UDO
Autor: Udo Lindenberg, Thomas Hüetlin
Verlag: Kiepenheuer&Witsch (4. Oktober 2018)
ISBN-10: 9783462050776
Seiten: 352
Ich habe mit Udo Lindenberg gar nichts
zu tun. Außer „Ein Sonderzug nach Pankow“ kann ich noch nicht
mal sagen, was er singt. Aber ich brauchte das Buch für eine Challenge.
Da ich keine Ahnung von Udo habe, fiel es mir erst mal schwer reinzukommen. Es fängt nämlich mitten in seinem Leben an.
Von einem Anruf, dass sein Bruder gestorben ist, schwenkt es direkt rüber, wie schlecht es Udo im Allgemeinen geht. Das war die Zeit vor seinem Comeback.
Hier haben sich mir erst mal mehr Fragen aufgetan, als beantwortet wurden. Er wohnt als Dauergast in einem Hotel. Warum?
Doch als es zurück in seine Kindheit geht, wurde es wirklich interessant.
Er wurde 1946 als zweites Kind geboren. Ein Mädchen sollte er werden. Immer wurde er mit seinem überaus begabten älteren Bruder verglichen und als dann die Zwillinge, Mädchen, kamen … nun ja.
Sein Vater war sehr herrisch, ein Haustyrann. Konnte monatelang nicht mit seiner Frau reden, wenn diese die Socken falsch sortierte.
Täglich saß er in der Kneipe, betrank sich und verklärte den Krieg.
„Gustav erinnerte sich dann gerne an die Zeiten auf Kreta,wo man ihn angeblich „Costalucci“ gerufen und die tollsten Feste gefeiert hatte. Die Frauen. Der Wein.Die warmen Nächte. Und Costalucci mittendrin. Kein Wort von massenhaften Partisanen-Erschießungen und Vergewaltigungen. Wenn man Gustav in der Quelle [die Kneipe] zuhörte, war der Zweite Weltkrieg in Griechenland eher eine Art Club-Robinson-Urlaub in Uniform gewesen.“
Doch noch schlimmer waren die Momente, wenn der Vater gut drauf war und die Kinder nachts antanzen ließ, um zu der Musik aus dem Grammophone mit dem Kochlöffel zu dirigieren.
Udo fand früh die Liebe zu Musik. Schon mit 9 Jahren bekam er einen Job als Trommler in der Dorf Band. Und schon mit 9 Jahren fing er an, zur Beruhigung die Reste der Biere aus den Gläsern seiner Kollegen zu trinken. Bald schon trank er nach der Schule 2-3 Biere.
Mich hat das tief schockiert und mich schließlich nicht mehr gewundert, dass am Anfang des Buches so oft von Alkohol die Rede war.
Alkohol wurde Udos bester Freund und sein schlimmster Feind. Immer wieder stürzte er ab, immer wieder rappelte er sich hoch.
„„Weißt du was, du bist der größte Wichser auf der ganzen Welt!“, brüllte Steffi.
Nichts. Dann ein Tut-Ton.
Udo hatte aufgelegt.
„Du triffst selbst die Entscheidungen. Nur du selbst bist für dich verantwortlich“, schrieb Steffi als SMS.
Die Antwort kam erst drei Tage später.
„Alles klar, vielen Dank. Bin wieder an Bord.“
Udo fuhr zurück ins Studio. Nüchtern. Er hätte, sagte er, die Scheidung von Lady Whisky eingereicht.“
Das Buch ist großartig geschrieben. Sehr nah und persönlich. Ich konnte mich total gut einfühlen. Auf der Rückseite des Buches sagt Udo: »Thomas Hüetlin hat mein Leben aufgeschrieben wie einen langen Song von mir. Meine definitive Biografie. Mein Ding.«
Und das kann ich nur bestätigen. Es hört sich wirklich wie ein Song an. Und dadurch ist es neben aller Schwere, die Udos Leben gezeichnet hat, ganz leicht. Es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, das Buch zu lesen und zu hören. Ja, nebenbei habe ich die Passagen auch immer wieder gehört, weil die Art, wie Udo das Buch spricht, einfach genial ist.
Dazu gibt es einige typ. Udozeichnungen.
Fazit:
Obwohl ich nicht alles bis ins letzte Detail verstanden habe (die Frage, warum jemand in einem Hotel wohnt, lässt mich nicht los), gebe ich dem Buch 5 , da der Schreibstil, wie ein langer Song, einmalig ist!