Charles Dickens - Eine Geschichte aus zwei Städten / A Tale of Two Cities (Start: 1. Februar 2019)

  • wegen des Fräuleins Manette?

    Ja, das vermute ich auch - aber dann frage ich mich wieder, wieso er dann dem schönen Mr. Darney vor Gericht das Leben rettet. Schließlich war ja offensichtlich, dass das Manettchen sich in den undurchsichtigen Darney verguckt hat, also hätte er die Sache doch bloß laufen lassen können, es stand ja nicht gut für den Angeklagten Darney. Und dann hätte er freie Bahn gehabt.

    So ganz klar ist das alles nicht, und daher unterstelle ich ihm ehrenwerte Motive: Altruismus oder aber einen Hang zur Gerechtigkeit.


    Egal wie es ist: Dickens bzw. der Erzähler lenkt ja unsere Sympathien. Wenn ich für mich eine Sympathie-Skala aufstelle, steht der "Schakal" (ihh - sind das nicht Aasfresser??) ziemlich weit oben, jedenfalls höher als Mr Darney und der ebenfalls undurchsichtige Dr. Manette.

    Na ja. Vielleicht falle ich ja nur auf den Erzähler herein?

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • aber dann frage ich mich wieder, wieso er dann dem schönen Mr. Darney vor Gericht das Leben rettet.

    weil Stryver den Prozess gewinnen wollte und er für Stryver arbeitet? :wink:


    Buch 2, Kapitel 7 und 8

    Wow, was für ein Einstieg. Idiotischerweise war ich ja ein wenig überrascht, so abrupt nach Frankreich zu wechseln - dabei lesen wir ein Buch mit dem Titel "A Tale of Two Cities" #-o

    Aber dafür war der Wechsel einer mit Sogwirkung. Dickens zeichnet in seiner so virtuos beherrschten Kunst ein fatales Bild der Obersten Schicht in Frankreich. Der gesamte Einstieg trieft vor Sarkasmus und ist bitterböse :twisted: Es bleibt einem schier die Spucke weg beim Lesen. Dickens lässt an nichts und niemandem ein gutes Haar. Und wen wundert's: wir begegnen dem Ehepaar Defarge wieder und genau in der Art, wie zumindest ich damit gerechnet habe. Die beiden stehen ganz sicher furchtlos in Opposition zum herrschenden System und werden ganz bestimmt noch eine wichtige Rolle in der zukünftigen Handlung spielen.


    Die Verachtung der herrschenden Klasse gegenüber der breiten, völlig verarmten Masse wird durch den Tod des Kindes bitter veranschaulicht. Wobei das wohl nicht allein ein französisches Übel gewesen sein dürfte. Aber Dickens als Engländer zeichnet es evtl. noch einen Ticken vorbelasteter, handelt es sich schließlich bei Frankreich um einen jahrhundertealten Staatsfeind, der dem Mutterland am Ende die Niederlage im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg mit bescherte. Irgendwo in meinen Notes steht sinngemäß, dass Dickens Schreibstil auch dazu führt, dass man die Geschichte liest und hört. Das fand ich extrem bestätigt in dem Moment, in dem der Marquis, nachdem Defarge die Münze in die Kutsche zurückgeworfen hatte, leise und ruhig, aber in völliger Selbstüberzeugung spricht:

    Zitat

    You dogs! I would ride over any of you very willingly, and exterminate you from the earth. If I knew which rascal threw at the carriage, and if that brigand was sufficiently near it, he should be crushed under the wheels.


    Ganz am Anfang von Kapitel 7 war ich wieder froh über meine Notes, denn ich bin nicht Bibelfest. Wenn Monseigneur die Überzeugung hegt "The earth and the fulness thereof are mine" , so ist das die persönliche Umwandlung des Psalm 24, I: "The Earth is the Lord's, and the fulness thereof". Ohne die Anmerkung hätte ich diesen Ausspruch nicht richtig deuten können oder den Hinweis mit dem einen, einzigen geänderten Pronomen :ergeben:


    Interessant die Wandlung des Monsieur the Marquis zum Monseigneur in Kapitel 8. Hat er in Kapitel 7 selbst noch dem Monseigneur die Hölle an den Hals gewünscht, weil ihm die gewünschte Aufmerksamkeit versagt blieb, so verhält er sich seinen Abhängigen gegenüber tupfengleich genauso ohne darin einen Widerspruch zu sehen. Ganz deutlich ist dies in der Szene mit der alt wirkenden Witwe und ihrer Petition an den hohen Herrn, die ihm einfach nur lästig ist.


    Ich hab übrigens vorhin noch ein wenig recherchiert, weil ich bei mir einfach enorme Wissenslücken über die Zeit vor der Französischen Revolution feststelle. Es gab im Jahr 1775 - also dem Jahr, in dem unsere Geschichte begann - in Frankreich den sog. Mehlaufstand, bei dem zahlreiche Menschen gegen die immensen Mehl- und Brotpreise protestierten. Ein Sack Mehl kostete das Vierfache eines Lamms, aber Brot war das Grundnahrungsmittel der armen Bevölkerung der damaligen Zeit. Nach diesem Aufstand, der natürlich niedergeschlagen wurde, kontrollierte allerdings die Krone ein wenig den Mehlpreis, um einen weiteren Aufstand zu verhindern. Das änderte aber nicht sehr viel an den miserablen Lebensumständen der breiten Masse. :-?

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Aber dafür war der Wechsel einer mit Sogwirkung. Dickens zeichnet in seiner so virtuos beherrschten Kunst ein fatales Bild der Obersten Schicht in Frankreich. Der gesamte Einstieg trieft vor Sarkasmus und ist bitterböse :twisted: Es bleibt einem schier die Spucke weg beim Lesen. Dickens lässt an nichts und niemandem ein gutes Haar.

    Ja, was für ein Beginn!!! Dickens ist einfach der >once and future King< der Geschichtenerzähler. Ich wüsste auf Anhieb nicht wer diesem

    Schreibstil, dieser Erzählkunst gleichkommt. Und hier ist er wirklich bitterböse, wenn er Monseigneur zwar auch als individuelle Person

    darstellt, aber mit ihm eigentlich auch ein Abbild der gesamten Aristokratie dieser Zeit liefert.


    Ich denke auch, dass Dickens bei der Beschreibung der Zustände in beiden Ländern etwas vorbelastet ist. In Frankreich brodelt es überall, aber

    in England gibt es immer noch diese Rückzugsorte, diese Möglichkeiten in Ruhe zu leben. Da wirkt das viktorianische England schon wie eine

    Art Schutzort. Mutter England halt..........


    Zwar stellt er auch Missstände seines Heimatlandes England dar, aber das vorrevolutionäre Frankreich wird von Willkür und Brutalität beherrscht.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • Buch 2, Kapitel 7 und 8


    Sehr gut gefallen hat mir, wie Dickens das Ende des 6. Kapitels gestaltet hat, eine recht düstere Andeutung.

    Und dann am Ende das Bild der großen Menschenmenge die stürmend und tobend herankommt. Großes Kino, Herr Dickens.

    Ja, das war ganz schön beängstigend, man konnte die Hunderte Leute, die durch die Gasse kommen, die man schon laut hört, aber noch nicht sieht, förmlich innerlich vor Augen sehen und hören.

    Ich hatte auch das Gefühl das Miss Manette und ihr Vater sich während der Befragung sehr zurück gehalten haben und ausweichend/charmant zu den Fragen geantwortet haben.

    Da hatte ich vor allem das Gefühl, dass sie ehrlich sein, aber nicht zu viel sagen wollten, um es für Darnay nicht noch schlimmer zu machen.

    Vor allem waren wohl alle im Gerichtssaal sowohl schockiert als auch fasziniert von dem bald stattfindenden grausamen Schauspiel. Weil Darnay aber so gut aussah, fand man es dann aber doch ein bisschen schade um den jungen Mann ... 8-[

    Bei meiner Lektüre gestern abend bin ich mir ja noch nicht einmal sicher für wen sich Mr. Lorry tatsächlich interessiert, für die resolute Mrs. Proß oder etwa doch Mrs. Manette?

    Lorry und Proß scheinen sich zumindest gut zu verstehen und einen ähnlichen Humor zu haben, sympathisch. :)

    Ganz am Anfang von Kapitel 7 war ich wieder froh über meine Notes, denn ich bin nicht Bibelfest. Wenn Monseigneur die Überzeugung hegt "The earth and the fulness thereof are mine" , so ist das die persönliche Umwandlung des Psalm 24, I: "The Earth is the Lord's, and the fulness thereof". Ohne die Anmerkung hätte ich diesen Ausspruch nicht richtig deuten können oder den Hinweis mit dem einen, einzigen geänderten Pronomen :ergeben:

    Danke für diesen Hinweis! Dass dieser (nicht gerade geliebte) Monseigneur (und der Marquis wiederum den ihm Untergebenen gegenüber) sich selbst als gottgleich sieht, fasst das Grundgefühl dieser ersten zwei Kapitel gut zusammen. Unglaubliche Auswüchse und eine Selbstverständlichkeit, mit der der Monseigneur diesen dekadenten Luxus lebt! ... Wenn man bis hier noch unsicher gewesen sein sollte, was Dickens ausdrücken wollte, dürfte es spätestens jetzt klar sein. :lol:


    Die Szene mit dem Kind war schrecklich! Diese unfassbare Ignoranz! Das absolut fehlende Mitgefühl. Die Stumpfheit (und in der Situation wohl auch das Klügste, zu schweigen, obwohl man doch sogar als Leser einfach nur schreien möchte) der unterdrückten Menschen. Echt schlimm, diese Situation.

    Ich fand auch die Beschreibungen der hungernden Menschen sehr eindrücklich, beispielsweise das:

    "Aber auch die Bevölkerung war arm, und viele von den Einwohnern saßen vor den Türen und schnitzelten Zwiebeln oder etwas Ähnliches zum Nachtessen, während andere an dem Brunnen standen und Blätter, Gras und sonstige kleine Erderzeugnisse wuschen, die sich essen ließen."

    Solche Darstellungen von und dass man schließlich Gras etc. isst, kannte ich bisher hauptsächlich von Polarreisenden, wo die Natur (und schwindende Vorräte) einfach nicht mehr hergab.

    Dass es zu solchen Auswüchsen kommen kann, weil einem Steuern die Luft zum Atmen nehmen, das hat Dickens eindrücklich beschrieben. Und außer Steuereinnehmern und den davon Profitierenden dürfte es da recht eindeutige Sympathien für die Romanfiguren geben. :-,

  • Allerdings finde ich sie ziemlich pathetisch in der Wiedersehens-Szene am Ende von Book One

    Zumal sie ja gar keinen Bezug zu ihrem Vater haben kann, außer dem rein biologischen. (Und der allein macht ja nun keine Beziehung aus.) Auf den ersten Blick wirkt es auf mich recht klischeehaft: die mitfühlende zarte Frauenseele und die recht unbeholfen daneben stehenden Männer. Aber es wäre ja nicht Dickens, wenn da nicht noch mehr dahinterstecken würde. Wir werden sehen...

    Oh ja, die Szene fand ich stark übertrieben. Zudem war für mich ihre Reaktion nicht ganz nachvollziehbar, aber wie ihr schreibt, Dickens wird sich schon was dabei gedacht haben :loool:


    Ich hatte das Gefühl, dass es nach Kap. 3 oder 4 etwas verständlicher wird, also halte durch.

    Danke für die Aufmunterung. Ich bin auch immer besser in die GEschichte reingekommen. Die Gerichtsverhandlung war dann wieder eine Herausforderung. Aber insgesamt macht schon Spaß.


    Und neben dem "Jacques" als Codewort für Aufständische denke ich mir noch, dass es dann für unerwünschte Zuhörer schwerer ist, jemanden zu verraten - denn den richtigen Namen weiß man ja erst mal nicht.

    Die Konversation fand ich sehr lustig zu lesen:totlach:


    Das ist ein böses Spiel das Herr Dickens hier treibt. Da kommt man schon ins Grübeln ob des wahren Charakters des Herrn Carton.

    Ich habe es so interpretiert, dass die positive genetische Veranlagung alleine nicht ausreicht und die schwierige Umwelt Mr. Carton seiner eigentlichen Möglichkeiten beraubt :-k


    Nicht nur dir ging es so :friends: Schon alleine das lesen bzw. die Vorstellung wenn man zum Tode verurteilt wird *brrrrr*
    Zumal ich mir vorstelle erst bei letzten Akt der Tötung wirklich tod zu sein und alles andere in den einen oder anderen Maße noch mit bekommt.

    Normalerweise müsste man ja direkt zu Beginn zumindest das Bewusstsein verlieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man da noch viel von mitbekommen hat :shock:


    Ich hänge zwar ein wenig hinterher, aber ich bin noch dabei :winken:

    2017: 49/87; 2016: 43/92; 2015: 33/84; 2014: 36/56; 2013: 52/37; 2012: 52/39

  • Herrje, ich hab' inzwischen auch total den Anschluss verloren. Meine Ausgabe ist einfach nicht für eine Leserunde geeignet, denn am meisten lese ich täglich beim Pendeln und dafür ist meine Ausgabe zu schwer. Ich lese das Buch in meinem Tempo zu Ende und dann führe ich mir Eure Beiträge zu Gemüte. Aber regelmäßig teilnehmen schaffe ich nicht, seid mir nicht böse.

    Warum sollten wir Dir böse sein? :friends: Schreib einfach zwischendrin trotzdem mit, falls Dir was auf der Seele brennt, und hab ansonsten viel Freude an diesem tollen, wenn auch grausamen Buch :)

    Ansonsten muss man bei diesen Roman hochkonzentriert sein um ja jedes so winzige Detail mit zu bekommen.

    Und wie - ich bleib dabei: es ist das bisher forderndste von Dickens Büchern, jedenfalls für mich. Aber trotzdem einfach grandios, diese Erzählkunst ist einfach :pray:

    Er hat gute Anlagen, schreibt Dickens, und wir werden sicher

    noch erfahren, wieso er so viel trinkt bzw. welche Umstände es waren, dass er nicht so erfolgreich ist wie sein

    Freund, sondern eher im Hintergrund agiert.

    Na, gesoffen haben die wohl alle wie die Löcher, so wie es beschrieben wird. Das wird irgendwo auch angedeutet, nicht nur bei Stryver und Carton. :loool:

    Dickens ist einfach der >once and future King< der Geschichtenerzähler. Ich wüsste auf Anhieb nicht wer diesem

    Schreibstil, dieser Erzählkunst gleichkommt.

    Ich kann auch niemanden nennen :D

    Dass dieser (nicht gerade geliebte) Monseigneur (und der Marquis wiederum den ihm Untergebenen gegenüber) sich selbst als gottgleich sieht, fasst das Grundgefühl dieser ersten zwei Kapitel gut zusammen.

    Ja, der angepasste Psalm passt wie die Faust aufs Auge und hätte prinzipiell als Aussage gereicht!

    Ich fand auch die Beschreibungen der hungernden Menschen sehr eindrücklich, beispielsweise das:

    "Aber auch die Bevölkerung war arm, und viele von den Einwohnern saßen vor den Türen und schnitzelten Zwiebeln oder etwas Ähnliches zum Nachtessen, während andere an dem Brunnen standen und Blätter, Gras und sonstige kleine Erderzeugnisse wuschen, die sich essen ließen."

    Solche Darstellungen von und dass man schließlich Gras etc. isst, kannte ich bisher hauptsächlich von Polarreisenden, wo die Natur (und schwindende Vorräte) einfach nicht mehr hergab.

    Leider kenne ich solche Beschreibungen auch aus anderen Zusammenhängen heraus - es wurde gegessen, was irgendwie essbar erschien, zur Not wurden Lederschuhe ausgekocht :-# Da hat Dickens leider keine ausschweifende Fantasie, sondern sehr viel Realismus gezeigt. Als er das Buch schrieb, war die große Hungerkatastrophe in Irland grad einmal 10 Jahre her

    Normalerweise müsste man ja direkt zu Beginn zumindest das Bewusstsein verlieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man da noch viel von mitbekommen hat :shock:

    Ich muss dir leider ein paar Illusionen rauben. Wenn man Glück hatte (so wie de la Motte), wurde man nach dem Hängen enthauptet. Aber die Scharfrichter waren Meister ihrer "Kunst" und mussten es sein. Sie konnten Dich so hängen, dass Du fast erstickt bist aber immer noch am Leben, sie konnten auch den Rest bis zu einem Grad durchführen, dass Du noch immer bei Bewusstsein warst. Es wäre auch nicht der erste Henker, der vom Mob gelyncht worden wäre nur weil das Opfer zu schnell starb und die Schaulustigen ihre Sensationsgier nicht erfüllt bekamen :-#


    Und wer ist in Kapitel 9 mit der spannenden, neu enthüllten Familienkonstellation? :lechz:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Normalerweise müsste man ja direkt zu Beginn zumindest das Bewusstsein verlieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man da noch viel von mitbekommen hat :shock:

    Ich muss dir leider ein paar Illusionen rauben. Wenn man Glück hatte (so wie de la Motte), wurde man nach dem Hängen enthauptet. Aber die Scharfrichter waren Meister ihrer "Kunst" und mussten es sein. Sie konnten Dich so hängen, dass Du fast erstickt bist aber immer noch am Leben, sie konnten auch den Rest bis zu einem Grad durchführen, dass Du noch immer bei Bewusstsein warst. Es wäre auch nicht der erste Henker, der vom Mob gelyncht worden wäre nur weil das Opfer zu schnell starb und die Schaulustigen ihre Sensationsgier nicht erfüllt bekamen :-#

    Ich denke auch die Hneker waren zur damaligen Zeit Meister ihres Faches. Genauso wie ich es vorstellen kann, das der Henker nicht allzu schnell machen durfte, solch Hinrichtungen waren doch DAS SCHAULSPIEL schlecht hin für die Leute..............zumal auach noch kostenlos.
    Ausserdem kann ich mir vorstellen, das dein Unterbewusstsein doch noch so einiges mitbekommt.

    Und wie - ich bleib dabei: es ist das bisher forderndste von Dickens Büchern, jedenfalls für mich. Aber trotzdem einfach grandios, diese Erzählkunst ist einfach

    :pray:
    Darum auch schön langsam, ruhig geniessen... Ich hoffe morgen weiter lesen zu können, ansonsten muss ich es dann wieder auf meinen freien Tag (Donnerstag) verschieben.

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Squirrel : Und wer ist in Kapitel 9 mit der spannenden, neu enthüllten Familienkonstellation?


    Ich habe gestern bis einschließlich Kapitel 10 gelesen. Die Enthüllung über die Familiensituation fand ich auch sehr interessant. Das erklärt zumindest, was einen gewisse Person denn in Frankreich getrieben hat. Und diese Person scheint ja auch nicht gerade begeistert von den Auswüchsen der adeligen Schicht zu sein. Wobei ich dem Betreffenden immer noch nicht ganz traue.


    Mehr dazu dann nächste Woche, ich werde wohl erst morgen weiterlesen.

    "Selber lesen macht kluch."


    If you're going to say what you want to say, you're going to hear what you don't want to hear.
    Roberto Bolaño

  • Die Enthüllung über die Familiensituation fand ich auch sehr interessant. Das erklärt zumindest, was einen gewisse Person denn in Frankreich getrieben hat. Und diese Person scheint ja auch nicht gerade begeistert von den Auswüchsen der adeligen Schicht zu sein. Wobei ich dem Betreffenden immer noch nicht ganz traue.

    Zarte Familienbande waren da ja keine festzustellen zwischen den beiden - da treffen wohl Traditionalismus und Moderne aufeinander. :loool: Aber da muss mehr vorgefallen sein als ich bis jetzt gelesen habe. Bei dem "liebevollen" Verhalten und den Sprüchen des Onkels kann ich mir da grad so allerlei vorstellen. Ich bin an der Stelle, an der die beiden Herren zu Bett gegangen sind. Und ich bin deiner Meinung: so ganz traue ich dem Frieden irgendwie auch noch nicht.

    viele Grüße vom Squirrel



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  • Ich habe eine Frage zur Chronologie:

    In diesem Kapitel 9 heißt es gegen Schluss sinngemäß, dass ein Jahr vergangen sei.

    Muss ich das so verstehen, dass diese Frankreich-Episode (Reise des Marquis auf sein Schloss und das

    Zusammentreffen mit seinem Neffen) vor dem England-Aufenthalt (dem Prozess etc.) stattgefunden hat?

    Das wäre eine ungewöhnliche Anordnung; üblicherweise werden in Romane dieser Zeit Rückblicke eher in Erzählungen

    geleistet, also in eine Art Rahmenhandlung eingebettet.


    Oder ist Darney nach dem Prozess etc. wieder nach Frankreich gereist?

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Muss ich das so verstehen, dass diese Frankreich-Episode (Reise des Marquis auf sein Schloss und das

    Zusammentreffen mit seinem Neffen) vor dem England-Aufenthalt (dem Prozess etc.) stattgefunden hat?

    Das muss nach dem Prozeß gewesen sein, denn diese Passage deutet doch darauf hin, dass der Marquis seine Finger auch da im Spiel hatte, oder?

    Zitat


    >>Inder Tat<<, fuhr der Neffe fort, >>soviel ich in Erfahrung brachte, habt ihr ausdrücklich darauf hingearbeitet, dass die verdächtigen

    Umstände, die gegen mich sprachen, noch verdächtiger erschienen. <<

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • Das muss nach dem Prozeß gewesen sein, denn diese Passage deutet doch darauf hin, dass der Marquis seine Finger auch da im Spiel hatte, oder?

    drawe so sehe ich das auch :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • zu Kapitel 9


    Einmal abgesehen von der netten Unterhaltung zwischen dem Marquis und seinem Neffen, war ich auch fasziniert von Dickens Ideenreichtum.

    Gleich am Anfang beschreibt er das Schloss als steinerne Festung in der alles zu Stein erstarrt scheint. Am Ende dann nimmt er dieses Bild wieder

    auf in der Szene am frühen Morgen.

    Zitat


    Alles war versteinert, schwere Steinbalustraden, steinerne Urnen, steinerne Blumen, steinerne Menschengesichter und steinerne Löwenköpfe

    überall, als hätte ein Medusenhaupt daruf geblickt, als dies gebaut wurde vor 200 jahren.

    Am Schluss des Kapitels erlebt der Marquis dann seine ganz persönliche Begegnung und schaut in die Augen der Medusa die alles zu Stein

    erstarren lässt.

    Zitat


    Die Meduse hatte in der Nacht das Schloss wieder betrachtet und das noch fehlende steinerne Gesicht hinzugefügt - d as Steinerne Gesicht

    auf das dieses Haus schon seit zweihundert Jahren gewartet hatte.

    Es lag auf dem Kissen von Monsieur le Marquis. Es glich einer schönen Maske, die plötzlich aufgeschreckt, erzürnt und versteinert wurde.

    So schließt sich der Kreis...................

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • weil Stryver den Prozess gewinnen wollte und er für Stryver arbeitet?

    Ja, das weiß ich wohl :ergeben:- aber mir scheint das nicht alles zu sein :-k?

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • nach dem Prozeß gewesen sein,

    Danke, ja, stimmt, das war mir entfallen. Also wird schön der Reihe nach erzählt, ist mir auch lieber so.


    Aber ist das nicht recht verwegen von Mr Darney, nach einem Hochverratsprozess wieder nach Frankreich

    zu reisen...?

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • in der alles zu Stein erstarrt scheint.

    Dieses Steinerne, Erstarrte, aber zugleich auch Schöne schreibt er auch immer wieder dem Gesicht des Marquis zu. Der Marquis passt also auch in dieser Beziehung zu seinem Schloss.

    Faszination des Bösen!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich glaube auch, dass die Geschichte im Tower, die Mr. Darnay erzählt mit Dr. Manette im Zusammenhang steht. Und wieder graben ... ausgraben.

    Danke ans Erinnern! Das hätte ich fast wieder vergessen. Es ist wirklich so wie es hier immer wieder anklingt, man braucht seine ganze Konzentration auf das Buch. Wobei ich mir von Herzen eine bessere Übersetzung wünschen würde.


    Das wird später noch erklärt, irgendwann diese Woche 8)

    Da bin ich gespannt :shock:



    Aber regelmäßig teilnehmen schaffe ich nicht, seid mir nicht böse. :(

    Warum sollte man dir da böse sein? Vielleicht magst du ja doch noch die eine oder andere Anmerkung dazu schreiben :winken:



    Zweites Buch - Siebtes bis Achtes Kapitel


    Da ging es mir wie Squirrel. Mich in Frankreich wiederzufinden hatte mich total überrascht. Wobei man ja als Leser wirklich damit rechnen musste. Mir ging es beim lesen wie euch allen. Was für ein fulminantes Kapitel! Was für eine Sprachkunst! Bitterböse, ironisch. Einfach klasse. Und gleichzeitig erschreckend was man alles gelesen hatte. Wie rücksichtslos mit der Bevölkerung umgegangen war. Dieser entsetzliche Hunger. Dieses Leiden.


    Über zwei Dinge bin ich gestolpert. Es kann auch an der Übersetzung liegen.


    Im siebten Kapitel stand gegen Schluss folgendes:


    Zitat von Seite 159

    Der Vater hatte längst sein Bündel aufgenommen und ein Versteck dafür gesucht, während die Weiber, die das Bündel behütet hatten, als es auf den Brunnenfliesen lag, noch dasaßen und dem Rinnen des Wassers und dem Rollen des Kostümballs zusahen; auch jene einzelne Frau, die mit ihrem Strickzeug dagestanden hatte, strickte fort mit der Beharrlichkeit einer Norne.

    Warum ich da stutzte. Bei dem Bündel dachte ich erst an das arme tote Kind, aber warum sollte es der Vater dann verstecken? Ich würde mein Kind begraben wollen.


    Dann erinnerte ich mich noch an die Trostworte unseres Monsieurs Defarge:

    Zitat von Seite 157

    Sei ein Mann, Gaspard! Für die arme kleine Puppe da ist es besser, so zu sterben, als zu leben.

    Puppe? Wieso Puppe? Anfänglich dachte ich beim ersten Mal, es wäre eine Umschreibung für das arme Kleine.


    Mindestens so interessant ist es ja, dass Madame Defarge alleine zurückblieb und ihr Mann verschwand. Ich dachte ja erst daran, dass er das Goldstück wieder zurückgeworfen hatte und deshalb verschwand. Aber später im Achten Kapitel erfahren wir ja über einen Mitreisenden unter der Kutsche von Monsieur le Marquise. Wer war das? Und was bezweckt er damit?


    Mir kam es in den Sinn, dass der Zwischenfall - der schreckliche Unfall - am Brunnen auch inszeniert sein könnte. So ein kleines Ablenkungsmanöver, damit sich irgendwer unter der Kutsche verstecken könnte, aus welchen Gründen auch immer.


    Vielleicht interpretiere ich da auch zu viel rein. :-k

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Warum ich da stutzte. Bei dem Bündel dachte ich erst an das arme tote Kind, aber warum sollte es der Vater dann verstecken? Ich würde mein Kind begraben wollen

    Ich wäre wohl auch verschwunden, denn die Stimmung des Marquis kann jederzeit umschlagen. Wenn Du Dich erinnerst, war seine quasi erste Frage "ist meinen Pferden etwas passiert?". Das Kind ist tot, aber das hieß damals leider nicht, dass nicht der Vater dafür verantwortlich gemacht würde. Insofern wäre ich an seiner Stelle auch mit dem toten Kind verschwunden....

    Puppe? Wieso Puppe? Anfänglich dachte ich beim ersten Mal, es wäre eine Umschreibung für das arme Kleine.

    Ich hab mein Buch nicht zur Hand, aber wenn ich mich erinnere, dann verwendete Dickens das Wort "pet", das wir heutzutage eher für unsere Haustiere verwenden. Evtl. war es damals im Sinne von "Püppchen" geläufig. Aber auf jeden Fall ist das Kind gemeint.

    Mindestens so interessant ist es ja, dass Madame Defarge alleine zurückblieb und ihr Mann verschwand. Ich dachte ja erst daran, dass er das Goldstück wieder zurückgeworfen hatte und deshalb verschwand. Aber später im Achten Kapitel erfahren wir ja über einen Mitreisenden unter der Kutsche von Monsieur le Marquise. Wer war das? Und was bezweckt er damit?

    Ich gehe fest davon aus, dass Defarge die Münze zurückwarf und er auch derjenige unter der Kutsche war. Aber ich deute es als spontane Aktion, ungeplant :-k

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Das Kind ist tot, aber das hieß damals leider nicht, dass nicht der Vater dafür verantwortlich gemacht würde. Insofern wäre ich an seiner Stelle auch mit dem toten Kind verschwunden....

    Aber wieso versteckt er es dann? Wie gesagt, ich hätte mein Kind begraben wollen. Das verwirrt mich wirklich etwas. Das er sich ziemlich schnell aus der Sichtweite des Marquis verschwinden mochte, das kann ich nachvollziehen. Wäre unter Umstände nicht so glimpflich für ihn verlaufen in dieser Zeit, wenn er ihn noch länger aufgehalten hätte.


    Ich gehe fest davon aus, dass Defarge die Münze zurückwarf und er auch derjenige unter der Kutsche war.

    Dann bleibt es also wie immer spannend warum er das tat. Dickens schreibt nicht nur unglaublich gut, sondern auch noch sehr spannend! Er versteht einfach sein Handwerk :drunken:

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Zweites Buch - Siebtes bis Achtes Kapitel

    Aber später im Achten Kapitel erfahren wir ja über einen Mitreisenden unter der Kutsche von Monsieur le Marquise. Wer war das? Und was bezweckt er damit?

    Ich gehe fest davon aus, dass Defarge die Münze zurückwarf und er auch derjenige unter der Kutsche war. Aber ich deute es als spontane Aktion, ungeplant :-k

    Oh, ich hätte jetzt vermutet, dass es sich um Gaspard, den Vater des Kindes, handelt. Hieß es da nicht, der Mann wäre lang und dünn gewesen? Und dass er spontan das "Bündel" versteckt hat (wissend, dass die Frauen sich notfalls kümmern), um eben unter der Kutsche mitfahren zu können. Was er genau tun könnte, hat er vielleicht nicht gewusst, nur, dass er den Marquis mit diesem Totschlag nicht einfach davon kommen lassen will.


    Edit:

    Aber wieso versteckt er es dann? Wie gesagt, ich hätte mein Kind begraben wollen. Das verwirrt mich wirklich etwas.

    Ich denke, er wird es einfach später begraben, wenn er zurück ist.