Trevor Noah - Farbenblind / Born a Crime

  • Kurzmeinung

    volatile
    Unterhaltsam und lehrreich zugleich. Noah, wie man ihn von der Bühne kennt.
  • Klappentext:

    Trevor Noah kam 1984 im Township Soweto als Sohn einer Xhosa und eines Schweizers zur Welt. Zu einer Zeit, da das südafrikanische Apartheidsregime „gemischtrassige“ Beziehungen weiterhin unter Strafe stellte. Als Kind, das es nicht geben durfte, erlebte er Armut und systematischen Rassismus, aber auch die mutige Auflehnung seiner "farbenblinden" Eltern, die einfallsreich versuchten, Trennungen zwischen Ethnien und Geschlechtern zu überwinden. Heute ist er ein international gefeierter Comedian, der die legendäre "The Daily Show" in den USA leitet und weltweit – ob Sydney, Dubai, Toronto, San Francisco oder Berlin – in ausverkauften Sälen auftritt.

    In "Farbenblind" erzählt Trevor Noah ebenso feinsinnig wie komisch in achtzehn Geschichten von seinem Aufwachsen in Südafrika, das den ganzen Aberwitz der Apartheid bündelt: warum ihn seine Mutter aus einem fahrenden Minibus warf, um Gottes Willen zu erfüllen, welche Musik er für einen tanzenden Hitler aufzulegen pflegte, um sein erstes Geld zu verdienen, und wie ihn eine Überwachungskamera, die nicht einmal zwischen Schwarz und Weiß unterscheiden konnte, vor dem Gefängnis bewahrte. (von der Blessing-Verlagsseite kopiert)


    Zum Autor:

    Trevor Noah, geboren 1984 in Johannisburg, ist als Fernseh- und Radiomoderator, Comedian und Schauspieler tätig. 2011 zog er in die Vereinigten Staaten, im selben Jahr erschien die mehrfach preisgekrönte Netflix-Dokumentation You Laugh, But It's True über seinen Werdegang als Künstler bis zu seinem ersten Soloprogramm. 2015 wurde er als "Personality of the Year" bei den MTV Africa Music Awards ausgezeichnet und übernahm die Präsentation der einflussreichen US-amerikanischen Satiresendung The Daily Show. Noah, der sieben Sprachen spricht, darunter Deutsch, lebt in New York. (von der Blessing-Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:

    Originaltitel: Born a Crime – Stories from a South African Childhood

    Erstmals erschienen 2016 bei Random House, New York

    Aus dem Englischen übersetzt von Heike Schlatterer

    Ich-Erzählung in 18 thematischen, aber nicht chronologischen Abschnitten

    336 Seiten


    Meine Meinung:

    Wer kennt Trevor Noah? Vermutlich nur diejenigen, die sich politische Satiresendungen im amerikanischen Fernsehen anschauen. Ich also nicht.

    Eine Freundin, die sich wie ich für afrikanische Länder, ihre politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen interessiert, lieh mir das Buch, weil es ihr so gut gefiel. Als ich begann, wusste ich nur, dass es um das Aufwachsen eines „unerlaubten“ Kindes in Südafrika während und in der ersten Zeit nach der Apartheid geht, aber nicht, dass dieses Kind inzwischen ein Star des amerikanischen Fernsehens ist. Hätte ich nicht den Klappentext gelesen und Google bemüht, ich wüsste es immer noch nicht.


    Dass er als verbotenes Wunschkind geboren und zu dem Filou wurde, der sich überall durchschlängelt, den Gefahren trotzt und immer wieder auf die Füße fällt, erzählt er in leichtem Ton. Seine Karriere thematisiert er nicht; es geht nur um Kindheit und Jugendzeit und die Schwierigkeit, zu keiner Hautfarbe zu gehören, hier wie dort Außenseiter zu sein und dennoch seinen Weg zu finden. Mit Schilderungen über Gewalt von innen und außen, in den Familien und den Townships geht Noah sparsam um, und es wird in keiner Zeile reißerisch, auch die persönlichen Gewalt-Erfahrungen in der eigenen Familie erzählt er verhalten und reserviert.

    Ja, es macht Spaß, das Buch zu lesen, und Noah ist ein unterhaltsamer Erzähler. Nicht umsonst arbeitet er als TV-Comedian.


    Zufällig und für meine Beurteilung dieses Buches maßgeblich traf ich in dieser Woche einen Freund, der in Südafrika ein NGO-Projekt initiiert hat und dafür arbeitet. Seine Berichte über Südafrika, seine Bilder und Videos hauen um und wecken neue Gedanken zum Buch: Das, was Noah schildert, ist nicht falsch, nicht einmal geschönt, aber es scheint gefiltert. So, als wolle er über bestimmte Themen nicht sprechen (z.B. Aids) und breite von den problematischen nur die aus, von denen man als informierter Leser ohnehin weiß.

    Vieles, was für afrikanisches Denken besonders ist – negatives wie positives – lässt Noah unter den Tisch fallen zugunsten westlich geprägter Muster und westlichem Verständnis.


    Aber: Unterhaltsam, berührend und informativ bleibt das Buch dennoch. Und, nein, das ist jetzt kein Widerspruch zu dem, was ich gerade ausgeführt habe.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • So, ich habe das Buch nun auch gelesen und ich muss sagen, ich bin begeistert davon.


    Als Grenzgänger zwischen den Welten der verschiedenen Rassen und als einer der wenigen Südafrikaner, der mehr als zwei oder drei der in Südafrika üblichen Sprache beherrschte, konnte Trevor Noah im Laufe seiner Kindheit und Jugend sehr viele Beobachtungen zum Leben in Unterdrückung und den Schwierigkeiten da heraus zu kommen – auch mental – machen. Und gerade auch als ein früher „Unternehmer“ im Bereich der Produktpiraterie zu dem Unterschied von Kriminellen und normalen Menschen, die mal ein Verbrechen begehen, was ein wirklich interessantes und sehr genau beschriebenes Beobachtungsfeld in diesem Roman ausmacht.


    Als Sohn einer Rebellin, die ihren Sohn mit „harter Liebe“ auf die Schläge, die das Leben für ihn bereit halten würde vorbereiten wollte – und das in aller christlichster Liebe -, entwickelte sich Trevor zu einem Menschen, der seine Beobachtungen unter die Menschen bringen wollte, um so vielleicht etwas zu verändern. Und wenn es nur von der Bühne aus ist.


    Vieles in diesem Buch kann entsetzen, aber andererseits findet der Autor im Elend auch immer wieder Momente des Schönen, der Gemeinschaft und vor allen Dingen des Humors, was bei seinem aktuellen Beruf nicht wirklich verwundern kann. Und auf jeden Fall gibt er einem einen guten Einblick in das Leben in Südafrika, sei es als „colored“ oder als „black“ und auch ein wenig auf die afrikanische Perspektive auf die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Überaus lesenswert.