Edyta Zaborowska - Die Wahrheit hinter der Maske

  • Die Wahrheit hinter der Maske


    von Edyta Zaborowska


    Klappentext: Hanna, die Besitzerin eines Dominastudios, und ihre Freundin Ewa entgehen knapp einer Vergewaltigung in ihrem eigenen Etablissement. Nach einem Kampf gelingt den beiden Frauen sogar, den Täter zu entwaffnen und gefangen zu nehmen. Als sich herausstellt, dass es sich bei dem Mann um einen gewissenlosen Sexualtäter handelt, sind die beiden Frauen uneinig, was geschehen soll. Während Ewa die Polizei rufen möchte, sinnt Hanna auf Rache und macht ihrer Freundin einen verhängnisvollen Vorschlag: Sie will mit ihren Mitteln und Folterinstrumenten aus dem Studio Selbstjustiz an ihrem Schänder üben und diesen töten! Ewa willigt zunächst ein, bekommt aber, je weiter sie die Trennlinie zwischen Recht und Rache überschreiten, immer mehr Skrupel…

    „Die Wahrheit hinter der Maske“ ist ein spannendes Drama, in dem der Täter zu einem Opfer blinder Rache wird. Die als Novelle angelegte Geschichte beschreibt den Leidensweg eines Vergewaltigers, nachdem er von seinen Opfern überwältigt werden konnte und was geschieht, wenn das zu bitterem Ernst wird, was Dominas sonst als sexuelles Spiel mit zahlungskräftigen Kunden praktizieren: schmerzhafte BDSM-Sessionen, Demütigungen und Entwürdigungen.


    Meinung: Die dritte Veröffentlichung von Edyta Zaborowska mit dem Titel "Die Wahrheit hinter der Maske" ist eine spannende Novelle, die mit 100 Seiten etwas kurz ausgefallen ist, aber dafür gekonnt und komprimiert erzählt ist. Der Roman enthält sowohl SM-Sexszenen, als auch typische Elemente aus einem Thriller, so dass dieses Buch am ehesten dem Genre Erotikthriller zugeordnet werden könnte.


    Dabei haben Täter und Opfer zunächst eines gemeinsam: Sie führen ein Doppelleben. Da ist zunächst Reinhold Hornstein, ein unauffälliger und biederer Buchhalter, der seine krankhaften Triebe auf mörderische Weise auslebt. Auf der anderen Seite sind Ewa und Hanna, zwei Bürokolleginnen, die sich nebenbei als Dominas mit einem eigenen Studio verdingen. Eben die Domina-Rolle – hier üben Frauen Macht über Männer aus -, ist es, die den Trieb des Täters anfeuert, einen neuen Sexualmord zu begehen.


    In „Die Wahrheit hinter der Maske“ geht um Opfer und Täter von Gewalt, das Ausgeliefertsein und um SM, sowie den Latexfetisch. Zaborowska stellt auf rund -100- Seiten im Rahmen einer SM-Erotikgeschichte die Frage, wann Moral zu Verbrechen, wann Recht zu Unrecht wird. Was dabei zu der echten „Wahrheit“ wird, stellt sich erst am Schluss heraus. Ob sie wörtlich zu nehmen ist, das kann natürlich verschieden interpretiert werden, Zaborowska hat sich jedoch auf einen interessanten Mittelweg festgelegt. Das Ende fällt überraschend aus und das Geschehen zieht die Leserinnen und Leser durch stetig gesteigerte Spannung mit, egal zu welcher Seite sie/er sich zugehörig fühlt: der zu Tätern gewordenen Opfern oder dem zum Opfer gewordenen Täter.


    Unter anschaulicher, fast schon kühler Darstellung von schmerzhaften und demütigenden BDSM-Praktiken und Psychospielchen werden die Fragen nach Schuld und Sühne, sowie Recht und Rache ausgelotet. Wie weit können oder dürfen Opfer gehen, wenn sie ihren Täter in die Gewalt bekommen und die Möglichkeit haben, Selbstjustiz auszuüben? Dürfen Opfer das Recht in die eigene Hand nehmen, wenn sie fürchten, dass die Justiz als Instanz nicht für Recht sprechen könnte? Wer ist dann am Ende wirklich der Täter und wer Opfer, sind beide Parteien zu Opfern und gleichzeitig zu Tätern geworden? Sind die Rollen Gut-Böse, Hässlich-Hübsch zu Beginn der Geschichte noch klar definiert, verwischen diese im Laufe der Geschichte immer mehr: Auch hinter der schönsten Maske kann eine böse Fratze stecken, aber auch umgekehrt ist möglich.


    Fazit: Edyta Zaborowska ist eine S/M Erotik-Autorin, die für dieses Genre ungewöhnliche Storys schreibt. Auf gewisse Art und Weise "Sexy", aber immer mit einer anspruchsvollen und spannenden Rahmengeschichte, die an den Hollywood-Klassiker aus dem Jahr 1986 mit dem Titel „Extremities“ (u.a. mit Farrah Fawcett) erinnert.

    Das Amt des Dichters ist nicht das Zeigen der Wege, sondern vor allem das Wecken der Sehnsucht.



    H.H.