Mein Lese-Dezember
Habe alle Romane links liegen gelassen und mich im Dezember nur auf Comics gestürzt. Die Lust an Faulkners "Licht im August" hat mich wohl völlig verlassen: Zu viel Innerlichkeit lässt die äußeren Vorgänge fast erlahmen. Dafür gab es dann viel Yoko Tsuno, Blake & Mortimer und Spirou & Fantasio. Zwei Romanhefte mit PSA-Agent Larry Brent waren auch dabei. Hatte wirklich keine Lust auf lange Texte oder schwere Kost. Die Ausbeute war dennoch ausgezeichnet: Riad Sattouf war richtig toll. Doch Emil Ferris spülte mir meinen Jahresliebling in die Liste!Ein erstaunlich gelungenes Vorlesebuch mit Kindergeschichten war auch dabei. Und sogar die alten 1970er-Gruselhefte waren verdammt originelle Geschichten, schön knackig aufbereitet! Alles in allem ein prima Lesemonat.
121. Roger Leloup „Die Orgel des Teufels“ (Yoko Tsuno #2) … 3***1/2
Zeichnerisch noch Funny Style, aber atmosphärisch gelungene Geschichte vom Vater Rhein. Irgendwas fehlt mir... dabei halten es viele für einen Höhepunkt der Serie!
122. Roger Leloup „Zwischen Leben und Tod“ (Yoko Tsuno #7) … 4****1/2
Sehr stimmungsvoller Comic über einen Vampir in Rothenburg. Wunderschöne Zeichnungen. Bestes Album der Serie?
123. Roger Leloup „Die Titanen“ (Yoko Tsuno #8) … 4****
Stimmungsvolles Weltraumabenteuer, aber (mal wieder) inhaltlich etwas dünn. Interessanter Alien-Kontakt.
124. Roger Leloup „Die Kanone von Kra“ (Yoko Tsuno #15) … 4****
Gradlinige Actionstory, etwas dünn und spannungsarm, aber mit viel Heavy Machinery und Eye Candy!
125. Roger Leloup „Der Drache von Hong Kong“ (Yoko Tsuno #16) … 3***1/2
Zeichnungen stechen Story und Charaktere aus. Einige verblüffende Riesentiermutationen sorgen für Action!
126. Roger Leloup „Die Rache der Dämonen“ (Yoko Tsuno #17) … 3***1/2
Eine ganz stimmige Zeitreisegeschichte nach Bali im 14. Jahrhundert. Der Vulkanausbruch macht zeichnerisch viel her!
127. Roger Leloup „Der Astrologe von Brügge“ (Yoko Tsuno #20) … 4****
Überraschende Zeitreisegeschichte rund um den Teufel und die Pest. Atmosphäre top. Prima Zeichnungen!
128 Boris Pfeiffer „Familie Pullunder sagt Gute Nacht“ ... 4****1/2
Ganz vorzüglicher Zufallsgriff aus der Bibliothek. Keines dieser Kinderbücher, die sich an einen vermuteten Kinderhumor anbiedern und dadurch völlig einfallslos und hohl bleiben, weil der Autor nichts Eigenes hineingibt. Anders hier! Lauter etwa gleichlange Geschichten aus einer trubeligen Großfamilie, immer aus unterschiedlicher Perspektive. Alle einzelnen Familienmitglieder haben ein eigenes Profil. Sehr situativ entwickelt: irgendein Gespräch beim Essenstisch, irgendein Vorgang, irgendein Plan der Kinder wächst sich zu einer kleinen Familienszene aus. Nicht immer pointenorientiert. Ein sehr authentischer Humor! Und obendrein werden auch ernste Themen aufgegriffen und sehr gefühlvoll, akzentuiert und gewissenhaft "bearbeitet". Nachdenklich und komisch in einem: Ein tolles Vorlesebuch!
129. Hope Larson „Die Zeitfalte“ … 4**** knapp
Sehr stimmige Comicfassung des "umstrittenen" alten (altbackenen?!) Fantasyromans für Jugendliche (den ich nicht kenne) . Wie Dinge bebildert werden, die schwierig zu bebildern sind, ist gut gelungen. Die Themen Freiheit, Andersartigkeit und Liebe werden interessant verwoben. Der religiöse Anstrich stört mich gar nicht. Frag mich aber doch, was mich ein wenig beim Lesen genervt hat? Dass ich mit den Figuren nicht warm wurde?!
130. Edgar P. Jacobs & Bob de Moor „Mortimer gegen Mortimer“ (Blake und Mortimer #9) ... 3***1/2
Gar nicht so schlecht wie befürchtet (nach dem, was man so hört). Es gibt vor allem einige vorzüglich gestaltete Panels, die die etwas maue Geschichte aufwiegen.
131. Yves Sente & André Juillard „Die Voronov-Intrige“ (Blake und Mortimer #11) ... 4****1/2, wenn auch knapp
Eine knochentrocken erzählte Kalter-Kriegs-Spionagegeschichte. Spannend aufgezogen. Wieder mit sehr viel Text, aber dadurch auch storytechnisch sehr vielschichtig. Dafür ist mir der Zeichenstil zu pragmatisch. Geht grafisch niemals over the top wie einst bei E.P. Jacobs.
132. Ted Benoit & Jean van Hamme „Unheimliche Begegnung“ (Blake und Mortimer #12) ... 4****1/2
Spannend, unheimlich und übersinnlich mit Alien-Einschlag. Erzählerisch auf Klassikerniveau mit neuem Drive. Zeichnerisch wieder aufwärts!
133. André Franquin „Der Zauberer von Rummelsdorf“ (Spirou und Fantasio #1) … 4****
Sehr lässiges Abenteuer, spielerisch zwischen Humor, Fantasy, Nonsens & Ernst. Leicht antiquiert, doch gut gealtert!
134. André Franquin „Eine aufregende Erbschaft“ (Spirou und Fantasio #2) … 4****
Es passiert wirklich sehr viel auf wenig Seiten! Sehr abwechslungs- und aktionsreich!
135. André Franquin „Die Entführung des Marsupilamis“ (Spirou und Fantasio #3) … 4****1/2
Eine viel reduziertere Geschichte als der Vorgänger, wie aus einem Guss: Skurill, voller Bewegung und Humor!
136. André Franquin „Aktion Nashorn“ (Spirou und Fantasio #4) … 4****1/2
Wirklich abgedrehte Jagd nach den Konstruktionsplänen des futuristischen Automobil Turbot I in Afrika einschließlich haarsträubender Großwildjagd. Fast ein Zuviel an Ideen und Wendungen!
137. André Franquin „Champignons für den Diktator“ (Spirou und Fantasio #5) … 4****
Die Erfindung des Metomols, das alle Metalle weich macht, sorgt in den Händen des Marsupilamis in einer Militärdiktator für wunderschönen Blödsinn!
138. André Franquin „Der doppelte Spirou“ (Spirou und Fantasio #6) … 4**** oder weniger
Reine aktionsbetonte Krimihandlung ohne viel des tollen Schwachsinns, zu dem sich Franquin sonst versteigt. Aber amüsant und atemlos! Knapp vier Sterne.
139. André Franquin „Das Versteck der Muräne“ (Spirou und Fantasio #7) … 4****
Sehr schöne Unterwasserzeichnungen stechen etwas holprige Story aus. Aber spannend, actionreich und viel Huba huba!
140. Riad Sattouf „Esthers Tagebücher: Mein Leben als Zehnjährige“ ... 5*****
Eine Art Langzeitdokumentation (es sollen acht Bände werden) über den Alltag eines zu Beginn neunjährigen Mädchens in Paris, wofür der bekannte französische Comiczeichner ("Der Araber von morgen") die Tochter einer Freundin regelmäßig über ihr Leben befragt und daraus komische (manchmal auch traurige) One-Pager macht. Sehr authentischer Tonfall. Der cartooneske Zeichenstil gefällt mir auch sehr gut. Wie eine Mischung aus Sempés "Kleiner Nick"-Illustrationen, Matt Groenings "Life in Hell" und Marjane Satrapis "Persepolis". Klasse Buch über die grausam ehrliche Welt der Schulhöfe, in der Schönheit auch Erfolg bedeutet, das unergründliche Feld der Freundschaften, über schreckliche Brüder, hässliche Lehrerinnen und das Leid, wenn man als einzige Neunjährige noch kein Smartphone haben darf.
141. Torben Kuhlmann „Lindbergh: Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus“ … 3***1/2
Inhaltlich schon arg dünn und Anspruch vorgaukelnd. Gefallsüchtig. Die schönen Illustrationen blenden das ziemlich aus. Grafisch also sehr ambitioniert und ansprechend!
142. Dan Shocker (d.i. Jürgen Grasmück) „Dämonenbrut“ (Larry Brent #42) … 4****
Erstaunlich reduzierte Spannungsdramaturgie ohne allzuviele Groschenheft-Plattitüden. Spannend & unheimlich! Böse Kinder!
143. Dan Shocker (d.i. Jürgen Grasmück) „Nakor, Echse des Grauens“ (Larry Brent #66) … 4**** knapp
Mischung aus Lovecrafts Großen Alten und Godzilla, recht ruppig, ernst & konzentriert. Mal was anderes im Groschenheftbereich!
144. Luke Pearson „Hilda und die Vogelparade“ (Hilda #3) … 4****
Hilda in der Stadt. Wieder ein wunderbar originelles Nebeneinander von Alltag und Fabelwelt. Dieser sprechende Rabe ist der Hammer!
145. Emil Ferris „Am liebsten mag ich Monster, Band 1“ … 5****
Mein Buch des Jahres 2018. Wunderschön, vielschichtig, herzzerreißend! Über die Selbsterhaltung von Außenseitern. Eine ganz eigene Welt voller Düsternis und Trivialliteraturklischees, die aber völlig durchlässig ist für die realen Schrecken unserer Welt. Umwerfende Mischung aus Coming-of-Age, Detektivgeschichte und Geschichtsunterricht! REZENSION