Theresa Révay - Das Glas der Grandi / Livia Grandi ou le souffle du destin

  • Die Grandis gehören seit Jahrhunderten zu den bedeutendsten Glasbläserdynastien Europas. Während des 2. Weltkrieges hat Livia gemeinsam mit ihrem Großvater die Geschäfte geführt. Kurz vor seinem Tod erhält sie von ihm die streng gehüteten geheimen Notizen zur Herstellung des berühmten "Chiaroscuro-Glases", das der Firma wieder zu ihrem früheren Ruhm verhelfen soll.

    Als Livias Bruder Flavio traumatisiert aus dem Krieg heimkehrt, reißt er die Geschäftsleitung an sich, obwohl er an der Fabrik eigentlich gar kein Interesse hat.

    Durch das Verhalten ihres Bruders tief gekränkt, heiratet Livia in Metz François Nagel, den Erben einer bekannten Lothringer Glashütte. Doch auch hier fühlt sich Livia nicht glücklich. Nach einer leidenschaftlichen Affäre mit dem begabten böhmischen Graveur Andreas Wolf will sie sich noch einmal intensiv um die Rettung des Familienerbes bemühen und kehrt nach Venedig zurück.


    Der Einstieg in die Geschichte hat mir gar nicht schlecht gefallen. Eine begabte junge Frau, der "das Glas im Blut" liegt, wie schon ihr Großvater erkannte, kämpft in schwierigen Zeiten um das Überleben des Familienbetriebes. Bis zur Heimkehr ihres Bruders, der ihr die Firmenleitung streitig macht, und die Glasfabrik möglichst bald verkaufen möchte, fand ich die Idee zu diesem Roman ganz interessant. Danach macht sich jedoch gähnende Langeweile breit.

    Die Autorin hat nur wenig Wert auf die Entwicklung ihrer Charaktere gelegt, sich dagegen in epischer Breite mit der Glaserzeugung befasst. Daran wäre prinzipiell nichts zu beanstanden, letztlich fand ich die Darstellung der Glasbläserei als beinahe sakrale Handlung aber doch etwas übertrieben. Auch alle anderen noch so unbedeutenden Ereignisse und Gespräche werden in endlosen Tiraden abgehandelt, die vom Hundertsten ins Tausendste führen.

    Livia ist trotz ihrer Begeisterungsfähigkeit für die Glasbrennerei keine sympathische Protagonistin; ihre Handlungen fand ich oft unüberlegt und nur schwer nachvollziehbar. Alle anderen Figuren sind ebenfalls mehr oder weniger blass geblieben, sodass ich an ihrem Lebensweg nicht richtig Anteil nehmen konnte. Nicht einmal die durch ihre schlimmen Kriegserlebnisse gezeichneten Heimkehrer wie Flavio Grandi oder Andreas Wolf vermochte mir die Autorin emotional näherzubringen.

    Sehr gut hat Therese Révay hingegen das Schicksal der heimatvertriebenen Sudetendeutschen in ihren Roman eingebunden und deren furchtbare Lebensumstände äußerst berührend geschildert.

    Insgesamt gesehen fehlt der Geschichte meiner Meinung nach eine stimmige, in sich abgerundete Handlung, die zum Weiterlesen einlädt und sich nicht gallertartig durch die Seiten zieht. Auch sprachlich fand ich den Roman durch seine ausladenden Beschreibungen und Abschweifungen sehr ermüdend.


    Zähflüssige :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: