Hera Lind - Die Frau, die frei sein wollte

  • Inhaltsangabe:


    Ruhrgebiet 1979: Selma, 17 Jahre alt und Türkin mit Herz und Seele, steht kurz vor ihrer ersehnten Hochzeit mit Ismet, als ihr Leben aus den Fugen gerät. Orhan, Sohn von entlassenen Mitarbeitern ihres Vaters, kann sie in einem unverfänglichen Moment entführen und raubt ihr die Ehre, ihre Fröhlichkeit und die Lust zum Leben.


    Mit Gewalt herrscht er über sie, hält sie in der Wohnung gefangen und manipuliert sie in jeder Sekunde. Den Kontakt zu ihrer Familie lässt er nicht zu. Als sie ihre Tochter zur Welt bringt, weiß sie, dass sie handeln muss. Doch sie braucht dazu Hilfe.


    Mein Fazit:


    Meine Eltern haben früher nicht mit Geschichten gespart, wenn es um die türkischen Gastarbeiter ging. Sehr viele Vorurteile wurden geschürrt, aber vieles stimmte auch einfach – so im Nachhinein betrachtet.


    Inzwischen bin ich erwachsen und habe mir schon mein eigenes Bild über meine Mitmenschen gemacht, die türkische Wurzeln haben. Es sind durchweg positive Erfahrungen gewesen, dennoch ist immer ein Rest Vorsicht geblieben.


    Das, was Selma in ihrer Geschichte schildert, hätte aber durchaus auch jedem deutschen Mädchen passieren können, wenn es in einer ähnlichen Familienstruktur aufgewachsen wäre. Jungs durften alles und die Mädchen mussten ihre Tugend bis aufs Blut verteidigen. Welche zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit, die dort immer wieder geschildert wird und die Selma für sich auch so verinnerlicht hat.


    Die Geschichte ist bewegend, bestätigt das eine oder andere Klischee und Vorurteil, doch offenbahrt sich an manchen Stellen, das auch in anderen Kulturen nicht alles gedulded wird. Doch der Preis scheint dafür oftmals sehr hoch zu sein.


    Ich habe mit Selma gelitten, mich mit ihr gefreut und sie für ihren Mut und ihren Kampfeswillen bewundert. Es ist schon fast unmenschlich, was sie geleistet hat. Aber sie hat sich vom Schicksal nicht klein kriegen lassen. Es soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es mehr als nur schwer ist, aus so einer Situation auszubrechen.


    Mit überzeugten und nachdenklichen fünf Sternen kann ich das Buch sehr empfehlen.


    Anmerkung: Ich habe es als eBook gelesen.

  • 📚 Mein Leseeindruck 📚

    Da ich schon mehrere Tatsachenromane der Autorin gelesen habe, war ich neugierig, was sich hinter der FRAU, DIE FREI SEIN WOLLTE, verbirgt. Schon das Cover deutet darauf hin, dass es in gewisser Weise um Flucht gehen sollte. Eine Frau fliegt mit ihrem Kind. Hiermit beginnt schon das Kopfkino.

    Auf 416 Seiten beschreibt die Autorin anhand der jungen Selma, was es heißt, der Familie bzw. dem Glauben ausgeliefert zu sein. Sie wächst in einer eher modern geprägten türkischen Familie auf, wird gut gehütet und steht kurz vor ihrem Abitur. Dann steht sie plötzlich einer anderen Auslegung des Glaubens, der Religion gegenüber. Eine Religion, die sehr viel Wert auf Unschuld, Ehre und Ansehen legt und viel Scheinheiliges offenbart.

    Es ist erschütternd zu sehen, wie sehr diese Traditionen einen modernen Menschen brechen können. Ebenso war ich teilweise wirklich schockiert, mit welcher Gewalt Orhan sich seine Frau gefügig machen wollte zw. sie ja wirklich gebrochen hat. Ihre Psyche, ihre Seele wurde komplett zerstört. Es zeigt sich an vielen Einzelfällen, wie aggressiv Selma entgegen getreten wurde. Eine Schwiegermutter, die ebenfalls den Willen brechen möchte, obwohl oder gerade weil sie selbst bei ihrem Mann hörig ein musste.

    Ich habe mir teilweise wirklich ertappt, wie die Stimmung der Geschichte auf mich übergegriffen hat, und wie ich selbst frustriert wurde. Frustriert, da Selmas Kampf lange Zeit nahezu aussichtslos erschien.


    📚 Fazit 📚

    Ich möchte hier nicht über Religion oder Glaube auslassen, da es wohl überall sone und solche gibt. Vielmehr betrachte ich die beiden Personen und das Thema Gewalt in der Ehe. Es war wirklich erschreckend zu lesen, wie Selma gedemütigt wurde. Sie hatte alles, wirklich alles verloren und zum Schluß noch ihre Seele. Dennoch hatte sie den Mut und die Kraft weiterzukämpfen.

    Ich hoffe, dass Selma ihren weiteren Weg ohne Demütigungen und Gewalt fortsetzen kann und wünsche ihr dafür alles erdenklich Gute.