Uwe Klausner - Sisis letzte Reise

  • Im September 1898 macht Kaiserin Elisabeth von Österreich auf einer ihrer zahlreichen Reisen in Genf Station. Sisi ist zwar inkognito als Gräfin von Hohenems unterwegs, ihre Anonymität bleibt jedoch aufgrund einer Indiskretion der Presse nicht gewahrt.

    Der Redakteur Cesare Monteverdi erhält von seinem Chef den Auftrag, die öffentlichkeitsscheue Monarchin, die einst als Schönheit galt, zu fotografieren. Am Tag ihrer Abreise positioniert sich Cesare deshalb an der Uferpromenade, um Sisi auf ihrem Weg zum Schiff abzulichten. Auf einem der Bilder, die er während der Wartezeit schießt, gelingt ihm ein kompromittierender Schnappschuss, der ihn und seinen Freund, den Privatermittler und Konzertpianisten Auguste Beaulieu, in arge Schwierigkeiten bringt.


    Eine Kriminalgeschichte rund um die Ermordung Kaiserin Elisabeths ist gewiss eine gute Idee, der Klappentext klingt interessant, und das Cover fand ich ebenfalls passend gewählt. Der Roman hat recht vielversprechend begonnen, berichtet vom Lebensüberdruss der 60-jährigen Monarchin und ihren Todesahnungen, die sie ihrer Hofdame Irma Sztáray immer wieder anvertraut. Sehr gut hat mir im Gegenzug gefallen, dass auch der Attentäter Luigi Lucheni zu Wort kommt. Die Darstellung seines traurigen Lebens steht in erschreckendem Kontrast zum luxuriösen Dasein der Reichen, auf die Sisis Mörder einen unstillbaren Hass entwickelt. Dass Elisabeth keinem Menschen jemals etwas zuleide tat und ihre Stellung allein ihrer Geburt verdankt, zählt für den Täter nicht. Er sieht nur die Privilegien der Adeligen, die keinen Finger rühren müssen, während er selber tagtäglich um sein Überleben kämpft. Diese Sichtweise hat der Autor sehr berührend und eindrucksvoll beschrieben. Positiv erwähnt sei auch die Liste der realen und fiktiven Personen, die im Roman vorkommen.

    Die zweite Hälfte des Romans befasst sich vor allem mit Verschwörungstheorien rund um den Tod der Kaiserin, mit Korruption im Rotlichtmilieu, in Polizei- und Juristenkreisen, die sich bis in höchste Ebenen zieht. Dabei agieren die beiden Protagonisten in Gestalt des Redakteurs Cesare Monteverdi und des Privatermittlers Auguste Beaulieu derart undurchsichtig, dass ich aus ihren Reaktionen einfach nicht schlau wurde. Vieles wird nur angedeutet, lebensgefährliche Situationen wechseln mit banalem Geplänkel, das nicht zum Ernst der Lage passt. Klare Motive für die noch folgenden Morde konnte ich ebenso wenig erkennen wie für die im Raum schwebenden Verschwörungstheorien.

    Stilistisch hat mir das Buch mit fortschreitender Handlung immer weniger gefallen, weil viele Dialoge deutlich erkennbar als reines Füllmaterial dienen. Bereits bekannte Tatsachen werden allzu häufig wiederholt, ein flüssiger Gesprächsverlauf wird durch Nebensächlichkeiten immer wieder unterbrochen. Diese Vorgehensweise trägt meiner Meinung nach nicht zur Spannungssteigerung, wohl aber zur Verärgerung des Lesers bei.

    Insgesamt gesehen fand ich die Geschichte logisch überhaupt nicht durchdacht. Vage Andeutungen, planlos ausgeführte Morde, irreale Verschwörungstheorien, die nicht einmal eine ansatzweise Lösung finden, haben für mich nicht mehr als ein chaotisches Konstrukt ergeben, das die investierte Lesezeit nicht lohnt.


    Verwirrende :bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Klasse Idee, die nicht unbedingt ganz gelungen umgesetzt worden ist

    War Luigi Lucheni doch kein Einzeltäter?

    Die historischen Fakten dieses Krimis sind vermutlich allen bekannt: Der Anarchist Luigi Lucheni ersticht am 10. September 1898 Elisabeth, die Kaiserin von Österreich, in Genf mit einer Feile.


    Rund um diesen Mord webt Autor Uwe Klausner seinen Krimi. Er verknüpft dabei gekonnt Fakten mit Fiktion. So führt er mit Cesare Monteverdi, Redakteur der Tribune de Genève, einen interessanten fiktiven Charakter ein. Monteverdi will eigentlich die inkognito reisende Monarchin ablichten, hat aber dann, kurz vor dem Attentat, den Chef der örtlichen Polizei im Gespräch mit Lucheni fotografiert.


    Haben die beiden Männer nur rein zufällig miteinander gesprochen oder steckt da mehr dahinter? Oder, könnte es sein, dass durch eine Indiskretion und das dilettantische Vorgehen der Polizei bei der Sicherung des Kais dem Attentat Vorschub geleistet worden ist?

    Jedenfalls wird Monteverdi vom Jäger zum Gejagten, denn das Foto darf keinesfalls an die Öffentlichkeit gelangen. Wem kann er noch trauen? Und, was ist, wenn Luigi Lucheni gar nicht der wahre Täter, sondern nur der Erfüllungsgehilfe dunkler Strippenzieher ist?


    Die Antworten auf diese und andere Fragen finden sich in einem fesselnden Showdown durch Cesare Monteverdi und seinem Freund.


    Meine Meinung:


    Der gewaltsame Tod einer berühmten Persönlichkeit bietet immer Raum für Spekulationen. Und hier geht es ja um nichts Geringeres als den Mord an der Kaiserin von Österreich. Ja, die österreichische Geheimpolizei hat im Vorfeld geschlampt, die Kaiserin wollte keinen offensichtlichen Personenschutz und Lucheni war von seiner Mission, eine wichtige Person zu töten, überzeugt.


    Die Idee für diesen Krimi ist fesselnd, die Ausführung leider nicht so ganz. Es scheint, als hätte sich Autor Uwe Klausner nicht zwischen einem Kriminalroman und einer Reportage entscheiden können, denn die Geschichte springt ein wenig unmotiviert zwischen beiden hin und her. Zahlreiche, manchmal abrupte Perspektivenwechsel bringen zusätzlich Unruhe in die Lektüre.


    Der Schreibstil wirkt ein wenig distanziert und erinnert fast an ein Sachbuch. Es gelingt dem Autor nicht, dauerhaft die Spannung für die Leser aufrecht zu erhalten, und lässt wenig Spielraum für eigene Überlegungen zum Täter und eventuellen Hintermännern.


    Die Charaktere bleiben erstaunlich blass, dabei böten Monteverdi und Beaulieu als fiktive Gestalten reichlich Platz für Ecken und Kanten, die sie zu lebendigen Gegenspielern von Lucheni und dem Polizeichef machen hätte können. Lediglich die Kaiserin hat ein wenig Profil. Allerdings gibt es zu ihr ja einige Meter Literatur, in der versucht wird, ihr Wesen zu analysieren. Da lässt sich leicht ein Charakter formen. Inzwischen weiß man ja, dass sie sich Kokain spritzt, an Depressionen litt und „..des Lebens überdrüssig geworden war. Eine Frau, die den Tod förmlich herbeisehnte.“ (S. 128)


    Ein bisschen schmunzeln musste ich über das zitierte, in Österreich-Ungarn häufig verwendete Sprichwort:


    "Se non e vero – e ben trovato. (Wenn es nicht wahr ist, ist es gut erfunden“)


    Das passt hier sehr gut.


    Ergänzt wird das Buch durch eine Tatortskizze und das Personenregister.


    Fazit:


    Wie schon ausgeführt, ist die Idee zu diesem historischen Krimi sehr gut, die Ausführung weniger, deshalb erhält der Krimi 3 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)