Julia Kröhn - Das Modehaus

  • Klappentext:

    Die goldenen Zwanziger, spektakuläre Modekollektionen und ... Coco Chanel. Fanny hat genug von der altbackenen Mode im familieneigenen Imperium und will in Paris als Modeschöpferin durchstarten. Am Ende hat sie nur als Mannequin Erfolg, und auch dieser glitzernde Traum zerplatzt. 1946 kämpft Tochter Lisbeth im zerbombten Frankfurt ums nackte Überleben – und um das Modehaus ihrer Vorfahren. Erfindungsreich führt sie es in eine neue Zeit, zahlt dafür jedoch einen hohen Preis. 1971 ist Rieke die Liebe wichtiger als das Geschäft. Doch dann steht das Familienunternehmen vor dem Bankrott – und sie vor einer folgenschweren Entscheidung.


    Meine Meinung:

    Am liebsten hätte ich anfangs Jahr, gleich nachdem ich die die Vorgeschichte ausgelesen habe, im "Das Modehaus" weiter gelesen. Doch ich musste mich bis Februar gedulden. Als ich es endlich beginnen konnte, viel mir der Einstieg komischerweise schwer.


    Zum einen lag es sicher daran, dass ich nicht länger als 15 Minuten am Stück lesen konnte, da ich diesen historischen Roman die ersten Tage nur unterwegs las oder sonst kurz vor dem Schlafen als Bettlektüre. Für die meisten Kapitel braucht man 10 bis 15 Minuten und da hört man dann eher auf zu lesen, als spätabends noch ein neues Kapitel zu beginnen. Für das weit verbreitete Phänomen "nur noch ein Kapitel" fehlte mir ein wenig die Spannung sowie der Umstand, dass es in jedem Kapitel um eine der Frauen geht. Wenn man sich also gerade in das Leben der einen eingelesen hat, geht es mit der anderen im neuen Kapitel weiter.


    Zum andern lag es auch daran, dass man als Leser zwar weiss, dass das Modehaus König das Zentrum des Romans ist, aber wie die Leben oder das Schicksal der drei Generationen zusammen hängen bzw. auf was die Geschichte hinaus läuft, wird erst gegen Schluss ersichtlich.

    Mein Roman-Einstiegs-Problem wäre wahrscheinlich nicht aufgetreten, wenn die Geschichten chronologisch erzählt oder samt Vorgeschichte auf zwei Bände aufgeteilt worden wären. Aber das ist nicht so und deshalb empfehle ich allen Lesern, sich am Anfang der Lektüre ein bis zwei Stunden ungestörte Lesezeit zu gönnen, damit man von jeder Person mindestens zwei Kapitel lesen kann um richtig in die Story reinzukommen.


    Der Erzählstrang über Grossmutter Fanny beginnt 1914. Mutter Hilde ist Korsettschneiderin, Tante Alma eine Soufragette. Fanny ist fasziniert von neuen Kleiderformen, doch ihre selbstgeschneiderten Kleider finden keinen Anklang bei ihrer Mutter Hilde. Fanny liebt alles Französische, für Fanny ist das der Inbegriff der Modewelt. Als sie Georg König kennenlernt, scheint sie ihrem Wunsch näher gekommen zu sein. Zumindest gehört Georg ein Modehaus in Frankfurt, doch der erste Weltkrieg steht bevor und bald ändert sich alles. Fanny will Modeschöpferin werden, scheitert aber immer wieder. Sie hätte ich mir stärker vorgestellt. Ihr Leben war von Sehnsucht geprägt, doch ihr fehlte der Ehrgeiz und der Mut mehr aus ihrem Talent zu machen.


    Mutter Lisbeth's Erzählstrang beginnt während zur Zeit des zweiten Weltkriegs, um 1944 und berichtet wie Lisbeth alles möglich macht um ihren Kindern Rieke und Martin das Überleben einfacher zu machen und später das Modehaus wieder zu eröffnen. Lisbeth ist enorm kreativ, schneidert u.a. aus alten Regenschirmbespannungen Kleider. Ihr Leben war nicht einfach, sie musste viel entbehren und trotzdem war Lisbeth die Person, die ich am wenigsten mochte. Erst ganz am Schluss bekam sie von mir einige Sympathiepunkte.


    Ab 1971 spielt Tochter Riekes Teil. Als Riekes Bruder Martin das Modehaus abwirtschaftet, greift sie ein und übernimmt zum Erstaunen aller das Geschäft. Mutter, Ehefrau und Geschäftsfrau zu sein, war damals unüblich und es wird beschrieben mit welchen Vorurteilen sie zu tun hatte. Riekes Beginn in Paris fand ich nicht so geglückt, man lernt zwar die Figuren besser kennen, es hat aber keine Auswirkung auf das spätere Geschehen, es ging der Autorin wohl mehr um das Verständnis der damaligen Mode- und Musikkultur.


    Die Geschichte des Modehauses ist eng an die drei Frauen gebunden. Neben dem Modehaus bildet ein roter Schal den roten Faden durch den 529 Seiten langen Roman. Die Männer der Frauen tragen zwar viel zum Schicksal der weiblichen Familienlinie bei, sind aber immer nur Nebencharaktere. Stattdessen zeigt die Autorin weitere mögliche Frauenschicksale auf, in den Figuren von Tante Alma, Frieda, Klara, Alice, Vera und Ute. Insbesondere Alma und Klara fand ich gelungen - ich freute mich immer, wenn die zwei wieder in einem der Kapitel auftauchten.


    Ganz stark sind die mannigfaltigen Informationen, natürlich passend zur jeweiligen Zeit, die Julia Kröhn hervorragend recherchiert und in die Geschichte eingewebt hat. Für mich war zum Beispiel neu, dass in den 70ern Männer die Arbeitsstelle ihrer Ehefrauen kündigen konnten. Die Probleme des Modehauses König über die Jahrzehnte hinweg sind nachvollziehbar. Was in den 70ern das Problem mit den Versandhäusern, ist heute wohl der Onlinehandel.


    "Das Modehaus" ist kein Pageturner, dafür abwechslungsreich, anschaulich und trotz aller Dramatik humorvoll geschrieben.


    Fazit:

    Vielfältiger und mit interessanten Infos gespickter Familienroman über die Geschichte eines Modehaus im Zeitraum von knapp 200 Jahren.

    4 Punkte. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich hätte bloß noch 100 Seiten vor mir, aber es geht einfach nicht mehr. So ein schlechtes Buch habe ich schon lange nicht mehr gelesen, obwohl mir der Anfang ganz gut gefallen hat, ebenso wie die Idee.

    Allerdings sind die Protagonisten so realitätsfern, dass sie eher irrealen Märchenfiguren gleichen. Am schlimmsten fand ich Fanny, die kurz nach Ende des 1. Weltkrieges ihren Mann sang- und klanglos verlassen hatte. In Paris bewegt sie sich wie eine Schattenfigur, abgehoben von allen Nöten und Existenzsorgen.

    Und auch der weitere Handlungsverlauf konnte mich überhaupt nicht mitreißen. Die einzelnen Kapitel über die drei Frauen sind jeweils so lang und langweilig, dass ich den Anschluss an den vorhergehenden Stand der Dinge bereits wieder verloren hatte.

    Dazu kommt noch ein seltsamer Stil, der wohl humorvoll sein soll, aber nicht zum Inhalt passt.

    Alles in allem ein Roman zum Vergessen, den man am besten gar nicht anfängt. :thumbdown:

  • Um das Buch nicht unvollendet ins Regal stellen zu müssen, habe ich die letzten 100 Seiten nun doch noch gelesen. Meine Meinung, dass eine interessante Idee denkbar schlecht umgesetzt wurde, hat sich am Ende leider bestätigt.

    Besonders Fanny und ihre Tochter Lisbeth, die schwere Zeiten erlebt haben und viele Enttäuschungen hinnehmen mussten, hätten wunderbare Protagonistinnen werden können, wenn sich die Autorin ernsthaft mit ihren Charakteren und ihrem Lebensumfeld auseinandergesetzt hätte. Am besten hat mir noch Fannys Enkelin Rieke gefallen, die in den 1970-er Jahren aus ihrer Hausfrauenrolle auszubrechen versucht.

    Die einzelnen Kapitel wirken seltsam zerrissen, verlieren sich in oberflächlichem Geschwafel und nerven mit dümmlichem Humor. Julia Kröhn gelingt es nicht einmal ansatzweise die vielfältigen Probleme der harten Zwischen- und Nachkriegsjahre mit ihren Alltagsnöten und Existenzsorgen in eine spannende Geschichte zu verpacken - und das Modehaus spielt kaum eine Nebenrolle.

    Aus den drei Handlungssträngen auf unterschiedlichen Zeitebenen ist alles andere als ein mitreißender und in sich abgerundeter Roman geworden, den ich auch stilistisch sehr enttäuschend fand.