Salih Jamal - Orpheus

  • Kurzmeinung

    claudi-1963
    Eine bekannte Sage mit viel Poesie, Abenteuer, Krimi, Lyrik, Mord und eine kurzen Liebe.
  • "Tage, an denen man nichts tut, sind die Tage, die einem nichts tun." (Auszug aus dem Buch)
    Orpheus ein Musiker der sich mit kleinen Nebenjobs durchschlägt. Dann lernt er eines Tages Nienke kennen und verliebt sich in sie, schnell stellt er fest, dass sie die Liebe seines Lebens ist. Nienke arbeitet ausgerechnet bei Orpheus Großvater Zeus dem Patriarchen, als Anwältin. Bei dieser Tätigkeit entdeckt Nienke Beweise das vor Jahren eine schwangere Frau ermordet wurde und das Zeus in diese Sache verwickelt ist, aber was ist mit dem Kind geschehen? Jedoch kurz, nachdem sie Orpheus davon erzählt und die Unterlagen zur Polizei bringen möchte, verschwindet Nienke spurlos. Orpheus der von Nienke kein Lebenszeichen erhält, geht auf die Suche nach ihr, den insgeheim hat er ja den Verdacht das Zeus sie womöglich entlarvt und ihr was angetan hat. Dabei entdeckt er nach und nach die grausamen Geheimnisse seiner Familie, aus Intrigen, Verrat und Mord. Doch als er auch nach Monaten kein Lebenszeichen von Nienke bekommt, versucht Orpheus mit Alkohol und Musik sie zu vergessen. Aber dann bekommt er einen entscheidenden Hinweis und geht zusammen mit seinem Onkel Dino auf die Suche.


    Meine Meinung:
    Ich kenne den Autor von seinem Debütroman "Briefe an die grüne Fee", der mich schon damals literarisch begeistert hat. Auch dieses Buch ist wieder eine literarische Meisterleistung. Angelehnt an Orpheus und Eurydike aus der griechischen Mythologie ist diese Geschichte sicher den meisten bekannt. Trotzdem bringt hier der Autor einen ganz neuen Wind in diese Sage, im Grunde ist es Orpheus in die Moderne interpretiert. Der Schreibstil ist flüssig, sehr gut, auch wenn mich das erste Kapitel etwas verunsichert hatte, gefiel mir die Geschichte von Kapitel zu Kapitel immer besser. Das sich dabei der Autor die Mühe macht für jedes Kapitel den geeigneten Song und dazu auch noch außergewöhnliche Interpreten sucht, fand ich beeindruckend. Darunter ist von Klassik, Blues bis Pop alles vertreten, wie z. B. Nina Hagen-Ave Maria, Johann S. Bach-Air, Lou Reed-PerfektDay und viele andere mehr. Natürlich nimmt Salih Jamal kein Blatt vor den Mund, er beschönigt nichts, auch keine Vergewaltigungsszene. Von daher wird der eine oder andere Leser schon entsetzt oder gar schockiert sein. Doch in finde gerade in unserer Zeit wo solche Dinge tagtäglich real passieren, sollte man sie nicht unter den Teppich kehren. Die Charaktere waren ja im Grunde schon vorgegeben, doch die Umsetzung durch den Autor in diese moderne Interpretation, hat mir Orpheus Geschichte erst so richtig nahegebracht. Gefallen hat mir vor allem der Lebemann Dino, der das krasse Gegenteil seines Vaters war. Zum ersten Mal habe ich sie so richtig verstanden, was in dieser Liebe wirklich geschah. Natürlich ist manches frei interpretiert und nicht alles wie in der Sage überliefert, trotzdem hat sie mich in den Bann gezogen. Vor allem die Darstellung dieser außergewöhnlichen Familie, die er sehr gut aus verschiedenen Blickrichtungen erzählt, mal herzlich, liebevoll, aber auch wütend und rabiat doch immer mit viel Poesie zeigt er dem Leser alle Hintergründe. Der Autor verschmelzt hier, Poesie, Lyrik, Sage, Krimi, Abenteuergeschichte und Liebesroman in einem. Für mich wieder ein gigantisches literarisches Meisterwerk, das mit viel Poesie geschrieben wurde und dem ich gerne 5 von 5 Sterne gebe. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::applause::thumleft:

  • Salih Jamal - Orpheus


    Patriarchale Welt


    "Orpheus" ist ein äußerst interessantes Buch, welches ich lesen durfte. Die gesamte Art des Aufbaus war für mich bisher unbekannt und definitiv einzigartig.


    Da haben wir einmal den Sprachklang; anders, brutal, roh, gewaltig, aber auch poetisch, feinsinnig, nachdenklich, dann wieder fesselnd, reißerisch. Insgesamt ein sehr interessantes und beeindruckendes Konstrukt. Dann ist dieses Buch wieder kein chronologisch geordnetes, sondern springt in den Geschehnissen und Zeitebenen hin und her. Das ist etwas was ich sehr liebe.


    Die Geschichte an sich hat deutliche Parallelen in der griechischen Mythologie, einer sehr patriarchalen Welt, die in der Mythologie, wie auch in dem Roman, von Zeus beherrscht wird. Nur ist die Welt im Roman noch deutlich patriarchaler als die Welt der griechischen Mythologie. Ich habe als Kind die Sagen des klassischen Altertums verschlungen und das Abenteuerliche in dieser Welt geliebt, aber mit wachsendem Alter diese Welt der doch meist devoten oder im Hintergrund gehaltenen Frauengestalten etwas anders wahrgenommen. Aber selbst in der griechischen Mythologie gibt es noch die eine oder andere Dame, die etwas aus dieser weiblichen Unterwürfigkeit heraussticht. Im Roman gibt es bis auf Nienke oder die kurz aufblitzende Hera keine wichtigen weiblichen Rollen. Wir haben hier die Geschichte von Orpheus und Eurydike in neuem Gewand in die jetzige Zeit transferiert. Und es ist eine interessante Geschichte in der Salih Jamal geschickt philosophische Betrachtungen über das Leben und die Liebe und den Verlust einbaut, aber genauso beinhaltet der Roman auch einen Thriller über Macht, Wahn und Rausch. Insgesamt habe ich dieses Buch sehr gern gelesen.


    Herausstechend ist dieses Buch nicht nur durch den sehr eigenen Sprachklang, sondern auch durch die Verbindung von Roman und Musik, jedes Kapitel im Buch hat eine Überschrift in Form eines Liedes, welches der Stimmung des betreffenden Kapitels nahe kommt, der Autor hinterlässt dem Leser auch am Anfang des Buches einen Hinweis auf eine Playlist auf Youtube. Dies empfand ich als eine sehr geschickte und künstlerisch wertvolle Handlungsweise und dieses Zusammenführen von Sprache und Musik und der Sprachklang des Salih Jamal sind für mich Gründe für eine 5 Punkte Bewertung.