Elly Griffiths - The Stranger Diaries

  • Kurzmeinung

    Hypocritia
    immer wieder dieselbe Info aus untersch. Erzählpersp., die Auflösung abrupt, klischeehaft u. angekitscht
  • Das Buch beginnt mit einem rätselhaften Fremden auf langer nächtlicher Fahrt in einer Kutsche, der damit beginnt seinem Mitreisenden eine gruselige Geschichte zu erzählen, die in seiner Jugend zur Halloween-Zeit spielt. Es handelt sich um die Kurzgeschichte, die die Protagonistin Clare gerade mit ihrem kreativen Schreibkurs diskutiert. Sie ist Englischlehrerin und gibt in den Ferien zusätzlich auf Talgarth High diese Kurse für Erwachsene. Der Autor der Erzählung lebte bis 1902 selbst in einem Teil der Schulgebäude und Clare arbeitet nebenher mehr oder weniger erfolgreich an einem Buch über Holland. Im Umfeld gehen Gerüchte über einen weiblichen Geist um. Es soll die unter mysteriösen Umständen verstorbene Frau des Schriftstellers sein.


    Kurz vor Halloween wird Clare dann von ihrem Bereichsleiter Rick Lewis mit der Nachricht schockiert, dass ihre Kollegin und Freundin Ella in ihrem Haus erstochen wurde. Bei der Leiche wurde ein Zettel mit einem Zitat gefunden.


    Vor fünf Jahren haben sie beide gleichzeitig dort als Lehrerinnen gestartet. Clare frisch geschieden, Mutter der heute 15-jährigen Georgina, auf der Sucher nach einer Veränderung und einem Neuanfang. Ella musste sich nach einer Affäre mit ihrem früheren Direktor auch ein neues Leben aufbauen. Trotz des schockierenden Todesfalls müssen das Leben und die Schulstunden weitergehen, besonders für die Jugendlichen kurz vor der Abschlussprüfung. Die Polizei beginnt mit der Befragung der Freunde und Bekannten...


    Man ist direkt in der Geschichte drin, es wird sofort spannend. Clare ist einem schnell sympathisch, verhält sich aber teilweise etwas naiv. Die Geschichte enthält vielen Anspielungen auf klassische Bücher, Gedichte und geschichtliche Ereignisse. Der erste Teil des Buches endet in einem Paukenschlag und einem gruseligen Cliffhanger.


    Die Perspektiven wechseln zwischen Clare, ihrer Tochter Georgina und der ermittelnden DS Harbinder Kaur. Das bringt zusätzliche Spannung und Einblicke in die Charaktere und die Ereignisse. Auch wenn ein Teil der Ereignisse dadurch erneut erzählt wird, was mich immer etwas unruhig und ungeduldig macht. Kaur ist eine interessante Figur mit Ecken und Kanten. Dieser Roman enthält auf mehrfache weise Buch-in-Buch Geschichten, die ich besonders mag.


    Gegen Ende überschlagen sich die Ereignisse fast, den Täter kann man vielleicht kurz vor Schluss erraten, wie auch DS Kaur. Das präsentierte Motiv fand ich etwas schwach. Im Epilog kehren wir zu dem Fremden vom Anfang des Buches zurück und die Kurzgeschichte von Holland endet dann mit einem überraschenden Abschluss.


    Für mich hätte das Buch ruhig noch etwas schauriger angelegt sein können. Trotzdem war es ein großes Lesevergnügen.

  • Inhalt

    Detective Sergeant Harbinder Kaur ermittelt im Fall des Mordes an einer Englischlehrerin, die seit wenigen Jahren an Kaurs alter Highschool arbeitete. Da die Beziehungen innerhalb der Englisch-Sparte der renommierten Schule nicht nur freundschaftlich zu sein scheinen, entpuppt sich der Fall als kompliziert – und es bleibt nicht bei dieser Toten allein. Kaurs berufliches Kapital scheint zu sein, dass sie als Tochter einer Sikh-Familie gern unterschätzt wird. So hört man sie geradezu vor sich hin grummeln, dass sie Literaturzitate immer noch blitzschnell aus dem Gedächtnis abrufen kann (und die Pädagogen-Clique sich darauf nichts einbilden sollte).


    Fazit

    Mit drei wechselnden Erzählerstimmen, der Rahmenhandlung einer Horrorgeschichte, über deren Verfasser Emmas Kollegin Clare gerade ein Buch schreibt, Tagebüchern, einem Kurs für Kreatives Schreiben, einer Kollegin, die sich für eine Hexe hält, und der Clique von Clares Tochter Georgia wirkt der Einstiegsband in Griffiths neue Serie überladen. Ein Setting mit einer alleinerziehenden Mutter und deren Tochter hat sich allerding in Griffiths Ruth-Galloway-Serie jahrelang gehalten. Bei Harbinder Kaur, die nicht vorhat, sich in eine traditionelle arrangierte Ehe drängen zu lassen, sehe ich ähnliches Potential.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Clare Cassidy unterrichtet an der örtlichen Highschool Literatur. Plötzlich holt die Fiktion auf grausame Weise die Realität ein. Eine Kollegin wird ermordet und bei ihrer Leiche wird eine Zeile gefunden, die aus einer Geschichte von R.M. Holland stammt, ausgerechnet von dem Autor, auf den Clare sich spezialisiert hat. Für die DS Harbinder Kaur, die mit den Ermittlungen betraut ist, macht sie das zwar nicht direkt zu einer Verdächtigen, aber es rückt sie durchaus in den Fokus.


    Bei den Krimis von Elly Griffiths stehen oft die Charaktere mehr im Vordergrund als der Fall und die Ermittlungen, sowie auch hier. Mit Clare und Harbinder stehen sich zwei Frauen gegenüber, die sich an dem Punkt in ihrem Leben, an dem sie stehen, nicht wohl fühlen. Clare hat die Trennung von ihrem Ehemann noch nicht überwunden und ist sehr unsicher, was ihre Person, ihre Rolle als Mutter und auch ihr Aussehen betrifft. Ihr gegenüber steht Harbinder, die in Clare eine selbstbewusste und schöne Frau sieht, die in ihrer Aufgabe als Lehrerin aufgeht, während Harbinder sich neben ihr klein und unscheinbar vorkommt und ein Problem damit hat, dass sie immer noch bei ihren Eltern lebt. Das sieht Clare wiederum ganz anders. Dazu kommt noch Georgina, Clares Tochter im Teenageralter, die mir einen dritten Blickwinkel auf die Ereignisse gewährt.


    Ich finde den Unterschied zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung sehr interessant. Besonders weil Clare nicht immer mit offenen Karten spielt und glaubt, dass sie Harbinder damit täuscht, was sie natürlich nicht kann. Auch wenn sie dafür immer einen guten Grund hat, fand ich dieses Verhalten manchmal ein bisschen kindisch und es passte nicht zu ihrem übrigen Verhalten.


    Über viele Seiten passiert nicht viel mehr als dieses gegenseitige Abtasten der beiden Frauen bis sich die Ereignisse fast überschlagen. Das ist der Part, in dem sich Harbinder wirklich wohlfühlt. Sie ist eine erstklassige Ermittlerin mit einem guten Gespür für Details, aber wenn sie nach Hause kommt, schlüpft sie wieder in die Rolle der braven Tochter. Dieses Hin und Her zwischen den beiden Welten verunsichert sie immer wieder, auch wenn ich diesen Rollenwechsel jedes Mal herrlich finde. Ich mag sie als Ermittlerin und auch als Person, weil sie weder perfekt ist, noch wieder eine Polizistin mit einer tragischen Vergangenheit.


    Der Krimi ist eine gelungene Mischung aus einem spannenden Fall, interessanten Charakteren und durch die Verbindung zur Geschichte von R.M. Holland einem kleinen Extra.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: