Kent Haruf - Abendrot / Eventide

  • Autor: Kent Haruf

    Titel: Abendrot

    Seiten: 415
    ISBN: 978-3-257-07045-3

    Verlag: Diogenes

    Übersetzerin: pociao


    Autor:

    Kent Haruf wurde 1943 in Pueblo, Colorado geboren und war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Er unterrichtete Englisch an einer Highschool wurde später Gastdozent an der Southern Illinois University. Sein erster Roman erschien 1984 und erhielt den Whting Award. Neben Kurzgeschichten, veröffentlichte er weitere Erzählungen um die fiktive Kleinstadt Holt. 1999 stand sein Werk auf der Shortlist des National Book Award for Fiction. Seine Romane wurden teils verfilmt, teils als Theaterstücke auf die Bühne gebracht. Zu Harufs Ehren findet in seiner Heimatstadt seit 2017 ein literarisches Festival statt. Er starb 2014 in Salida, Colorado.


    Inhalt:

    Holt, eine Kleinstadt im Herzen Colorados. Zwei alte Viehzüchter müssen den Wegzug ihrer Ziehtochter verkraften. Ein Ehepaar kämpft in seinem verwahrlosten Trailer um ein Stückchen Würde und um seine Kinder. Ein elfjähriger Junge kümmert sich rührend um seinen kranken Großvater. So hart das Schicksal auch zuschlägt - die Menschen in Holt sind entschlossen, dem Leben einen Sinn abzutrotzden. Und begegnen einander dabei neu. (Klappentext)


    Rezension:

    Die Geschichte ist, wie bei so vielen Romanen schnell erzählt, zumal genau betrachtet nicht gerade viel passiert. Verschiedene Protagonisten leben ihren Alltag in einer fiktiven amerikanischen Kleinstadt nebeneinander her, haben mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen und Wege überkreuzen sich nur gelegentlich. Man kennt sich, trifft aufeinander, hat ansonsten nicht viel für einander übrig. Irgendwie ist das alles bekannt und schon einmal da gewesen. Warum also, sollte man diese Erzählung lesen?


    Zunächst einmal sind die Protagonisten doch nicht so eintönig, wie es auf den ersten Blick scheint. Kent Haruf hat Typen geschaffen, die mit ihren Ecken udn Kanten den Leser bei Stange halten. Zudem schafft es der Spannungsbogen dann doch, das Interesse wachzuhalten. Was könnte interessanter sein, als das ganz normale Leben? Das wirkt um so mehr, als wir von allen Seiten mit Krimis im Fernsehen oder actionbeladener Literatur beworfen werden. Sehr schön, dass es da Autoren wie Kent Haruf gibt (in seinem Falle "gab"), die uns in eine vergleichsweise heile Welt entführen, die jedoch nur auf den ersten Blick ohne Risse erscheint.


    Tatsächlich sind die dargestellten Gräben teilweise sehr tief. Auch Alltagsprobleme sind sehr schön dargestellt. Das wirkt besonders durch harufs unambitionierte und einfache Schreibweise, die nochmal das Setting unterstreicht, in dem sich der Roman bewegt. Die Charaktere wachsen einem ans Herz.


    Sie haben dann auch übrigens schon einen Weg hinter sich. Der Roman ist Teil einer Reihe, die sämtlich im fiktiven Ort Holt spielt, was aber nichts zur sache tut. Zwar kann man an Kent Haruf sehr schön sehen, wie Übersetzungspolitik funktioniert, zugänglich gemacht wird zunächst das, was am ehesten auf den jeweiligen Markt funktioniert, dennoch ist "Abendrot" auch so lesbar. Gefühlt steht die Geschichte für sich alleine, kann auch als Einzelband gelesen werden. Man findet schnell hinein, in die Geschichte und gewinnt die Charaktere lieb. Das ist schon ausreichend, um der Handlung zu folgen. Darum geht's ja irgendwie. Dennoch möchte man mehr über Holt und seine Protagonisten erfahren. Vielleicht erbarmt sich ja Diogenes noch der restlichen Bücher.

  • Der Rezi von findo kann ich nicht viel hinzufügen - außer, dass ich doch empfehlen würde, "Lied der Weite" vorher zu lesen, da einige der Figuren aus diesem Roman in "Abendrot" weiter entwickelt werden.


    Auch ich habe beim Lesen immer wieder voller Staunen gedacht: Was kann spannender, tragischer, hoffnungsvoller und schöner sein als das ganz normale Leben? Kent Haruf begeistert mich immer wieder damit, wie er völlig unaufgeregt Charaktere aus seiner Kleinstadtkulisse hervortreten lässt, deren Schicksale mich bewegen und berühren, über die ich lange nachdenke, mit denen ich lache und weine. Passiert in diesem Roman nicht viel? Das würde ich so nicht sagen. Es passiert halt das Leben dieser Figuren - und davon haben sie nur eins. Es wird geformt von Schicksalsschlägen, von Entscheidungen, die man wohlüberlegt oder achtlos fällt und die in beiden Varianten richtig oder falsch (oder weder noch) sein können, und von Chancen, die sich manchmal ganz überraschend eröffnen und dem Leben einen Zauber verleihen, mit dem man nicht mehr gerechnet hatte.


    Ich hoffe sehr, dass "Benediction", der dritte Band dieser lose verknüpften Reihe, ebenfalls noch ins Deutsche übersetzt wird. :D


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