Viveca Sten - Flucht in die Schären / I fel sällskap

  • Mehr Pep für Thomas Andreasson


    Alle Achtung, Viveca Sten hat sich offensichtlich Gedanken gemacht, wie man die Krimireihe neu beleben könnte. Bisher waren es recht solide, auf jeden Fall sympathische Krimis, die sich um Thomas Andreasson, seine Jugendfreundin Nora Linde, und die schwedischen Schäreninseln drehten. In diesem Band fährt die Autorin nun ganz neue Geschütze auf - der Krimi wird zum beinharten Thriller. Und das ist ihr ziemlich gut gelungen!


    Der Anfang des Buches kommt noch recht behäbig daher. Man erfährt viel über die aktuellen Lebensumstände der Protagonisten. Und auch die Schilderung der misshandelten Ehefrau, und ihrer Gewissensbisse, kommt eine Spur klischeehaft daher. Doch spätestens ab der Mitte nimmt das Buch Fahrt auf. Es geht um die Jagd nach Mina und ihrem Kind. Wer bekommt sie zu fassen? Der Grobian von Ehemann? Oder kann sie die Polizei doch beschützen? Im letzten Drittel mochte ich das Buch fast gar nicht mehr aus der Hand legen, so stark zog die Spannung an. Und besonders schön finde ich, dass das Ende – durch den Epilog – ein klein wenig offen gelassen wurde…


    Es geht also zu keinem Zeitpunkt um die Aufklärung eines Verbrechens. Wer der Bösewicht ist, steht von Anfang an fest. Es kommen zwar Todesfälle vor, aber die dienen dazu, die Spannungsspirale weiter nach oben zu schrauben. Dabei schafft es die Autorin durch kurze Kapitel, schnelle Schnitte und geschickt gestreute Andeutungen, den Leser oftmals im Ungewissen zu lassen. Das steht amerikanischen Exemplaren des Genres teilweise in nichts nach.


    Trotzdem habe ich Kritikpunkte, wodurch ich am Ende „nur“ vier Sterne vergebe. Erstens einmal weicht das Buch vom Prinzip ab, dass Thomas Andreasson der verantwortliche Ermittler ist. Er kommt in diesem Band nur am Rande vor; die entscheidenden Schritte unternimmt diesmal Nora Linde, die Staatsanwältin geworden ist. Zweitens, ich habe „Bauchschmerzen“ bei den Rückblenden, die in Bosnien spielen. Sicher, es ist ergreifend zu lesen, wie der Balkankrieg aus der Sicht eines Kindes gewirkt haben muss. Aber – ich empfinde es als wesentlich zu kurz gegriffen, und außerdem in heutiger Zeit als „politisch unkorrekt“, so zu tun, als ob Einwanderer und Flüchtlinge quasi automatisch zu Verbrechern werden… hier hätte mich vielmehr interessiert, wie das Leben von Andreis Kovac nach (!) der Flucht nach Schweden verlaufen ist.


    Drittens, ganz zum Schluss gibt es ein paar logische Schwachstellen, die ich hier natürlich nicht näher erläutern kann, ohne Entscheidendes zu verraten. Manches im Verhalten der verfolgten und misshandelten Ehefrau hat mir zum Beispiel nicht recht eingeleuchtet. Warum nur wechselt sie zum Kuckuck niemals das Handy, und bleibt so immer für ihren gewalttätigen Ehemann erreichbar?? (Um nur einen Aspekt zu nennen.)


    Insgesamt empfinde ich das Buch als wohltuend anders innerhalb der Reihe; sehr spannend aufgebaut, und auch auf der persönlichen Ebene befriedigend – was also das Leben der Protagonisten angeht. Die von mir aufgeführten Kritikpunkte kann man vermutlich „überlesen“ - aber mir war es wichtig, sie zu erwähnen.

    "Ein Mensch, der Ideale hat/
    Der hüte sich, sie zu erreichen!/
    Sonst wird er eines Tags anstatt/
    Sich selber andern Menschen gleichen."
    (Erich Kästner) :):)

  • Darum geht es:

    Nora Linde, Chefanklägerin der Behörde gegen Wirtschaftskriminalität, hat einen gefährlichen Gegner: den Anführer der Drogenszene Stockholms, Andreis Kovač. Er wurde von ihr wegen Steuerhinterziehung angeklagt, denn für Drogenhandel und Geldwäsche fehlen die Beweise. Doch nicht nur Nora kämpft gegen den Drogenboss. Seine junge Frau Mina ist auf verzweifelter Flucht vor ihm, nachdem er sie fast totgeprügelt hat. Alles, was sie möchte, ist, ihren kleinen Sohn zu schützen. So wird sie in Sicherheit gebracht, und kaum einer weiß, wo sie sich aufhält. Sie ist die Schlüsselperson im anstehenden Prozess, vorausgesetzt, Nora kann sie überzeugen auszusagen. Andreis würde alles tun, um seine Gegner auszuschalten und Mina zurückzubekommen. Er scheut keine Mittel, um seine Ziele durchzusetzen, und Minas Unterstützer sind seine Feinde. Als ein Mord geschieht, wird Thomas Andreasson in den Fall hineingezogen, und auch Nora nimmt immer größere Risiken auf sich, um Mina zu schützen. - Amazon (gekürzt)

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Viveca Sten - Flucht in die Schären“ zu „Viveca Sten - Flucht in die Schären / I fel sällskap“ geändert.
  • Viveca Sten - Flucht in die Schären




    Mina Kovač lebt an der Seite ihres Mannes Andreis in ständiger Angst. Er misshandelt sie grundlos und in letzter Zeit werden die Angriffe immer brutaler. Andreis scheint langsam völlig die Kontrolle über seine Aggressionen zu verlieren. Als Mina vergisst, einen Staubsauger wegzuräumen, prügelt Andreis sie bei seiner Heimkehr krankenhausreif. Ein anonymer Anrufer, der Polizei und Rettungsdienst informiert, kann gerade noch verhindern, dass Mina totgeprügelt wird. Mina kommt ins Krankenhaus und Andreis in Gewahrsam. Andreis steht außerdem unter Verdacht, Steuerhinterziehung im großen Stil zu betreiben und illegalen Geschäften nachzugehen. Doch bisher fehlen der Staatsanwältin Nora Linde die Beweise, um ihren Verdacht zu untermauern. Wenn Mina ihren Mann anzeigen würde, hätte Nora die Möglichkeit ihn länger festzusetzen und ihre Anklage gründlicher vorzubereiten. Außerdem hat Nora die Hoffnung, dass Mina eine wichtige Zeugin sein könnte. Deshalb sucht sie die junge Frau im Krankenhaus auf, um sie dazu zu überreden, ihren Mann anzuzeigen und ihn zu verlassen. Nora bietet ihr den Aufenthalt in einem Schutzhaus an. Doch Mina hat Angst, denn sie weiß genau, wozu Andreis fähig ist....


    "Flucht in den Schären" ist bereits der neunte Band, in dem der schwedische Kriminalkommissar Thomas Andreasson, gemeinsam mit seiner Jugendfreundin Nora Linde, ermittelt. Da die Fälle in sich abgeschlossen sind, kann man den aktuellen Ermittlungen auch dann mühelos folgen, wenn man noch keinen Band der Reihe gelesen hat.


    Dieser aktuelle Fall unterscheidet sich deutlich von den Vorgängerbänden, denn normalerweise wird dem Leben auf der Schäreninsel, und den privaten Nebenhandlungen der Hauptcharaktere, weitaus mehr Raum gegeben. Doch dieses Mal stehen Mina Kovač, und die Konsequenzen ihrer Flucht vor dem gefährlichen Ehemann, eindeutig im Zentrum der Handlung. Das wirkt sich sehr auf die Spannung aus, denn die sonst eher gemächliche Krimireihe entwickelt sich in diesem Band zu einem hochspannenden Thriller, bei dem Gänsehaut und Nervenkitzel garantiert sind.


    Das Geschehen wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Es gibt außerdem immer mal wieder Rückblicke in die Vergangenheit. Hier wirft man einen Blick auf Andreis Kindheit in Bosnien. Die Handlungsstränge in der Gegenwart sind durchgehend interessant und häufig so spannend, dass man förmlich in den Sog der Ereignisse gerät und das Buch nicht mehr aus der Hand legen mag. Denn Viveca Sten versteht es hervorragend, Charaktere und Handlungsorte so zu beschreiben, dass man sie beim Lesen mühelos vor Augen hat. Die Gefahr, die von Andreis ausgeht, ist zwischen den Zeilen spürbar. Deshalb hofft und bangt man mit Mina mit und mag manchmal kaum glauben, wie skrupellos Andreis vorgeht. Dadurch liest sich dieser Band quasi von selbst.


    Ich habe bisher alle Bände der Reihe mit großer Begeisterung gelesen, doch mit diesem Teil hat Viveca Sten sich selbst übertroffen. Denn die gesamte Handlung wirkte auf mich so spannend, dass ich das Buch bereits nach kurzer Zeit nicht mehr aus der Hand legen mochte. Ich konnte mich ganz auf das Gelesene einlassen und habe mit Mina mitgefiebert. Obwohl ich gestehen muss, dass Thomas Andreasson ein wenig zu sehr zur Randfigur degradiert wurde, bin ich voll und ganz begeistert von diesem Teil der Reihe!


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  • Inhalt: Im neuesten Fall von Nora Linde und Thomas Andreasson geht es um ein brisantes und leider immer wieder aktuelles Thema.

    Die junge Mutter Mina Kovač wird von ihrem gewalttätigen Ehemann Andreis so schwer misshandelt, dass sie nur knapp mit dem Leben davon kommt. Doch aus Angst vor seiner Rache zeigt sie ihn nicht an.

    Staatsanwältin Nora Linde ist ebenfalls auf Andreis‘ Spur. Er ist in kriminelle Machenschaften im Drogenmilieu verstrickt und schon lange im Visier der Ermittler. Mina flüchtet unterdessen mit ihrem kleinen Sohn in ein Frauenhaus im Schärengarten. Doch Andreis kennt keine Skrupel um Mina und vor allem seinen Sohn zu finden.


    Meine Meinung: Viveca Sten beschreibt sehr eindringlich die Gefühle und Ängste von Mina, die in ständiger Furcht vor ihrem brutalen Mann lebt und sich doch nicht von ihm befreien kann. Sie lebt in einem Wechselbad der Gefühle; einer brisanten Mischung aus Liebe, Helfersyndrom, Selbstzweifeln und Angst.

    In Rückblenden in Andreis‘ Kindheit, die durch traumatische Erlebnisse während des Bosnien Krieges geprägt wurde, lässt sich erahnen warum Macht und Gewalt eine so große Rolle in seinem Leben gewonnen haben.


    Fazit: Dieses Buch ist spannend, bewegend und dramatisch aktuell!


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  • Düsterer Fall


    Der nunmehr 9. Band um Thomas Andreasson und seine Jugendfreundin Nora Linde zeigt einen etwas anderen Charakter als die vorigen Bände. Auch hier spielt sich das Geschehen teilweise auf Sandhamn und den umliegenden Inseln des Schärengartens ab. Doch für idyllische oder atmosphärische Landschaftsbeschreibungen ist wenig Platz.


    Kriminalkommissar Thomas Andreasson spielt in diesem Band eine eher undankbare Rolle. Einerseits, weil er aufgrund der erneuten Trennung von Pernilla sehr unglücklich ist und bei laufenden Ermittlungen auch nur wenig Zeit für seine kleine Tochter Elin hat. Andererseits ist er von seiner Arbeit und den ständigen Einsparungen bei der Polizei völlig frustriert.

    Auch Noras Familienleben spielt dieses Mal nur eine untergeordnete Rolle. Durch ihre Stelle als Chefanklägerin der Behörde gegen Wirtschaftskriminalität ermittelt sie gegen den Drogenboss Andreis Kovac, den sie wegen Steuerbetrugs anklagen will, da für seine anderen schweren Delikte die Beweise fehlen. Im Zuge ihrer Nachforschungen stößt sie auf Mina, Andreis Frau, die von ihm, nicht zum ersten Mal, fast totgeschlagen wurde. Nora versucht, Mina zu überzeugen, sich von Andreis loszusagen und verschafft ihr einen Platz in einem gut versteckten Frauenhaus. Damit hofft Nora nicht nur, Mina und ihrem kleinen Sohn zu helfen, sondern auch, dass Mina gegen ihren gewalttätigen Mann aussagen wird und Nora damit eine Anklage durchsetzen kann.

    Doch Andreis ist nicht nur äußerst brutal, sondern auch gerissen und schlau. So manipuliert er nicht nur seine Anwältin, die skrupellos ihre Fälle gewinnen will, egal welche Verbrecher sie dadurch dem Freispruch zuführt. Andreis bedroht auch andere Menschen aus Minas Umfeld so massiv, dass er ihr doch auf die Spur kommt. Mit lebensbedrohlichen Folgen, nicht nur für Mina.

    Wie immer ist Viveca Sten eine Garantin für beste und spannende Unterhaltung. Dieser 9. Band ist durch die ziemlich brutale Geschichte von Mina und ihrem Mann etwas düster.

    Dennoch für Fans der Reihe unbedingt zu empfehlen.

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  • Ich bin ein Fan der Reihe und hatte eigentlich vor, mich bei vorablesen um dieses Buch zu bewerben. Aber dann hat mich die Leseprobe überraschenderweise nicht besonders angesprochen, deshalb werde ich abwarten, bis unsere Bücherei es anschafft.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Mina ist jung, blond und hübsch, hat einen kleinen Sohn und lebt in einem schönen Haus in einer Villengegend. Doch das Leben der jungen Frau ist alles andere als unkompliziert. Ihr Mann Andreis ist nicht nur in Drogengeschäfte verwickelt, denen er seinen beträchtlichen Wohlstand verdankt, er schlägt bei jeder Gelegenheit brutal zu. Doch Mina glaubt den Versprechungen, dass er sie liebe und diesmal bestimmt zum letzten Mal zugeschlagen habe. Allen Beschwörungen ihrer besorgten Eltern zum Trotz hält sie zu Andreis.


    Doch als Mina wieder einmal krankenhausreif geprügelt wurde und womöglich nur dank eines anonymen Anrufs beim Rettungsdienst den neuen Angriff des gewalttätigen Ehemanns überlebte, lässt Staatsanwältin Nora Linde nicht locker. Die Leiterin der Behörde gegen Wirtschaftskriminalität plant eine Anklage gegen Andreis – wegen Steuerhinterziehung, nicht wegen der nicht nachweisbaren Drogengeschäfte. Sie hofft, dass Mina endlich gegen ihren Mann aussagt und somit die Chancen für eine längere Haftstrafe steigen. Zusammen mit der Polizistin Leila gelingt es ihr, Minas Vertrauen zu gewinnen und sie in einem Haus für misshandelte Frauen auf einer Schäreninsel unterzubringen.


    Andreis allerdings denkt gar nicht daran, Mina und seinen Sohn einfach aufzugeben. Er setzt alles daran, Minas Aufenthaltsort ausfindig zu machen, nachdem ihm seine brillante und skrupellose Verteidigerin eine zügige Entlassung aus der Untersuchungshaft ermöglicht hat. Per Handy und SMS terrorisiert er seine Frau auch weiterhin, schreckt vor nichts zurück, um seine Frau zu finden. Für den Mann, der als Kind mit seiner Familie aus dem bosnischen Bürgerkrieg geflohen ist, sind Frau und Kind persönliches Eigentum. Mina mit aller Gewalt zurück zu holen, ist für ihn auch eine Frage der Ehre.


    Mit „Flucht in die Schären“ hat Viveca Sten einen spannenden Krimi in bester Schwedentradition geschrieben – gesellschaftliche Probleme sind Teil des Plots, ob es sich nun um traumatisierte Migranten handelt, deren Integration in die schwedische Gesellschaft nicht wirklich vorangetrieben worden ist, archaische Ehrbegriffe, Gewalt gegen Frauen, aber auch das Außenstehenden unlogisch und unverständlich erscheinende Verhalten der Gewaltopfer.


    Auch Mina verschließt lange Zeit die Augen davor, wie gefährlich Andreis ist. Selbst im Frauenhaus bricht sie den Kontakt nicht wirklich ab, idealisiert die Vergangenheit und kehrt, allen Gefahren zum Trotz sogar noch einmal in die heimische Villa zurück, damit ihr kleiner Sohn nicht in einem geborgten Kinderwagen von schlechterer Qualität liegen muss und sie ihre eigene schöne Unterwäsche tragen kann.

    Mädchen, bist du denn völlig meschugge? das möchte ich Mina als zunehmend gereizte Leserin angesichts dieses Verhaltens am liebsten zurufen. Was es erfordert, erfolgreich unterzutauchen, kapiert sie bis zum Schluss nicht – ein möglicherweise realistischer aber auch ziemlich nerviger Zug.


    Kein Wunder also, dass auch Nora, Leila und der Polizist Thomas beim Schutz Minas gelegentlich überfordert sind – zumal ihnen auch noch das Privatleben, Kinderbetreuung und Partnerschaftsprobleme einiges abverlangen. In Rückblicken auf Andreis´ Kindheit in Bosnien wird zudem klarer, warum der Mann so geworden ist, wie er ist.


    Spannend, stellenweise düster und ohne Illusionen, aber immerhin mit einer hoffnungsvollen Perspektive auf privater Ebene.

  • Staatsanwältin Nora Linde versucht schon seit geraumer Zeit Andreis Kovač, den Kopf der Stockholmer Drogenszene dingfest zu machen. Da die Beweise für den Drogenhandel fehlen, versucht sie ihn wegen Steuerbetrugs dingfest zu machen. Doch ihr Antrag auf Verlängerung der U-Haft wurde gerade abgelehnt. Andreis Kovač ist wieder auf freiem Fuß und lässt seinen Frust über die Demütigung an seiner Ehefrau aus. Diesmal war es der stehengelassene Staubsauger in der Küche, der ihn dazu veranlasste, seine Ehefrau Mina erneut krankenhausreif zu schlagen, wenn die Polizei und der Krankenwagen, alarmiert von einem anonymen Hinweisgeber, nicht so schnell vor Ort gewesen wären, vielleicht hätte Mina diese Tortur nicht überlebt. Diese Körperverletzung ist jedoch aktenkundig, und so erfahren auch Nora und die mit ihr zusammenarbeitende Kriminalkommissarin Leila Kacim davon. Nun hoffen sie darauf, dass sie Andreis Gerichtsakte auch dieses Verbrechen anhaften können. Doch Mina mauert und will nicht gegen ihren Ehemann aussagen. Sie lässt sich lediglich überreden ins Frauenhaus zu gehen. Doch nun eskaliert Andreis Kovač’s Gewalttätigkeit noch mehr, er scheut keine Mittel und Wege um an Mina und ihren gemeinsamen Sohn heranzukommen. Notfalls geht er über Leichen.


    „Flucht in die Schären“ ist ein äußerst mitreißender Krimi der zwei große Themen miteinander verknüpft, auf der einen Seite wird das Leben der Betroffenen erzählt, die vor dem unfassbar grausamen Krieg Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts im ehemaligen Jugoslawien fliehen und auf der anderen Seite wird sich dem Kernthema „häusliche Gewalt“ gewidmet.

    Es ist einfach unfassbar was sich hinter einigen Wohnungstüren zutragen kann. Noch unglaublicher ist das schiere Ausmaß dieser Gewalt und das es rein rechtlich gesehen viel zu wenig Schutz und Hilfe für Betroffene gibt. Viveca Sten durchleuchtet das Kernthema auf vielseitige Weise. Sie beschreibt die Ohnmacht der Ermittler, wenn sie wieder einen gewalttätigen Ehemann nicht dingfest machen können, weil die betroffene Frau nicht aussagen möchte oder kann. Gleichzeitig versucht sie auch das Leben der Frauen zu schildern, die durch diese Hölle gehen, die auch wenn sie sich Hilfe in einem Frauenhaus suchen auf einmal ihres persönlichen Umfeldes beraubt sind, deren normaler Alltag nicht mehr existiert, für sie und ihre beteiligten Kinder. Alles zusammen verpackt die Autorin in einen atemraubenden Krimi.


    Es gibt hier nur einige Kleinigkeiten die mich an der Figur der Mina gestört haben, trotz allem Verständnis die ich für ihre geschilderte Situation aufbringen kann, waren mir ihre Handlungen stellenweise zu übersprunghaft. Es ist verständlich, dass man sich in einer solchen Situation nicht rational verhält, aber sich mehr als einmal in offene Gefahr zu begeben ist nicht nachvollziehbar.

    Viveca Sten legt in ihrem neuen Buch mehr den Fokus auf den eigentlichen Fall, das Leben ihrer beiden Protagonisten Nora und Thomas nimmt auch wieder einen Platz ein, jedoch nicht so präsent wie in den Vorgängerbüchern. Dafür beschreibt sie aber wie immer die sehr schöne Landschaft der Schäreninseln die bei mir jedes Mal Fernweh wecken.



    Fazit: Atemraubend und spannend, mit einer Handlung die aufrüttelt und nachdenklich macht.

  • Und plötzlich zerbricht der Traum der heilen Vorstadtfamilie und es bleibt nur noch die Flucht


    Das Buch:

    „Flucht in die Schären – Ein Fall für Thomas Andreasson“ ist ein skandinavischer Thriller, der als broschierte Ausgabe, E-Book und Hörbuch am 8. November 2018 bei Kiepenheuer&Witsch erschienen ist. Es ist bereits der 9. Fall für Thomas Andreasson.


    Der Inhalt:

    Nachdem Mina von ihrem Mann Andreis zum wiederholten Male fast totgeprügelt wurde, lässt sie sich endlich dazu überreden, ihrem gewalttätigem Mann den Rücken zu kehren, denn sie will unter allen Umständen ihren kleinen Sohn schützen. Sie kommt in ein Frauenhaus, wo sie sicher ist, doch Andreis gibt nicht auf. Er will um jeden Preis seine Frau und vor allem seinen Sohn zurück. Nora Linde, Chefanklägerin der Behörde gegen Wirtschaftskriminalität, ist schon länger hinter Andreis Kovac her, hatte bisher aber keinerlei Beweise für seine Drogengeschäfte. Minas Aussage gegen ihren Mann, könnte da der entscheidende Schritt in die richtige Richtung sein, um Andreis ins Gefängnis zu bringen. Doch der lässt keinen Versuch aus, um Mina wieder auf seine Seite zu ziehen.


    Meine Meinung:

    Der Thriller startet von Beginn an spannend, verliert im Laufe der Geschichte kaum an Spannung und baut gegen Ende eine unglaubliche Geschwindigkeit auf, so dass man das Buch kaum mehr aus der Hand legen kann. Die Charaktere fand ich alle super ausgearbeitet. Auch die Naivität von Mina passt super zum Charakter bzw. der Situation von Mina und ist absolut nachvollziehbar. Der Schreibstil ist angenehm und einfach gehalten, nur an den schwedischen Straßennamen bleibt man manchmal echt hängen. Die relativ kurzen Kapitel und damit verbundenen Szenenwechsel haben mir gut gefallen, da sie das Geschehen von allen Seiten spannend beleuchtet haben. Nur die Rückblicke auf Andreis Kindheit tragen meiner Meinung nach nichts zur Geschichte bei, denn den einzigen Schluss, den man daraus ziehen konnte war, dass er eine aufreibende, traurige Kindheit hatte und das wiederum rechtfertigt es ja nicht zum Arschloch zu werden. Auch wenn ich die Kapitel über Andreis Vergangenheit wirklich spannend fand, hätte der Geschichte nichts gefehlt, wenn sie nicht da gewesen wären. Die Handlung der Geschichte war für mich durchgehend schlüssig und nachvollziehbar, auch wenn sie natürlich meist recht vorhersehbar war.

    Da ich es als E-Book gelesen habe, kann ich zur Qualität des gedruckten Buches nichts sagen. Es war das erste Buch was ich aus der Thomas Andreasson - Reihe gelesen habe, man braucht also nicht unbedingt Vorkenntnisse, um alles zu verstehen.


    Fazit:

    Für mich ein empfehlenswerter Thriller, der es einem durch die kurzen Kapitel einfach macht, auch zwischendurch mal kurz weiterzulesen. Die Thematik von misshandelten Frauen wurde super und vor allem interessant und nachvollziehbar umgesetzt.

    Zitat

    I’m writing a book. I’ve got the page numbers done.


    Steven Wright

  • Spannend bis zum Schluss

    Nachdem ich den letzten Band aus der Viveca Sten Reihe um die Juristin Nora Linde und Kriminalkommissar Thomas Andreasson als ziemlich zäh und langweilig empfunden habe, ist der vorliegende neunte Band für mich einer der besten der Reihe.

    Es werden drei verschiedene Handlungsstränge vorgestellt. Da sind zum einen natürlich Nora Linde und Thomas Andreasson und ihre privaten und beruflichen Probleme. Dann erfahren wir von Mina Kovac, einer Schwedin, die mit einem gewalttätigen Einwanderer aus Bosnien verheiratet ist. Der dritte Erzählstrang bezieht sich auf die Vergangenheit von Minas Ehemann Andreis, der als kleines Kind zusammen mit seinen Eltern vor dem Krieg auf dem Balkan floh und dabei Schreckliches mit ansehen musste.

    Nach und nach verflechten sich die Erzählstränge, wobei Viveca Sten immer an den spannendsten Stellen abbricht und die anderen Geschichten weitererzählt. So bleibt der Roman spannend bis zum Schluss.

    Ich habe dieses Buch wirklich sehr gern gelesen, das Einzige, was mich gegen Ende sehr genervt hat, waren die Alleingänge von Mina, die damit nicht nur sich und ihren Sohn, sondern auch ihre Umwelt in Gefahr bringt.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Flucht in die Schären ist der mittlerweile neunte Band mit Thomas Andreasson und Nora Linde.


    Dieser Thriller beginnt nicht mit einer Leiche und der Suche nach dem Täter, sondern der Leser ist Zeuge einer unsagbaren Flucht. Mina Kovac mit ihrem drei Monate alten Sohn Lukas flieht vor ihrem gewalttätigen Ehemann Andreis und seinen Freunden. Andreis Kovac steht bei den Behörden bereits im Fokus von Ermittlungen hinsichtlich Drogen, Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Aktuell haben die Behörden – und hier Nora Linde – einen anonymen Hinweis erhalten.


    Die Story wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen in Rückblicken auf den Balkan Anfang der 90er Jahre als das Dorf, das Haus und die Familie Kovac in den Strudel des Krieges gerieten. Jeder von uns kann sich an diesen Krieg erinnern und auch an die Gräueltaten, die hier durchaus detailliert beschrieben werden. Am Ende gelingt der Familie die Flucht nach Schweden.


    Der zweite Strang behandelt die Gegenwart, als eben dieser Andreis Kovac als mittlerweile erwachsener Ehemann seine Frau nicht nur einmal verprügelt und misshandelt, sondern immer wieder und sie dermaßen einschüchtert, dass Mina aus Angst jedes Mal wieder bei ihm bleibt – das vor allem wegen ihres Sohnes. Aber irgendwann ist das Maß voll und sie schafft nach einem Krankenhausaufenthalt und mit Unterstützung der Polizei den Absprung ins Frauenhaus. Nur Andreis gibt nicht auf, denn die Familie ist für ihn alles. Aus seiner Kindheit erinnert er sich an den Satz seines Vaters „Wir sind eine Familie und halten zusammen, ganz egal was passiert“ und so setzt sich die Hetzjagd fort bis zum bitteren Ende. Als auf dem Weg dahin noch eine Leiche auftaucht, wird Thomas eingeschaltet. Nora und Thomas arbeiten wieder zusammen und gehen ein großes Risiko ein. Wie es ausgeht, das muss jeder selbst lesen!



    Nachdem mich bereits Band 7 (Tödliche Nachbarschaft) nicht überzeugen konnte, hatte ich beim 8. Fall (Mörderisches Ufer) den Eindruck, dass die Autorin zu ihrer alten Form zurückgefunden hat. Leider muss ich nach dem Lesen des vorliegenden Thrillers feststellen, dass die Autorin in diesem 9. Fall mit seiner ganzen sowohl physischen als auch psychischen Brutalität bei mir nicht punkten konnte. Die Geschichte hat sich ohne Frage rasant und temporeich lesen lassen. Die Rückblicke zu den Grausamkeiten des Balkankrieges und die Gegenwart mit den Brüdern Andreis und Emir Kovac waren mir persönlich zu brutal, das war ich in dieser Form von der Autorin nicht gewohnt. Wobei außerdem die Kriegstraumata keinesfalls Entschuldigung für die Taten sein dürfen. Mit Mina Kovac musste ich mitleiden und ich fand diesen Teil der Geschichte erschütternd. Wobei ich auch zu denen gehöre, die die Nachgiebigkeit der Frauen nicht nachvollziehen können. Außerdem fand ich es unrealistisch und dumm, dass sie ihr eigenes Handy weiterhin benutzt hat, denn auch ihr hätte Handyortung ein Begriff sein müssen.


    Das Privatleben von Thomas und Nora spielt im vorliegenden Buch keine besonders große Rolle, so dass Neueinsteiger kein Problem damit haben werden in die Geschichte hineinzufinden.


    Positiv erwähnen möchte ich, dass der Verlag die Covergestaltung und Buchgröße bei allen Bänden beibehalten hat.


    Dieser Thriller ist für mich auf jeden Fall spannend, aber auch brutal, eindringlich und erschütternd. Er unterscheidet sich m.E. total von den Vorgängern und es werden nur die eine Lesefreude entwickeln, die Krimis der härteren Gangart bevorzugen, denn dieses Buch ist nichts für zart Besaitete. Auch das Lektorat hätte an einigen Stellen gründlicher sein dürfen. Ich werde jetzt abwarten, was die Autorin als Nächstes abliefert, um zu entscheiden, ob ich ihr treu bleibe!