Felicity Whitmore - Das Herrenhaus im Moor

  • 2017 Deutschland. Laura und Frank sind ein glückliches Paar, bis Frank nach einem Streit bei einem Autounfall stirbt. Laura ist von Schuldgefühlen geplagt und findet bei der Durchsicht von Franks Sachen einen alten Brief, der sie stutzig macht. Im dem Brief erhält Frank eine Warnung, dass ihm jemand auf die Spur gekommen ist in Bezug auf das alte Herrenhaus Lynybrook Hall. Laura kann mit dem Brief nicht viel anfangen, aber sie ist überzeugt davon, dass Frank keines natürlichen Todes gestorben ist, denn sie hatte kurz vor dem Unfall noch jemanden an Franks Wagen bemerkt und konnte es ihm nicht mehr sagen. Da die Polizei keinerlei Anstalten macht, Lauras Hinweisen zu folgen, reist diese selbst ins englische Devon, um dort Franks Geheimnis auf die Spur zu kommen, von dem sie bisher nie erfahren hat…


    Felicity Whitmore hat mit ihrem Buch „Das Herrenhaus im Moor“ einen sehr packenden, etwas düsteren teils historischen Roman über ein altes Familiengeheimnis vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und atmosphärisch dicht, der Leser klebt regelrecht an den Seiten und versinkt in ihnen, bis das Geheimnis mit den finalen Seiten endlich gelöst ist. Die Autorin hat ihre Handlung auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen angesiedelt, wobei die erste in der Gegenwart stattfindet und Lauras Reise nach England und ihre Nachforschungen beschreibt, während die zweite Ebene die Vergangenheit Ende des 19. Jahrhunderts darstellt und die Vorkommnisse mit dem alten Herrenhaus Lynybrook Hall als Schauplatz und Lady Victoria als Hauptprotagonistin schildert. Durch die wechselnden Perspektiven erhält der Leser nicht nur einen wunderbaren Rundumblick über die Gesamthandlung, sondern sie steigern auch die Spannung immer weiter in die Höhe und lassen Gänsehautfeeling aufkommen. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und den ernsten historischen Hintergrund mit ihrer Geschichte wunderbar verwoben. Die damalige Vorgehensweise, unerwünschte Personen zu entmündigen und in eine Anstalt einweisen zu lassen, lässt einen ungläubig den Kopf schütteln. Die in der Einrichtung angewandten Methoden, die Patienten ruhig und gefügig zu halten, verursacht Schauer und ein unangenehmes Kribbeln im Magen. Vor allem ist es zwar kaum zu glauben, wie leicht es damals war, so eine unbequeme Person aus dem Weg zu räumen und diese noch nicht einmal etwas dagegen unternehmen konnte, aber leider die traurige Wahrheit. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind sehr bildhaft und lassen die Landschaft sowie das alte Herrenhaus vor dem inneren Auge des Lesers regelrecht wieder auferstehen.


    Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgestaltet und mit individuellen Eigenschaften versehen. Sie wirken durchweg realistisch und zeitgemäß authentisch. Durch das geschickte Händchen der Autorin für ihre Protagonisten kann sich der Leser nie sicher sein, wer Gutes oder Böses im Schilde führt. Erst nach und nach werden deren weitere Attribute offen gelegt und machen dem Leser die Entscheidung leichter. Laura ist eine freundliche Frau, die seit dem Tod ihres Mannes unter Schuldgefühlen leidet. Zusätzlich muss sie feststellen, wie wenig sie eigentlich von ihm wusste. Laura wirkt manchmal etwas naiv und zu gutmütig, sie lässt sich schnell beeindrucken. Doch sie hat auch eine hartnäckige und zähe Seite, die sie stark und mutig wirken lässt. Victoria hat ihren eigenen Kopf und lässt sich durch Konventionen nicht von ihrem Weg und ihrer Meinung abbringen. Dies bringt sie allerdings in größte Schwierigkeiten und lässt sie großes Leid erfahren. Richard ist ein Ungeheuer, wie man es sich schlimmer nicht vorstellen kann. Um seine Ziele zu erreichen, geht er wortwörtlich über Leichen. Die übrigen Protagonisten geben der Handlung einen wunderbar düsteren Rahmen und verleihen ihr zusätzliche Spannung.


    „Das Herrenhaus im Moor“ ist ein wunderbar atmosphärisch dichter spannender Roman über ein gut gehütetes Familiengeheimnis mit vielen Lügen und Intrigen, das aufgedeckt werden will. Verdiente Leseempfehlung für ein Jahreshighlight – unbedingt lesen!!!


    Gänsehaut für :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Und ein bischen zur deutschen Autorin
    Felicity Whitmore (Pseudonym) hat vier große Leidenschaften: England, ihre Hunde, das Theater und das Schreiben. Daher eröffnete sie 2011, nach dem Studium der Germanistik und Religionswissenschaft an der Ruhr-Universität in Bochum, das Theater an der Volme in Hagen, das sie gemeinsam mit ihrem Mann betreibt. Sie lebt in Hagen/Westfalen, hat vier Hunde, reist regelmäßig nach England und schreibt, wann immer sie Zeit dafür findet. In ihren Romanen beschäftigt sie sich am liebsten mit den Geheimnissen alter Häuser und den Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart.

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • An ihrem Geburtstag ist Laura Milton mit ihrem Mann zum Abendessen verabredet. Der Abend verläuft anders als gedacht und nach einem Streit fährt Laura allein nach Hause. In der Nacht kommt ihr Mann bei einem Autounfall ums Leben. Aber gewisse Umstände bringen Laura zu der Überzeugung, dass Frank ermordet wurde. Obwohl sie dreizehn Jahre mit Frank verheiratet war, weiß sie kaum etwas über seine Vergangenheit, nur, dass er in England aufgewachsen ist. Als sie einen alten Brief findet und einen Hinweis auf ein altes Herrenhaus mit dem Namen Lynybrook Hall, reist sie in Franks alte Heimat ins Exmoor. Bei ihrer Suche stößt Laura auf die grausame Vergangenheit des verfallenen Hauses, das vor mehr als 100 Jahren anscheinend als Irrenhaus genutzt wurde. Und noch heute will anscheinend jemand verhindern, dass alte Familiengeheimnisse ans Licht kommen.


    "Das Herrenhaus im Moor" ist ein Pageturner, wie ich lange keinen mehr gelesen habe. Ich hatte es in zwei Tagen durch. Der Schreibstil ist einfach, aber packend. Es wird kapitelweise abwechselnd auf zwei Zeitebenen erzählt.

    In der Gegenwart begleiten wir Laura bei ihrer Suche nach einem Grund für den Tod ihres Mannes und besonders die Szenen in dem alten Herrenhaus fand ich spannend geschrieben. Es gibt immer wieder Wendungen, die dafür sorgen, dass der Spannungsbogen erhalten bleibt. Einzig manche Szenen zwischen Laura und Nicholas fand ich ein wenig...nun, ich sag mal unrealistisch, wie z. B. die schnelle Entwicklung.

    In der Vergangenheit gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird die Geschichte der adeligen Victoria Milton erzählt. Nach dem Tod ihres Vaters ist ihr Onkel Richard ihr Vormund und damit Verwalter ihres Vermögens. Nach ihrem zwanzigsten Geburtstag lässt er Victoria in ein Irrenhaus einweisen, Lynybrook Hall, um an ihren gesamten Besitz zu kommen. Verzweifelt versucht die junge Frau, dort wieder zu entkommen.

    Ich weiß zwar, wie einfach es zur damaligen Zeit war, besonders für die "feine" Gesellschaft, sich auf diesem Weg unbequemer Frauen, Töchter, Schwestern etc. zu entledigen. Aber die Beschreibungen der sogenannten Therapien in Lynybrook Hall machten mich trotzdem wütend und diese Hilflosigkeit der Patienten...schrecklich.

    Nach und nach werden die Zusammenhänge klar und beide Geschichten finden zusammen.

    Ich habe mich mit diesem Roman bestens unterhalten gefühlt, der Schreibstil ist mitreißend und lebendig, wenn jetzt auch keine literarische Meisterleistung, aber das habe ich auch nicht erwartet.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Dein Mann hatte ein Geheimnis.

    Und du gehst los, um es zu lüften.

    Doch damit rüttelst du an längst vergessenen Geheimnissen

    Und gerätst ins Kreuzfeuer.



    Zum Inhalt (Booklet):

    Schatten über Lynybrook Hall


    Ein verfallenes Herrenhaus wird für Laura Milton zum Schlüssel in die Vergangenheit. Denn das Schicksal der Lady Victoria Milton wirft seine Schatten bis in die Gegenwart ... Exmoor, gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Die 20-jährige Victoria wird bald ein ansehnliches Vermögen erben. Doch ihr Vormund Richard hat seine eigenen Pläne mit ihrem Geld und verbannt sie in eine Anstalt für Geisteskranke – aus der Arthur, einer von Richards Bediensteten, ihr zur Flucht verhilft. Als sich Victoria, fest entschlossen, ihr Erbe wiederzuerlangen, nach Jahren aus der Deckung wagt, ist ihr Schicksal besiegelt.



    Cover:

    Das Cover zeigt ein typisches Herrenhaus aus der ländlichen Gegend Englands. Es wirkt ein bisschen mystisch und bedrohlich und ist somit sofort ein Blickfang für all jene, die eine gute Geschichte vor der Kulisse Englands lieben. Diese Aufmachung der Cover ist typisch für die Autorin und hatte für mich einen Wiedererkennungsfaktor.



    Eigener Eindruck:

    Als ihr Mann sich immer mehr von ihr entfernt und bei einem Unfall ums Leben kommt, ist sich Laura Milton sicher, dass er ein Geheimnis hatte und dass sein Tod nicht mit rechten Dingen von statten gegangen ist. Auf der Suche nach Antworten reist sie nach England, um dort festzustellen, dass ihr Mann ihr doch noch viel fremder war, als sie dachte. Während sie sich auf Spurensuche begibt und sich in die Landschaft rund um das Moor verliebt und schließlich dazu entschließt länger zu bleiben, trifft sie bei einer ihrer Suchen auf ein altes Herrenhaus in dem es nicht mit rechten Dingen zugeht, denn obwohl es verlassen ist, fühlt sie sich immer wieder beobachtet. Was ist in diesem riesigen Anwesen geschehen und war es wirklich das, was es nach außen hin gewesen sein soll? Auch ihre neu geschlossenen Freundschaften in dem kleinen Ort, in dem sie sich niedergelassen hat, scheinen Geheimnisse vor ihr zu haben, welche mit ihrem Mann in Verbindung stehen. Doch was soll das sein?

    Dieses Buch ist für Freunde von dunklen Geheimnissen und Geschichten aus der englischen Landschaft wie gemacht. Ihr werdet hier definitiv auf eure Kosten kommen, das verspreche ich euch. Dies hier war eines der wenigen Bücher, die ich innerhalb eines Tages einfach so weggeatmet habe. Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm, sodass man sich sehr schnell in die Geschichte einfinden kann. Die Charaktere sind vielschichtig, aber recht einfach gestrickt, sodass man sich auch sehr schnell mit ihnen anfreunden kann. Besonders die beiden weiblichen Protagonistinnen stechen dabei heraus und man kann gar nicht anders als sie zu mögen und mit ihnen mitzufiebern. Was mir sehr gut gefallen hat war der Zeitwechsel. Immer wieder erlebt man die Geschichte aus Sicht von Laura, welche in der Gegenwart lebt und endlich herausfinden will, welches Geheimnis ihr Mann hatte und wir erleben die Geschichte auch aus der Sicht von Victoria, welche den finsteren Machenschaften ihres geldgierigen Onkels zum Opfer fällt und gegen ihren Willen in einer Psychiatrie ihr Dasein fristen muss. Die schrecklichen Geheimnisse dieses Hauses also quasi am eigenen Leib mit zu erfahren ist aufwühlend, aber einfach auch so spannend, dass man das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen kann. Wer hier also zugreift sollte sich an diesem Tag nichts anderes mehr vornehmen. Es ist zermürbend, es ist spannend, es ist einfach grandios. Und es gibt so viele unerwartete Wendungen, dass es auch immer wieder für Überraschungen gut ist.


    Fazit:

    Dieses Buch müsst ihr einfachgelesen haben! Düstere Geheimnisse, Schicksale, welche noch lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleiben. Einfach klasse gemacht.


    Idee: 5/5

    Charaktere: 5/5

    Logik: 5/5

    Spannung: 4/5

    Emotionen: 5/5



    Gesamt: 5/5


    Daten:

    ISBN: 9783423217637

    Sprache: Deutsch

    Ausgabe: Flexibler Einband

    Umfang: 416 Seiten

    Verlag: dtv Verlagsgesellschaft

    Erscheinungsdatum: 30.11.2018