Katharine Dion - Die Angehörigen / The Dependents

  • ...und das eben geht weiter!


    Klappentext (Quelle amazon):

    Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau Maida quält Gene die Frage, ob sie glücklich gewesen ist mit ihrem gemeinsamen Leben. Er hat sie das nie gefragt. In Gesprächen mit seiner Tochter Dary und seinen langjährigen Freunden Gayle und Ed sucht er in seiner Erinnerung nach glücklichen Momenten, die sie erlebt haben: als Paar, als Eltern, als Freunde. Doch Dary stellt nicht nur seine versöhnliche Darstellung der Vergangenheit infrage, sie lässt ihn auch an seinem Bild von Maida zweifeln. Durch sie tritt Gene eine ganz andere Frau entgegen. Während die seit Langem bestehende Kluft zwischen ihm und seiner Tochter wächst, begreift Gene nach und nach, wie wenig er sein eigenes Kind kennt – und wie geheimnisvoll seine Ehefrau eigentlich war. Neben das Glück, das er stets an Maidas Seite empfunden hat, treten Verletzung und Betrug, die es sowohl in seiner Ehe als auch in seiner Freundschaft zu Gayle und Ed gegeben hat. Und ein entsetzlicher Verdacht ergreift Besitz von ihm und droht alles hinwegzufegen, was er je zu wissen geglaubt hat.

    Gene muss nach 47 gemeinsamen Jahren von seiner Frau Maida Abschied nehmen. Vor der Gedenkfeier denkt er noch mal zurück an die gemeinsamen Jahre. Erst waren sie ein Paar, dann die Eltern von Dary und schlussendlich auch die Grosseltern von Annie. Er denkt auch zurück an gemeinsame Urlaube, die sie mit den Freunden Gayle und Ed als Familienurlaube im White Pinne Camp am Fisher Lake verbracht haben. So viele Erinnerungen .... Gene fühlt sich hilflos ohne seine grosse Liebe Maida. Seine Tochter versucht ihm das Leben, das er nun alleine leben muss, zu erleichtern und schmackhaft zu machen. Sie stellt die Haushälterin Adele ein und Gene merkt, dass das Leben doch noch lebenswert ist.




    Da ich den Schreibstil schon bei der Leseprobe als verschachtelt eingeschätzt hatte, wusste ich, was mich ungefähr erwartet. Tatsächlich benötigte ich 50 Seiten und Geduld, bis ich mit der Art zu schreiben von Katharine Dion klar kam. Es waren nicht unbedingt nur die vielen Informationen, die in einen Satz gepackt sind. Auch die rar eingesetzte, direkte Rede stellte mich vor Probleme. Diese Form machte es mir schwer zu den Protagonisten eine Verbindung aufzubauen. Da nur Gene über Familie und Freunde erzählt, erhöhte sich diese Unnahbarkeit noch zusätzlich. Ueber etliche andere Figuren bekam man als Leser so fast nur aus seinen Erzählungen und seiner Sicht Details mit.

    Die Handlung ist nicht immer fortlaufend, wie man es sonst in Romanen kennt. Vielmehr erzählt Gene aus seinem und dem Leben seiner verstorbenen Frau. Mit Uebergängen, die sehr abrupt sein können. Und mit Erzählsprüngen, die locker von der Gegenwart in die Vergangenheit und zurück wechseln. Und dies unangekündigt und lose. Das hat doch einige Male bei mir für Verwirrung gesorgt und ich musste Sätze und Absätze ein zweites mal lesen.

    Gene musste Abschied nehmen von seiner Frau Maida, mit der er 49 Jahre verheiratet war. Man spürt sehr gut heraus, wie verloren er sich fühlt. Er taucht ab in Erinnerungen an Ferien, das Kennenlernen, die Hochzeit und das Aufwachsen der gemeinsamen Tochter. Gene war mir grundsätzlich sympathisch, wenn er auch etwas wirr erzählt. Sehr gut gelungen ist die Entwicklung, die man voranschreiten sieht. Aus dem Pärchen Gene und Maida werden Eltern und dann Grosseltern. Auch wenn ich nicht alles nachvollziehen konnte, was die beiden in ihrem Leben so treiben, gefesselt hat es mich trotzdem. Immer wieder trifft man in dieser Geschichte tiefgründige Sätze und Passagen, die mich nicht nur berührt haben, sondern auch in mir nachklingen. Denn es geht nicht nur um Verlust und Trauer. Es geht auch um Beziehungen. Zwischen Freunden, Ehepartnern und Kindern. Und darum, dass man auch nach dem Verlust eines geliebten Menschen vorwärts und in die Zukunft schauen darf. Wie Gene es tut. Zwar zaghaft, jedoch vorwärts blickend.


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  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Katharine Dion - Die Angehörigen“ zu „Katharine Dion - Die Angehörigen / The Dependents“ geändert.
  • Die Autorin

    Katharine Dion, geboren in Oakland, Kalifornien, hat einen Abschluss des Iowa Writers’ Workshop und erhielt dort das Iowa Arts Fellowship. Für ihre Arbeit ist sie mit mehreren literarischen Förderpreisen ausgezeichnet worden. ›Die Angehörigen‹ ist ihr erster Roman. Die Autorin lebt in Berkeley.

    Inhalt

    Gene Ashe war stets ein kräftiger, sportlicher Kerl, doch der Tod seiner Frau lässt ihn mit 70 Jahren in alltäglichen Dingen hilflos zurück. Die befreundeten Donellys übernehmen für ihn jene Besorgungen, die bei den Ashes Maidas Aufgaben waren. Der Besuch seiner Tochter Dary scheint nun Genes Bild von Maida infrage zu stellen und er grübelt, ob seine Frau glücklich war. Glück scheint mit einem Mal etwas zu sein, das jene unglücklich macht, die nichts davon abbekommen. Um einen Nachruf über Maida schreiben zu können, nähert sich Gene seiner Frau durch Gegenstände an, die ihr wichtig waren. Gene scheint in einer völlig anderen Welt gelebt zu haben als Maida; denn er erkennt viele der Geschichten nicht wieder, die im Rückblick über seine Familie und seine Frau erzählt werden. Seine Hinfälligkeit und seine Orientierungsschwierigkeiten werfen die Frage auf, ob Gene unter einer akuten Trauerdepression leidet, geistig abbaut oder auf der Beziehungsebene schon immer ungeschickt war. Beziehungen fand Gene stets anstrengend, außer der zu Ed.


    Die Geschichte der beiden befreundeten Familien reicht weit zurück, Ed Donelly war Genes Tutor am College. Schon damals unterschieden die beiden Männer sich gewaltig, obwohl beide aus einer Kleinstadt in New Hampshire stammten. Gene hatte ein festes Bild von der Welt und wie ungerecht er sich darin behandelt fühlte. So selbstsicher wie Ed damals auftrat, konnte er längst nicht so frustrierende Erfahrungen wie Gene gemacht haben, davon ließ der Jüngere sich nicht abbringen. Ed studiert Medizin und lässt sich als Allgemeinmediziner nieder, Gene eröffnet mit einem großzügigen Kredit seines Schwiegervaters ein Schuhgeschäft. Seit den 50er Jahren, als beide Männer heiraten und Kinder geboren werden, fahren die Familien gemeinsam in Urlaub.


    Die unterschiedlichen Interessen der beiden Studenten geben bereits einen Hinweis darauf, wie gegensätzlich sich ihr Leben entwickeln könnte. Genes Leben wurde davon bestimmt, dass er kein Geld hatte, nichts verändern wollte und Maidas völlig gegensätzliche Ziele nicht nachvollziehen konnte. Für einen Geschäftsmann sicher eine problematische Einstellung. In der Gegenwart setzt sich Genes abwartende Art fort, ihm würde es völlig genügen, wenn Gayle ihn einfach weiter so versorgen würde wie Maida zuvor.


    Fazit

    Katharine Dion zeichnet das Bild zweier ungleicher Paare, die das jeweils andere Paar als Bühne nutzen, um Konflikte auszutragen - oder eben nicht auszutragen. Ihr Roman wirft die Frage auf, ob wir die Fähigkeit zum Glücklichsein bereits mit auf die Welt bringen, dann wäre sie kaum veränderbar, oder ob wir trotz ungünstiger Voraussetzungen unsere Einstellung ändern können. Darüber hinaus schreibt Dion in sehr anrührender Art darüber, wie unterschiedlich Männer und Frauen die Welt wahrnehmen – und wie erinnerte Familiengeschichten uns diese Gegensätzlichkeit bewusst machen können.


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    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Der plötzliche Tod seiner Frau Maida stürzt Gene Ashe in tiefe Trauer. Fast 50 Jahre waren die beiden verheiratet. Nun kommt der 70-Jährige ins Grübeln: War seine Gattin in ihrem Leben glücklich? Kannte er sie eigentlich wirklich? Hatte sie Geheimnisse? Unangenehme Gedanken, Gefühle und Ängste plagen Gene. Bei der gemeinsamen Zeit mit seiner Tochter Dary, seiner Enkelin Annie und seinen langjährigen Freunden Gayle und Ed kommen ihm einige Erinnerungen in den Sinn. Doch es sind nicht nur glückliche Momente, die sie erlebt haben.


    „Die Angehörigen“ ist der Debütroman von Katharine Dion.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus drei Teilen, die in 25 Kapitel mit einer angenehmen Länge untergliedert wird. Erzählt wird aus der Sicht von Gene. Immer wieder eingeflochten sind Rückblicke in die Vergangenheit. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.


    Der Schreibstil ist besonders. Er ist einfühlsam und bildstark, gleichzeitig jedoch schnörkellos und unaufgeregt. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer.


    Im Vordergrund steht eindeutig Gene, dessen Gedanken- und Gefühlswelt ich gut nachvollziehen konnte. Er wirkt ebenso wie die übrigen Personen realitätsnah dargestellt. Allerdings kann ich für die Charaktere nur wenig Sympathie empfinden. Am ehesten ist dies noch beim Protagonisten der Fall. Zudem bleiben gerade die Nebenfiguren etwas blass.


    Inhaltlich sind es die großen Themen, die in der Geschichte eine Rolle spielen: Verlust, Trauer, Einsamkeit, Liebe, Freundschaft, Vertrauen, Verletzungen, Betrug und einiges mehr. Der Protagonist stellt sich die existenziellen Fragen des Lebens. Dadurch gibt der Roman Anstöße zum Nachdenken und regt dazu an, sich auch über sich selbst und das eigene Leben Gedanken zu machen. Gut gefallen hat mir zudem, dass immer wieder kluge oder tiefsinnige Sätze eingestreut sind. Zwar hat mich die Geschichte emotional nicht so stark berührt, wie ich mir das erhofft hatte. Anderseits ist aber positiv anzumerken, dass sie gänzlich ohne Kitsch und übermäßige Dramatik auskommt.


    Das Cover ist bunt und abstrakt gestaltet, was wenig Bezug zum Inhalt des Romans hat, aber durchaus ansprechend ist. Schön ist, dass sich der deutsche Titel am englischsprachigen Original („The dependents“) orientiert, der meiner Ansicht nach gut zur Geschichte passt.


    Mein Fazit:

    „Die Angehörigen“ von Katharine Dion ist ein Roman der leisen Töne, der nachdenklich macht. Eine Lektüre für ruhige Stunden, die eine Weile nachklingt.


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