„Denn an sich ist nichts weder gut noch schlimm; das Denken macht es erst dazu.“ („Hamlet“)
1601. Ophelia kommt als 8-jähriges Mädchen nach dem Tod ihrer Mutter mit ihrem Vater Polonius an den dänischen Königshof, wo sie als junge Frau Zofe unter der Fittiche von Königin Gertrud wird, als Prinz Hamlet sie das erste Mal wahrnimmt und sich in sie verliebt. Auch Ophelia findet Gefallen an dem jungen Mann und schnell sind beide in Liebe entflammt, was leider nicht ohne Folgen bleibt und Ophelia den Tod bringt…
Shakespeares Werk „Hamlet“ ist ein Meisterstück der Tragödie
und erfreut sich damals wie heute großer Beliebtheit in der Theater- und
Filmwelt. Die Autorin Lisa Klein hat sich in die Höhle des Löwen gewagt und mit
ihrem Buch „Ich, Ophelia“ eine interessante adaptierte Version vorgelegt, die
diesmal ausschließlich Ophelia zu Wort kommen lässt und auch den Ausgang von
Shakespeares Geschichte neu interpretiert. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft,
der Leser steht der Protagonistin Ophelia durch die Erzählung in Ich-Form sehr
nah und erhält einen exklusiven Einblick in ihr Leben, ihre Gedanken- und
Gefühlswelt. Dies beginnt schon mit der Zeit, bevor sie an den dänischen
Königshof kam und endet ganz anders, als man es als Kenner von Shakespeares
Werken erwartet. Die Autorin hat sich jede nur mögliche Freiheit genommen, das
Ende neu zu schreiben, wobei sie der doch eher kleinen Rolle Ophelia in
Shakespeares Original die Hauptrolle gegeben hat und deren Sicht auf die Welt
aus einer etwas moderneren Perspektive betrachten lässt. Dabei gelingt es der
Autorin, den Spannungsbogen immer mehr zu steigern und den Leser bei der Stange
zu halten.
Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und mit Leben
versehen worden. Sie wirken individuell und realitätsnah, was es dem Leser
leicht macht, sich in sie hineinzuversetzen. Ophelia ist eine kluge und
wortgewandte Frau, die ihren eigenen Kopf sowie Wünsche und Ziele hat, die sie
auch erreichen will. Für die damalige Zeit hätte man sie glatt als revolutionär
empfunden, denn sie entspricht so gar nicht dem Typ Frau, den man sich als
Leser für das 17. Jh. vorstellt. Diese ihre Art lässt sie aber auch in
Schwierigkeiten geraten und macht die damaligen Standesunterschiede deutlich.
Sie eckt mit ihrem Vater an und auch mit Hamlet hat sie kein so leichtes Spiel,
am Ende treibt sie die Verzweiflung dazu, ihr Leben in die eigenen Hände zu
nehmen und Entscheidungen für sich zu treffen. Die übrigen Protagonisten sind
eher Statisten in diesem Buch, denn das Augenmerk ist eindeutig auf Ophelia
gelenkt, womit man als Leser hier gut leben kann.
Als Fazit gilt: Auch als Shakespeare-Fan sollte man den Dingen Raum geben und die Möglichkeit, die Geschichte mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten, ohne alles so bierernst zu nehmen. Shakespeares „Hamlet“ gilt heute als eine der größten Tragödien. Dagegen ist „Ich, Ophelia“ ein unterhaltsamer Roman, der eine Chance verdient und interessante Aspekte zeigt. Für Shakespeare-Liebhaber eine gelungene und etwas andere Sichtweise auf „Hamlet“. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!
Unterhaltsame