Ulrike Renk - Jahre aus Seide

  • Über die Autorin (Amazon)

    Ulrike Renk, geboren 1967 in Detmold, zog ein paar Jahre später mit Eltern und Bruder nach Dortmund, wo sie auch die Schule besuchte. Studienaufenthalt in den USA, Studium der Anglistik, Literaturwissenschaften und Soziologie an der RWTH Aachen. Sie ist Mutter von vier Kindern. Heute lebt sie mit ihrem Mann, dem jüngsten Sohn, zwei Alaskan Malamute, drei ordinären Hauskatzen und zwei indischen Laufenten, in Krefeld am Niederrhein und arbeitet als freie Autorin.

    2005 erschien ihr erster Krimi "Seidenstadt Leichen" bei einem kleinen lokalen Verlag und hatte einen überraschenden Erfolg. Fünf weitere Krimis um Hauptkommissar Jürgen Fischer aus Krefeld folgten. Die ersten Bände werden 2017 erneut als Printausgabe im Gmeiner Verlag erscheinen.


    2008 erschien ihr Thriller "Echo des Todes" im Aufbau Verlag, 2009 die Fortsetzung "Lohn des Todes".

    2010 erschien ihr erster historischer Roman "Die Frau des Seidenwebers" und läutet die Reihe historischer Roman beim Aufbau Verlag ein - es folgten: "Die Heilerin" (2011), "Die Seidenmagd" (2012) und die Bestseller "Die Australierin" (2013), "Die australischen Schwestern" (2015), "Das Versprechen der australischen Schwestern") (2016) und 2017 der Auftakt der Gutsfrauenreihe "Das Lied der Störche". Im Oktober 2017 wird der zweite Band "Die Jahre der Schwalben" erscheinen.


    Produktinformation (Amazon)

    Format: Kindle Edition

    Dateigröße: 1884 KB

    Seitenzahl der Print-Ausgabe: 549 Seiten

    Verlag: Aufbau Digital; Auflage: 1 (7. Dezember 2018)

    Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.

    Sprache: Deutsch

    ASIN: B07CJR1SS5


    Ruth Meyers Schicksal: Kindheit und Jugend

    Ruth Meyers Vater war selbstständiger Handelsvertreter für Schuhe. Er war sehr viel unterwegs und nur am Wochenende zu Hause. Dies hier ist die Geschichte einer jüdischen Familie zu Zeiten Hitlers und davor. Es beginnt 1926 als Ruth etwa fünf Jahre alt war und die Familie dann ein neues Haus baute. Niemand konnte sich vorstellen, dass es nochmal einen Krieg geben würde, denn der Große Krieg war allen noch in bester Erinnerung. Doch schon da begann Hitlers Hetzkampagne und es wurde – wie wir ja alle wissen – immer schlimmer. Bis hin zum Ausschluss aus der Gesellschaft. Lange Zeit konnte sich niemand vorstellen, dass geschehen würde, was letztendlich tatsächlich geschah. Keiner wollte eigentlich aus Deutschland weg, denn dieses Land war doch ihre Heimat. Auch Ruths Eltern, Karl und Martha Meyer wollten nicht weg.

    Was wird die Familie tun? Wird sie einen Auswanderungsantrag stellen? Und wird er genehmigt werden? Was passiert mit Ruth und ihrer Schwester Ilse?


    Meine Meinung

    Das Buch ließ sich sehr gut lesen. Auch ist der Schreibstil von Ulrike Renk nach meinem Geschmack. Es ist – zunächst – ein ruhiges Buch. Es passiert nicht viel, denn wir lesen nur, wie Ruth darauf kam, zu nähen, warum ihr Vater einen Chauffeur brauchte, und wie sie sich mit dem Nachbarsmädchen anfreundete, die nicht jüdisch war. Wir lesen, von ihrer Schulzeit, ihren Freundinnen und ihren Unternehmungen. Doch dann kommt Hitler an die Macht. Niemand hatte sich aus Ruths Familie und Bekanntenkreis vorstellen können, was dieser Mann für ein Unheil anrichten würde. Ja, ein Onkel wurde sogar, ich möchte sagen ausgelacht, weil er bereits ein Auswanderungsantrag nach Palästina gestellt hatte, als Hitler noch gar nicht Reichskanzler war. Erst als es fast schon zu spät war, wollten auch Meyers auswandern. Was Ruth während der ganzen Zeit so alles erlebte und wie ihre Jugend verlief können wir alles in diesem Buch nachlesen. Zuerst erschien es mir etwas langatmig, es passierte einfach nichts Gravierendes, doch dann hat es mich doch in seinen Bann gezogen, ich wollte wissen, ob es Ruth gelingen würde zu überleben. Da dies ein Mehrteiler wird, bin ich somit auch sehr gespannt auf die Folgebände. Auf jeden Fall hat Ulrike Renk in diesem Buch sehr anschaulich die Ereignisse aus Ruth Meyers Leben wiedergegeben. Natürlich ist einiges auch fiktiv. Denn wie wir im Nachwort lesen können, gab es diese Familie und auch noch einige andere Personen aus diesem Buch tatsächlich. Ich finde es super, dass Ulrike Renk in einem Nachwort erklärt hat, welche Personen es tatsächlich gab und ich finde, sie hat super recherchiert. Auch befindet sich am Anfang des Buches eine Liste der vorkommenden Personen, was ich auch sehr schön finde. Dieses Buch hat mich wider Erwarten doch sehr gefesselt – trotz kleiner Längen am Anfang – in seinen Bann gezogen und gut unterhalten. Ich habe einmal mehr mich über diesen Größenwahnsinnigen aufregen können, der so viel Leid über die Menschen gebracht hat und nicht nur über die Juden. Von mir gibt es für dieses Buch eine Empfehlung sowie volle Bewertungszahl. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Liebe Grüße
    Lerchie



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    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • Darum geht's:

    1932: Ruth hat eine unbeschwerte Jugend. Die meiste Zeit verbringt sie in der Villa des benachbarten Seidenhändlers Merländer. Sie ist fasziniert von den kunstvoll bedruckten Stoffen, lernt Schnittmuster zu entwerfen und Taschen und Zierrat zu fertigen. Und sie begegnet Kurt, ihrer ersten großen Liebe. Als die Nazis an die Macht kommen, scheint es für sie keine Zukunft zu geben, denn sie sind beide Juden. Kurts Familie trägt sich mit dem Gedanken auszuwandern, auch Ruth soll gegen ihren Willen ihr Elternhaus verlassen. Und dann kommt der Tag, an dem das Schicksal ihrer Familie in Ruths Händen liegt.

    Eine dramatische Familiengeschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht.

  • Inhalt: Der Roman bildet den Auftakt einer neuen Trilogie von Ulrike Renk, die auf wahren Begebenheiten beruht.

    Im Mittelpunkt steht Ruth Meyer, ein jüdisches Mädchen, das wohlbehütet in den zwanziger und dreißiger Jahren in Krefeld aufwächst.

    Familie Meyer geht es gut, der Vater verdient als selbstständiger Handlungsreisender für Schuhe den Lebensunterhalt für seine Frau und die beiden Töchter Ruth und Ilse.

    Er ist sogar so erfolgreich, dass die Familie sich ein schönes Haus bauen und einige Hausangestellte leisten kann.

    Doch das Erstarken der Nationalsozialisten in Deutschland macht nicht nur den Erwachsenen der jüdischen Gemeinde Sorgen. Auch die Kinder und Jugendlichen bekommen die Einschränkungen im Alltag immer deutlicher zu spüren.


    Meine Meinung: Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, auch wenn er in großen Teilen lediglich vom alltäglichen Leben der Familie Meyer erzählt. Aber vielleicht auch gerade deswegen.

    Dem Leser wächst Ruth regelrecht ans Herz. Man sieht sie vor dem inneren Auge heranwachsen, zu Beginn des Buches ist sie ja erst 5 Jahre alt zum Ende ca. 16 Jahre, und bekommt so einen guten Einblick in das Familienleben und die Beziehungsgeflechte mit den weiteren Angehörigen, befreundeten Familien und den Hausangestellten.

    Besonders das Kindermädchen Leni ist eine enge Bezugsperson für Ruth, der Chauffeur schon fast ein Freund für den Vater.

    Während der ersten Jahre passiert wenig dramatisches in Ruths Leben und Umfeld. Sie wächst heran jedes kleine Mädchen, spielt mit ihren Freundinnen, besucht zunächst die Volksschule und darf später aufs Lyzeum, als Teenager verliebt sie sich und macht all die Dinge gerne, die jeder Teenager gerne macht.

    Die Erkenntnis, dass sich in Deutschland das politische Klima verändert, bekommt sie zunächst nur am Rande, mit zunehmendem Alter und Vernunft dann immer deutlicher mit.

    Diese Geschichte erzählt die Autorin auf eine leise, aber angenehme Art und Weise. Trotz des leichten Schreibstils kann man die immer drängenderen Sorgen und Nöte der jüdischen Familien spüren.

    Die Diskussionen ums Auswandern, ob überhaupt oder eher nicht, und wenn ja, wann und wohin, lassen den Leser die aufkommende Panik spüren. Noch kann sich niemand das wirkliche Ausmaß dessen vorstellen, das schon in wenigen Jahren über sie herein brechen wird.

    Im Nachwort berichtet Ulrike Renk darüber, wie es zu diesem Buch gekommen ist und dass der Roman auf den Lebenserinnerungen von Ruth Meyer, die als Tagebuch erhalten geblieben sind, basiert.

    Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die weiteren Bände und warte ungeduldig auf deren Erscheinen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Eine historische Figur in einem teilweise fiktiven Roman verwebt



    Kurz zum Inhalt:

    Die jüdische Familie Meyer lebt in Krefeld, wo sie in der Nähe des reichen Seidenhändlers Merländer ein Haus baut. Vater Karl hat aufgrund einer Sehschwäche einen katholischen Chauffeur, der ihn im ganzen Land herumführt, wo er Schuhkollektionen verkauft. Der Familie geht es finanziell sehr gut.

    Ruth freundet sich mit Rosi, der Tochter von Merländers Chauffeur an, und verbringt viel Zeit in der Villa Merländer. Dort kommt sie auch zum ersten Mal mit teuren Stoffen und Seide in Kontakt und ist sofort begeistert. Ihre Oma bringt ihr das Nähen bei und wie man Schnittmuster entwirft.

    Ruth hat eine behütete Kindheit, und in ihrer Jugend verliebt sie sich in Kurt.

    Doch die Nationalsozialisten erlangen immer mehr Macht, und die Juden werden in ihrem Leben immer mehr eingeschränkt.

    Viele jüdische Familien planen auszuwandern, ebenso die Familie von Kurt, doch Karl ist lange Zeit dagegen und hofft, dass die furchtbare Zeit bald vorbei ist...



    Meine Meinung:

    "Jahre aus Seide" ist der erste Teil der Trilogie um die jüdische Familie Meyer vor und im Zweiten Weltkrieg, im Vordergrund steht die Tochter Ruth. Dieser erste Teil handelt von Ruths Kindheit in den 1920er und 1930er Jahren vor dem Weltkrieg.

    Der Schreibstil ist ruhig und authentisch. Leider suggeriert der Klappentext einen etwas anderen Inhalt, nichts desto trotz war ich von dem Buch begeistert! Es wird die Familiengeschichte der Meyers erzählt, nach einer wahren Begebenheit. Dadurch, dass man als Leser weiß, welches politische Ereignis passieren wird, sieht man alles natürlich durch andere Augen.

    Auch wenn jetzt nicht ein spannendes Ereignis dem anderen folgt - es ist eine Familiensaga, und wer Tempo und Spannung will, möge einen Krimi oder Thriller lesen.

    Vor allem die Familie Aretz, allen voran Hans Aretz, Karls Chauffeur, hat das Herz am rechten Fleckt und die Meyers sehen die Aretz' nicht nur als Angestellte, sondern als Freunde, mit denen sie auch oft in Urlaub gefahren sind.

    Die ersten zwei Drittel 'plätschern so vor sich hin', um es mal salopp zu sagen, und das letzte Drittel nimmt dann an Fahrt auf, denn die Zustände für die Juden werden immer schlimmer.

    Das Buch endet leider mit einem fiesen Cliffhänger, bei dem man als Leser unbedingt sofort den nächsten Band zur Hand nehmen will um zu erfahren, wie es mit der Familie Meyer weitergeht!

    Das Cover suggeriert sofort einen historischen Roman, und auch die Cover der anderen beiden Bände lassen die Zusammengehörigkeit dieser Trilogie erkennen.



    Fazit:

    Emotionale und dramatische Familiensaga nach einer wahren Begebenheit, die mich sehr gut unterhalten hat. Ich bin schon sehr neugierig auf die anderen beiden Bände!


  • Hallo Petzi_Maus , schön, dass Du zu uns gefunden hast. Ich hoffe, Du hast sehr viel Freude am und im Büchertreff.

    Ich habe eine Bitte:

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    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).

  • „Jahre aus Seide“ ist der erste Band einer Trilogie um die Familie Meyer.

    Die Geschichte der Familie Meyer beginnt im Jahr 1932 in der Samt-und-Seide-Stadt Krefeld. Ruth wächst mit ihrer kleinen Schwester Ilse sehr behütet auf. Vater Karl ist erfolgreich als Schuhhändler unterwegs. Martha möchte ihren Kindern eine gute Mutter sein, da sie selbst erlebt hat, wie kalt die Atmosphäre in ihrer Kindheit war. Meyers bauen ein Haus gegenüber der Villa Merländer, das für sie ein wirkliches Zuhause wird. Ruth findet schnell Kontakt zu Rosi, der Tochter von Merländers Chauffeur. Als Rosi Ruth Stoffmuster aus der vorjährigen Kollektion Merländers schenkt, fängt Ruths Begeisterung für Stoffe und das Nähen an. Doch dunkle Schatten ziehen auf und es gibt ständig neue Einschränkungen für jüdische Familien. Daher rückt man näher zusammen und versucht das Leben trotzdem zu genießen. Aber immer mehr Familien wollen weg aus Deutschland. Karl zögert lange, zu lange. Dann gibt es gewaltsame Übergriffe. Wird es der Familie gelingen, sich zu retten?

    Die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten und die Autorin berichtet im Nachwort, wie sie dazu kam, sich mit Ruths Geschichte zu beschäftigen.

    Die erste Hälfte des Buches lässt uns am Familienleben der Meyers teilhaben. So lernt man die Protagonisten gut kennen. Es passiert nicht viel und doch spürt man etwas Bedrohliches. Ich denke, dass es gerade dieser Kontrast zu dem späteren Geschehen ist, der einen so erschüttert.

    Ich habe einiges Neue erfahren, anderes aufgefrischt über den jüdischen Glauben und seine Feste.

    Den Meyers geht es gut, aber sie haben auch ein Herz für andere. Sie helfen gerne, selbst dem Nazi, dem das Geld ausgegangen ist. Ihre Angestellten haben es gut bei ihnen und zu Karls Fahrer Aretz und seiner Familie gibt es eine freundschaftliche Beziehung. Man sieht die Gefahr und glaubt doch, dass der Spuk schnell wieder vorbei ist. Karl betrachtet sich in erster Linie als Deutscher und erst dann als Jude. Das lässt ihn auch zögern, einen Ausreiseantrag zu stellen. Wir wissen heute alle, wie es dann weiterging; erst traf es die Geschäfte von Juden, dann die Synagogen. Der Schulbesuch wurde jüdischen Kindern verwehrt, die Berufsausübung den Erwachsenen und dann gab es die Jagd auf jüdische Menschen…

    Man wollte die Juden nicht haben und machte ihnen doch die Ausreise schwer. Die Nachbarländer sahen zu und auch sie wollten die jüdischen Menschen nicht. Zum Glück gab es aber auch Menschen, die nicht mitmachten, sondern halfen.

    Wir erleben alles hautnah am Schicksal der Familie Meyer mit, zuerst das glückliche, unbeschwerte Familienleben, dann die Angst, aber auch die Hoffnung und am Ende die Übergriffe. Das macht es besonders bedrückend. In mir löste es Fassungslosigkeit und Wut aus, Wut auf die Engstirnigen, die mit fadenscheinigen Begründungen Jagd auf Minderheiten machten.

    Es ist ein sehr emotionales Buch, das hoffentlich eine Warnung ist, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Ich bin schon sehr gespannt auf die Folgebände.

  • 1927 - 1932 Krefeld. Ruth Meyer wächst mit ihrer Schwester Ilse in einem sehr behüteten Umfeld auf. Ihr Vater ist Schuhvertreter und in seinem Beruf sehr erfolgreich, aber auch viel auf Reisen, während Mutter Martha die Familie zusammenhält und sich liebevoll um ihre zwei Töchter sowie den Haushalt kümmert, wobei sie Unterstützung von Kindermädchen Leni und Köchin Jansen erhält. Obwohl die Familie jüdischer Konfession ist, sehen sie ihren Glauben nicht so strikt und feiern nur die großen jüdischen Feste wie den Sabbat oder das Lichterfest Chanukka. Im Nachbaranwesen lebt der jüdische Seiden- und Stofffabrikant Richard Merländer. Mit der Tochter dessen Chauffeurs, Rosie, freundet sich Ruth bald an und die beiden Mädchen erlernen durch Ruths Großmutter zusammen das Nähen, wobei Merländer ihnen immer wieder Stoffproben aus seinen Musterbüchern zukommen lässt und so der Kreativität der beiden Mädchen keine Grenzen gesetzt sind. Als die Nazis immer mehr an Macht gewinnen, bekommt die heile Welt der Meyers und ihrer Freunde langsam Risse, denn die Hetzjagd gegen Juden hat begonnen. Karl möchte seine Familie in Sicherheit bringen, doch die Ausreisebestimmungen sind streng und limitiert…


    Ulrike Renk hat mit ihrem Buch „Jahre aus Seide“ den ersten Band ihrer Seidenstadt-Saga vorgelegt, dem sie mit Hilfe von Tagebuchaufzeichnungen von Ruth Meyer und akribischer Recherche autobiografische Züge verliehen hat. Der Schreibstil ist flüssig, berührend und detailliert, der Leser wird sofort in die Geschichte hineingesogen und darf als unsichtbares Mitglied der Familie Meyer mit ihnen gemeinsam Zeit verbringen, wobei er alle Familienangehörigen sehr gut kennenlernt, liegen deren Gedanken und Gefühle doch offen wie ein Buch. Aber auch den Angestellten kann der Leser über die Schulter schauen und sie bei ihrem täglichen Miteinander mit der Familie beobachten. Sehr leise und behutsam führt die Autorin den Leser in die Familie ein und baut unterschwellig mit der gleichzeitig sich ändernden politischen Lage immer mehr Spannung auf, was sich anhand der Gefühlslage innerhalb der Familie bald äußert. Besonders interessant in diesem Buch ist die Tatsache, dass es bei den Menschen im Umfeld der Meyers lange keine Rolle gespielt hat, dass die Familie jüdisch ist. Man hielt zusammen, feierte gemeinsam und Juden konnten sich unbehelligt bewegen. Dies wird auch wunderbar hervorgehoben, als Ruth die Schule verlassen muss aufgrund der Judengesetze, und alle Klassenkameradinnen stehen hinter ihr, auch der Direktor. Auch die Thematik um die Beantragung von Ausreisepapieren ist sehr gut dargestellt und macht einmal mehr deutlich, wie schwer es den Menschen gemacht wurde, das Land zu verlassen. Selbst wenn sie endlich eine Ausreisegenehmigung hatten, mussten sie noch jahrelang auf den Tag warten, an dem sie ausreisen durften. In der Zwischenzeit waren sie allem hilflos ausgeliefert. Es zeigt aber auch, dass viele Länder Begrenzungen eingeführt haben und nicht gerade hilfsbereit waren, wenn es um die Unterstützung der Gejagten ging.


    Die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Mit ihren individuellen Eigenschaften wirken sie alle sehr authentisch und lebensecht. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen, hoffen und bangen. Ruth ist für ihr junges Alter schon recht abgeklärt, heute würde man sagen altklug. Gleichzeitig ist sie ein freundliches, offenes und neugieriges Mädchen, das vielseitig interessiert ist und allen immer nur gefallen möchte. Martha ist eine liebevolle Mutter, die ihren Kindern das angedeihen möchte, was sie bei ihrer Mutter vermisst hat, nämlich Geborgenheit und einen sicheren Hafen, in den sie sich flüchten können. Karl ist ein sympathischer Mann und ein aufmerksamer Ehemann und Vater. Er führt offene Gespräche über Gott und die Welt mit seiner Frau und besticht durch Wärme und Freundlichkeit. Aretz ist zwar der Chauffeur der Familie Meyer, doch er und eigene Familie sind mit den Meyers eng befreundet. Weitere Protagonisten wie Leni oder Luise geben der Handlung zusätzlichen Input und Spannung, machen sie in sich stimmig und rund.


    „Jahre aus Seide“ ist ein wunderbarer und gelungener Auftakt der neuen Serie von Ulrike Renk. Besonderes Merkmal liegt hier auf den autobiografischen Zügen der Geschichte, was ihr noch zusätzliche Bedeutung verleiht und den Leser einmal mehr anzieht, weil es sich um reale Menschen und deren Lebenslauf handelt. Herrlich einfühlsam erzählt, so dass es hier eine verdiente Leseempfehlung geben muss. Band 2 wird mit Spannung erwartet!!!


    Einfühlsame :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Klappentext:

    1932: Ruth hat eine unbeschwerte Jugend. Die meiste Zeit verbringt sie in der Villa des benachbarten Seidenhändlers Merländer. Sie ist fasziniert von den kunstvoll bedruckten Stoffen, lernt Schnittmuster zu entwerfen und Taschen und Zierrat zu fertigen. Und sie begegnet Kurt, ihrer ersten großen Liebe. Als die Nazis an die Macht kommen, scheint es für sie keine Zukunft zu geben, denn sie sind beide Juden. Kurts Familie trägt sich mit dem Gedanken auszuwandern, auch Ruth soll gegen ihren Willen ihr Elternhaus verlassen. Und dann kommt der Tag, an dem das Schicksal ihrer Familie in Ruths Händen liegt.


    Autor:

    Ulrike Renk, geboren 1967 in Detmold, zog ein paar Jahre später mit Eltern und Bruder nach Dortmund, wo sie auch die Schule besuchte. Studienaufenthalt in den USA, Studium der Anglistik, Literaturwissenschaften und Soziologie an der RWTH Aachen. Sie ist Mutter von vier Kindern. Heute lebt sie mit ihrem Mann, dem jüngsten Sohn, zwei Alaskan Malamute, drei ordinären Hauskatzen und zwei indischen Laufenten, in Krefeld am Niederrhein und arbeitet als freie Autorin.

    2005 erschien ihr erster Krimi "Seidenstadt Leichen" bei einem kleinen lokalen Verlag und hatte einen überraschenden Erfolg. Fünf weitere Krimis um Hauptkommissar Jürgen Fischer aus Krefeld folgten. Die ersten Bänden werden 2017 erneut als Printausgabe im Gmeiner Verlag erscheinen.


    Allgemeines:

    Erscheinungsdatum: 7. Dezember 2018

    Seitenzahl: 576

    Verlag: Aufbau Taschenbuch


    Eigene Meinung:

    Dies war mein erstes Buch von Ulrike Renk. Ich dachte, ich müsste mal etwas von ihr lesen, da ich viele Stimmen kenne, die von ihrer „Ostpreußen“ Reihe sehr begeistert sind. Aufgrund des Klappentextes und des Covers erwartete ich eine Geschichte, die sich mit Stoffen beschäftigt vor dem nationalsozialistischen Aufbau.

    Zuerst war ich erschrocken über die Sprache. Sie kam mir sehr einfach vor, was mich tatsächlich etwas verwunderte. Gut, so las sich das Buch immerhin gut weg. Ich möchte allerdings in nächster Zeit bitte nicht wieder in der Häufigkeit die Worte „knorke“ „einzig“ und „famos“ lesen.


    Zur Geschichte selber muss ich auch zugeben, dass ich mehr als enttäuscht bin. Es plätschert vor sich hin, wird erst gegen Ende ein wenig interessanter, wenn die Juden, bzw. Ruths Familie in tatsächliche Gefahr geraten, allerdings ist da dann auch das Buch dann zu Ende…

    Auch der Klappentext ist mehr als irreführend, denn Ruths Affinität zu Stoffen spielt kaum eine Rolle, es wird anfangs mal auf einigen Seiten erwähnt, wie sie zu Stoffresten kommt und Geschenke schneidert, dann spielt es keine Rolle mehr. Am Ende näht sie noch ein wenig und das wars auch wieder. Auch weiß ich nicht, an welchem Tag das Schicksal der Familie in Ruths Händen liegen soll…. Vielleicht in Band 2 wer weiß? Den werde ich wohl allerdings nicht mehr lesen, denn auch wenn das Buch mehr eine Vorbereitung der Trilogie sein soll, war mir das schlichtweg zu wenig!


    Fazit: Schwere Enttäuschung für mich, da ich aufgrund des Klappentextes andere Erwartungen hatte. Zudem noch eine langweilige Geschichte, gepaart mit einer Schreibweise, die mich nicht angesprochen hat. Schade, denn gerade die letzten Seiten haben etwas von dem gehabt, was ich lesen wollte, allerdings ist mir das für ein fast 600 Seiten Schmöker zu wenig!

    Einen Sympathiestern gibt’s für die wahre Geschichte, die dahinter stehen soll. Dennoch möchte ich spannende Geschichten lesen und mitgenommen werden. War hier leider nicht der Fall. :bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Auswandern oder nicht? Wenn ja, wohin?


    Dieses Buch ist der Beginn einer Trilogie rund um Ruth Meyer und basiert auf der wahren Geschichte einer Krefelder Familie.


    Das Buch beginnt 1926: Karl Meyer, Handlungsreisender in Sachen Schuhe, ist zu einigem Wohlstand gekommen, der es ihm ermöglicht, für seine Familie ein Haus zu bauen. Die Töchter Ruth und Ilse gedeihen. Man beschäftigt ein Kindermädchen, Leni, und Frau Jansen, eine Köchin. Obwohl die Familie Meyer jüdischer Herkunft ist, spielt Religion nur eine untergeordnete Rolle. Erst als die Nazis die Herrschaft übernehmen, wird das Judentum ein Thema.


    Wie so viele jüdische Familien fühlen sich die Meyers als Deutsche und wollen ihre Heimat nicht verlassen. Man diskutiert innerhalb der Familie, überlegt Auswege und verwirft sie wieder. Auch in der jüdischen Gemeinschaft ist wenig Rat zu erhalten. Sollen die Meyers auswandern? Wenn ja wohin? Palästina ist für den kurzsichtigen Karl Meyer keine Option. Oder wenigstens nur die Töchter in Sicherheit bringen? So verstreichen wertvolle Wochen und Monate.


    Meine Meinung:


    Wieder eine tolle Familien-Saga aus der Feder von Ulrike Renk. Der Beginn mag auf einige langatmig wirken, weil wenig Aufregendes passiert. Wir bekommen Einblick in das großbürgerliche Leben: Haus, Garten, Auto samt Chauffeur und Dienstboten. Ein behütetes Leben für Ruth und ihre Schwester.


    Wir erleben das Spannungsfeld zwischen (streng) Gläubigen und säkularen Juden. Die einen sind der Tradition so stark verbunden, dass ein Weihnachtsbaum als ungehörig empfunden wird. Die anderen machen einige Sitten und Gebräuche Deutschlands passend – sie assimilieren sich. Was aber dann, nach Inkrafttreten der Nürnberger Rassegesetze, völlig wertlos ist.


    Sehr detailliert ist der Konflikt um das Auswandern beschrieben. Leider geht hier wertvolle Zeit verloren, sodass es vermutlich für die Eltern Meyer zu spät sein wird. Nachdem Ruths Geschichte als Vorlage dient, ist ihr die Flucht geglückt. Doch um welchen Preis?


    Das Nachwort ist sehr aufschlussreich, da es die Fakten und Fiktion aufschlüsselt.


    Fazit:


    Der fesselnde Beginn einer Familien-Saga. Gerne gebe ich 4 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)