Michael Wildenhain - Das schöne Leben und der schnelle Tod

  • Gabor und seine Mutter sind kurz vor Beginn des neuen Schuljahres mal wieder umgezogen. Gabor hat schon einige Umzüge seiner Mutter hinter sich, die meist mit irgendeinem Lover begannen und mit Schulden endeten, so dass die Mutter schnell die Stadt verlassen musste. Als Gamer und Mathe-Crack trifft Gabor in der neuen Klasse auf starke Konkurrenz. Bisher teilten sich Mozart/Moritz und Luzius/Lucian den Ruhm als Mathe-Genies. Sie ließen ein paar Brosamen für Apollonia übrig, die den Herren in Mathe nicht nachsteht, nur zu schüchtern ist für Schaukämpfe an der Tafel. Dass Mathelehrer Koppek nun gleich vier Schüler zur Mathe-Olympiade anmelden kann, hat er noch nicht erlebt. Das Gleichgewicht der Macht in der Klasse gerät durch Gabor ins Rutschen. Die kommende Mathe-Olympiade wird nur eine der Bühnen sein, auf denen Mozart und Luzius um ihre Position ringen. Eine andere Bühne ist die Tanzschule, in der Mitschülerin Fee in die Rolle der Königin schlüpft.


    Mozart (Moritz von und zu Schurich) tritt im wehenden schwarzen Mantel leicht morbide auf und hat ein enges Verhältnis zu seinem Samurai-Schwert. Er zitiert gern Gedichte und weiß, von welchem Autor sie stammen. Mozart übt in seiner Clique einigen Einfluss aus. Ohne seine finanzielle Unterstützung hätten einige seiner Gefolgsleute schlicht nicht genug zu essen. Als Gabor Geld für die Klassenfahrt braucht – zahlt Mozart. Mozart liebt Fee – und finanziert sie. Luzius hat gemeinsam mit seiner Schwester Geheimnisse – und Mozart hat etwas gegen Luzius in der Hand. Schließlich liegt der Trumpf vor Fee, sie könnte Luzius frei kaufen – aber um welchen Preis? Und welche Aufgabe wartet auf Gabors mathematischen Verstand?


    Fazit

    Michael Wildenhain zeigt einen charismatischen Schüler mit erheblicher Macht über andere, bei dessen Auftritt es Lesern kalt den Rücken hinunter laufen könnte. Wie im Krimi könnte man der Spur des Geldes folgen, sich aber auch fragen, wie Jugendliche in eine so tiefe, demütigende Abhängigkeit geraten konnten. Sex, Gewalt, Manipulation, geschont werden Wildenhains Leser hier nicht. Der komplexe Plot und die morbide Faszination, die Mozart ausübt, könnten jedoch genau das sein, was Jugendliche ab 14 gern lesen möchten, die mit ihrem Pflichtpensum für die Schule unzufrieden sind.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Toibin - Long Island

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow