Naomi Novik - Das kalte Reich des Silbers / Spinning Silver

  • Inhalt:
    Mirjem ist die Tochter eines gutherzigen Pfandleihers, der es nicht über sich bringt, Schulden einzutreiben. Als die Familie deshalb bittere Armut leidet, tritt Mirjem an die Stelle ihres Vaters. Unnachgiebig fordert sie zurück, was ihr zusteht. Sie ist erfolgreich, und bald heißt es, sie könne Silber zu Gold machen. Die Kunde davon dringt bis tief in die Wälder, zum gefürchteten Volk der Staryk – magische Wesen, die mehr aus Eis bestehen als aus Fleisch und Blut. Der König der Staryk entführt sie in sein Reich. Dort soll sie für ihn Silber zu Gold machen. Tut sie das nicht, wird der Staryk sie töten. Doch gleichzeitig versinkt die Menschheit nun in Kälte …

    Rezension:
    Als Tochter des Geldverleihers weiß Mirjem mit Zahlen umzugehen. Als ihre Familie kurz vor dem Verhungern ist, übernimmt Mirjem kurzerhand die Arbeit ihres Vaters und beweist ein geschicktes Händchen.
    Schon bald ist die Familie wohlhabender, als je zuvor und man munkelt, dass Mirjem Silber in Gold verwandeln kann. Ein Gerücht, das den König der Staryk auf Mirjem aufmerksam werden lässt.


    "Das kalte Reich des Silbers" ist ein Einzelband von Naomi Novik.
    Das Buch wird vorwiegend aus den Ich-Perspektiven von Mirjem Mandelstam, Wanda Vitkus und Irina, der Tochter eines Herzogs, erzählt.
    Wir durften aber auch aus den Sichten von Wandas jüngerem Bruder Stepon, Irinas Kinderfrau Magreta und der von Mirnatius, dem Zaren von Lithvas, lesen.


    Schon in "Das dunkle Herz des Waldes" konnte mich Naomi Noviks fast schon malerischer Schreibstil mitreißen und begeistern, sodass ich mich schon sehr auf "Das kalte Reich des Silbers" gefreut habe! Auch in diesem Buch hat mir der Stil der Autorin richtig gut gefallen!
    Die Geschichte ist eher ruhig und ließ sich sehr gut lesen, wobei ich mir an der ein oder anderen Stelle doch ein wenig mehr Spannung gewünscht hätte. Aber die Geschichte konnte mich auch so verzaubern und besonders das Ende konnte mich noch einmal packen!


    Wir lernen mit Mirjem, Wanda und Irina drei starke junge Frauen kennen, die sehr klug sind und ihre Schicksale selbst in die Hand nehmen, was ich echt klasse fand!
    Als Mirjems Familie immer mehr in die Armut abrutscht, übernimmt sie die Arbeit ihres Vaters als Geldverleiher. Sie wird kalt, zeigt kein Mitgefühl und wird so in kurzer Zeit erfolgreicher, als ihr Vater es jemals gewesen ist. Mir hat Mirjem von allen Charakteren am Besten gefallen! Sie ist mutig, handelt überlegt und verkriecht sich nicht, wenn die Lage ernst wird!
    Es scheint, als könnte Mirjem Silber in Gold verwandeln. Ein Gerücht, durch das der Herr der Staryk auf Mirjem aufmerksam wird und er stellt sie auf die Probe. Die Staryk sind elfenartige Wesen, die auf der Suche nach Gold keine Freunde kennen und die erbeuteten Schätze in ihr Königreich am Ende ihrer Straße bringen. Je härter die Winter in Lithvas wurden, desto öfter sind die Staryk aufgetaucht und bedrohten das Leben der Bevölkerung.


    Neben Mirjem haben wir noch Wanda kennengelernt, die Tochter eines Bauern, dem Alkohol wichtiger ist, als seine drei Kinder. Wanda arbeitet hart, auch um dem Leben bei ihrem Vater zu entkommen. Sie ist eher ruhig, aber nicht auf den Kopf gefallen und mir hat es besonders gut gefallen, dass sie und ihre beiden Brüder Sergej und Stepon im Laufe der Handlung immer stärker zu einer Familie zusammengewachsen sind, eine tolle Entwicklung!


    Irina ist keine Schönheit, sehr zum Missfallen ihres Vaters, einem Herzog von Wisnja, der seine Tochter gerne so gut, wie möglich verheiraten möchte, aber keine große Auswahl hat. Doch was Irina an Schönheit fehlt, macht sie mit Klugheit und Aufopferungsbereitschaft wieder wett! Nach Mirjem mochte ich Irina am liebsten, auch weil ich es so spannend fand, dass die beiden in so ähnliche Situationen geraten, die sie auf völlig unterschiedlichen Seiten stehen lässt!
    Ihre Kinderfrau Magreta ist immer an Irinas Seite, wenn sie Hilfe braucht und die benötigt sie ohne Zweifel, als der Zar Mirnatius wieder in ihr Leben tritt, denn er wird von seinem ganz eigenen Dämon geplagt, der auch Irina gefährlich werden kann.


    Die Charaktere haben mir allesamt richtig gut gefallen! Es hat mir zwar ein wenig gestört, dass alle Charaktere aus der Ich-Perspektive erzählen, weil ich manchmal nach einem Sichtwechsel Schwierigkeiten hatte, mich zurechtzufinden, aber das wurde mit der Zeit immer besser!
    Ich fand es außerdem sehr spannend, dass die Charaktere aus so unterschiedlichen Schichten kommen! Wanda und ihre Brüder sind Bauern, während Mirjems jüdische Familie eher zur Mittelschicht gehört. Am Anfang sind sie zwar bettelarm, aber durch Mirjems harte Arbeit, ist die Familie bald wohlhabend und ihre Mutter stammt sowieso aus reichen Verhältnissen. Irina und Mirnatius dagegen gehören zum Adel. So verschieden und doch kreuzen sich ihre Wege schon bald.


    Auch die Welt fand ich sehr gelungen! Die Geschichte spielt in Lithvas, einem Land, das an das östliche Europa erinnert, was mir sehr gut gefallen hat! Ich habe bisher leider nur wenige Fantasybücher gelesen, in denen slawische Sagen eine Rolle spielen, obwohl ich diese total gerne mag. Deshalb finde ich es immer sehr spannend und auch erfrischend, wenn diese in eine Geschichte einfließen!
    Die Winter sind in den letzten Jahren härter geworden und die Straße der Staryk taucht immer öfters auf. Eine unterschwellige Bedrohung, vor der sich die Bevölkerung sehr fürchtet. Wir lernen auch die winterliche Welt der Staryk kennen, die mir echt gut gefallen hat, auch weil ich die Staryk spannend fand. De Atmosphäre des Buches war dann auch noch einfach großartig!
    Eine Liebesgeschichte stand nicht im Fokus, was die Geschichte meiner Meinung nach auch nicht gebraucht hat. Es gab aber zwei kleinere Annäherungen, die mir richtig gut gefallen haben und auch das Ende lässt mich zufrieden zurück!


    Fazit:
    "Das kalte Reich des Silbers" von Naomi Novik konnte mich fast restlos begeistern!
    An manchen Stellen hätte ich mir ein wenig mehr Spannung gewünscht, aber ich mochte die vielschichtigen Charaktere total gerne und fand die Atmosphäre des Buches einfach großartig! Naomi Novik besitzt einen malerischen Schreibstil, der das Lesen zu einem tollen Erlebnis gemacht hat und auch die Handlung hat mir sehr gut gefallen!
    Ich vergebe starke vier Kleeblätter!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • "Spinning Silver" war mein erstes Buch der Autorin. Da ich Märchenadaptionen sehr gerne lese und wusste, dass die Handlung vage auf der Geschichte um Rumpelstilzchen basiert, war ich wirklich gespannt darauf, wie Novik die Elemente der Erzählung mit ihren eigenen Ideen verknüpfen würde. Zugleich war ich aber auch skeptisch, weil mir bewusst war, dass "Das dunkle Herz des Waldes" - was bei mir noch auf dem SuB liegt - sehr gemischte Kritiken bekommen hatte.


    Der Einstieg in die Geschichte ist mir leider ein wenig schwer gefallen, doch der Schreibstil hat mir von Anfang an sehr zugesagt, da er irgendwie malerisch und trotzdem keineswegs zu ausschweifend ist. Auch die Charaktere waren interessant, aber die ersten Kapitel sind ganz klar eine Hinführung zu der eigentlichen Handlung, weshalb man als Leser mit vielen Informationen konfrontiert wird. Zudem wird das Buch aus verschiedenen Ich-Perspektiven erzählt, was ich durchaus mochte, weil alle Figuren unterschiedliche Erlebnisse haben und sich ihren eigenen Herausforderungen stellen müssen; es dauerte jedoch ein paar Kapitel, bevor ich die einzelnen Erzählstimmen richtig unterscheiden konnte, da (zumindest in meiner englischen Ausgabe) nur markiert wird, dass die Sicht gewechselt hat, aber nicht, wer nun spricht. Allerdings konnte dies rasch aus dem Inhalt erschlossen werden, weshalb es kein großer Kritikpunkt ist.


    Die Atmosphäre des Buches ist weitgehend kühl und teilweise düster, was sehr gut zu den Erlebnissen der Charaktere und dem winterlichen Setting gepasst hat. Generell fand ich das World Building toll; die Welt, in der die Figuren leben, ist keineswegs wunderschön oder friedvoll, doch sie kam mir realistisch vor und ich mochte die vielen kleinen Details, durch die Novik sie lebendig wirken ließ. Es lassen sich auch reale Einflüsse erkennen, beispielsweise darin, wie der Umgang mit Juden oder Pfandleihern, die Geringschätzung von Töchtern seitens einiger Männer sowie die Problematik um Armut und Reichtum thematisiert werden. Hier gibt es ein paar unbequeme Szenen und natürlich war es nicht schön, dass den Protagonisten für sie furchtbare Dinge zugestoßen sind, aber zugleich wird es so für den Leser leichter, mit ihnen zu fühlen und zu leiden.


    Positiv zu erwähnen ist auch, dass die drei wichtigsten weiblichen Charaktere, die in vielerlei Hinsicht sehr verschieden sind, sich im Laufe der Geschichte alle weiter entwickeln. Sie müssen oft über sich selbst hinauswachsen, aber ich mochte, wie sie auf ihre ganz eigene Art damit umgegangen sind. Die Nebencharaktere waren ebenfalls gut ausgearbeitet und es gab sehr interessante Vorkommnisse, die gelungen miteinander verknüpft wurden. Ich fand zwar ein paar Kapitel etwas zäh und nicht alle Handlungsstränge konnten mich gleichermaßen fesseln, doch gerade in der zweiten Hälfte des Buches kommt durchaus Spannung auf und es gab einige unvorhersehbare Wendungen. Zuvor hätte ich "Spinning Silver" eher mit 3,5 Sternen bewertet, so sind es dann :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: geworden.

    Carpe Diem.
    :study: Yrsa Sigurðardóttir - Gespenstisches Island

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