Takis Würger - Stella

  • Kurzmeinung

    Murphy12
    ich finde leider nicht in die Geschichte
  • Kurzmeinung

    hennie
    schnulzige, fiktive Liebesgeschichte versus krasser Fakten der furchtbaren Wirklichkeit
  • Danke :flower:


    weil er mich (trotz einiger Kritikpunkte) packt

    Was mich interessieren würde, die "Kritikpunkte" denn darüber nochmals zu diskutieren wäre sicherlich spannend. Hoffentlich melden sich Marie und ele auch nochmals zu Wort.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Mein größter Kritikpunkt ist der, dass der Autor eine fiktive Geschichte über eine Person erzählt, die real existiert hat. Ich weiß, dass das eigentlich kein echter Kritikpunkt sein kann, weil es zulässig ist und auch häufiger praktiziert wird (mir fällt da auf Anhieb der von mir sonst sehr geschätzte Köhlmeier ein). Mich stört es, wenn ich beim Lesen solcher Romane nie sicher einschätzen kann, was die Figur tatsächlich ausgemacht hat, bzw. was sich genau so zugetragen hat und was erfunden ist. So kann man z. B. nur vermuten

    Möglicherweise hätte die Geschichte auch mehr Tiefe haben können, wenn der Autor mit einer rein fiktiven Figur mehr Freiraum gehabt hätte.


    Ansonsten habe ich aber kaum etwas auszusetzen an dem Buch und kann die vielen Hasskritiken im Netz nicht wirklich nachvollziehen. Weder Stella noch Friedrich sind für mich "blutleer" dargestellt. Ich konnte mich beim Lesen gut in beide einfühlen und ihr Handeln aus der jeweiligen Sicht nachvollziehen. Ich finde auch nicht, dass der Autor das Kriegsgeschehen nur als "Kulisse" für eine Liebesgeschichte benutzt hat. Es geht im Buch doch um viel mehr.

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Ich habe lange überlegt ob ich meine Rezension überhaupt einstellen soll, eben weil ich solche "Diskussionen" nicht mag.

    Das heißt nicht, dass ich Kritik nicht ertragen kann. Gerne und jederzeit! :friends:

    Ich habe meine Meinung zum Buch in meiner Rezension geschrieben.


    Zitat aus der Rezension ele:

    Dieses Buch wird beworben mit dem Slogan: „ Man beginnt dieses Buch mit Skepsis, man liest es mit Spannung und Erschrecken, man beendet es mit Bewunderung. Ich muss gestehen, nachdem dieses Buch in den Medien so hohe Wellen geschlagen hat, habe ich es mit Spannung begonnen, es mit Verwunderung gelesen und mit Enttäuschung beendet.

    :study::musik::montag:


    Und wenn mir alle Königskronen für meine Bücher und meine Freude am Lesen angeboten wären: Ich würde sie ausschlagen.
    François Fénelon

  • ele, wieso sollte dich hier jemand aufgrund deiner Meinung zu einem Buch kritisieren? Dies ist ein Bücherforum, Diskussionen sind hier ausdrücklich erwünscht. :wink:


    Du stehst mit deiner Meinung ja auch nicht alleine da (und selbst wenn, wäre auch das natürlich kein Grund, sich hier nicht zu Wort zu melden). Marie hat dem Buch nur 2 1/2 Sterne gegeben. Ich schätze mal, dass sie sich zu gegebener Zeit hier vielleicht auch nochmal äußern wird. :-,


    Ich habe es vorher schon geschrieben, kann also nur wiederholen, dass die beiden Hauptprotagonisten für mich nicht "blass" geblieben sind. Ich fand sie trotz der Kürze des Romans gut genug dargestellt, um beim Lesen Emotionen entwickeln zu können. Was nicht beschrieben wurde, habe ich mir ausmalen können (z. B. warum Stella immer wieder eine zeitlang abgetaucht ist). Für mich waren diese Auslassungen eher spannungsaufbauend, als dass ich das Gefühl gehabt hätte, es würde etwas Wesentliches fehlen.

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • weil ich solche "Diskussionen" nicht mag

    Sind wir nicht zu diesem Zweck hier? ?(

    Ich gebe gern zu: Ich habe die Rezension veröffentlicht, weil ich eine Diskussion über das Buch nicht nur dem professionellen Feuilleton über lassen wollte, sondern unter die Leser bringen. Mir war klar: Egal, ob ich das Buch mag oder nicht / empfehle oder nicht - es wird widersprochen, und das ist gut so.


    Mich stört es, wenn ich beim Lesen solcher Romane nie sicher einschätzen kann, was die Figur tatsächlich ausgemacht hat, bzw. was sich genau so zugetragen hat und was erfunden ist.

    Mich auch, daher habe ich mich auf verschiedenen Seiten über die historische Stella Goldschlag informiert.


    Was mich an diesem Buch stört: Dass eine belanglose Geschichte über historische Vorkommnisse (um es neutral zu formulieren) erzählt wird, die alles andere als belanglos waren. Ich brauche nicht, dass jedes Buch über die Nazizeit und den 2. Weltkrieg Furcht und Schrecken des Holocaust thematisiert und detailliert schildert. Aber wenn ich in keiner Szene (auch nicht die, in der Kristin sich als Stella outet) etwas von der Atmosphäre des Grauens spüre, dann ist dieser Hintergrund anscheinend belanglos.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Was ist an der Geschichte "belanglos"? Selbst wenn ich die Figur der Stella ausblende (denn die ist ganz sicher nicht belanglos) und nur die Liebesgeschichte betrachte, würde ich nicht von Belanglosigkeit sprechen. Dafür finde ich die beiden Figuren und ihr fatales, aussichtsloses Zusammenspiel einfach zu interessant.


    Was die Atmosphäre des Grauens angeht, die Marie vergeblich gesucht hat, kann ich nur sagen, dass ich sie gefunden habe - oder besser sie mich. Um ein Beispiel zu nennen: Die Szene, als Friedrich bei Dobberke auftaucht und zum Skatspielen gezwungen wird (ab S. 153) fand ich großartig beschrieben. Die panische Angst, die Friedrich zum Mitspielen zwingt und das merkwürdig unterwürfige Verhalten der Krankenschwester (vermutlich war da auch Angst im Spiel) waren für mich deutlich spürbar und haben in mir Abscheu und Grauen erzeugt.

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • DAS BLONDE GIFT

    Dieses Buch erzeugte mit seinem Erscheinen für gehörigen Wirbel! Anzeige wegen Rufschädigung, Streit, Diskussionen, widersprüchliche Reaktionen..! Ein Hype sondersgleichen und für Takis Würgers Roman „Stella“ viel PR und Werbung! Im Endeffekt bin ich dem auch erlegen und habe mir den Roman besorgt. Das ganz große Fragezeichen möchte ich gleich zu Beginn benennen. Warum nennt der Autor sein Werk „Stella“? Die Hauptperson ist Friedrich und entgegen der realen Stella eine fiktive Figur.

    Nun zur Handlung:

    Man schreibt das Jahr 1942. Der junge Friedrich aus der Schweiz, sehr naiv und unbedarft, kommt nach einer behüteten Kindheit am Genfer See nach Berlin, ins Nazideutschland. Der 20jährige Sohn eines vermögenden Vaters möchte sich davon überzeugen, ob das Gerücht wahr ist, dass Juden mit Hilfe von Möbelwagen aus der Stadt verschwinden und nicht mehr wiederkehren.

    „Jemand musste die Gerüchte von der Wirklichkeit trennen.“

    Geschützt durch seinen Schweizer Pass und dem Geld des Vaters, verbringt er einige unbeschwerte Wochen in der deutschen Hauptstadt und will ohne die Wahrheit gefunden zu haben, wieder abreisen. Von der Willkür des Staates, den Lebensumständen der Bevölkerung, den unübersehbaren Anzeichen der Judenverfolgung hatte er bis dahin so gut wie nichts bemerkt. Seine Pläne ändern sich schlagartig, als er die attraktive Kristin kennenlernt, die ihn fast augenblicklich durch ihre unkonventionelle Art fasziniert. Sie ist so anders als er, und er verliebt sich Hals über Kopf in sie. Die gleichaltrige, sexuell erfahrene Frau verbringt viel Zeit in Friedrichs Zimmer des Luxushotels. Doch sie kommt und geht, wie es ihr beliebt. Dann bleibt sie ganz weg. Friedrich ist verzweifelt, kennt er doch noch nicht einmal ihren Nachnamen. Auch der charismatische, etwas undurchsichtige SS-Mann Tristan von Appen, mit dem beide die verruchte, dekadente, verbotene Geselligkeit im geheimen pflegten, kann ihm nicht helfen. Als Kristin plötzlich wieder erscheint, ist sie schwer von den Folterungen der Gestapo gezeichnet. Sie gesteht ihm, dass sie Jüdin ist: „Ich bin Stella. Stella Goldschlag.“ Und von da ab, hätte der Roman ganz anders verlaufen müssen. Friedrich, aus dessen Sicht der Roman erzählt wird, versteht die Wirklichkeit nicht mal in Ansätzen bis zu dieser Stelle. Erst da ist er in der Realität angekommen. Friedrich scheint nicht nur farbenblind zu sein. Bis zum Ende ist Friedrich der Wahrheit nicht näher gekommen. Das zeigt sich in seiner Äußerung: „Ich wußte nicht, was von dieser Frau blieb, wenn ich alle Lügen abzog.“

    Hier wird mit beiläufigen Erklärungen („Teile dieser Geschichte sind wahr.“) die schnulzige, fiktive Liebesgeschichte erzählt, der im krassen Gegensatz die Fakten der furchtbaren Wirklichkeit entgegenstehen. Ich verspürte zwar die Inspiration, welche die reale Stella Goldschlag beim Autor ausgelöst haben muss. Davon zeugen die kursiv geschriebenen Protokolle des sowjetischen Militärtribunals, die Fallbeispiele, die sich auf ihre Taten beziehen. Takis Würger kann schreiben. Deshalb unterstelle ich ihm, dass er Diskussionen verursachen wollte. Das kann er als Autor auch tun; daran ist nichts Verwerfliches. Ich empfand es als große Widersprüchlichkeit, die Story so zu schreiben, dass auf der einen Seite die Fallakten und auf der anderen Seite die verharmlosende Liebesgeschichte standen. Das ist vollkommen unpassend für das Thema Holocaust. An welcher Stelle ist der Zusammenhang zweifelsfrei erkennbar?

    Stella Goldschlag galt als „das blonde Gift“ unter den Juden Berlins. Sie spürte als sogenannte „Greiferin“ in der Illegalität lebende Juden auf und lieferte sie der Gestapo aus. Sie war schön und tödlich! Stella Goldschlag blickt uns vom Cover des Buches direkt an. Ein Eyecatcher!

    Takis Würger meinte im AZ-Interview vom 18.01.19:
    „Mein Buch war der Versuch, sich diesen Fragen von Verbrechen, Wegschauen, Schuld, Mitläufertum anzunähern.“

    Der Versuch ist leider gescheitert, in den Ansätzen stecken geblieben. Die Geschichte wird dem großen Thema nicht gerecht. Sie ist nicht gelungen! Zwei von fünf Sternen von mir! :bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Das Unerzählbare...


    Kaum ein Buch in den vergangenen Jahren spaltete die Leserschaft - oder eher: die Literaturkritiker - so sehr, wie Takis Würgers neuer Roman. Das liegt zu einem großen Teil sicher daran, dass er ausgerechnet eine Persona non grata als Titelheldin erwählte. Dazu kommt noch, dass dieser Titelheldin die Hauptrolle gar nicht zu kommt.

    Protagonist des Romans ist der fiktive Friedrich (im Buch gerne auch Fritz genannt), den die Lesenden ab den einleitenden Jugendjahren durch das komplette Jahr 1942 begleiten. Friedrich ist Schweizer und wächst dort in wohlsituierten Verhältnissen auf.

    Auf den ersten 35 Seiten erfährt man, wie er aufwuchs und wie er unter seiner alkoholkranken Mutter litt, die ihm erst sehr nah war, dann aber größtenteils ignorierte oder gar missachtete, da er wegen eines Vorfalls keine Farben mehr sehen konnte. So konnte er unmöglich die von ihr gesteckten Pläne, ein großer Maler zu werden, erfüllen. Er wuchs in einer Art Vakuum zwischen Bediensteten und dem leider nur selten anwesenden Vater auf. So erklärt sich auch die für ihn typische Naivität und Blauäugigkeit gegenüber anderen Menschen.

    Nach Schulabschluss entscheidet er, nach Berlin zu gehen, da er unglaubliche "Gerüchte" über den dortigen Umgang mit Juden hörte. Er will diesen "Gerüchten" nachgehen und sie am liebsten als Lügen enttarnen. So kommt er im Januar 1942 nach Berlin und lernt Kristin kennen in die er sich verguckt, von ihr den ersten Kuss bekommt und mit ihr eine Affaire beginnt. Fritz lebt trotz Kriegszeit sehr kommod von Vaters Geld im Grand Hotel und kann sich etwas leisten. Kristin findet natürlich Gefallen daran sich verwöhnen zu lassen.

    Eines Tages kommt sie misshandelt nach Tagen der Abwesenheit zurück und offenbart ihm, dass sie eigentlich Stella Goldschlag heiße und Jüdin sei. Ab da beginnt Friedrich, endlich erwachsen zu werden und seinen Blick zu schulen. Sein Blick, der offenbar noch viel weniger sieht als nur keine bunten Farben. Und er lernt auch, besser hinzuhören. Er lernt Nuancen zu hören und zu sehen.

    Obwohl er Stella beisteht und zu ihr hält, erkennt er immer mehr, welches Drama sich um ihn herum abspielt und seine rosa Brille bröckelt immer mehr. Er erkennt langsam das Unrecht und die Verlogenheit seines Umfelds und hadert damit, dass er selbst kaum Handlungsspielraum hat und Stella nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, aber auch nicht herausreißen und mitnehmen kann.

    Das Buch ist - von der Einleitung abgesehen - in Monate unterteilt, die alle mit einer Zusammenfassung tatsächlicher Begebenheiten des Monats beginnen. Gespickt mit je einem Göbbels-Zitat aus dessen 10 Geboten für jeden Nationalsozialisten. Diese von der Handlung gelösten Zusammenfassungen fand ich ausgesprochen gelungen. Eine wunderbare Art darzustellen, dass eben nicht nur Krieg und Not herrschte sondern auch "normales" Leben auf dem Erdball. In Abständen stehen kursiv gesetzte Passagen aus dem Gerichtsprozess gegen Stella Goldschlag. Auch dies fand ich aufschlussreich und passend.

    Sicher lässt sich darüber streiten, ob man eine solche Person für einen Roman als titelgebenden Protagonisten wählen sollte - dafür gab es von mir leichten Punktabzug - denn sie dient nur dazu, Käufer zu generieren, die dieses Buch sonst nicht erstanden hätten. Auch wenn Fritz Liebe zu Stella Kern des Geschehens ist, ist es dennoch für mich kein Liebesroman. Vielmehr kann man erahnen, wozu Menschen fähig sind, wenn sie Todesangst, auch um ihre Liebsten, haben. Wie sehr man die Augen schließen oder wegsehen kann, wenn man die Wahrheit nicht wissen will. Weil man ahnt, dass man mit ihr nicht leben könnte auf Dauer.

    Dies ist ein Roman, bei dem man sich mit keinem der Protagonisten identifizieren möchte. Ganz im Gegenteil. Aber verstehen kann man zumindest. Sogar gegenüber jemandem wie Stella kann man Verständnis aufbringen, völlig egal, wie nah sie an der tatsächlichen geschrieben wurde.

    Der Schreibstil ist gekonnt und mitreißend.

    Mir hat es wirklich sehr gut gefallen. Es lässt mich darüber nachdenken, ob sich heute wirklich noch jemand vorstellen kann, wie sich Menschen in solchen Situationen verhalten. Und ob jeder sich wirklich selbst davon freisprechen kann anders zu handeln, käme er in eine ähnliche Situation.

  • Was soll man zu diesem Buch noch schreiben, was nicht schon längst gesagt wurde ?

    Ich versuche es einfach mit meiner Meinung: Ich kann den ganzen medialen Empörungen bis hin zu Anfeindungen gegen den Autor nichts abgewinnen, genauso wenig würde ich das Buch in den Himmel heben und sagen, die Welt hätte es gebraucht.

    Es ist schon so vieles auf dem Hintergrund des Nationalsozialismus, der Shoah, des zweiten Weltkrieges geschrieben worden, wenn mich ein Buch zu diesem Thema begeistern kann, dann nur, wenn es entweder saugut geschrieben ist oder wenn es einen Aspekt erzählt, den ich bis dato nicht kannte oder wenn es mich aus irgendeinem irrationalen Grund emotional packt. Stella hätte Potential gehabt zu Punkt 2 - ich hatte vorher noch nichts von Stella Goldschlag gehört.

    Aber es war mit soviel Distanz erzählt, mit soviel Überspitzung, mit so wenig emotionaler Nähe, mit so wenig Fakten angereichert, mit so farblosen und fiktional wie real unglaubwürdigen Charakterzeichnungen, mit so wenig Spannungsbogen, dass es allein aufgrund des unbekannten Themas bei mir auf zumindest 3 Sterne gekommen ist.


    Ein großes Problem des Buches aus meiner Sicht ist also, dass es nicht weiß, was es überhaupt sein möchte - für ein Sachbuch zu ungenau, für einen Liebesroman zu emotionslos, für einen historischen Roman zu spannungsarm und langweilig, für eine Sartire zu wenig komisch und sarkastisch, für eine Erzählung zu wenig Inhalt - kurz: für mich nichts.

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Takis Würger - Stella


    Ein Blick auf Stella


    Ja, er kann schreiben, der Herr Würger. Schon "Der Club" hat mir gefallen. Aber jetzt bei "Stella" merkt man, er kann noch mehr Tiefe herstellen in seiner Charakterzeichnung. Und ich muss sagen, Hut ab vor jemandem, der es wagt zu so einem Thema einen Roman zu schreiben. Und an den Diskussionen sieht man wieder, ein großer Teil von uns neigt zu Schubladendenken, Schwarz- oder Weiß-Einteilung. Tja, so einfach ist das aber nicht!


    Ich bewerte hier den Roman "Stella", nicht die Person Stella. Und ich muss sagen, der Roman "Stella" hat mir gefallen. Es hat für meine Begriffe nur wenig zu einer 5 Punkte Bewertung meinerseits gefehlt. Der Charakter Stella im Roman hat mich gefangen genommen, Takis Würger ist es gelungen uns einen Menschen mit Gefühlen zu zeigen. Warum auch nicht? Jeder Mensch hat diese. Auch eine Stella Goldschlag wird ihre Eltern geliebt haben, wird ein Leben gehabt haben, wird Männer geliebt haben, wird ihr eigenes Leben geliebt haben. Dieses Buch empfand ich als einen Versuch eines Blickes auf Stella, einen gelungenen Versuch. Ein Versuch, der in mir Mitgefühl für Stella hochkommen ließ. Erstaunlich und ein Zeichen dafür, dass der Autor sein Handwerk versteht. Die Person des Friedrich fand ich ebenso interessant, die Zeichnung der Kindheit, die Rollen der Mutter und des Vaters und das Kind dazwischen. Den Einfluss, den die Eltern auf das Kind haben und was dieser Einfluss mit dem Kind macht. Die Liebe und was diese mit Friedrich macht. Das Hin- und Herschwanken des verliebten Friedrich mit seinem Wissen um die Taten der Stella. Kennen wir das nicht alle, dass wir eine geliebte Person anders sehen, anders sehen wollen? Und erst später Wahrheiten zulassen. Warum soll das bei einer Stella Goldschlag und ihren Geliebten anders gewesen sein? Wegen ihrer schlimmen Taten? Können wir die Liebe steuern oder steuert die Liebe uns? Die Figur des Tristan fand ich interessant, aber definitiv noch ausbaufähig. Soll sie uns die Figur des mitlaufenden Deutschen mit Schwächen präsentieren? Ich weiß nicht. Ich stelle mir die vollkommen Überzeugten immer als sehr überkorrekte Menschen vor. Aber jeder Mensch hat Fehler, auch die Überkorrekten, vielleicht auch gerade diese.


    Die Einschübe mit den historischen Daten fand ich sehr gut gemacht. Das hat immer wieder den furchtbaren Hintergrund vor dem geistigen Auge entstehen lassen. Und damit vielleicht auch den Druck unter dem die Menschen damals gestanden haben.


    Womit wir bei der Bewertung des damaligen Geschehens wären. Natürlich gibt es Taten die definitiv verachtungswürdig sind. Trotzdem sollten wir uns vorsehen allzu viel des damaligen Geschehens bewerten zu wollen. Es gibt die Bezeichnung des Glücks der späten Geburt. Und wir alle haben wirklich Glück später geboren zu sein. Ich habe in einer Doku gesehen/gehört, dass eine Frau in Nürnberg zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, weil sie geweint hat, als eine Gruppe jüdischer Häftlinge an ihr vorbeigetrieben wurde. Der Druck, unter dem die Bevölkerung damals gestanden hat, wird ein Großer gewesen sein. Und Druck verändert. Genauso wenig wissen wir alle, oder ein Glück die meisten von uns, was wir bereit sind zu tun, wenn Menschen die wir lieben bedroht sind oder unser eigenes Leben bedroht ist.


    Und noch etwas, ich finde auch die Diskussionen um dieses Buch teilweise als unsinnig. In diesem Buch wird meiner Meinung nach nichts verharmlost oder negiert oder verkitscht!


  • ich finde auch die Diskussionen um dieses Buch teilweise als unsinnig

    Ich finde keine Diskussion unsinnig, weil wir (nicht nur im Forum) davon leben, dass Menschen sich ihre unterschiedlichen Meinungen darlegen und darüber reden. Sofern dies sachlich geschieht - wie in den meisten Beiträgen hier - profitiert jeder davon, sowohl diejenigen mit der gleichen als auch diejenigen mit einer konträren Meinung.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Takis Würger - Stella

    ich finde auch die Diskussionen um dieses Buch teilweise als unsinnig

    Ich finde keine Diskussion unsinnig, weil wir (nicht nur im Forum) davon leben, dass Menschen sich ihre unterschiedlichen Meinungen darlegen und darüber reden. Sofern dies sachlich geschieht - wie in den meisten Beiträgen hier - profitiert jeder davon, sowohl diejenigen mit der gleichen als auch diejenigen mit einer konträren Meinung.


    Natürlich hast du recht, mit der Diskussion an sich. Hier bei Stella hat mir die Diskussion um das Buch aber nicht gefallen. Es uferte für meine Begriffe zu sehr aus und ging eigentlich nicht mehr um das Buch direkt. Ich habe in meiner Rezi auch erklärt, warum mir die Diskussion sauer aufgestoßen ist.



  • Die jüdische Spionin der Gestapo

    1942 Berlin. Der 20-jährige naive Schweizer Friedrich, Sohn wohlhabender Eltern, reist nach Berlin, um sich dort nicht nur für ein Zeichenseminar einzuschreiben, sondern auch den sich um den Krieg rankenden Gerüchten nachzuspüren. Bei seinem Zeichenkurs an der Kunstschule trifft Friedrich auf das Aktmodell Kristin, in die er sich sofort verliebt und mit ihr um die Häuser zieht, während er das Kriegsgeschehen auszublenden versucht. Als Kristin nach mehreren Tagen Abwesenheit, die Friedrich schon die Sorgenfalten auf die Stirn trieben, misshandelt vor seiner Tür steht, erfährt er nach und nach, wer Kristin wirklich ist. Sie ist Jüdin, heißt eigentlich Stella Goldschlag und ist dabei, einen Pakt mit dem Teufel einzugehen, um ihre Familie zu retten…


    Takis Würger hat mit „Stella“ einen sehr kontroversen Roman vorgelegt, der sich zwar der historisch belegten Person Stella Goldschlags bedient, durch die fiktive Liebesgeschichte mit dem jungen Schweizer Friedrich aber einen ganz anderen Weg einschlägt, als man ihn als Leser erwartet hätte. Mit flüssigem, jedoch recht nüchternem Erzählstil beschränkt sich der Autor nur auf das Jahr 1942, handelt sämtliche stattgefundenen Ereignisse des jeweiligen Monats schon in der Überschrift ab, bevor er den Leser in die eigentliche Handlung entlässt. Obwohl es sich um eine fiktive Geschichte handelt, liegt dem Autor viel daran, mit Ausschnitten aus historischen russischen Militärgerichtsakten die Realität mit einzublenden. Während der Leser also dem Liebesreigen von Friedrich und Kristin/Stella folgt, wird er gleichzeitig mit den harten Fakten konfrontiert, die innerhalb der eigentlichen Romangeschichte kaum Erwähnung finden. Das erklärt auch die naive und oberflächliche Sichtweise von Friedrich, der seinem eigentlichen Beweggrund für den Berlinbesuch nicht einmal ansatzweise nahe kommt, weil er anscheinend entweder nicht nur farbenblind ist, sondern seine Augen vor den Tatsachen verschließt oder einfach nur zu sehr auf sich fokussiert ist, um sein Umfeld richtig wahrzunehmen. Den tatsächlichen Aktivitäten der Stella Goldschlag trägt dieser Roman auf keinen Fall Rechnung. Vielleicht ist aber gerade dieser Gegensatz vom Autor gewollt, dem Leser zu zeigen, dass Kristin/Stella auch nur ein mit Fehlern behafteter Mensch war wie jeder andere auch. Ihre Taten mögen uns anekeln, wir mögen sie verteufeln, doch sind wir mal ehrlich, wie hätten wir gehandelt, wenn es um unsere Liebsten geht.


    Charakterlich ist Würger nicht sehr in die Tiefe gegangen, seinen Protagonisten fehlt es an Wärme, Ausstrahlung und Emotionen, was den Leser dazu verdammt, aus einer Ecke heraus dem Treiben zu folgen, wobei er gern oftmals mit Zwischenrufen gestört hätte. Stella wird zwar als abenteuerlustig, feierlaunig und charismatisch beschrieben, doch der Funke will nicht überspringen. Friedrich ist unbedarft und naiv, rettet sich mit seinem Schweizer Pass und dem Geld der Familie, sucht sich ein Kriegsgebiet als Urlaubsziel, absurder geht es gar nicht. Bei ihm kann man nur mit dem Kopf schütteln über seine angeborene Ignoranz. SS-Mann Tristan dagegen genießt seinen Status, gönnt sich alles, während andere nichts haben, spielt den großen Zampano, doch am Ende ist er auch nur ein widerliches Nazischwein, das seine Macht gehörig in die Waagschale wirft.


    „Stella“ ist ein Buch voller Widersprüche, Fiktion gepaart mit Realität, eine recht banale Liebesgeschichte steht harten Fakten gegenüber. Der Spagat war bestimmt nicht leicht und hat interessante Ansätze, doch aufgrund der fehlenden Emotionalität und der eher unterkühlten Schreibweise bleibt es leider nur Mittelmaß, aber trotzdem lesenswert!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Letztendlich bleibt bei mir bleibt mir nachdem lesen nur ein W im Kopf zurück

    Warum gab es eine so großartige Diskussion in sämtlichen Medien bzw. bei der Leipziger Buchmesse um dieses Buch?
    Was soll an diesen Buch so besonders sein?

    Welche Charakterzüge versucht uns der Herr Würger hier bei seinen Protagonisten zu vermitteln?

    Ich kann mich weder einer Diskussion zu diesen Buch anschließen, noch wäre es mir ein Bedürfnis noch jemals ein anders Buch des Herrn Takis Würmer in die Hand zu nehmen. Es ist lange her das mich eine Geschichte so absolut kalt lässt und das bei diesen Thema.
    Selbst mit diversen voran gestellten Fakten bei jedem Kapitel kann, fragte ich mich "Was soll der Quatsch?" "Was interessiert mich in diesen Buch, wenn Alice Schwarzer geboren wurde?"

    Außerdem finde ich diese kurzen Sätze bzw. jede Satz eine Zeile beeinflusste meinen Lesefluss zu Anfang sehr. Es brauchte schon eine Weile bis ich mich daran gewöhnt hatte und ich war schon kurz davor die ganze Geschichte abzubrechen.

    Manchmal sagt man ja, wenn man gefragt wird ob man das Buch weiter empfehlen würde
    "Kann man lesen, muss man aber nicht!" selbst dazu fehlt mir hier der Antrieb!

    :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )