben das NSA viel eher für sich genutzt.

    Weniger schlüssig fand ich dann Helenes Selbstbewußtsein und ihre bissige Ironie während des Verhörs durch die SS-Schergen. Passt nicht zu dem kleinen Hascherl, das sich nicht mal gegen die Kuppeleien der Eltern wehren kann. Ausgerechnet nach einer Nacht in einer finsteren, kalten, grausigen Zelle im Keller - ohne Information weshalb sie weggesperrt wird, läuft sie zur mutigen und kämpferischen Frau auf???? Für mich nicht sehr glaubwürdig, Schade!

    War es Selbstbewusstsein? Auf mich wirkte sie beim Verhör ein wenig naiv rechtschaffen. Aber du hast schon Recht, ausgehend von ihrem vorherigen Verhalten müsste sie eigentlich eher total verängstigt sein nach der Nacht in der Zelle.

    Dann hat die Handlung richtig Fahrt aufgenommen - Weimar wird bombardiert, die Lebenssituation aller ändert sich gewaltig, im NSA taucht endlich Dr. Danzer wieder auf und ja - es geht um "denkende Komputer", die die totale Überwachung ermöglichen sollen. TTIB. Sehr sehr gruselig.

    Helene geht in dieser Arbeit völlig auf und ist einerseits von der Arbeit an dem Projekt fasziniert, sucht gleichzeitig fieberhaft nach einer Möglichkeit das System zu torpedieren, um sich und Arthur zu schützen. Sie verschmilzt förmlich mit dem Projekt ("...dass ihr war, als könne sie die Reaktionene des Systems vorhersagen, als seien sie und das System ein und dieselbe Person...")

    Eine Herkulesaufgabe. Diesen Abschnitt fand ich sehr spannend geschrieben, da hätt ich noch mehr davon lesen können.

    Der Tod von Eugens Mutter hat mich irgendwie berührt und hat die vielen Bombenopfer sehr anschaulich gemacht. TTIB ist schon echt ziemlich heftig :shock: und Helene voll nerdig mittendrin statt nur dabei. #-o

    Was ich mich frage ist ob der neuen Führung schon das ganze Ausmaß dessen was Helene gemacht hat bekannt ist. Schließlich hat sie Massenhaft Daten manipuliert um Juden zu retten. Da erscheint mir Hausarest dann fast schon als zu mild, wenn man bedenkt welche Strafe jemand bekommt der nur einen versteckt.

    Ich könnte mir vorstellen, dass Ludolf seine krummen:dwarf: - aber schützenden - Finger über sie hält.

    In Woche 6 kam ja der smarte Stromzähler zur Sprache, bei dem ich unwilkürlich an "Blackout" von Andreas Elsberg denken musste - Der Grund warum ich immer sofort Panikkäufe machen will wenn irgendwo das Licht flackert :lol: - Diese Woche wars dann das gescheiterte Hitler Attentat, das in meinem letzjährigen Jahreshighlight "Flug 39" von Phillip Peterson eine große Rolle spielte.

    An "Blackout" musste ich teilweise auch beim Lesen denken (und auch da standen weniger die Figuren und deren Persönlichkeit als eher die technischen Möglichkeiten im Vordergrund). "Flug 39" muss ich mir endlich mal beschaffen, das hört sich sehr spannend an.:lechz:

    Aber trotz allem hatte der Auftritt Hitlers dann doch etwas manisches, etwas einschüchterndes.

    Mein Eindruck vom Gröfaz war eher, dass er sich sehr gern und sehr ausführlich reden hört...

    Weiß noch nicht, was ich von dem Ende halte - muss erst mal sacken :geek: .

    Ich bin durch - Kurzzusammenfassung der letzten Woche: Holladiewaldfee :lechz::shock::shock: - Ausführlicher kommt irgendwann, ich muss das ersmal wirken lassen, auch wenn ich akuten Redebedarf habe :D

    Geht mir so wie euch, ich weiß noch nicht genau, was ich davon halten soll. Mal schauen, ob ich in den nächsten Tagen die Wochenzusammenfassung schaffe.


    Was mich aber die ganze Zeit beschäftigt ist der Strang mit Helene und dessen Ende - gab es so ein ähnliches Ende nicht schon mal in einer Dystopie (entweder "1984" oder "Schöne neue Welt" oder "Fahrenheit 451"???:-k:?:?(:scratch:) Ich zermartere mir die ganze Zeit den Kopf, weil mir das Ende irgendwie bekannt vorkommt. Oder habe ich mich beim Seitenzahleneintragen nur versehentlich gespoilert, ohne das präsent gehabt zu haben:scratch:?

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Ich könnte mir vorstellen, dass Ludolf seine krummen :dwarf: - aber schützenden - Finger über sie hält.

    :totlach:

    gab es so ein ähnliches Ende nicht schon mal in einer Dystopie (entweder "1984" oder "Schöne neue Welt" oder "Fahrenheit 451"??? :-k:?:?(:scratch: )

    Ja - jetzt wo Du es schreibst...ich hatte auch das vage Gefühl, bin dem aber nicht weiter auf die Spur gegangen. Gute Idee :thumleft:

    Aldous Huxley oder Orwell könnte sein. Ist so verdammt lange her, dass ich die beiden gelesen habe, da war ich glaube ich noch unter 20 :mrgreen:. "Fahrenheit 451" kenne ich nicht, hab ich nie gelesen.


    Ich fürchte, diese Woche muss ich mit längeren Zusammenfassungen passen, bei mir ist grad so viel los...Aber ich freu mich schon, wenn wir alle wieder zusammenfinden und uns austauschen können - Diskussionsstoff haben wir bestimmt genug!

    Lasst es Euch derweil gut gehen, bis bald

  • Was mich aber die ganze Zeit beschäftigt ist der Strang mit Helene und dessen Ende - gab es so ein ähnliches Ende nicht schon mal in einer Dystopie (entweder "1984" oder "Schöne neue Welt" oder "Fahrenheit 451"???

    Ich habe jetzt mal die letzten zwei drei Seiten vorgezogen. Es ist thematisch identisch mit dem Ende von Orwells "1984". Jetzt bin ich nur gespannt, wie es dahin kommt, da ich momentan noch bei der Friedhofspflegerin Waltraud bin und deren Angebot an Helene.

  • Das Gefühl hatte ich auch sehr stark und das geht meiner Ansicht nach zu Lasten der Figuren - ich hatte keine einzige, mit der ich so richtig mitgefühlt, mich mitgefreut oder mitgelitten habe. Irgendwie fand ich keinen Zugang zu den handelnden Personen...aber wie Lucivarsadi dazu schrieb... [....]

    ...hat in meinen Augen die Story etwas darunter gelitten, aber das ganze Drumherum war schon echt super informativ, sehr vielseitig und für reichlich Recherche und Diskussionsstoff sorgend. :idea:

    Ich hab bei sowas eigentlich auch kein Problem wenn die Figuren hauptsächlich genutzt werden um irgendwelche Themen zu besprechen, oder hauptsächlich dafür genutzt werden um in historisch relevante Situationen geschubst zu werden (Da muss ich an Ken Folltet's Jahrhundert-Trilogie denken). Ich fand es nur etwas inkonsequent das eine Zeit lang die Geschichte von den Figuren und ihren persönlichen Motiven getrieben war und dann speziell im 7ten Abschnitt das ganze wieder mehr zu den Sachthemen wie Künstliche Intelligenz rüberging - Da war ich auch der Meinung das dies zu nichts relevantem mehr führt - Nunja, einige sind ja schon am Ende, so kann ich nur sagen: Fehlannahme meinerseits

    allerdings fand ich etwas befremdlich, dass das RSA bzw. die SS so dermaßen schnell im Bilde und ganz zackig und effektiv waren, dass sie *jetztsofortaufderStelle Helenes und Eugens Datenmanipulation aufdecken und das Potential des NSA erst so spät im Kriegsverlauf entdecken??

    Das mit der schnellen entlarfung von Helene hat mich im ersten Moment auch total gestört. Meine Erklärung hierfür war dann das die Arbeitsprotokolle vom NSA eben nie angeschaut wurden, während vielleicht mal einer von der SS wissen wollte was die Jungs und Mädels hier eigentlich gerade machen. Anscheinend lassen sich dies leicht auswerten. Das mit der wichtigen Rolle der NSA für den Krieg war etwas das mich zu Buchbegin gewundert hat, mit dem ich mich aber irgendwann abgefunden habe.

    "Flug 39" muss ich mir endlich mal beschaffen, das hört sich sehr spannend an. :lechz:

    Nicht ganz so gut wie "Blackout" war aber mein Jahreshighlight letztes Jahr :wink:

    Gröfaz

    :totlach:

    Geht mir so wie euch, ich weiß noch nicht genau, was ich davon halten soll. Mal schauen, ob ich in den nächsten Tagen die Wochenzusammenfassung schaffe.

    Ich hab auch gerade viel um die ohren, wenn ich mal kurz den Kopf freihaben will tippe ich so 5 Minuten dran - Ich habe aber festgestellt das es mir schwer fällt das in Worte zu fassen.... Mal sehen was rauskommt :wink:

    Ich habe jetzt mal die letzten zwei drei Seiten vorgezogen.

    :shock: - Ach du meine Güte - Gerade bei dem Buch hätte ich das nicht wirklich machen können :wink:

  • Ach du meine Güte - Gerade bei dem Buch hätte ich das nicht wirklich machen können

    Tja, habe mich von Euch ködern lassen. :uups: Aber, obwohl ich gerade bei Waltrauds Angebot der Fluchthilfe bin, war mein erster Gedanke, das ist auch nur wieder eine von Ludolfs Fallen für Helene, das kann nicht gut ausgehen. Und dann die Meldungen zu Parallelen zu Huxley, Orwell oder Bradbury. Eigentlich hat Herr Eschbach immer wieder Verbindungen zu allen drei Werken hergestellt, wenn auch nicht ganz so deutlich wie am Ende. (Und Mist, ich bin auf Arbeit und kann es JETZT nicht zu Ende lesen. :wuetend:Ich muss wissen, wieso. :lechz:)

  • Huhu Lucivarsadi , Dein Name ist heute Programm, oder? Ein Teufelsritt durch Eschbachs letzte Seiten - Du Armer, ich hoffe, Du kommst bald dazu!!!


    Vielleicht kann ich morgen auch ein bißchen an einer Zusammenfassung und Meinung arbeiten, im Moment geht es mir glaube ich ähnlich wie Dir Hörbuch-Freak - viele Gedanken im Kopf und wenig Zeit, sie zu strukturieren und in klare Worte zu fassen.

    Aber noch ist ja die Woche nicht aus und jetzt haben wir dann alle Zeit der Welt zum Schreiben, wir "müssen" / dürfen ja nicht mehr weiterlesen :)

  • Ich habe jetzt mal die letzten zwei drei Seiten vorgezogen. Es ist thematisch identisch mit dem Ende von Orwells "1984". Jetzt bin ich nur gespannt, wie es dahin kommt, da ich momentan noch bei der Friedhofspflegerin Waltraud bin und deren Angebot an Helene.

    Oh je, das wollte ich aber nicht bezwecken, dass du dich extra spoilerst. :shock: Deswegen habe ich nur auf das Ende verwiesen, ohne genauer darauf einzugehen. :pale: Aber gut, andererseits hättest du es ja nicht machen müssen. :wink: An dieser Stelle aber danke für die Aufklärung mit Orwells "1984", ich wusste doch, dass ich so etwas in der Art schon mal gelesen habe.


    Hier erst einmal meine Gedanken zu Wochenabschnitt 8: (Spoilergefahr, falls du noch nicht so weit bist Lucivarsadi )


    Eugen muss als Strafe an die Front und ich muss sagen, dass er mir im letzten Wochenabschnitt schon fast leid tat. Irgendwie wirkte er seit dem Tod seiner Mama :twisted: ziemlich verloren und hat viel von seiner Bosheit eingebüßt. Erschrocken war ich, als das Neuronencomputersystem TTIB plötzlich wieder auf der Bildfläche auftaucht und nur anhand seiner e-Mails und Reisebuchungen Auffälligkeiten feststellt - das ist echt beängstigend. :pale: Und das System wirkte um ein vielfaches größer, ausgereifter, gewachsener und damit viel gefährlicher als zu Helenes Programmierzeiten. :shock: Etwas perplex war ich, als er sich aus Versehen erschießt #-o, andererseits hätte ich auch nicht gewusst, welches Ende zu Eugen gepasst hätte. Aber Eschbach findet doch noch ein äußerst passendes - der schwer hirngeschädigte überlebende Eugen endet als Erbgutersatzteillager und darf seinen Tripple-A-Samen der nationalsozialistischen Fortpflanzung zur Verfügung stellen. :totlach::totlach::totlach:Da hat er doch, was er wollte und obwohl er das meiste nicht so richtig mitbekommt, hat er es doch eigentlich sehr schön. :totlach::loool: (Ich sag nur "Mama" :chesse::totlach::twisted:)


    Helene hat unterdessen auch ihr Päckchen zu tragen. Während ihres Hausarrests kommt sie auf die Idee, Ludolf um Hilfe zu bitten. Ich hatte mich schon gefragt, wann er wieder in Spiel kommt und dachte sogar kurz, dass die Initiative von ihm ausgeht, quasi als Retter in der Not.:king: Aber sicher gehörte das zu seiner Strategie, dass sie zu ihm kommt, denn er war die ganze Zeit über ihre Lage im Bilde. Als sie ihn dann um Hilfe für Arthur bittet und ihm dafür die Ehe verspricht, scheint sein Plan aufgegangen zu sein. Immerhin hat es aber mit Arthurs Rettung geklappt und er wartet in Brasilien auf sie. Ich fand nur Helenes Plan naiv, Ludolf zu heiraten und dann tatsächlich nach Brasilien zu fliehen - wie kommt sie darauf, das zu schaffen, wo es so vielen anderen Flüchtlingen (u. a. Ruth) schon die ganze Zeit nicht gelungen ist. Vor allem würde der ekelhafte Ludolf :puker: sie doch gar nicht gehen lassen, der immer mehr zum Überwacher mutiert und seine ganze Sippschaft mit einbindet. Tricky fand ich Helenes Versuch herauszufinden, wem sie auf dem Gut trauen konnte. :thumleft: Doof war das Ergebnis des Versuchs. :thumbdown: Sie schöpft wieder Hoffnung, als sie Waltraud trifft, wobei mir das zu schnell ging und zu unglaubwürdig war - sie treffen sich das erste Mal und plötzlich erzählt ihr Waltraud von den geflüchteten Juden aus dem Ort und bietet ihr so mir nichts dir nichts die Flucht nach Brasilien an. :roll: Wollte da der Autor so langsam fertig werden? ?( Ich wusste gar nicht, dass Pfarrer auch Ausweise ausstellen durften, hat das einer von euch schon mal gehört oder gelesen?

    Helenes Flucht las sich wie ein Thriller und war schon mega spannend. :lechz:Umso enttäuschter war ich, als sie kurz vor dem Ziel auffliegt, denn ich hätte es ihr gewünscht. Noch erschrockener war ich, dass das Computersystem TTIB, an dessen Entwicklung sie selbst mitgemacht hat, sie über die Gesichtserkennung an den Bahnhöfen ausfindig gemacht hat. :shock: Heftig, dass es schon so weit war. An dieser Stelle ein kurzes halbes Off-topic: Ich bin ja bei der Überwachung öffentlicher Plätze zwiegespalten, denn eigentlich habe ich nichts zu verbergen und denke schon, dass mehr Überwachung (durch Kameras oder Polizeipräsenz) auch mehr Sicherheit bzw. weniger Kriminalität bedeuten kann. Die Frage ist aber, wie hier im Thread schon mal gestellt, wer überwacht die Wächter? Oder wer verhindert, dass Überwachung für private (hier Ludolfs) Interessen eingesetzt werden kann? Oder dass Maschinen die Parameter für normales oder unnormales Verhalten festlegen dürfen? :shock: Gruselige Vorstellung, die die Kehrseite der Überwachungsmedaille zeigt.

    Das Buch endet schon ziemlich heftig und irgendwie auch total trist und hoffnungslos: Da ist Arthurs tragisches Ende, dem der Atombombensieg Deutschlands alle Hoffnung raubt. Da wäre Helenes ziemlich krasse aber irgendwie auch sehr beeindruckende Aktion im Weltnetz, wo ich kurz den Gedanken hatte, dass sie damit die Welt retten könnte. Sie kommt ins KZ und kann dadurch Ludolf entkommen...würde man denken, bis sie Dr. Danzer und Dr. Mengele in die Hände gerät:pale: ...was für ein absolut krasses Ende:shock:, an dem ich immer noch kauen muss und das ganz schön heftig und unerwartet war. Und zwar sowohl im Hinblick auf Helenes persönliches Schicksal als auch auf den Ausgang der historischen Ereignisse, die schon ziemlich beängstigend waren.


    Als ich vorhin las, dass das Ende von Helenes Erzählstrang dem Ende von Orwells "1984" ähnelt, wollte ich einen halben Bewertungsstern abziehen, da ich die enge Anlehnung an "1984" nicht unbedingt gut fand. Es hat zwar irgendwas symbolträchtiges und schlägt einen Bogen zur Überwachungswelt von "1984", aber irgendwie ist das in meinen Augen kein eigenständiges Ende. :scratch: Andererseits hat mich Helenes wacher Nerd-Geist und ihre fachliche Programmstrickerinnen-Cleverness immer beeindruckt und daher hat mich ihre Degradierung zu einer geisteslosen und fremdgesteuerten Gebärmaschine doch ziemlich umgehauen. Also weiß ich immer noch nicht so richtig, wie ich das Buch bewerten soll. :scratch::-k?( Aber vielleicht bringen eure Beiträge ja die Erleuchtung. :idea::lol:


    So, nun habe ich euch einiges zu Lesen gegeben, denn es soll ja nicht langweilig werden, auch wenn wir uns dem Ende nähern. :loool:

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Erst einmal vielen Dank für Deine Rücksichtnahme Studentine , aber keine Bange, ich konnte gestern in der Mittagspause fast zu Ende lesen und den Rest habe ich auf der Heimfahrt im Bus geschafft.

    Wow, was ein Ende. Da hat er Eschbach den Sack aber ordentlich zu gemacht. Da ich ab morgen im Urlaub bin, kann ich nicht sagen, ob ich außer heute, vor dem 2.ten nochmal Online komme(n kann).

    Eugen muss als Strafe an die Front und ich muss sagen, dass er mir im letzten Wochenabschnitt schon fast leid tat.

    Ehrlich gesagt, mir ging es teilweise auch so. Er hatte sich ja schon im vorletzten Leseabschnitt gesagt, dass er sein Leben ändern sollte. Er hatte sogar erkannt, dass seine "Rachegelüste" falsch waren (und sind). Dann stirbt seine Mutter, mit der er immer irgendwie im Clinch lag und muss feststellen, dass sie das einzig Beständige in seinem "zerstörten" Leben war und er jetzt doch an die Front muss. Und dies auch noch mit einem Generaloberst Hoth, der mit markige Sprüchen zu Ehre und Vaterland zitiert wird. Historisch korrekt ist, dass die 4. Panzerarmee unter Leitung eines Generaloberst Hoth am 12. Dezember 1942 einen Entlastungsangriff gestartet hat, um die in Stalingrad eingekesselte 6. Armee zu befreien. Damit stimmt allerdings der zeitliche Rahmen im Buch nicht mehr ganz, nehme ich an. Denn Himmlers Besuch im NSA wurde im Buch mit 5. Oktober 1942 datiert. Eugens "Kopfschussunfall" fand drei Tage vor seiner Einberufung statt. Wenn er also mit Generaloberst Hoth ausziehen soll, müssten wir uns überlegen, was alles seit dem 5. Oktober 1942 im Buch geschehen ist. Klar, viel von dem, was über Eugen und Helene erzählt wurde, ist ein Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte der beiden Protagonisten, bis eben zum besagten Besuch Himmlers. Aber Schmettenberg und vor allem die Atombombe und Arthurs Flucht waren hinterher. Wie lange hat Helene auf Ludolfs Gut gelebt, wenn dieser immer mal wieder auf Außeneinsatz war und die Vorbereitungen zur eigenen Flucht sich auch über Monate hinzog. Für mich wird der historische Rahmen hier sehr gedehnt. Hinzu kommt, dass mit dem "Unternehmen Wintergewitter" (dem Entlastungsangriff) im Buch als ein zweiter Versuch durch eben diesen Generaloberst Hoth genannt wird, es aber nie einen vorherigen mit italienischen Kräften gab. Auch den Bau einer deutschen Atombombe wird man nicht einfach aus dem Ärmel schütteln, da den Physikern bis dato "nur" mit den theoretischen Grundlagen zur Verfügung standen und diese Physiker (historisch) eher an einer friedlichen Atomenergienutzung interessiert waren und gerade Dr. Otto Hahn wird (in der Historie) eher als Nazi-Gegner dargestellt. Also schlechte Voraussetzungen um so schnell eine deutsche Atombombe zu bauen und zum Einsatz zu bringen. Ich stimme daher mit Dir Studentine überein, dass das Ende ein bisschen arg schnell ablief. Davon abgesehen macht diese Zeitraffung für die beiden Protagonisten Sinn, da der Höhepunkt der Handlung erreicht war und nun eine Auflösung verlangt.


    An dieser Stelle muss ich unterbrechen. Melde mich später mit weiteren Gedanken und Anmerkungen.

  • Woche 8


    Ich versuche mich mal an einer Zusammenfassung der 8ten Woche. Für mich hatte diese Woche 2 hälften - die erste, fast schon spießige, in dem es aus aussah als würde ein recht konventionelles Ende kommen und dann der große Wuaaaahhh-Effekt.... Aber erstmal zur ersten Hälfte:


    [Halbzeit 1]

    Es geht recht schnell zur Sache - Helenes Strafe war ja schon letzte Woche bekannt, jetzt kommt Eugen an die Reihe. Seine nach SS Standpunkt milde Strafe - Stalingrad - fand ich perfekt gewählt, da dies ja wirklich sein größtes Schreckgespenst zu sein schien. Ich könnte jetzt noch ausführlicher über Eugen schreiben, aber ich muss gerade über meine eigenen Notizen schmunzeln die ich jetzt einfach mal unkommentiert so reinschreibe - Auf meinem Notizzettel stehen zu Eugen folgende 2 Stichpunkte:


    Eugens ableben sehr plötzlich, aber hier sind Ort und die Gräfin als entscheidendes Indiz sehr gut gewählt. Die Künstliche Intelligenz hatte einen Gastauftritt - War aber in der Szene wie im Buch völlig irrelevant und hätte weggelassen werden können.


    Also Eugen war erstmal raus, somit konnte sich die Geschichte auf Arthur, Helene und Ludolf konzentrieren. Helene macht endlich mal was selbstloses, opfert ihr (zugegebenermaßen mittlerweile sehr tristes Leben) für Arthurs Freiheit und heiratet Ludolf. Wobei, das dieser Helene noch wirklich will hat mich gewundert, die Männerknappheit wird ja oft erwähnt und ich hatte immer das Gefühl das er auch eine Frau mit einem gewissen Status sucht. Ebenfalls befremdlich fand ich das während Helenes Hausarrest immer 2 Wachen an der Tür standen - 24 Stunden lang. Ziemlich viel Personal in Zeiten wo jeder Mann an der Front gebraucht wurde.

    Arthur wird nach Brasilien gebracht (Auch hier steht auf meinem Notizzettel "Happy End zumindest für Arthur"), Helene heiratet Ludolf. Wenig überraschend will sie flüchten und findet eher unerwartet Hilfe bei der Friedhofsgärtnerin. Das diese sich ausgerechnet direkt so offen im ersten Gespräch an Ludolfs Frau wendet fand ich etwas naiv, aber nicht unglaubwürdig. Aus heutiger Sicht viel unglaubwürdiger fand ich es das alle Züge pünktlich abfahren - In dem Teil der Flucht dachte ich dann mal wieder: "Helene, du bist echt doof" - Die wichtigste Reise ihres Lebens und sie plant sie so das nur eine Stunde Zugverspätung ein Problem wird und liest sich das ach so wichtige Schiffsticket nicht einmal durch. Gut, ok gescheitert ist die Flucht dann an einer weiteren technischen Feinheit die bis dahin noch nicht erwähnt wurde - der Gesichtserkennung, aber klug ist was anderes. Und als ich gerade während des hörens drüber nachdenke ob ich es gut oder schlecht finde das Eschbach mit der Gesichtserkennung ein weiteres Schreckgespenst angerissen hat werde ich aus meinen Gedanken gerissen - Hat die Sprecherin eben gesagt "Deutschland hat den Krieg gewonnen" - Wie jetzt..... Ernsthaft?


    [Halbzeitpause]

    So, die Zusammenfassung stoppt jetzt erstmal wie der Zug vor Rotterdam. Das bis dahin gehörte fand ich schlüssig und das Ende auf das es bis zu jenem letzten Satz zuzudriften schien fand ich passend, aber die Luft war für mich gerade ein wenig raus. Deshalb hatte ich in Gedanken schon so lose mein Fazit zum Buch formuliert, wenn auch noch nicht final gewertet. Ich war mir schon sicher das es in etwa so anfangen würde:

    NSA ist eines jener Bücher von denen ich etwas anderes erwartet hatte als das was ich letztlich bekommen habe. Als ich von Komputern im zweiten Weltkrieg las bin ich davon ausgegangen das der Globale Kriegsverlauf dadurch beeinflusst wird. Anstelle der kleinen Nuancen die tatsächlich geändert wurden (weiße Rose, Anne Frank etc.), hätte ich erwartet das der komplette Krieg anders läuft, vielleicht sogar so anders das Deutschland gewinnt und ein Teil der Handlung in diesem neuen Deutschland spielt - Danach noch ein bisschen blablabla, aber auch die Feststellung das meine Erwartungen zwar nicht erfüllt wurden, ich das aber nicht schlimm fand weil das Buch an sich ein sehr gutes war. Das ganze nur zur Verdeutlichung um zu zeigen wie sehr mich das was am Ende kam überrascht hat... - Damit beende ich den Pausenmonolog, ab in die zweite Halbzeit


    [Zweite Halbzeit]

    Der Krieg ist fertig weil Deutschland die Atombombe zuerst entwickelt hat - London und Moskau statt Hiroshima und Nagasaki bringen den lang ersehnten Frieden - nur eben mit einem anderen Sieger. Es gibt Friedensgespräche, die Grenzen werden neu verteilt - und Helene "darf" zurück zu Ludolf. Derweil wird die Künstliche Intelligenz (KI) ausgebaut, wacht nun nicht nur über bestimmte Personen, sondern auch über das Deutsche Forum. Helene wird zunehmend abgestumpfter, sieht in keiner ihrer Handlungen mehr einen Sinn - Doch an statt sich das Leben zu nehmen schreibt sie einen Anti-Hitler Beitrag im Deutschen Forum der einen Tag später ein komplettes Sondereinsatzkommando auf ihren Hof einfacheren lässt. Hier hatte ich irgendwie noch kurz Hoffnung das Helene etwas unglaublich Kluges tut, da ja vorher noch gesagt wird das sie wisse wie die KI denkt. Letztlich verpackt sie in ihre Nachricht nur eine Botschaft über die Entdeckung der Atombombe in den USA und das die Daten noch dort auf dem Rechner liegen. Das war mir suspekt - Denn selbst wenn die deutschen Wissenschaftler abgezogen wurden wird doch noch irgendwer sich dran erinnern können das man im Krieg sehr viel investiert hat und die Kriegsentscheidende Bombe zu entwickeln....

    Nunja, das Ende ist dann erschütternd - Erst geht Helene ins KZ weil sie es für das bessere Leben als das im überwachten Deutschland hält - Aber auch da darf sie nicht bleiben, der Chef der KI und Hirnforschung will ausgerechnet an ihr einen Chip testen der im Gehirn direkt etwas steuert - Und dieser Chips führt dazu das Helen zur Hitler Fanatikerin wird... uiuiui

    Ganz am Ende taucht dann Eugen noch mal auf. Obenrum ist er ziemlich Matsch, untenrum alles im Lack, weshalb er durch Anzucht der neuen Rasse als Spender genommen wird. Also so ganz unter uns, es gibt vermutlich nicht wenige Männer da draußen die sagen würden: Zumindest einer hat ein Happy End :-,:totlach: (Auch wenn ich mich gerade zusammenreisen muss weil ich in Freitagsstimmung bin, verzichte ich auf weitere Wortspiele:pale:). Aber ganz am Ende als die Schwester in den Nebenraum ging, war ich mir plötzlich ganz sicher das die dortige Empfängerin von Eugens Spende die Gräfin ist, das diese auf irgend eine Art geläutert wurde und auch über exzellente Erbanlagen verfügt und am Ende doch noch von Eugen geschwängert wurde - Aber so viel war dann wohl selbst Herrn Eschbach zu viel :)


    An der Stelle muss ich erstmal aufhören, ein Fazit zum ganzen Buch und Kommentare zu euren Beiträgen reiche ich vermutlich nach dem Wochenende nach. Heuschneider und Lucivarsadi - Wenn ich es richtig in erinnerung habe steht bei euch nächste Woche Urlaub an: Erholt euch gut :)

  • Woche 8


    Nach den beiden tollen und ausführlichen Zusammenfassungen von Studentine und Hörbuch-Freak , schreibe ich keine weitere, sondern beschränke ich mich jetzt lieber auf die Diskussion und schreibe meine Gedanken hier mit rein.


    Ich schließe mich an - waaahhh - was für ein Ende :shock:. Ich werde meine Eindrücke jetzt an den Protagonisten festmachen, ich glaube das wird am Übersichtlichsten:


    Eugen findet sein (ich meine damit genau sein Ende). Nachdem seine beiden Lebensinhalte, die Mutter und sein Rachfeldzug wegbrechen ist er depressiv und sein Leben sinnentleert. Er hat keine Alternativen, kein weiteres Konzept und zudem geht auch noch seine Frontvermeidungsstrategie baden und er soll nach Stalingrad verbracht werden. Alles Sch*, Deine Emma.

    Und zu Eschbachs immer wieder aufblitzendem Humor passt exzellent, dass sein Selbstmordversuch scheitert und er als hirnloser Samenspender endet.

    Kompliment Euch beiden, ich habe mich gerade weggeschmissen, ob Eurer Formulierungen!

    Eugen endet als Erbgutersatzteillager und darf seinen Tripple-A-Samen der nationalsozialistischen Fortpflanzung zur Verfügung stellen. :totlach::totlach::totlach:

    Obenrum ist erziemlich Matsch, untenrum alles im Lack,

    :totlach::totlach::totlach::applause:


    Ich sag nur "Mama" :chesse::totlach::twisted: )

    Wie habt Ihr diesen Schluss mit der "Mama" verstanden - im ersten Moment dachte ich an Mißbrauch. Übergriffig genug war Eugens Mutter ja. Könnte auch Eugens auffälliges Psychogramm und sein praktisch nicht vorhandenes Selbstbewußtsein erklären. Ist aber andererseits vielleicht auch zu hoch gegriffen...

    Ich konnte nicht so recht einsortieren. Fandest Du das lustig Studentine ? Vielleicht habe ich den Gag einfach nicht zu fassen gekriegt???

    Bei der Interpretation dieses Mama - Endes habe ich echt Fragezeichen im Hirn.


    Arthur ist der Pechvogel der Nation, oder? Die Flucht gelingt, er könnte sich ein Leben in Freiheit aufbauen. Leider ist er zu traumatisiert, auch er anscheinend ohne Lebensziel. Natürlich hatte er nie die Chance sich mit seinen Kriegserlebnissen auseinanderzusetzen und diese zu verarbeiten und dadurch neu anfangen zu können. Am Ende: Suizid - und seiner gelingt. Fand ich sehr tragisch, für mich war er eine der sympathischsten Figuren des Romans.

    Vor dem Krieg ein heller Kopf mit Kreativität und eigenen Ideen, der sich nicht nur auf Äußerlichkeiten beschränkt sondern großen Gefallen, an der unscheinbaren Helene findet. Danach immerhin ein duldsamer und dankbarer "Gast" bei den Aschenbrenners. Er hätte schon ein besseres Ende verdient.

    Dennoch ist Eschbachs Variante schlüssig, da ihm ja in psychologischer Hinsicht nie geholfen wurde und er nicht einmal mit Helene wirklich über seine Traumata sprechen konnte. Er kann also nie von den Erlebnissen genesen und sich einen Neuanfang suchen. Er wird von ihr, die immer sein Rettungsanker war getrennt und hat nicht genug Hoffnung, dass sie es auch nach Brasilien schaffen könnte. Da bleibt dann nicht mehr viel übrig...


    Auch Helene endet tragisch - letztlich begeht sie auch eine Art "Selbstmord", indem sie nach der gescheiterten Flucht ihr Leben bei Ludolf sehenden Auges gegen das KZ eintauscht. Ihr Wissen um TTIB macht ihr das möglich.

    Wie schnell sich TTIB entwickelt hat, fand ich wiederum stimmig, da es sich um ein lernendes System mit wesentlich höheren Kapazitäten als das Gehirn handelt - jedenfalls im Vergleich damit, wie wir Menschen unseres benutzen :-,. Ihre Flucht was äußerst spannend geschrieben, ich bin quasi mit ihr im Zug gesessen. Ihr schlechte Zeitmanagement hat eigentlich gut zu ihrer Persönlichkeitsstruktur gepasst - im ganzen Roman hatte sie immer wieder gute Ideen und ist dann mehr oder weniger an der Umsetzung gescheitert oder hat grobe Schnitzer reingehauen.

    Mich hat die Parallele zu "1984" während des Lesens nicht gestört, ich hab es wie geschrieben eh nur unterschwellig wahrgenommen. Im Nachhinein hätte ich Eschbach dann aber doch mehr Originalität zugetraut.


    Daß zugunsten der Handlung und des Abschlusses der jeweiligen Lebensgeschichten der historische Rahmen in den Hintergrund treten musste und angepasst wurde hat mich nicht im geringsten gestört, Lucivarsadi . NSA hatte für mich nie den Anspruch, ein historisch korrektes Buch zu sein. Ich fand im Gegenteil beeindruckend, wie Eschbach es im Gesamtverlauf des Buches immer wieder geschafft hat, die Historie so korrekt und trotzdem schlüssig und spannend einzubauen. Da hat mich die dichterische Freiheit gegen Ende nicht irritiert, konnte ich gut aushalten.


    Insgesamt fand ich allerdings das Ende irgendwie ein bißchen überhastet - im Vergleich zu der Gesamtlänge des Buches hat mir da ein bißchen Hintergrund bei der jeweiligen Entscheidung der handelnden Personen gefehlt. Mir hätte gut gefallen, wenn die Motive für den jeweiligen "Selbstmord" (ich subsummiere das jetzt einfach mal unter diesem Begriff) insbesondere bei Arthur und Helene noch etwas eingehender beleuchtet worden wären.

    Und so der Vollständigkeit der vielen angerissenen Erzählstränge halber hätte ich mir noch Info zum Leben der weiteren wichtigen Personen, z. B. den Aschenbrenners, Helenes Eltern, Adamek... gewünscht. Da ist für mich einiges einfach in der Luft hängengeblieben.


    Ich muss jetzt leider wieder los, ist eh schon so ein langer Beitrag geworden - sorry!

    Ich melde mich nochmal mit meinem Lesefazit und meiner Bewertung des Buches. Ech erstmal ein schönes Wochenende und von meiner Seite aus, können wir uns noch die ganze nächste Woche unterhalten, mein Urlaub beginnt erst am 31.05.

    Liebe Grüße

    :winken:

  • Woche 8

    Das war wirklich ein furioses Finale, das man nicht so schnell vergessen wird. Aufgrund der vorherigen Zusammenfassungen, werde ich mich auch wieder auf die Diskussion konzentrieren.


    Die schöpft wieder Hoffnung, als sie Waltraud trifft, wobei mir das zu schnell ging und zu unglaubwürdig war - sie treffen sich das erste Mal und plötzlich erzählt ihr Waltraud von den geflüchteten Juden aus dem Ort und bietet ihr so mir nichts dir nichts die Flucht nach Brasilien an. :roll: Wollte da der Autor so langsam fertig werden? ?(

    Das ging wirklich sehr schnell. VIelleicht hat Waltraud dadurch, dass sie Helene schon häufiger beobachtet hat, das Gefühl sie gut einschätzen zu können. Aber ich hätte auch vermutet, dass sie vorsichtiger vorgeht, da sehr viel auf dem Spiel steht. Das Klagen von Helene hätte ja auch eine Falle sein können, die Ludolf Waltraud stellt, weil er vielleicht schon etwas ähnliches vermutet.

    Helenes Flucht las sich wie ein Thriller und war schon mega spannend. :lechz: Umso enttäuschter war ich, als sie kurz vor dem Ziel auffliegt, denn ich hätte es ihr gewünscht. Noch erschrockener war ich, dass das Computersystem TTIB, an dessen Entwicklung sie selbst mitgemacht hat, sie über die Gesichtserkennung an den Bahnhöfen ausfindig gemacht hat.

    Helenes Flucht hat mich auch am stärksten mitgenommen. Ich musste mich zurückhalten nicht nur querzulesen, um zu wissen wie es ausgeht. Sehr spannend geschrieben und auch ich habe mit Helene mitgefiebert.


    Auch den Bau einer deutschen Atombombe wird man nicht einfach aus dem Ärmel schütteln, da den Physikern bis dato "nur" mit den theoretischen Grundlagen zur Verfügung standen und diese Physiker (historisch) eher an einer friedlichen Atomenergienutzung interessiert waren und gerade Dr. Otto Hahn wird (in der Historie) eher als Nazi-Gegner dargestellt. Also schlechte Voraussetzungen um so schnell eine deutsche Atombombe zu bauen und zum Einsatz zu bringen. Ich stimme daher mit Dir Studentine überein, dass das Ende ein bisschen arg schnell ablief.

    Das hat mich jetzt auch eher gewundert, dass das plötzlich so schnell vonstattenging und dadurch dann der Krieg entschieden war. Das passt zu dem unteren Kommentar von Heuschneider und auch der Einschätzung von Studentine , dass es am Ende alles zu schnell abläuft.


    Es geht recht schnell zur Sache - Helenes Strafe war jaschon letzte Woche bekannt, jetzt kommt Eugen an die Reihe. Seine nach SS Standpunkt milde Strafe - Stalingrad - fand ich perfekt gewählt, da dies ja wirklich sein größtes Schreckgespenst zu sein schien.

    Das fand ich auch gut gewählt, genau wie du sagst, hätte er sich seiner größten Angst stellen müssen, die ihn seit Beginn des Buches angetrieben hat.


    heiratet Ludolf. Wobei, das dieser Helene nochwirklich will hat mich gewundert, die Männerknappheit wird ja oft erwähnt undich hatte immer das Gefühl das er auch eine Frau mit einem gewissen Statussucht. Ebenfalls befremdlich fand ich das während Helenes Hausarrest immer 2Wachen an der Tür standen - 24 Stunden lang. Ziemlich viel Personal in Zeitenwo jeder Mann an der Front gebraucht wurde.

    Ich hätte auch erwartet, dass Ludolf an Helene gar nicht mehr so sehr interessiert ist. Trotz seines eher unvorteilhaft beschriebenen Aussehens, hätte es bestimmt auch andere Familien ähnlich der Helenes gegeben, die eine derartige Verbindung gewünscht hätten. Und auch von Ludolfs Seite aus,hätte ich vermutet, dass sein Ineresse an Helene nicht weiter besteht, nachdem sie ja ziemlich in Misskredit geraten ist.

    Aus heutiger Sicht viel unglaubwürdiger fand ich es das alleZüge pünktlich abfahren -

    In dem Teil der Flucht dachte ich dann mal wieder:"Helene, du bist echt doof" - Die wichtigste Reise ihres Lebens undsie plant sie so das nur eine Stunde Zugverspätung ein Problem wird und liestsich das ach so wichtige Schiffsticket nicht einmal durch.

    :lol: das stimmt
    Ich finde es auch komisch, dass die Fahrt ohne ausreichenden zeitlichen Puffer geplant ist, immerhin gibt es nur diesen einen Versuch. Da werden ja selbst unwichtige Ausflüge größtenteils vorsichtiger geplant.

    Erst geht Helene insKZ weil sie es für das bessere Leben als das im überwachten Deutschland hält -Aber auch da darf sie nicht bleiben, der Chef der KI und Hirnforschung willausgerechnet an ihr einen Chip testen der im Gehirn direkt etwas steuert - Unddieser Chips führt dazu das Helen zur Hitler Fanatikerin wird... uiuiui

    Da habe ich mich zum einen gefragt, woher Helene weiß, in welches KZ die KI sie schickt, da sie ja nie ganz hinter das Vorgehen der KI gestiegen ist, weil es so komplex war.

    Das Ende von Helene finde ich nicht so gelungen. Das Gehirn ist so komplex, dass ich es schwer vorstellbar finde, dass man zu der Zeit ein paar Elektroden implantiert und als Ergebnis herauskommt, dass sie den Führer liebt.

    Aber ganz am Ende als die Schwesterin den Nebenraum ging, war ich mir plötzlich ganz sicher das die dortigeEmpfängerin von Eugens Spende die Gräfin ist, das diese auf irgend eine Artgeläutert wurde und auch über exzellente Erbanlagen verfügt und am Ende dochnoch von Eugen geschwängert wurde - Aber so viel war dann wohl selbst HerrnEschbach zu viel :)

    Ich habe auch gedacht, dass die Empfängerin zumindest eine bekannte Person sein wird, vielleicht sogar Helene.

    Wie habt Ihr diesen Schluss mit der "Mama" verstanden - im ersten Moment dachte ich an Mißbrauch. Übergriffig genug war Eugens Mutter ja. Könnte auch Eugens auffälliges Psychogramm und sein praktisch nicht vorhandenes Selbstbewußtsein erklären. Ist aber andererseits vielleicht auch zu hoch gegriffen...

    Ich konnte nicht so recht einsortieren. Fandest Du das lustig Studentine ? Vielleicht habe ich den Gag einfach nicht zu fassen gekriegt???

    Bei der Interpretation dieses Mama - Endes habe ich echt Fragezeichen im Hirn.

    Der Abschluss zu Eugen und damit auch der Anschluss des gesamten Buches mit diesem Ausdurck "Aber Mama? Wieso Mama?" war mir dann doch zu viel des Guten. Als letzte Emotion beim Beenden dieses Buches Ekel auszulösen (zumindest war das so bei mir), gefällt mir nicht. Aber vielleicht empfinden viele das auch ganz anders z.B. witzig, wie ich es von Studentine verstanden habe und der Witz ging einfach nur an mir vorbei. Wahrscheinlich sogar.
    An sich tat mir Eugen auch am Ende eher Leid und ich hätte ihm eher das "saubere" Ende gewünscht, von dem man zuerst ausging.

    Arthur ist der Pechvogel der Nation, oder? Die Flucht gelingt, er könnte sich ein Leben in Freiheit aufbauen. Leider ist er zu traumatisiert, auch er anscheinend ohne Lebensziel. Natürlich hatte er nie die Chance sich mit seinen Kriegserlebnissen auseinanderzusetzen und diese zu verarbeiten und dadurch neu anfangen zu können. Am Ende: Suizid - und seiner gelingt. Fand ich sehr tragisch, für mich war er eine der sympathischsten Figuren des Romans.

    FÜr mich war Arthur auch eher einer der sympathischen Charaktere. Schade, dass es sich so auflöst. So wird aber auch noch einmal verdeutlicht, wie sehr Helene mit ihrer Angst, Arthur könne sie vergessen, sobald er irgendwo andere Frauen sieht, danebenlag. Tragisch, dass es so für beide endet.

    Auch Helene endet tragisch - letztlich begeht sie auch eine Art "Selbstmord", indem sie nach der gescheiterten Flucht ihr Leben bei Ludolf sehenden Auges gegen das KZ eintauscht. Ihr Wissen um TTIB macht ihr das möglich.

    Nach all der Ambivalenz, die Helene immer wieder gezeigt hat, eine große Aktion. Ins KZ zu gehen, um eine wichtige Botschaft zu verbreiten. Hätte man ihr zeitweilig im Verlauf des Buches gar nicht zugetraut.

    Insgesamt fand ich allerdings das Ende irgendwie ein bißchen überhastet - im Vergleich zu der Gesamtlänge des Buches hat mir da ein bißchen Hintergrund bei der jeweiligen Entscheidung der handelnden Personen gefehlt.

    So kam es mit auch vor- eher überhastet, vor allem, wenn man den Umfang des Buches betrachtet. Sehe ich genauso.


    Ich beende dieses Buch also eher mit gemischten Gefühlen. Die letzte Seite und das damit bei mir ausgelöste Gefühl, hat mir das Ende eher vermiest. Ebenso wie ich (genau wie ihr) das Ende insgesamt zu überhastet finde. Ebenfalls gestört hat mich, dass Helene sich plötzlich so sicher war, in welches KZ die KI sie schicken würde und auch ihren Fanatismus am Ende zu übertrieben dargestellt und unglaubwürdig. Insgesamt wirklich gut gefallen hat mir, dass historisch gut recherchierte Fakten in die fiktive Hanldung immer wieder eingeflossen sind und ich, vor allem auch dank Lucivarsadi, so noch einiges über die Zeit dazulernen konnte. Ich habe noch keine Ahnung wie ich dieses Buch bewerten würde, das fällt mir wirklich schwer und bedarf vielleicht noch etwas Zeit. Insgesamt bin ich vom Ende des Buches aber eher enttäuscht.

  • So, Feierabend, sowohl im Büro als auch hier. Melde mich also noch mal, bevor es urlaubstechnisch eher weniger wird.


    Der Abschluss zu Eugen und damit auch der Anschluss des gesamten Buches mit diesem Ausdurck "Aber Mama? Wieso Mama?" war mir dann doch zu viel des Guten. Als letzte Emotion beim Beenden dieses Buches Ekel auszulösen (zumindest war das so bei mir), gefällt mir nicht. Aber vielleicht empfinden viele das auch ganz anders

    Fang ich mal mit "Mama" an. Ich denke Inzest ist hier kein Thema, sondern eher als eine Klammer zu betrachten. Wie hat die Beschreibung der Person Eugen begonnen? Mit seiner Mutter, mit Drandsalierungen im Hinterhof, mit dem Wissen, der Sohne eines Kriegshelden zu sein. Die einzige echte Bezugsperson und Konstante sein ganzes Leben über war seine Mutter. Wenn auch Hass-Liebe. Er konnte sich nie wirklich von ihr lösen, hat aber auch nie wirklich Beziehung zu anderen Personen gesucht. Er war ein "Mama"-Kind. Nicht, dass er komplett unter ihrer Fuchtel stand, er hat ja tatsächlich mal überlegt, auszuziehen. Und zwar in dem Moment als er auch über sich selbst Gedanken gemacht hat. Aber gleichzeitig zeigt sich nach dem Tod seiner Mutter, dass er mit Haushalt wie z. B. Wäsche waschen nichts am Hut hat. Klar kann jetzt gesagt werden, dass es für die damalige Zeit ein klares Rollenverständnis gab. (Und wenn ich an einen Kommilitonen von mir denke, der mir von seinem Schwiegervater erzählt hat, dass er nicht mal fähig ist ein Schnitzel zu braten, wenn die Ehefrau aus dem Haus ist, sondern das Fleisch in Wasser schmeißt und es kocht, ohne alles, dann kann man auch heute noch von Überbleibseln dieses Rollenverständnisses sprechen.) Aber so widerwillig Eugen zu seiner Mutter und ihrer Quängelei heim gegangen ist, so sehr fehlt sie ihm nach ihrem Tod. Nicht nur aus praktischen Erwägungen, nein auch emotional. Er hat sonst keinen Menschen. Da ist nur noch Leere, für mich sinnbildlich auch noch zusätzlich mit ungewaschener Kleidung betont. Er verliert alles: Mutter und Job (an der Heimatsfront) und muss sich seiner größten Angst stellen. Eugen ist keine starke Persönlichkeit. Die Lust sich Frauen untertan zu machen, hat sicherlich auch etwas mit seinem Mutterkomplex zu tun, mit seiner Erinnerung an die erste Abfuhr im Hinterhof durch eine Klassenkameradin. Es ist also naheliegend, Suizid zu versuchen. Dass es das Zimmer 202 sein muss, mag vielleicht ein bisschen weit hergeholt zu sein. Aber Täter scheinen hin und wieder an Tatorte zurückzukehren und Cäcilia ist sein letzter Fall, sogar ein ungelöster. Wenn also diesem Menschen das Gedächtnis genommen wird, durch einen missglückten oder unbeabsichtigen Suizidversuch, was bleibt dann als Erinnerung? An was erinnern sich alte Menschen, wenn sie langsam ihr Gedächtnis verlieren? Sehr häufig sind es Erinnerungen aus jungen Jahren. Auch Sachen, die man schon verloren geglaubt hat, tauchen plötzlich wieder im Gedächtnis auf. Also "Mama". Das wäre dann die Klammer: Anfang und Ende bleibt "Mama". Und dann zeigt Herr Eschbach noch ein bisschen bösartigen Humor, den Hörbuch-Freak und Studentine so humorvoll kommentiert haben. Hat sich Eugen früher an Frauen vergangen, so ist er jetzt als tumber Triple-A-Arier nur noch Samenspender und kann noch einmal seinem Land dem Deutschen Reich im ausgeweiteten Lebensborn-Projekt zu Diensten sein und dabei helfen neue reinrassige Herrenmenschen zu zeugen. Junge (verwitwete oder alleinstehende) Frauen gibt es genug.

    Hierzu fallen mir noch zwei genrefremde Zitate ein: Der Schlußteil des Songs "Langeweile" von Hannes Wader aus dem Jahre 1977

    Und bis alles so läuft, wie ich's haben will werden sicher noch Jahre vergeh'n

    Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, mal bessere Tage zu seh'n

    Ich denke, ich werde irgendwann noch vernünftige Dinge tun

    Zum Beispiel, meinen Samen auf die Spermenbank tragen ab nun

    Und nicht sterben bis jedes Kind, das du auf der Straße siehst

    Von meinem Blut und nach meinem Bilde angefertigt ist

    sowie ein Film mit Don Johnson (Kennt noch jemand die Serie "Miami Vice"? Er war der Blonde namens Sonny Crockett) und zwar der Science-Fiction-Kultfilm "Der Junge und sein Hund" (1975), wo er zustimmt, seine Gene zur Verfügung zu stellen, weil die vorhandenen Männer unfruchtbar sind und davon träumt, rauschenden Sex mit schönen jungen Frauen zu haben, aber dann an eine Melkmaschine angeschlossen wird.

    Jedenfalls fühle ich mich mit Eugen daran erinnert.

    Einige von Euch haben erwartet, dass hier eine (dem Leser) bekannte Frau auf dem Untersuchungsstuhl sitzt. Irgendwie habe ich hier absolut anonym gedacht. Viele Frauen, die seinen Samen zum Wohle und Erstarken des Vaterlandes erhalten. Viele blonde kleine Eugens. (Und hier blitzt mir ebenfals ein Filmklassiker in den Sinn: Das Dorf der Verdammten (1960), ein Dorf in welchem alle Frauen gleichzeitig schwanger werden und schon nach fünf Monaten kerngesund alle gleichzeitig zur Welt kommen und wasserstoffblonde Haare besitzen.)


    Ihre Flucht was äußerst spannend geschrieben, ich bin quasi mit ihr im Zug gesessen. Ihr schlechte Zeitmanagement hat eigentlich gut zu ihrer Persönlichkeitsstruktur gepasst - im ganzen Roman hatte sie immer wieder gute Ideen und ist dann mehr oder weniger an der Umsetzung gescheitert oder hat grobe Schnitzer reingehauen.

    Ich finde es auch komisch, dass die Fahrt ohne ausreichenden zeitlichen Puffer geplant ist, immerhin gibt es nur diesen einen Versuch.

    So wie ich es verstanden habe, wurde die komplette Reise von der "Untergrundorganisation" geplant und nicht von Helene. Sie hatte nur zu packen und sich auf den Weg zu machen.

    Eigentlich (technisch betrachtet) zu schnell, aber stimmig in die Handlung eingebaut, ist das Gesichtserkennungprogramm, mit dem das TTIB Helene aufspürt und auch die Auflösung, dass Ludolf dafür gesorgt hat, dass ihre Daten im System sind.

    Dass Helene selbst eine Art Suizid versucht, als sie die Nachricht ins Weltnetz stellt, ist für mich nachvollziehbar. Der Krieg ist beendet. Das Deutsche Reich hat gewonnen. Und Arthur bringt sich um. Mit der Nachricht von seinem Tod erlischt die letzte Hoffnung und ein Leben mit Ludolf ist keine Option. Aber sie ist noch fähig eine letzte Tat des Widerstands zu vollbringen, was ihr die Trennung von Ludolf mit sich bringt und eine Inhaftierung in ein KZ. Das Leben und Leiden hätte hier vielleicht mehr beschrieben werden können, anstatt hier nur flüchtig drüber zu gehen. Aber ich denke, es passt, weil es um die Vollendung von Helenes Schicksal geht. Anderes wäre eher Ablenkung. Das KZ und das Überleben wird nur gerade so kurz angerissen, dass Interessierte einen Anreiz haben, etwas mehr darüber erfahren zu wollen. Tief Durchatmen musste ich kurz in dem Moment, als neben Dr. Danzer plötzlich auch ein Herr Mengele erwähnt wird. Da hat Herr Eschbach mal wieder ins Schwarze getroffen, da dieser für seine medizinischen Versuche am lebenden Menschen berüchtigt war.

    Den Orwellschen Schluss fand ich zum Thema passend, auch wenn er nicht neu ist. Aber wie wird es mit dem TTIB denn weitergehen? Schnellere und leistungsfähigere Rechner, Miniaturisierung der Hardware, Speichermedien mit immer größerem Volumen, unendliche Datenmengen, immer verfeinerte Programmalgorithmen und schon angedeutet, die Verbindung von Mensch und Maschine, bis hin zur Reprogrammierung des Menschen. Das Schreckgespenst der totalen Herrschaft. Bei all diesen Zukunftswahrscheinlichkeiten ist Helenes Euphorie Hitler gegenüber nur konsequent. So sieht es aus, wenn Computertechnologie und Künstliche Intelligenz in die Domände des Menschen selbst hinüberwechseln. Wie lange beherrscht der Mensch diese Technik? Oder ab wann wird er von ihr überrannt, übernommen, vereinahmt?


    Das soll es an dieser Stelle erst einmal gewesen sein. Melde mich spätestens nach dem Urlaub nochmal.

  • Ich stimme daher mit Dir Studentine überein, dass das Ende ein bisschen arg schnell ablief. Davon abgesehen macht diese Zeitraffung für die beiden Protagonisten Sinn, da der Höhepunkt der Handlung erreicht war und nun eine Auflösung verlangt.

    Aus dem historischen Kontext habe ich die "Zeitraffung" noch gar nicht beachtet - danke für deine wieder sehr informativen Ausführungen dazu. :thumleft: Ich denke, da hat sich der Autor ein wenig schriftstellerische Freiheit genommen.

    Aus heutiger Sicht viel unglaubwürdiger fand ich es das alleZüge pünktlich abfahren

    :loool: Stimmt eigentlich...obwohl pünktliche Züge heutzutage auch keine Selbstverständlichkeit sind ("Wegen Störungen im Betriebsablauf..blabla" #-o )

    Also so ganz unter uns, es gibt vermutlichnicht wenige Männer da draußen die sagen würden: Zumindest einer hat ein HappyEnd :-,:totlach: (Auch wenn ich mich gerade zusammenreisen muss weil ich in Freitagsstimmungbin, verzichte ich auf weitere Wortspiele :pale: ). Aber ganz am Ende als die Schwesterin den Nebenraum ging, war ich mir plötzlich ganz sicher das die dortigeEmpfängerin von Eugens Spende die Gräfin ist, das diese auf irgend eine Artgeläutert wurde und auch über exzellente Erbanlagen verfügt und am Ende dochnoch von Eugen geschwängert wurde

    Ich dachte eigentlich, dass Helene dort auf dem Stuhl liegt, weil ja nicht ganz klar war, ob Ludolf Kinder zeugen kann. An ihr hätte es wohl zumindest nicht gelegen.

    Wie habt Ihr diesen Schluss mit der "Mama" verstanden - im ersten Moment dachte ich an Mißbrauch. Übergriffig genug war Eugens Mutter ja. Könnte auch Eugens auffälliges Psychogramm und sein praktisch nicht vorhandenes Selbstbewußtsein erklären. Ist aber andererseits vielleicht auch zu hoch gegriffen...

    Ich konnte nicht so recht einsortieren. Fandest Du das lustig Studentine ? Vielleicht habe ich den Gag einfach nicht zu fassen gekriegt???

    Bei der Interpretation dieses Mama - Endes habe ich echt Fragezeichen im Hirn.

    So wie Lucivarsadi geschrieben hat, litt Eugen in meinen Augen an einem riesengroßen Mama-Komplex, da er nun mal der einzige Nachfahre des ewig verehrten Soldaten gewesen ist und von seiner Mutter entsprechend in den Himmel gelobt wurde. Und sie wusste es sehr gut, ihn an sich zu binden und die richtigen Knöpfe bei ihm zu drücken mit ihren angeblichen Herzschmerzen, ihrer Unfähigkeit, ein Votel zu nutzen und im Leben zurechtzukommen. Als er noch klar im Kopf war, hat er sich zwar in Grenzen von ihr benutzen lassen, aber auch sein eigenes Ding gemacht bzw. sich von ihr abgekapselt. Nun, wo sein Denken auf die Urinstinkte reduziert und frei von gesellschaftlichen Regeln und Zwängen ist, tritt zutage, dass Eugens starke Mutterbindung eher ein ziemlich ausgewachsener Ödipus-Komplex ist. Im Vergleich zu seinen wirklich schlimmen Überfällen auf all die Frauen, empfand ich dieses Ende als die gerechte Strafe für Eugen. :twisted: :totlach: Er ist doch nur ein kleines Würstchen, das nicht selbständig im Leben zurechtkommt und für wirklich alle Lebenslagen :totlach: die Mama braucht. :twisted:


    Insgesamt fand ich allerdings das Ende irgendwie ein bißchen überhastet - im Vergleich zu der Gesamtlänge des Buches hat mir da ein bißchen Hintergrund bei der jeweiligen Entscheidung der handelnden Personen gefehlt. Mir hätte gut gefallen, wenn die Motive für den jeweiligen "Selbstmord" (ich subsummiere das jetzt einfach mal unter diesem Begriff) insbesondere bei Arthur und Helene noch etwas eingehender beleuchtet worden wären.

    Und so der Vollständigkeit der vielen angerissenen Erzählstränge halber hätte ich mir noch Info zum Leben der weiteren wichtigen Personen, z. B. den Aschenbrenners, Helenes Eltern, Adamek... gewünscht. Da ist für mich einiges einfach in der Luft hängengeblieben.

    Stimmt, guter Gedanke. Einiges war nicht so ganz abgeschlossen und wirkte etwas unrund, deswegen gibt es von mir auch nicht die vollen Sterne für das Buch.

    FÜr mich war Arthur auch eher einer der sympathischen Charaktere. Schade, dass es sich so auflöst. So wird aber auch noch einmal verdeutlicht, wie sehr Helene mit ihrer Angst, Arthur könne sie vergessen, sobald er irgendwo andere Frauen sieht, danebenlag. Tragisch, dass es so für beide endet.

    Arthur fand ich anfangs ganz clever, weil er eine etwas andere "Denke" als andere in seinem Alter hatten und er gut Zugang zu Helene gefunden hat. Als er dann in seinem Versteck war, ging er mir oftmals auf die Nerven, obwohl ich ihm damit vermutlich unrecht getan habe, da er außer Helenes Besuchen keinerlei Abwechslung hatte und sich in irgendeiner Form auch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihr und den Aschenbrenners befand. Ich hätte ihm eine brasilianische Schönheit oder zumindest etwas Frieden und seelische Heilung gewünscht.

    Aber wie wird es mit dem TTIB denn weitergehen? Schnellere und leistungsfähigere Rechner, Miniaturisierung der Hardware, Speichermedien mit immer größerem Volumen, unendliche Datenmengen, immer verfeinerte Programmalgorithmen und schon angedeutet, die Verbindung von Mensch und Maschine, bis hin zur Reprogrammierung des Menschen. Das Schreckgespenst der totalen Herrschaft.

    Sehr erschreckender Gedanke. Erinnert mich an irgendeinen Film über das "Echelon" Spionageprogramm, das sich selbständig macht :scratch: oder auch an Eschbachs Buch "Herr aller Dinge".

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Wow jetzt tut sich hier gewaltig was, Super! Habe gerade Eure Beiträge gelesen und direkt noch ein paar Gedanken dazu.


    Tief Durchatmen musste ich kurz in dem Moment, als neben Dr. Danzer plötzlich auch ein Herr Mengele erwähnt wird.

    Auf den Mengele habe ich schon seit der Buchmitte gewartet, der war doch echt Pflicht für dieses Buch!

    Insofern hat er zwar erst reichlich spät auftreten dürfen, aber für mich an genau der richtigen Stelle, wenn man ein bißchen weiß, was der in den KZs alles so umgesetzt hat...Gut gewählt und sehr gruselig :applause:

    Als letzte Emotion beim Beenden dieses Buches Ekel auszulösen (zumindest war das so bei mir), gefällt mir nicht. Aber vielleicht empfinden viele das auch ganz anders z.B. witzig, wie ich es von Studentine verstanden habe und der Witz ging einfach nur an mir vorbei. Wahrscheinlich sogar.

    Er ist doch nur ein kleines Würstchen, das nicht selbständig im Leben zurechtkommt und für wirklich alle Lebenslagen :totlach: die Mama braucht. :twisted:

    Ich hadere immer noch etwas mit dem Schluss. So ganz kann ich mich der witzigen Interpretation nicht anschließen - auch wenn ich den Gag jetzt verstanden habe, Danke Studentine :thumleft:.

    Klar ist Eugen nie von seiner Mutter losgekommen, sonst hätte ihn ihr Tod sicher auch nicht in das bodenlose Loch gestossen, in das er gefallen ist. Klar verbindet die beiden eine Haßliebe, aber bei mir bleibt da trotzdem noch was offen.


    Das kann man sicher so sehen, aber bei mir löst das Ende trotz dieser Aspekte massives Befremden aus , Bücherfreund nennt die Emotion Ekel, das trifft es sogar noch besser.

    Eben genau deswegen, weil Eugens Kognition den Bach runter ist und er mehr oder weniger auf körperliche Funktionen reduziert ist. Unter diesen Bedingungen dann beim Orgasmus quasi reflektorisch "Mama" im Kopf zu haben - für mein Verständnis muss eine solche Reaktion schon extrem tief verankerte Ursachen haben. Für mich nicht die beste Art, das Buch zu beenden - wäre natürlich interessant, Herrn Eschbach selbst fragen zu können, was er damit bezweckt hat.


    Ich muss noch ein bißchen weiter Grübeln und melde mich dann nochmal mit einem Fazit.


    Schönen Urlaub Lucivarsadi :flower:, genießt die Zeit!

  • Mein Fazit:

    Insgesamt denke ich Andreas Eschbach hat mit NSA ein wichtiges Buch geschrieben. Eines das wachrütteln und zum Nachdenken anregen soll und ich finde, das ist ihm gut gelungen.

    Ich habe mich schon ganz zu Beginn dieser Leserunde als Datenparanoikerin geoutet und dieses Buch hat mich vollends darin bestätigt. Eh klar, so müssen Paranoiker denken :twisted:.



    Der sorg- und manchmal sogar hirnlose Umgang mit persönlichen Daten, Bildern und irgendwo geposteten Meinungen und Gesundheitsapps nimmt für mein Empfinden in unserer Gesellschaft fast schon exponentiell zu.

    Kontrolle über die eigenen Daten hat keiner, Daten"schutz"bestimmungen schützen eher die Datenanalysten und -verkäufer, als die Menschen, die die Daten preisgeben (müssen). Der Zwang Daten liefern zu müssen wird an vielen Stellen sukkzessive erhöht. Das liefert in der Breite unendliches Überwachungs- und Vermarktungspotential.



    Schlimm finde ich hierbei, dass sich die Leute für 3,50 € (damit meine ich irgendwelche lächerlichen Rabatte u. ä.) ködern lassen und freiwillig mitmachen. Monetär haben alle Käufer den Preis dafür eh schon mit dem Kauf des Produktes beglichen, das wird mit Sicherheit mit einkalkuliert. Geschenke macht da keiner, das ist meine tiefste Überzeugung.

    Der eigentliche und viel wertvollere Nutzen übersteigt die "Prämie", die der Käufer bekommt bestimmt bei Weitem und ist für den Einzelnen nicht mehr kontrollierbar. Ich ärgere mich da oft an den Kassen, wenn ich sehe wie kritiklos die Leute irgendwelche Pay-Back Karten oder sonstige Kundenkarten nutzen. Die Datenlieferanten vergeigen es für alle, wenn es genug sind. Da fallen die Vorsichtigeren statistisch nicht mehr ins Gewicht. Algorythmen übernehmen wichtige Entscheidungen...

    Mit Trinkapps, Fitnesstrackern und ähnlichem lassen sich dann sogar Gesundheitsdaten bestens erfassen und auswerten und natürlich auch nutzen. Oft sicher nicht zugunsten der Menschen - siehe Entscheidungen der Kassen wer wann (noch) welche Therapien bekommt - oder eben auch nicht (mehr). Das ist fast schon menschenverachtend. Und da steht im Grundgesetz, die Würde des Menschen ist unantastbar, fast ironisch.


    Wir als Gesellschaft sind in meinen Augen dumm dieses wertvolle Gut Daten derart billig zu verhökern - für ein vermeintliches Zuckerl...:wuetend:

    "Wissen ist Macht" - und Wissen über Kaufverhalten, Bewegungsdaten, Uhrzeiten schafft so unendliche Möglichkeiten, die Leute in Abhängigkeiten zu bringen, die mit Sicherheit auch ausgenutzt werden. Die Medienlandschaft tut dann ihr Übriges und spielt mit den Ängsten der Menschen, so kann sehr gut gelenkt werden.


    Das Buch zeigt zwar krass, aber nicht undenkbar die möglichen Folgen der Datennutzung. Dankenswerterweise ist Eschbach dies auch ohne moralischen Zeigefinger gelungen, einfach durch den insgesamt spannenden Plot mit Charakteren, die mir als Leserin nahe waren. Beim Lesen ist das Kopfkino angegegangen und so haben sich die 800 Seiten mit kleinen Ausnahmen kurzweilig gelesen.

    Insbesondere der Kniff, die Technologie in die Zeit des deutschen Schreckgespenstes, also die Nazizeit zu versetzen fand ich einen genialen Schachzug. Erhöht das Schreckensszenario, insbesondere in Anbetracht der momentanen politischen Entwicklung, da rücken die1930er bis 40er doch wieder ein Stück näher ran.


    Auch Eschbachs Schreibstil gefällt mir weitgehend gut und liest sich flüssig. Nur an manchen Stellen war mir die Sprache etwas zu "platt". Sein immer wieder aufblitzender und manchmal schon bissiger Humor hingegen hat mir sehr gut gefallen. Da gab es einige Lacher, zum Beispiel Eugens vom Weiberkram verklebtes Hirn, als er das Programmierbuch liest - voll der Knaller, find ich immer noch total witzig:totlach:.


    Die Darstellung der Charaktere ist für mein Empfinden weitgehend gelungen. Die Figuren waren alle facettenreich angelegt, so dass ich für die meisten Charaktere immer wieder wechselnde Gefühle entwickelt habe :thumleft:. Das hat das Buch abwechslungsreich gehalten und die Möglichkeiten über den weiteren Verlauf zu spekulieren oft wesentlich erhöht - und damit natürlich auch den Spannungsbogen.

    Überhaupt hat Eschbach es geschafft, mich in dem Buch emotional zu erreichen. Bei manchen Szenen war ich ganz mit drin - Helenes Flucht ist so ein Beispiel, aber auch ein Teil von Eugens Vergewaltigungsszenen oder die Entlarvung Helenes heimlicher Aktivitäten im NSA durch die SS. Die schnellen Blenden waren wie ein Film für mich. Ich habe viele Highlights in den 800 Seiten gefunden.



    Leider ist für mein Gefühl dem Buch hinten raus ein bißchen die Luft ausgegangen, auch wenn die Entwicklungen selbst hochspannend und dramatisch bis tragisch waren. Die losen Enden, die an mancher Stelle zu finden waren und nicht zu Ende gebracht wurden, sind überhaupt mein großer Kritikpunkt an dem Buch. Ich finde doppelt schade, dass das Ende der Geschichte davon so massiv betroffen war. Das hinterlässt bei mir ein etwas schales Gefühl.

    Mir persönlich wäre lieber gewesen, wenn die einzelnen Erzählstränge konsequenter verfolgt und zu Ende erzählt gewesen wären und dafür z. B. die langen Schilderungen und die vielen Projekte des NSA gestrafft worden wären. Das hätte das Buch für mich runder werden lassen.

    Ich bleibe dabei, das Ende war mir einfach zu überhastet. Es hat für mich fast so gewirkt, als ob der Abgabetermin erreicht war und Eschbach die Zeit davon gerannt ist.


    Trotz des etwas schwachen Endes überwiegen die positiven Eindrücke bei Weitem, so dass das Buch von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sterne bekommen hat.


    Danke für tolle acht Wochen gemeinsamen Lesens Bücherfreund , Hörbuch-Freak , Lucivarsadi und Studentine (Reihenfolge alphabetisch :wink:).

    Ich habe es sehr genossen, Eure engagierten Beiträge zu lesen und Eure Gedanken und Meinungen kennenzulernen, es hat mir Riesenspass gemacht und meinen Horizont gewaltig erweitert:applause:.

    Ich freue mich schon sehr drauf Eure Gesamteindrücke und Bewertungen zu lesen, bis bald

    :anstossen:

  • Ich hadere immer noch etwas mit dem Schluss. So ganz kann ich mich der witzigen Interpretation nicht anschließen - auch wenn ich den Gag jetzt verstanden habe,

    Eugens "Ende" fand ich gar nicht so schlimm, ich habe immer noch am Helene-Strang und der Parallele zu Orwels "1984" zu knabbern.

    Insgesamt denke ich Andreas Eschbach hat mit NSA ein wichtiges Buch geschrieben. Eines das wachrütteln und zum Nachdenken anregen soll und ich finde, das ist ihm gut gelungen.

    Auf jeden Fall. Er beleuchtet so viele verschiedene Aspekte der Datenerhebung, -nutzung und -überwachung, die einem selbst gar nicht so bewusst sind, sondern die ich teilweise sogar selbst ganz gerne nutze. Aber es gibt eben immer noch die andere Seite, die meine Daten sammelt, überwacht, einsetzt, vielleicht auch verliert usw. und das macht das Buch sehr gut deutlich.

    Das Buch zeigt zwar krass, aber nicht undenkbar die möglichen Folgen der Datennutzung. Dankenswerterweise ist Eschbach dies auch ohne moralischen Zeigefinger gelungen, einfach durch den insgesamt spannenden Plot mit Charakteren, die mir als Leserin nahe waren. Beim Lesen ist das Kopfkino angegegangen und so haben sich die 800 Seiten mit kleinen Ausnahmen kurzweilig gelesen.

    Ja, definitiv. Auch ich hatte nie das Gefühl, dass er mit erhobenem "Datenschutz"-Zeigefinger schreibt - wahrscheinlich wäre das sogar eher der Fall gewesen, wenn die Handlung in der heutigen Zeit gespielt hätte.

    Insbesondere der Kniff, die Technologie in die Zeit des deutschen Schreckgespenstes, also die Nazizeit zu versetzen fand ich einen genialen Schachzug. Erhöht das Schreckensszenario, insbesondere in Anbetracht der momentanen politischen Entwicklung, da rücken die1930er bis 40er doch wieder ein Stück näher ran.

    Ich fand es auch gut, dass er die Handlung in die Nazizeit verlagert hat. Zum einen wegen des gerade genannten fehlenden moralischen Zeigefingers und zum anderen auch deshalb, weil sich dergleichen nie wiederholen darf. Ich bin teilweise erschrocken, wenn man im Alltag hört, dass es doch langsam mal gut sein sollte, mit der ganzen Erinnerung an die Nazi-Zeit. Es verlangt ja niemand, dass man die Schuld für die Gräuel der Nazizeit auf sich nimmt. Aber das Erinnern, die Lehren daraus ziehen und vor allem den Respekt vor den vielen Opfern darf man doch nicht einfach vergessen oder gut sein lassen. Habe ich rüberbringen können, worum es mir geht?:-k Eschbach hat die damalige Zeit gut rübergebracht und viele Themenfelder zumindest angerissen, so dass man sich, wenn man wollte, näher mit der Thematik befassen könnte.

    Die Darstellung der Charaktere ist für mein Empfinden weitgehend gelungen. Die Figuren waren alle facettenreich angelegt, so dass ich für die meisten Charaktere immer wieder wechselnde Gefühle entwickelt habe :thumleft: . Das hat das Buch abwechslungsreich gehalten und die Möglichkeiten über den weiteren Verlauf zu spekulieren oft wesentlich erhöht - und damit natürlich auch den Spannungsbogen.

    Das sehe ich etwas anders, denn für mich blieben die Figuren etwas blass. Ja - sie wurden charakterisiert, ja - ihre Handlungsweisen wurden meistens erläutert, aber irgendwie hat der Autor es nicht geschafft, dass ich eine Bindung oder Neigung zu dem ein oder anderen Charakter entwickeln konnte und mit ihnen sehr mitgefühlt habe. Sie blieben irgendwie immer distanziert und ich habe eher das Umfeld mit den Möglichkeiten der Datenüberwachung, Helenes Programmstrickereien oder die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge interessant gefunden.

    Aber die Möglichkeit zum Spekulieren hat Herr Eschbach wirklich gut hinbekommen:thumleft:, man wusste ja bis zum Schluss nicht, wie es ausgehen würde.

    Ich bleibe dabei, das Ende war mir einfach zu überhastet. Es hat für mich fast so gewirkt, als ob der Abgabetermin erreicht war und Eschbach die Zeit davon gerannt ist.

    Finde ich auch, da wurden zum Schluss Sachen ganz schnell zum Abschluss gebracht und wirkten wie aus dem Ärmel geschüttelt und etwas unrund.


    Herr Eschbach hat ein sehr gutes Buch geschrieben, das die vielen Möglichkeiten und Risiken der Datennutzung und -überwachung eindringlich und facettenreich beleuchtet und das man im Prinzip 1:1 in die heutige Zeit übertragen kann. Außerdem zeigt er viele historische Aspekte des Lebens im 3. Reich und über den 2. Weltkrieg, was auch sehr interessant war. Nur war beides vielleicht zu viel und es leidet die Charaktertiefe seiner Figuren darunter und einige Handlungsstränge wirken nicht richtig ausgearbeitet und unrund. Oder er hätte eben mehr Seiten schreiben und dann etwas mehr ins Detail gehen müssen, womit ich auch kein Problem gehabt hätte. Gestört hat mich auch der Helene-Schluss, der stark an Orwells "1984" erinnert. Ich habe mich daher für :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: entschlossen. Es ist auf jeden Fall ein Buch, das zum Nachdenken anregt. :thumleft:


    Danke für tolle acht Wochen gemeinsamen Lesens Bücherfreund , Hörbuch-Freak , Lucivarsadi und Studentine (Reihenfolge alphabetisch :wink: ).

    Ich habe es sehr genossen, Eure engagierten Beiträge zu lesen und Eure Gedanken und Meinungen kennenzulernen, es hat mir Riesenspass gemacht und meinen Horizont gewaltig erweitert :applause: .

    Ich sage auch schon mal danke an euch alle, für die sehr ergiebige, informative und spannende Leserunde. :friends:Die Beteiligung war super und es ist keiner auf der Strecke geblieben. :applause::tanzen:Euch schon einmal einen schönen Urlaub Lucivarsadi und Heuschneider, lasst es euch gutgehen und genießt die freien Tage. Und ich bin nun gespannt auf die anderen Fazits zum Buch. :lol:

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Es verlangt ja niemand, dass man die Schuld für die Gräuel der Nazizeit auf sich nimmt. Aber das Erinnern, die Lehren daraus ziehen und vor allem den Respekt vor den vielen Opfern darf man doch nicht einfach vergessen oder gut sein lassen. Habe ich rüberbringen können, worum es mir geht? :-k

    Ja, ich denke, Du hast es sogar sehr gut auf den Punkt gebracht :thumleft:. Muss und soll niemand in Sack und Asche gehen und eine (in meinen Augen widersinnige) "Kollektivschuld" ausbaden. Dennoch ist es wichtig, die Fehler, die gemacht wurden präsent zu haben, zu lernen und wenn möglich es anders (oder gar besser) zu machen. Ja genau, das hat viel mit Respekt zu tun - gegenüber den Opfern und auch denen gegenüber, die Zeitzeugen waren und ehrlich darüber berichtet haben - und eben so das genannte Lernen aus der Geschichte ermöglichen.


    Sie blieben irgendwie immer distanziert und ich habe eher das Umfeld mit den Möglichkeiten der Datenüberwachung, Helenes Programmstrickereien oder die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge interessant gefunden.

    Vielleicht habe ich mich da ein wenig mißverständlich ausgedrückt.

    Ich gebe Dir recht, so ganz nahe gekommen oder gar "ans Herz gewachsen" sind mir die Figuren auch nicht. Dennoch haben sie immer wieder Emotionen bei mir ausgelöst- wenn auch nicht immer positive. Insgesamt fand ich den Plot um die Figuren auch den gelungeneren Part.
    Danke für Deinen Hinweis!

  • Fazit

    Wie in meinem Beitrag erwähnt bin ich mit der Hoffnung/Erwartung rangegangen das die Komputer den Kriegsverlauf wirklich ändern. Das war lange Zeit nicht so, hat mich aber nicht gestört. Ich fand das Buch auch dann wenn es sich nur auf Eugen und Helene konzentriert hat richtig gut, die Grundidee auch stimmig umgesetzt. Kurz vor Ende, so in Abschnitt 6 und 7, war ich allerdings am Zweifeln - Da immer wieder neue Themen angesprochen wurden hatte ich ernste Bedenken das das Ende irgendwie nicht stimmig werden kann, bzw. das Handlungsstränge offen bleiben. Genau das passierte aber nicht, jedes Thema hatte am Ende irgend eine Relevanz und vor allem: Das Buch bekam ein Ende das nicht nur perfekt passte, sondern mich überrascht hat und mir wegen seiner Trostlosigkeit noch lange im Gedächtnis bleiben wird.


    Eugens Ende fand ich für ich sehr passend, wenn auch fast zu Milde - Ein Teil von mir hätte ihn gerne in Stalingrad gesehen - vielleicht sogar langfristig als Strahlenopfer seiner eigenen, durch den Rachefeldzug gefundenen Bombe. An Helenes Ende hatte ich deutlich mehr zu knabbern - Nicht das sie eine Sympathieträgerin war, aber all das was mit ihr auf den letzten Seiten passiert ist - Beginnend mit dem Haftbefehl via Komputerbefehl, bis hin zur Behandlung von Mengele fand ich echt total heftig. War Eugens Schicksal noch ein Einzelfall, so ist Helenes dann etwas das eigentlich jedem zustoßen kann der in irgendeiner Art und Weise auffällt - Das war dann das das mich wirklich beklommen gemacht hat. Nicht mehr Herr der eigenen Gedanken und des eigenen Willens zu sein... Schrecklich. Und Arthur, tja, zumindest ihm hätte ich etwas anderes gegönnt, aber wenn schon unhappy end dann konsequent dachte sich Herr Eschbach wohl.


    In Erinnerung bleiben wird mir NSA als ein tolles, sehr intensives Buch das mich mehrfach überrascht hat. Von all meinen während der Leserunde geäußerten Kritikpunkten ist am Ende nur noch übrig geblieben das das Zufallsmoment zumindest bei der Gräfin etwas übertrieben wurde (geschenkt) - Alle andere Kritik hat sich im Laufe des Buches in Luft aufgelöst. somit war NSA ein Buch das ich definitiv mit 5 Sternen bewerten werde und bei dem ich sehr froh bin das ich es mit euch allen in der Leserunde erleben durfte – Es war ein toller Austausch, untermauert mit vielen historischen Fakten die mir beim alleine Lesen sicher entgangen währen und dazu geführt haben das ich das Buch noch viel mehr habe wirken lassen können. Es ist übrigens meine erste Leserunde bei mehr als 3 Leute es bis zum Ende geschafft haben und bei der niemand abgesprungen ist. :lol: