Christopher Fowler - Der Höllenexpress / Hell Train

  • Stellen Sie sich einen klassischen Horrorfilm vor, den Hammer Films nie gemacht hat. Ein grandioses Epos aus den Hochzeiten des Studios, eine Mischung aus den alten Dracula und Frankenstein Filmen und Dr. Terror House of Horrors...

    Vier Passagiere treffen sich auf einer Zugreise durch Osteuropa während des Ersten Weltkrieges; konfrontiert mit einem Mysterium, das gelöst werden muss, wenn sie überleben wollen. Was ist in dem Sarg, vor dem jeder so viel Angst hat? Was ist das tragische Geheimnis der verschleierten Roten Gräfin, die mit ihnen reist? Warum wird ihr Mitreisender, der Brigadengeneral, von seinen eigenen Soldaten so gefürchtet? Und was genau ist das Geheimnis des teulfischen Ärzengels selbst? Bizarre Kreaturen, satanische Riten, verängstigte Passagiere und die Romantik einer Bahnreise...im Stile eines klassischen Horror-Romans. Reisen Sie mit...wenn Sie sich trauen!...(Klappentext)

    ☠☠☠☠☠


    "Als der Teufel auf die Erde gerufen wurde, schuf er einen Zug,
    um die Verdammten in die Hölle zu bringen."
    (S 29)


    Die Story beginnt mit Shane Carter in England des Jahres 1966. Er ist Drehbuchautor und ein Fan vom britischen Filmunternehmen Hammer Films. Da wohlbekannt ist, dass Hammer Films eine eingeschworene Gemeinschaft ist, ist es für ihn umso überraschender angeworben zu werden.

    Die Bedingung: innerhalb von vier Tagen muss er ein fertiges Drehbuch für einen Horrorfilm aus dem Boden stampfen...und Shane Carter schreibt und katapultiert den Leser in den Zug des Teufels.


    Ein junges Mädchen ist alleine zu Hause und langweilt sich. Wieso sich also nicht mit einem alten Brettspiel vom Dachboden die Zeit vertreiben? Am besten mit dem Spiel, welches mit einer Schnur zugebunden ist und eine Karte mit den Worten "NICHT ÖFFNEN" daran hängt. Ein Spiel mit einer viktorianischen Lokomotive als Utensil und inklusive unheimlichen Eigenleben.

    Und dann wird das Spiel real und der Zug "Ärzengel" donnert durch das Zimmer des Mädchens. Dieser scheint direkt aus der Hölle zu kommen, bzw. ist er auf dem Weg dorthin und mit ihm die Passagiere. Diese hat man schon als Spielfiguren des Spiels betrachtet und nun lernen wir sie richtig kennen.


    Man befindet sich nun im Jahre 1916 und der Erste Weltkrieg ist im vollen Gange.

    Nicholas, ein Glücksspieler, Dieb, Betrüger und nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht, befindet sich auf der Flucht. Dabei gelangt er in ein kleines Dorf in den Karpaten. Die Armee steht bereits an den Grenzen, um das Dorf dem Erdboden gleich zumachen und so muss er auch hier so schnell wie möglich verschwinden...jedoch nicht ohne willkommene Abwechslung für die Fahrt....

    Isabella ist eine junge Dorfschönheit, welche auf Nicholas Drängen ihr Heimatdorf verlässt, um dem Krieg und den Soldaten zu entkommen, aber vor allem, um die große weite Welt zu sehen.

    Thomas und Miranda sind ein britisches Ehepaar auf Durchreise, welches den Zug verpasste, sich nun im selben Dorf wie Nicholas und Isabella befinden und nun zankend auf den nächsten Zug wartet.

    Obwohl sie alle gewarnt wurden, bestiegen sie den Mitternachtszug und nun beginnt die höllische Reise mit dem Höllenexpress. Wer wird am Ende der Reise seine Seele behalten und wer wird bis in die Ewigkeit verdammt sein?


    "Eine teuflische Maschine, die durch die stürmische Nacht donnert.
    Die Kolben pumpen, der Dampfdruck wächst, die Lichter flackern.
    Aufblitzende Vierecke mit unterschiedlichsten Szenarien;
    jedes erzählt seine eigene Geschichte von Liebe und Verrat,
    von anhaltendem Hass, hartem Leben und gewaltsamen Tod."
    (S. 183)


    Der Schreibstil ist flüssig und absolut packend. Die Kapitel sind angenehm kurz, sodass man verleitet wird zu sagen: "Ach, nur noch ein Kapitel...", um schließlich die ganze Nacht durchzulesen.

    Die Story selbst, und ich meine damit die Zug-Story, ist ebenfalls fesselnd und was mir persönlich besonders gefallen hat, war der klassische Horror-Touch.


    Man liest hier das Drehbuch von Shane, welches mit dem spielenden Mädchen beginnt und durch das der Leser wiederum in das Brettspiel eintaucht. Man gesellt sich quasi zu den Spielfiguren, befindet sich plötzlich mit ihnen in diesem alten viktorianischen Zug voller skurriler Personen und unheimlichen Begebenheiten. Man begegnet hier einem Ghul, einer geheimnisvollen rot verhüllten Gräfin, einem unheimlichen Puppenmeister und vielen anderen schaurigen Gestalten.


    Wir begleiten hier also zwei Handlungsstränge. Zum einen den von Shane, wobei man der Entstehung des Drehbuchs beiwohnt. Hier erfährt man etwas über das Filmunternehmen Hammer Films, wie er auf die Idee mit dem Zug kommt, über die Rollenverteilung der Stars, etc. Dies sind jedoch nur sehr kurze Sequenzen, welche auch nur vereinzelt auftreten.

    Der andere Handlungsstrang ist die Drehbuchstory selbst - "Der Höllenexpress". Dieser nimmt den Hauptteil des Buches ein. Zum Glück, denn manchmal fühlte ich mich durch den Wechsel zu Shanes Perspektive im Lesefluß gestört. Dadurch fiel nämlich die ganze aufgebaute unheimliche und angespannte Atmosphäre der Höllenzug-Story immer wieder in sich zusammen.


    "Blut spritzte aus einer arteriellen Quelle hervor.
    Der Ghul biss und biss, bis der Bauer zusammensackte.
    Er landete in gekauten Stücken auf dem Boden und war nicht mehr als Mensch zu erkennen."
    (S. 148)


    Fazit:

    Die Idee einem Drehbuchautor für Horrorfilme über die Schulter zu schauen und mit ihm einen kleinen Blick hinter die Kulissen des Filmunternehmens Hammer Films zu blicken, finde ich nicht schlecht. Es ist eine Hommage an dieses Filmunternehmen. Gebraucht hätte ich diesen Handlungsstrang jedoch überhaupt nicht.

    Die Zug-Story selbst ist einfach nur genial und konnte mich völlig mit sich reißen. Diese besticht nämlich durch unheimliche Atmosphäre, gruselige und skurrile Figuren und konnte mich am Ende sogar überraschen.:bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone (inkl. Bilder, Info zu den Hammer Films, Leseprobe und Autoren-Info)

  • Das ist die Originalausgabe, beide Cover finde ich einfach genial!:thumleft: Ich habe dieses Buch schon sooo lange auf meinem Merkzettel, habe aber immer auf eine Rezension dazu gewartet, da ich eigentlich kein Horror-Leser bin.

    Jetzt habe ich mir das deutsche E-Book gekauft. Es passt gut zu Halloween:loool: und ist übrigens auch gerade mit 1,99 € sehr günstig

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Christopher Fowler - Der Höllenexpress - Hell Train“ zu „Christopher Fowler - Der Höllenexpress / Hell Train“ geändert.
  • Das ist die Originalausgabe, beide Cover finde ich einfach genial!:thumleft: Ich habe dieses Buch schon sooo lange auf meinem Merkzettel, habe aber immer auf eine Rezension dazu gewartet, da ich eigentlich kein Horror-Leser bin.

    Jetzt habe ich mir das deutsche E-Book gekauft. Es passt gut zu Halloween:loool: und ist übrigens auch gerade mit 1,99 € sehr günstig

    Also ich finde ja, wieder einmal, die Originalausgabe viel schöner, aber das ist bei mir ja nix neues :lol:

    Wenn ein Mann zurückweicht, weicht er zurück. Eine Frau weicht nur zurück, um besser Anlauf nehmen zu können. (Zsa Zsa Gabor)
    :twisted:

  • Also ich finde ja, wieder einmal, die Originalausgabe viel schöner, aber das ist bei mir ja nix neues :lol:

    Ich lese bei Büchern englischsprachiger Autoren generell lieber die Originalausgabe, auch unabhängig vom Cover. Allerdings bin ich eigentlich kein Horror-Leser und kenne auch den Autor dieses Romans noch nicht. Deshalb habe ich mir die wesentlich preiswertere deutsche E-Book Ausgabe gekauft, dann muss ich mich nicht so ärgern, falls mir das Buch nicht gefallen sollte.:wink:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Auf eine Inhaltsbeschreibung verzichte ich mal und komme direkt zu meinem Leseeindruck.


    Bekanntlich bin ich ja nicht gerade der klassische Horror Leser, doch die Rezi von Ambermoon hatte mich derartig neugierig gemacht, dass ich bei einem sehr guten eBook-Deal zugegriffen habe. Was für eine höllische Zugfahrt im buchstäblichen Sinne! Manchmal wurde es mir doch schon ein Tick zu blutig, aber an den entsprechenden Stellen habe ich weggeschaut schneller drüber gelesen, dann ging es auch für mich.

    Auf jeden Fall eine sehr spannende Geschichte, die sich durch die kurzen Kapitel weglesen lässt wie geschnitten Brot. Die Rahmenhandlung mit dem Drehbuch passte nicht immer für mich und hatte an der einen oder anderen Stelle eher gestört.

    Das Ende war für mich auch sehr überraschend und absolut passend.


    Bei der Bewertung habe ich mich für :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: entschieden, einen halben Punkt Abzug wegen der Drehbuchgeschichte. Wer eine spannende Horror-Geschichte sucht, dürfte hier gut bedient werden. Wobei ich es nicht einschätzen kann ob es einem klassischen Horror-Leser wiederum eher zu unblutig wäre :lol:

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Ich bin kein Horrorleser und das Buch war quasi ein "Cover-Kauf" weil ich Dampflokomotiven absolut nicht widerstehen kann.

    Obwohl ich normalerweise kein Freund von Rahmenerzählungen bin, finde ich das hier ganz passend. Der erzählerische Rahmen, die Schaffung eines Drehbuchs für einen Horrorfilm, verdeutlicht, dass es sich hier um etwas Fiktives handelt und die Geschichte im Zug wird nicht als wahres Ereignis dargestellt.

    Diese Geschichte finde ich unglaublich spannend und fesselnd, der Autor hat wirklich ein Talent für höchst anschauliche und drastische Beschreibungen. Mir persönlich hat der subtile Grusel am Anfang bei noch geschlossenem Sarg besser gefallen als die späteren Szenen nach dessen Öffnung. Diese mögen für die meisten Leser gruseliger gewesen sein, aber ich persönlich empfinde Untote immer als ziemlich lächerlich, weswegen ich eben keine Horror- und Vampirromane konsumiere.

    Sehr angenehm finde ich einen gewissen trockenen Humor, der immer wieder zum Tragen kommt, so z.B. auf S. 313 (im E-Book), wo ein untotes Ehepaar äußert:

    "Wir mögen zwar tot sein, aber wir sind immer noch Engländer." und nach seinem Afternoon Tea verlangt. :totlach:


    Fazit:  Für mich werden Ausflüge ins Horrorgenre weiterhin Ausnahmen bleiben, aber dieser Roman hat mich dennoch spannend unterhalten.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998