Urs Widmer - Der Geliebte der Mutter

  • nachdem ich bei heidenreich die vorstellung von "das buch des vaters" gesehen habe und urs widmer aus dem buch bei uns eine lesung gehalten hat, habe ich mir vorgenommen "der geliebte der mutter" endlich mal zu ende zu lesen. ich habe es mal vor einiger zeit angefangen und konnte mich nicht so in die geschichte reinfinden, da es viel um die musik des geliebten geht. aber ich werde es jetzt noch einmal versuchen...

    "Gern lesen heisst, die einem im Leben zugeteilten Stunden der Langeweile gegen solche des Entzückens eintauschen."

  • Klappentext (von Amazon kopiert):
    Als Clara, ein Mädchen aus reichem Hause, den jungen Edwin kennen lernt, ist er arm wie eine Kirchenmaus und hat nur eines im Kopf: Musik, moderne Musik von Komponisten, die in den 20er-Jahren noch kein Mensch kennt. Sie arbeitet für ihn und liebt ihn mit der gleichen Hingabe wie er seine Musik. Er ahnt nichts von dieser Liebe, heiratet eine andere, wird berühmt. Claras Leben hingegen zerbricht, ihre Liebe zu Edwin wird zur stummen Besessenheit, von der nie jemand etwas erfährt.


    zum Autor: Urs Widmer, geb. 1938, ist ein Schweizer Schriftsteller und Übersetzer, lebt und arbeitet in Zürich.


    Der im Titel genannte "Geliebte" der Mutter ist eine Nebenfigur, taucht nur in den Anfangssequenzen des Buches auf. Es geht nicht um ihn, sondern um die Mutter des Ich-Erzählers, deren gesamtes Leben von der Obsession (unter Liebe verstehe ich etwas anderes) nach Edwin bestimmt wird.
    Edwin gründet als von Musik besessener Laie das Junge Orchester, das sich vor allem zeitgenössischer und neuer Komponisten annimmt und ihnen und sich selbst zu Bekanntheit und Ruhm verhilft. Die Mutter arbeitet für das Orchester - meist unentgeltlich - als Mädchen für alles, Managerin, Seketärin, Kassenwart, usw. und als gelegentliche Bettgespielin für Edwin. Während er Karriere macht, eine reiche Erbin heiratet und sich ein paar Jahre später nicht mehr an sie erinnert, bleibt er zeitlebens im Zentrum ihrer Gedanken und Gefühle, auch wenn sie später einen Mann heiratet, der im Buch keinen Namen bekommt und als Person nicht auftritt. Neben ihren Gefühlen für Edwin scheint kein anderes Gefühl Platz zu haben, auch das Kind, das ihre Geschichte erzählt, erlebt sie nicht als sorgende oder liebende Mutter, sondern als eine Person, die in ihrer eigenen Welt lebt und sich mehreren Behandlungen in psychiatrischen Kliniken unterziehen muss.
    Wenn schon die Mutter keine Nähe zu ihrem Sohn sucht, so bemüht sich der Sohn mit dieser, ihrer Geschichte um eine Annäherung an die Mutter. Sie, die sich ihm immer entzog, macht er zum Mittelpunkt seiner Gedanken. Er will auf sie zugehen, will verstehen und will auch, dass der Leser versteht. Dazu geht er weit in ihre Familiengeschichte zurück, stellt ihre enge und weitläufige Verwandtschaft (z.T. Italiener) vor, bei der sie letztlich auch kein Zuhause findet.


    Sprachlich ist das Buch sehr gelungen: bildhaft, lebendig und fließend zu lesen. Besonders schön, wie Widmer die unermüdliche Gartenarbeit der Mutter als Zeitraffer für ganze Jahrzehnte ihres Lebens und der Weltgeschichte verwendet.
    Merkwürdig: Alle Personen, die in diesem Buch sterben - es sind nicht wenige - fallen einfach um, z.B. nach einer schlechten Nachricht oder einer Liebesnacht.


    Nach seinem Erscheinen im Jahr 2000 erregte der Roman Aufsehen, weil man in der Person des Edwin den Schweizer Dirigenten und Unternehmer Paul Sacher zu erkennen glaubte. Widmer selbst sagte dazu: "Ich habe ein Buch zu schreiben versucht, das ganz nahe bei meiner Mutter bleibt. Ich habe die Geschichte meiner Mutter aufgeschrieben und musste auch diese in gewissem Masse in Fiktion verwandeln, denn anders kann man gar nicht schreiben." hier kopiert.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Heute habe ich mit "Das Buch des Vaters" begonnen, in welchem Clara ebenfalls eine Rolle spielt. Ich wusste nicht, dass die beiden Bücher irgendwie zusammengehören. Auf der Cover-Rückseite steht, ich zitiere:


    "Und es erzählt auch die Geschichte der Frau, die er liebt - Claras, die im Zentrum des Romans Der Geliebte der Mutter steht. Die gleiche Geschichte, verblüffend anders erzählt."


    Ich sollte wohl das Buch weglegen und mit "Der Geliebte der Mutter" beginnen :-k

    ☆¸.•*¨*•☆ ☆¸.•*¨*•☆ La vie est belle ☆¸.•*¨*•☆☆¸.•*¨*•☆