Ulrike Gerold & Wolfram Hänel - Allee unserer Träume

  • Nachkriegszeit!


    Klappentext (Quelle amazon):

    Berlin in den Nachkriegsjahren: Die Stadt liegt in Trümmern, doch die Lebenslust der Menschen erwacht. Die junge Architektin Ilse hat eine Vision. Sie will die Stadt wieder aufbauen und Wohnungen auch für die einfachen Arbeiter schaffen. Der Wettbewerb für den Bau der Arbeiterpaläste in der Karl-Marx-Allee in Ostberlin ist ihre große Chance. Als einzige Frau will sie sich gegen ihre männlichen Kollegen durchsetzen. Und ihre Pläne werden tatsächlich ausgewählt. Aber ihr Ehemann erpresst Ilse und gibt die Entwürfe als seine eigenen aus. Ilse soll den Architekten nur zuarbeiten. Enttäuscht fasst sie einen Entschluss: Sie wird diese Ungerechtigkeit nicht hinnehmen, sondern um ein freies Leben und den richtigen Mann an ihrer Seite kämpfen.


    Ilse wächst als Scheidungskind mit ihrer Schwester Magda bei ihrer Mutter auf. Mit dem Vater, einem Architekten, hat sie regelmässigen Kontakt. Ilse bewundert ihren Vater und träumt davon in seine Fussstapfen zu treten und Architektin zu werden. Tatsächlich schafft sie es, nach dem Studium und einem kriegsbedingten Identitätswechsel, in einem Team namhafter Architekten, die "Stalinallee" in Berlin zu planen und gestalten. Etwas, was in den 50er Jahren für eine Frau nicht selbstverständlich war.



    Die Geschichte ist nicht chronologisch geordnet und springt kapitelweise innerhalb einiger Jahre vor und zurück. Nicht nur, dass ich dies als chaotisch empfand und immer wieder überlegen musste, wo die Handlung denn nun weiter gehen wird. Auch fühlte ich mich gespoilert. Da zum Beispiel, in einem Kapitel, Ilse als Architektin Erfolge verzeichnet. Und im Kapitel danach thematisiert wird, wie sehr Ilse davon träumt, Architektin zu werden. Bei Kapitelbeginn wurde jeweils das folgende Kapitel zusammen gefasst. Dies in 3,4 kurzen Sätzen, die das Wesentliche der Handlung verraten. Meiner Meinung nach, hätten diese Zusammenfassungen weg gelassen werden müssen. So habe ich mich ein paar mal bei dem Gedanken ertappt, mir zu überlegen, warum ich das Kapitel noch lesen sollte, wenn ich ja schon weiss, was darin geschieht.

    Den Schreibstil empfand ich oftmals als langatmig. Die Handlung plätschert und gerade die ausschweifenden Erörterungen zu dem Thema Architektur haben mich leicht gelangweilt. Imponiert hat mir, dass das Autorenduo sozialkritisch gewisse Themen, wie den Einsatz der Frontsoldaten, anspricht. Zwei, dreimal bin ich über zufällige Begegnungen gestolpert, die doch arg konstruiert wirkten. Nicht nur, dass Ilse ihren Schwager bei einem grossen Architekturevent trifft, was mir schon arg zufällig erschien. In einer für Ilse sehr brenzligen Situation, mitten im Nirgendwo unterirdischer Gänge der Russen, trifft sie ausgerechnet einen alten Freund ihres Vaters wieder. Der ihr natürlich hilft und sie rettet. Sehr gut gefallen hat mir hingegen, wie geschichtliche Details der Nachkriegszeit in die Geschichte eingeflochten wurden. Und wie stark das Frauenbild in dieser Story ist. Ilse weiss was sie will, setzt alles daran um ihre Träume zu verwirklichen. Auch wenn sie dabei eine andere Identität annehmen muss. Was das wohl Interessanteste an der Geschichte war. Fliegt Ilse mit der angenommenen Identität auf oder nicht?


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • 50er Jahre Berlin. Ilse Schellhaas hat schon immer davon geträumt, wie ihr Vater Architektin zu werden und hat sich mit viel Fleiß diesen Traum erfüllt. Nach dem Studium bekommt sie nun die Möglichkeit, in einem angesehenen Team von Architekten zu arbeiten und mit ihnen gemeinsam das Projekt „Stalinallee“ in Ost-Berlin zu entwerfen und zu verwirklichen. Allerdings lebt sie in einer Zeit, da Frauen als Architektinnen noch nicht ernst genommen wurde. Das will Ilse nicht hinnehmen und schafft sich dafür über ihren Mann eine neue Identität, um auf jeden Fall an dem Projekt mitarbeiten zu können. Aber was ihr erst hilft, wird bald zur Belastungsprobe, denn ihre Vergangenheit ist ihr auf den Fersen und droht, ihr mühsam erbautes Lügengebilde auffliegen zu lassen…


    Das Autorenduo Ulrike Gerold hat mit ihrem Buch „Allee unserer Träume“ einen interessanten Roman vor historischer Kulisse vorgelegt, der den Leser auf eine Zeitreise mitnimmt in die Jahre kurz nach dem Krieg. Der flüssige Schreibstil lässt den Leser schnell in die Handlung eintauchen und sich an der Seite von Ilse wiederfinden, die nach dem Krieg in der ehemaligen DDR bei ihrer geschiedenen Mutter aufwuchs und unbedingt in die Fußstapfen des Vaters treten möchte. Durch Ilses Perspektive und ihre Sicht auf die Dinge kommt der Leser ihr sehr nah. Sehr detailliert geht die Autorin auf die damalige Rolle der Frau ein und lässt den Leser diese durch Ilses Augen sehen. Die Frauenrolle war damals auf Ehe und Familie beschränkt,. Ingenieurberufe oder eine akademische Laufbahn traute man ihnen nicht zu. Die Geschichte wird nicht stringent erzählt, sondern wechselt immer wieder mal in die Vergangenheit, so dass der Leser einen guten Gesamteindruck bekommt. Spannung erzeugt die Autorin durch den Identitätswechsel von Ilse – der Leser wartet ständig auf den großen Knall, dass sie enttarnt wird und ihr alles um die Ohren fliegt. Da die Autorin sehr detailliert erzählt, wirken einige Abschnitte etwas langatmig, hier wäre etwas Straffung schön gewesen.

    Die Charaktere sind lebensnah und authentisch geformt und wirken aufgrund ihrer Eigenschaften manchmal recht eigenwillig. Doch hauptsächlich dreht sich alles um Ilse, während die übrigen Protagonisten eher Staffage sind. Sie ist eine Frau, die schon recht früh weiß, was sie will und sich vom Leben erträumt. Ilse lässt sich durch nichts aufhalten, ihre Wünsche zu erfüllen, was einiges an Einfallsreichtum und vor allem Mut erfordert. Ilse hat den Drang, ihre Umgebung zu verschönern, Häuser für die ärmere Bevölkerung zu entwerfen und zu bauen.

    „Allee unserer Träume“ ist ein interessanter Roman über die damaligen Zustände im Nachkriegsdeutschland, der Rolle der Frau und einer Protagonistin, die schon früh die Zeichen der Zeit erkannt hat und den Schritt in die Zukunft wagt. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung wert!

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Eine tolle Geschichte mit Liebe zum Detail


    Das Cover hat mir irgendwie auf den ersten Blick zugesagt, es gefällt mir von der Farbgebung und der Kulisse her aber auch die Frau darauf finde ich gut gewählt. Generell hat mich aber der Titel in Verbindung mit dem Klappentext sehr neugierig gemacht.

    Der Schreibstil war auf jeden Fall besonders, Emotionen wurden sehr anschaulich und in großem Maße beschrieben, wodurch ich zeitweise das Gefühl hatte, man möchte krampfhaft Länge gewinnen, kann aber auch nur so wirken, denn das hat die Geschichte nicht nötig. Hier wird zu jeder Zeit das richtige Wort gefunden und besonders bildlich beschrieben. Genauso wie auch die Charaktere toll Ion Szene gesetzt werden.


    Die Protagonistin Ilse wurde natürlich am umfassendsten beschrieben und hat für meinen Geschmack eine ganz tolle Entwicklung durchgemacht. Irgendwie hatte ich das Gefühl ich muss sie einfach mögen, sie ist sehr authentisch und sympathisch beschrieben. So jemanden hat jeder gerne zur Freundin und möchte Abenteuer mit ihr erleben! Hier und da hätte ich mir noch ein wenig mehr Tiefgang gewünscht zumindest was die Charaktereigenschaften angeht aber ansonsten kann ich mich da nicht beschweren.


    Der Historische Hintergrund war für meinen Geschmack sehr gut auf die Geschichte abgestimmt, es war nicht zu viel und auch nicht zu wenig. Es wirkte realistisch und vor allem interessant, was für mich immer die Hauptsache ist!


    Die Dialoge fand ich unterhaltsam und hatte auch das Gefühl, dass hier das Gleichgewicht zwischen Erzählung und Dialog gut gewesen ist.


    Fazit:

    Für mich eine tolle Geschichte über Neuanfang und es verbietet Aufbruchsstimmung! Ich mochte sowohl die Handlung als auch die Charaktere und kann dieses Buch mit bestem Gewissen weiter empfehlen. Ich bin froh es gelesen zu haben!

  • Ilse Schellhaas ist ein Scheidungskind, dass aber viel Kontakt zum Vater hat und ihn vergöttert. Daher ist schon früh für sie klar, was sie später werden will: Architektin! In den fünfziger Jahren soll in Ost-Berlin eine Allee gebaut werden und sie bekommt die Chance, ihren Entwurf einzureichen. Das macht sie aber nicht unter ihrer eigenen Identität. Kann das mit der falschen Identität gutgehen? Ihr Mann gibt die Entwürfe als seine aus und will Ilse kleinhalten.

    Der Schreibstil ist sehr flüssig zu lesen und sehr authentisch. Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt und gerät zwischendurch auch mal etwas langatmig. Erzählt wird das Ganze aus der Perspektive von Ilse.

    In der Nachkriegszeit wurden Frauen gebraucht, um die Trümmer aufzuräumen, doch kaum geht es wieder bergauf, sind auch die alten Rollenbilder wieder da. Eine Frau als Architektin wird im Job nicht ernst genommen. Ilse versucht das mit dem Identitätswechsel zu vermeiden, hat die Sache aber nicht zu Ende gedacht. Ihr eigener Mann nutzt das aus. Aber diese Ungerechtigkeit will Ilse nicht hinnehmen.

    Die Charaktere sind gut und authentisch ausgearbeitet. Ich mochte Ilse, die für ihre Träume und ihre Freiheit kämpft. Die Rolle der Frau ist weitestgehend auf Küche und Kinder festgelegt und es ist schwer, sich als Frau aus dem Rollenschema zu befreien. Immer wieder trifft sie auf Schwierigkeiten, die sie einfallsreich und mutig beiseiteschafft. Sehr unsympathisch war mir ihr Mann, der egoistisch ist und Ilse ausnutzt. Auch wenn sie des Öfteren nachgibt, ihr Ziel verliert sie nicht aus den Augen.

    Mir hat die Geschichte gut gefallen.

  • Allee unserer Träume - Ulrike Gerold & Wolfram Hänel


    Berlin in der Nachkriegszeit: Die Stadt liegt in Trümmern und die Regierung der DDR hat den Bau einer Prachtstraße beschlossen. Deshalb sind unterschiedliche Architekten dazu aufgefordert worden, sich mit ihren Entwürfen an der Planung zu beteiligen. Der jungen Architektin Ilse Schellhaas gelingt es ebenfalls, ihre Pläne vorzustellen. Am Bau dieser Straße mitzuwirken, ist Ilses großer Traum. Denn sie möchte Wohnungen für die einfachen Leute bauen und ihnen damit das Leben leichter und ein wenig komfortabler machen. Zu Ilses großer Überraschung findet die Regierung Gefallen an ihren Plänen. Doch die anderen Mitbewerber, die ausschließlich männlich sind, zweifeln Ilses Ideen und ihr Können an. Und als dann noch ein Architekt den Raum betritt, den Ilse aus ihrem früheren Leben kennt, droht ihr Traum zu platzen, bevor er überhaupt begonnen hat. Denn dieser Mann kennt ein Geheimnis aus Ilses Vergangenheit, das sie um jeden Preis wahren möchte.


    Im Zentrum dieser fiktiven Geschichte, in die allerdings historische Begebenheiten in die Handlung eingeflochten werden, steht die junge Architektin Ilse Schellhaas. Das Buch startet 1932. Im Prolog erlebt man einige Szenen aus Ilses Kindheit. Die eigentliche Handlung startet dann allerdings 1950, wobei es immer wieder Rückblicke in Ilses Vergangenheit gibt. Die Erzählung ist in einzelne Kapitel unterteilt, die mit dem entsprechenden Handlungsort und der Jahreszahl gekennzeichnet sind. Dadurch fällt es leicht, den Überblick zu behalten. Außerdem gibt es am Anfang des jeweiligen Kapitels immer eine knappe Zusammenfassung von den Ereignissen, die nun erzählt werden. Diese kurze Vorschau soll sicher neugierig machen, wirkt allerdings manchmal auch recht störend, da sie nicht nur den Lesefluss hemmt, sondern bereits einiges verrät, das man lieber selbst, ohne diese Vorkenntnisse, entdeckt hätte.


    Der Schreibstil ist flüssig und sehr angenehm lesbar. Man kann sich die beschriebenen Szenen mühelos vorstellen und dadurch erwacht die Vergangenheit zum Leben. Manchmal meint man sogar fast, den Staub, der auf den Trümmern liegt oder auf der Baustelle verursacht wird, zu spüren und kann deshalb gut in diese Geschichte eintauchen.


    Ilse ist eine sympathische Protagonistin, die ihren Weg geht und für ihre Träume und Ideale einsteht. Das macht sie allerdings nicht überall beliebt, wie sie schon bald feststellen muss. Die Handlung ist durchgehend interessant und deshalb verfolgt man gerne, was das Schicksal für Ilse vorgesehen hat. Durch die kleine Vorschau am Anfang der Kapitel und einige ziemlich detaillierte Ausführungen, wirkt die interessante Erzählung allerdings stellenweise etwas langatmig, aber durchaus lesenswert.


    Im Großen und Ganzen habe ich mich beim Lesen dieser fiktiven Geschichte gut unterhalten. Nicht weniger - aber leider auch nicht mehr! Die kurzen Zusammenfassungen vor den einzelnen Kapiteln haben meinen Lesefluss gehemmt und mir ein wenig die Vorfreude auf den kommenden Abschnitt genommen, da man dann schon grob wusste, was nun passieren wird. Obwohl mir Ilse sehr sympathisch war, blieben die anderen Charaktere für mich eher blass, sodass ich sie eher distanziert betrachtet habe. Dennoch fand ich die Erzählung durchaus interessant und lesenswert. Auf meiner persönlichen Bewertungsskala vergebe ich deshalb drei von fünf möglichen Sternchen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Stellenweise langweilig

    Das Buch erzählt in Zeitsprüngen, wie Ilse bei dem Projekt, der Bau der Karl-Marx-Allee in Ostberlin, als Architektin mitwirkt und wie sie an diesen Punkt gelangte, ihre Entwürfe einzureichen. Die Rückblicke fand ich am Anfang nervend und sehr verwirrend, weil ich mich immer erst orientieren musste, in welcher Zeit man sich gerade befindet und wie weit zurückgesprungen wurde. Immer, wenn man sich in der Handlung zurechtgefunden hat, wurde man wieder herausgerissen. Nach 150 Seiten habe ich mich daran gewöhnt. Trotzdem hätte mir Ilses Leben chronologisch erzählt sehr viel besser gefallen.

    Die Kapitel sind sehr lang, haben kaum Absätze und sehr lange Sätze. Es werden häufig Nebensächlichkeiten beschrieben, beispielsweise wird oft erwähnt, was es zu essen gibt. Dadurch kam ich nur sehr langsam voran.
    Schade finde ich, dass aufgrund des distanzierten und emotionslosen Schreibstils Ilse unnahbar bleibt und man keine Verbindung zu ihr aufbauen kann.
    Am Anfang eines jeden Kapitels steht kurz und knapp in ein paar Sätzen, was in diesem passieren wird. Das ist total überflüssig, da die Handlung und Spannung vorweggenommen wird.


    Fazit:

    Ilses Leben ist eigentlich sehr interessant und aufregend, aber durch die Erzählweise bleibt die Protagonistin distanziert und das Buch wirkt streckenweise langweilig.
    Bewertung: 3/5 Sterne

  • Lebe deine Träume


    Berlin in den 1950er Jahren. Die Parteiführung der SED wünscht sich eine Prachtstraße in Ostberlin und versammelt hierzu eine Gruppe von Architekt_innen, die hierzu Entwürfe vorlegen und die Straße dann gemeinsam entstehen lassen sollen. Auch eine junge Architektin aus Mühlhausen bekommt Wind von der Sache und entscheidet sich fern jeglicher Konventionen eigene Pläne vorzulegen, die auf positive Resonanz stoßen. Doch der Weg zur Verwirklichung ihrer Träume ist nicht einfach und sie wird immer wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt.
    Die Autor_innen nehmen die Leser_innen mit in eine Welt voll politischer Gängelung in beiden deutschen Staaten, ein Klima der Unterdrückung von Frauen und Verfolgung von homosexuellen Begehrensweisen, aber auch der Freundschaft, des Glaubens an die eigenen Träume und des Kampfes darum, diese zu realisieren.
    Allee unserer Träume ist ein richtig fesselndes Buch, was ich nicht wirklich aus der Hand legen wollte und dem ich eine große Öffentlichkeit wünsche. Danke den Autor_innen dafür.

  • Das Autorenduo Ulrike Gerold und Wolfram Hänel hat mit "Allee unserer Träume" einen Roman geschaffen, der zwar an reale Geschehnisse angelehnt ist, allerdings rein fiktiv daher kommt. Sie schreiben selber in ihrer Vorbemerkung: "Alles ist wahr, aber dennoch niemals so passiert."
    Trotzdem hat man beim Lesen das Gefühl, dass sich die geschilderten Ereignisse durchaus ganz genau so zugetragen haben könnten.

    Als Leser begleitet man die Protagonistin Ilse quer durch ihre Kindheit der 1930er Jahre in Thüringen bis hin ins Berlin des Jahres 1989. Trotz der vielen Zeitsprünge die man in jedem Kapitel absolviert, bleibt die Geschichte stehts sehr übersichtlich und man verliert nie die Orientierung. Erzählt wird komplett aus Ilses Perspektive, was dazu führt, dass man zwar einen einigermaßen guten Einblick in ihr Fühlen, Denken und Handeln gewährt bekommt, die anderen Personen jedoch merkwürdig distanziert bleiben.

    Ilse ist eine emanzipierte Frau, die sich - in einem zu der geschilderten Zeit überwiegend von Männern dominierten Beruf - als Architektin versucht einen Namen zu machen. Als sie durch einen Zufall die Gelegenheit erhält, bei der Planung und Ausführung des Baues der prestigeträchtigen Berliner Karl-Marx-Allee mitzuwirken, sieht sie ihre Stunde gekommen. Leider wird ihr Ansinnen durch einen unfreiwilligen Identitätsschwindel beträchtlich erschwert, in den sie völlig unfreiwillig hinein gerät. Fortan versucht ihr "Mann" sie mit seinem Wissen über ihre wahre Existenz unter Druck zu setzen und den Erfolg ihrer fachlichen Ideen und Ausarbeitungen für sich selber in Anspruch zu nehmen.

    Obwohl die Geschichte mir an manchen Stellen unnötig langatmig erschien, kam beim Lesen dennoch keine Flaute auf. Zu flüssig und leichtfüßig war dazu der Schreibstil, der unbedingt zum weiterlesen animierte.


    Von mir gibt es dafür :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Interessante Charaktere und spannende Handlung vor historischem Hintergrund

    Ilse wächst Anfang des 20. Jahrhunderts als Tochter eines Architekten in Thüringen auf und interessiert sich selbst zunehmend für Architektur. Doch kann sie ihren Traum von diesem Beruf verwirklichen, in einer Branche, die von Männern dominiert wird? Der zeitliche Schwenk in die 1950er Jahre zeigt, dass Ilse es trotz des Kriegs geschafft hat, Architektur zu studieren und sich für ein Großprojekt in Ost-Berlin, den Wiederaufbau der Stalinallee zu bewerben. Doch vor Ort nimmt ihr Vorsprechen eine ganz neue Wendung. Die Leser erfahren, dass sie sich nicht als Ilse, sondern als deren Schwester Marga beworben hat. Unerwartet wird die Situation vor allem dadurch, dass sie plötzlich vor deren Mann Helmut steht, der – wie seine Frau Marga – eigentlich in Russland bei einem Unfall ums Leben gekommen sein sollte. Ilse steht vor der Entscheidung, die Wahrheit auf den Tisch zu legen und damit ihren Traum von dem Entwurf eines ganz neuen Wohnviertels aufzugeben oder einen Deal mit Helmut einzugehen.

    Das Buch ist sehr gut geschrieben und recherchiert. Die Stalinallee und die Träume und Vorstellungen der Protagonisten sind so anschaulich beschrieben, dass ich als Leserin das Bedürfnis verspürte, dies mit der Realität abzugleichen und die jetzige Karl-Marx-Allee und das Café Sylvia in Berlin demnächst einmal vor Ort zu besuchen. Nur am Anfang tat ich mich etwas schwer, in die Handlung und die Charaktere hineinzukommen. Häufig werden vorangehende Ereignisse angedeutet und erst viel später erklärt. In meinen Augen unnötig und teilweise etwas nervig. Warum im ersten Teil des Buches die Handlung immer zwischen 1940 und 1950 hin- und hersprang blieb mir ebenso ein Rätsel und verwirrte mich zunehmend, so dass ich nach der Hälfte beschloss, zunächst den älteren Handlungsstrang und dann erst den jüngeren zu lesen. Dies machte das Nachvollziehen der Charaktere, ihrer Erlebnisse und Motive deutlich einfacher und tat m.E. der Spannung keinen Abbruch. Erleichtert stellte ich fest, dass der zweite Teil des Buches chronologisch aufgebaut und zu lesen war. Bis zum Ende blieb allerdings die Frage, warum am Anfang jedes Kapitels eine Kurzzusammenfassung des Inhalts steht. Auch diese habe ich nach drei Kapiteln einfach ignoriert, um mir nicht die Spannung beim Lesen zu nehmen.

    Mein Fazit: Interessante Charaktere in spannender, angenehm zu lesender Schreibweise vor gut recherchiertem historischem Hintergrund, was über die einzelnen für mich unverständlichen und überflüssigen Stilmittel hinwegsehen lässt.


    Meine Bewertung: 4/5 Sterne :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Der 2.Weltkrieg ist vorbei und die Überlebenden finden ihre Städte in Schutt und Asche vor. Berlin gleicht eher einer Steinwüste, als die junge Architektin Ilse mit ihrer Mappe vom kleinen beschaulichen Mühlhausen den Ostsektor betritt. Die Regierung in der DDR möchte eine riesige Prachtstraße in dieser Trümmerwüste entstehen lassen. Das Architekturbüro ihres Vaters ist auch eingeladen worden, nur ist Ilses Vater schwerkrank und sie vertritt ihn, auf eigene Faust aber mit vielen eigenen Ideen. Ihre Vorstellung vor der Obrigkeit läuft wider Erwarten gut, bis ein Mann die Bühne betritt, der ihr dunkles Geheimnis sofort enttarnen könnte.


    Mich hat der Klappentext neugierig gemacht. Eine Frau die sich in einer Männerdomäne durchsetzen möchte, noch dazu in Ostberlin kurz nach dem Krieg. So protzig und völlig überdimensioniert diese Bauten an der heutigen Karl-Marx-Allee heute auch wirken, bedeuteten sie damals einen Luxus für die Ostberliner Bevölkerung. Jedenfalls war ich gespannt wie das Autorenduo diese Szenerie einfangen wollte um einen interessanten Roman zu kreieren. Mir wurde schnell klar, dass Ulrike Gerold und Wolfram Hänel nicht aus Ostdeutschland kommen, denn es tauchen doch ziemlich viele Ungereimtheiten auf, die ich mir, da ich aus Ostdeutschland stamme, nur so erklären kann.

    Der Beginn ist unterhaltsam und flüssig geschrieben. Ilses Kindheit und Jugend, ihre innige Beziehung zu ihrem Vater und die ersten Schritte in Richtung des späteren Berufswunsches sind ansprechend zu lesen. Erst als Ilse die große Bühne in Berlin betritt und sich als „kleine“ Frau in einer Männerdomäne behaupten möchte wird die Geschichte unglaubwürdig. Ich will versuchen das zu erklären: In der noch jungen DDR galten Frauen von Anfang an als gleichberechtigt. Es wäre also überhaupt nichts Ungewöhnliches gewesen als vollwertige Architektin mitzuarbeiten. Übrigens ein fast vergessenes Phänomen, im Ostblock war es absolut normal (natürlich wenn man sich politisch „korrekt“ verhielt) wenn Frauen sogenannte Männerberufe erlernten. Aber nicht nur das war enervierend zu lesen, sondern ganz besonders haben mich die abrupt stattfindenden Zeitsprüngen mein Lesevergnügen gekostet und ebenso die an den Anfang gestellte Übersicht des Inhaltes des jeweiligen Kapitels. Damit wurde ein Teil der kommenden Geschichte ja schon vorweg genommen. Vielleicht hätte auch dies mich nicht so stark gestört, wäre mir die Protagonistin oder andere Mitwirkende sympathisch gewesen. Alle Figuren sind eher farblos und eher Randnotizen. Die Protagonistin selbst finde ich zu selbstbezogen und in jedem zweiten Satz geht es um „ihren Traum“. Ganz bezeichnend für den Charakter der Ilse ist ein Satz ziemlich zum Ende des Buches. Sie plant eine Reise mit ihrem Mann um sich bei ihm für all die Jahre zu bedanken. Sie überlegt hin und her: „Nein, Unsinn wir fahren nach Brügge! Wir sehen uns gemeinsam die Häuser an, mit denen alles begonnen hat.“- Nur war das nie der Traum ihres Mannes sich in Brügge die Architektur anzusehen, sondern der Traum von Ilse und ihrem Vater.

    Eine großartige Möglichkeit eine Geschichte über den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg zu schreiben, die jedoch weder authentisch noch fesselnd umgesetzt wurde. Schade.:bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Inhalt

    Berlin in den 1950er Jahren: Für den Bau der Stalinallee im Ostsektor der Stadt wird ein Wettbewerb ausgeschrieben. Neben den bekannten Architekten sollen auch kleinere Büros aus den Provinzen eine Chance erhalten. Ilse Schellhaas aus Mühlhausen in Thüringen reist in Vertretung ihres erkrankten Vaters nach Berlin, um in dieser Männerdomäne ihre Ideen einzubringen. Ihr kommt es vor allem darauf an, lebenswerten und leistbaren Wohnraum für die Arbeiter zu schaffen. Ob sich Ilse damit gegen ihre männlichen Kollegen behaupten kann, bleibt zunächst ungewiss.


    Autoreninformation aus dem Buch:

    Ulrike Gerold und Wolfram Hänel, beide Jahrgang 1956, haben an der FU Berlin Germanistik und Theaterwissenschaften studiert. Sie leben und arbeiten seit über 40 Jahren zusammen. Nach Krimis und Thrillern ist die "Allee unserer Träume" ihr erster Familienroman.

    In diesem Buch erzählen die beiden Autoren die Geschichte von Wolfram Hänels Mutter, die als junge Architektin Pläne für den Bau der Karl-Marx-Allee entwarf. In welchem Umfang diese umgesetzt wurden, ist nicht bekannt.

    In der Vorbemerkung zum Roman heißt es: "Alles ist wahr, aber dennoch niemals so passiert."


    Meine Meinung

    Die Idee für den vorliegenden Roman hat mir gut gefallen, vor allem deshalb, weil es sich um ein wenig strapaziertes Thema handelt. Im Baugewerbe aktiv mitwirkende Frauen sind in der Literatur ja nicht so häufig anzutreffen. Die Umsetzung hingegen fand ich bei weitem nicht so interessant wie erwartet.

    Der Anfang hat mir noch sehr gut gefallen, weil die liebevolle Beziehung zwischen Ilse und ihrem Vater wirklich äußerst berührend und lebensecht dargestellt wird. Danach allerdings fängt die Geschichte an zu holpern. Ilses Probleme mit ihrer Identität, ihr plötzlicher auftauchender Mann Helmut und dessen seltsames Verhalten, eine Ehe, die nicht mehr ist als eine auf Lügen aufgebaute Zweckgemeinschaft, Ilses eigenartiges Verhältnis zu ihrem entfernten Verwandten Hans, das alles sind Zutaten, die zu einer merkwürdigen Geschichte vermischt wurden.

    Die agierenden Personen sind mir fremd geblieben, weil ich die charakterliche Ausarbeitung als zu oberflächlich empfand. Der Schlussteil hat mir ebenfalls nicht gefallen, da keine dramatischen Wendungen, keine unerwarteten Entwicklungen stattfanden, die zur Rettung des Buches beigetragen hätten.

    Der Roman wird in Vor- und Rückblenden erzählt, wobei der Hauptteil in den 1950-er Jahren in Berlin spielt. Unter jeder Kapitelüberschrift findet sich eine kurze Information, die Auskunft über die kommenden Ereignisse gibt, eine meiner Meinung nach vollkommen überflüssige Maßnahme, zumal es ja nicht so schwierig ist, dem Handlungsverlauf zu folgen.

    Für mich war der Roman keine in sich abgerundete und stimmig erzählte Geschichte, die meine Erwartungen auch nur ansatzweise erfüllt hätte.