C. J. Sansom - Die Gräber der Verdammten / Tombland

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    Summer, 1549. Two years after the death of Henry VIII, England is sliding into chaos . . . The nominal king, Edward VI, is eleven years old. His uncle Edward Seymour, Duke of Somerset, rules as Protector. The extirpation of the old religion by radical Protestants is stirring discontent among the populace while the Protector's prolonged war with Scotland is proving a disastrous failure and threatens to involve France. Worst of all, the economy is in collapse, inflation rages and rebellion is stirring among the peasantry. Since the old King's death, Matthew Shardlake has been working as a lawyer in the service of Henry's younger daughter, the Lady Elizabeth. The gruesome murder of Edith Boleyn, the wife of John Boleyn - a distant Norfolk relation of Elizabeth's mother - which could have political implications for Elizabeth, brings Shardlake and his assistant Nicholas Overton to the summer assizes at Norwich. There they are reunited with Shardlake's former assistant Jack Barak. The three find layers of mystery and danger surrounding Edith's death, as a second murder is committed. And then East Anglia explodes, as peasant rebellion breaks out across the country. The yeoman Robert Kett leads a force of thousands in overthrowing the landlords and establishing a vast camp outside Norwich. Soon the rebels have taken over the city, England's second largest. Barak throws in his lot with the rebels; Nicholas, opposed to them, becomes a prisoner in Norwich Castle; while Shardlake has to decide where his ultimate loyalties lie, as government forces in London prepare to march north and destroy the rebels. Meanwhile he discovers that the murder of Edith Boleyn may have connections reaching into both the heart of the rebel camp and of the Norfolk gentry . . . Includes an Historical Essay from the author on Reimagining Kett's Rebellion.


    Autor (Quelle: amazon)
    Christopher J.Sansom, geb. 1952, studierte zunächst Geschichte und arbeitete als Rechtsanwalt, bevor er sich hauptberuflich dem Schreiben zuwandte. Der Autor lebt in Sussex. Sein erster Roman "Pforte der Verdammnis" wurde von der renommierten Crime Writers Association für den Ellis Peters-Preis vorgeschlagen.


    Allgemeines
    Siebter Band der Reihe um Matthew Shardlake
    Erschienen am 18.10.2018 bei Pan Macmillan als TB mit 866 Seiten
    Gliederung: Prolog – sechs Bücher mit insgesamt 86 Kapiteln – Epilog – Danksagung – Historical Essay – Fußnoten – Bibliographie – farbige Landkarte von Norwich und Mousehold Heath 1549
    Ich-Erzählung von Matthew Shardlake
    Handlungsort und -zeit: größtenteils Norwich und Mousehold Heath, Sommer 1549


    Inhalt
    John Boleyn, ein in Norwich lebender entfernter Verwandter von Anne Boleyn, wird beschuldigt, seine Frau Edith umgebracht zu haben. Edith war vor neun Jahren spurlos verschwunden, ihr Mann hat sie für tot erklären lassen und ist inzwischen mit einer anderen Frau verheiratet. Lady Elizabeth, die spätere Königin Elizabeth I, hegt Zweifel an der Schuld von John Boleyn, da zwei seiner Nachbarn mit angrenzenden Ländereien es auf Johns Grundstück abgesehen haben und ihn wegen seiner Weigerung, zu verkaufen, aus dem Verkehr ziehen wollen könnten. Deshalb schickt sie Shardlake und seinen Kollegen Nicholas Overton nach Norwich, um für den Fall, dass auch der Anwalt John für unschuldig hält, ein Gnadengesuch einzureichen.


    In Norwich ist – wie auch in anderen Teilen des Landes – die Lage sehr angespannt, der Zorn der Bauern gegen die Grundherren droht sich zu entladen. Die Grundherren zäunen immer mehr vom allgemein verfügbaren Weidegrund widerrechtlich ein, um ihre Schafe, deren Wolle Motor des englischen Wohlstandes ist, dort weiden zu lassen. Die Kleinbauern haben nicht mehr genug Weidegrund für ihre Tiere, die ihnen das Überleben sichern sollen. Dieser Umstand, wie auch neue religiöse Vorschriften und generell mangelndes Mitbestimmungsrecht der „kleinen Leute“ führen im Sommer 1549 zu Kett´s rebellion und schrecklichem Blutvergießen. Shardlake, Overton und sein ehemaliger Assistent Barak, der sich ebenfalls gerade in Norwich aufhält, geraten zwischen die Fronten der Rebellion.


    Beurteilung
    Die Krimihandlung um den Mord an Edith Boleyn und zwei weiteren Personen ist eingebettet in die großartig recherchierte Schilderung der Situation in England 1549, als die Unzufriedenheit der einfachen Leute mit der Regierung – der für den minderjährigen Edward VI regierende Protector Somerset interessiert sich mehr für den Krieg gegen Schottland als für das Wohl der einfachen Engländer – sich in diversen Aufständen entlädt, am bekanntesten dürfte das Rebellencamp in Mousehold Heath unter der Leitung von Robert Kett sein. Der Autor schildert ausführlich die Selbstorganisation der Rebellen, bei denen Kett für Gewaltverzicht und Ordnung sorgt und eine friedliche Koexistenz aller Gesellschaftsschichten anstrebt. Die anschließende Niederschlagung der Rebellion unter den Truppen des Earl of Warwick und die Gräuel der Schlachten werden schonungslos beschrieben.
    Dabei wird die fiktive Mordermittlung Shardlakes geschickt mit dem historischen Kontext verwoben und auch Shardlakes persönlicher Konflikt deutlich herausgearbeitet: Als Anwalt gehört er eigentlich zu den „gentlemen“, gegen die die Rebellen aufbegehren, gleichzeitig kann er deren Wünsche aber nachvollziehen und bringt ihnen Sympathien entgegen. Besonders die integre Persönlichkeit des Robert Kett beeindruckt ihn.
    Der Erzählstil ist eindrücklich und anschaulich, stellenweise auch sehr spannend, dem Autor gelingt es, allen Charakteren Leben einzuhauchen.
    Im Anhang zum Roman befindet sich ein Essay von 50 (!) Seiten, in dem verschiedene Aspekte zu den sozialen Unruhen der Zeit aufgegriffen und erläutert werden. Auch eine Bibliographie mit Anregungen zu weiterer Lektüre ist vorhanden.
    „Tombland“ ist ein sehr komplexer und anspruchsvoller Roman, der sich nicht schnell zur leichten Unterhaltung herunterlesen lässt, aber es lohnt sich, Zeit und Konzentration in dieses großartige Buch zu investieren, dem man es anmerkt, dass der Autor als Jurist und promovierter Historiker vom Fach ist.


    Fazit
    Ein wahrhaft „historischer“ Roman im besten Sinne, der dem Leser Konzentration und Ausdauer abverlangt und gleichzeitig geschickt Wissen vermittelt!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Am 23.09.2020 erscheint endlich die deutsche Übersetzung zu diesem großartigen Roman. Danke Solitude für den Hinweis bei den Neuerscheinungen. (Mit besonderem Gruß an sinah )


    Kurzbeschreibung (amazon)

    1549: Seit dem Ableben Heinrichs VIII. steht Matthew Shardlake als Rechtsanwalt in Diensten von dessen jüngerer Tochter Elizabeth, der späteren Königin Englands. Als eine Verwandte, Edith Boleyn, brutal ermordet wird, entsendet Elizabeth Shardlake nach Norwich.
    John Boleyn, Ediths Ehemann, wird beschuldigt, seine Frau getötet zu haben. Viele Rätsel ranken sich um Ediths Tod, doch Matthew Shardlake glaubt an die Unschuld seines Mandanten. Noch ehe er die Sache abschließen kann, kommt es zum blutigen Aufstand in Norwich – der junge Rebell Robert Kett befehligt eine Armee von Aufständischen und führt sie gegen die Stadt. Als die königlichen Truppen aufmarschieren, entdeckt Shardlake Indizien, die ihn direkt in das Camp der Rebellen wie auch in die besseren Kreise der Stadt selbst führen.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „C. J. Sansom - Tombland“ zu „C. J. Sansom - Die Gräber der Verdammten / Tombland“ geändert.
  • 7. Band der historischen Krimireihe um Matthew Shardlake


    1549: Seit dem Ableben Heinrichs VIII. steht Matthew Shardlake als Rechtsanwalt in Diensten von dessen jüngerer Tochter Elizabeth, der späteren Königin Englands. Als eine Verwandte, Edith Boleyn, brutal ermordet wird, entsendet Elizabeth Shardlake nach Norwich.

    John Boleyn, Ediths Ehemann, wird beschuldigt, seine Frau getötet zu haben. Viele Rätsel ranken sich um Ediths Tod, doch Matthew Shardlake glaubt an die Unschuld seines Mandanten. Noch ehe er die Sache abschließen kann, kommt es zum blutigen Aufstand in Norwich – der junge Rebell Robert Kett befehligt eine Armee von Aufständischen und führt sie gegen die Stadt. Als die königlichen Truppen aufmarschieren, entdeckt Shardlake Indizien, die ihn direkt in das Camp der Rebellen wie auch in die besseren Kreise der Stadt selbst führen.


    Meine Meinung


    Ich hab mich mega gefreut auf diese Fortsetzung, denn schon in den ersten Bänden war ich mit dem buckligen Anwalt Matthew Shardlake gerne auf Mörderjagd! Die Bücher werden zwar immer dicker, jetzt mit so gut wie 1000 Seiten ein richtiger Schinken, aber wenn man sich drauf einstellt, dass C. J. Sansom hier viel ins Detail geht und die Handlung langsam aufbaut, kann das großen Spaß machen!


    Es dauert nämlich, bis der Mordfall in Fahrt kommt, dennoch bin ich schnell vorangekommen. Ich mag das historische Setting in London und Umgebung sehr und der Autor geht dieses Mal noch mehr auf die Umstände ein, die die Bürger zu dieser Zeit beschäftigen:

    Die hohen Abgaben zur Finanzierung des Schottland Krieges, die Missernten und die Inflation haben die Spannungen geschürt, weshalb sich die "Gemeinen" zu einer Rebellion zusammenschlossen.

    Ich denke, der Autor hat hier sehr gut recherchiert und die realen Personen/Ereignisse als guten Hintergrund gefunden, in den Matthew Shardlake immer tiefer verstrickt wird.


    Er gehört ja als Anwalt zur gehobenen Klasse, hat aber schon immer ein Herz für die Armen und muss diesen Spagat zur Wahrung seines Ansehens gegenüber beiden Seiten meistern, was ihn einiges an Geschick abverlangt.

    Die Ermittlungen, die den Verdächtigen John Boleyn entlasten sollen, gestalten sich als äußerst schwierig. Matthew und sein Gehilfe finden zwar einige Hinweise, die auch andere Täter infrage kommen lassen, aber die Klärung scheint kaum möglich zu sein.

    Der Fall ist definitiv verstrickt, wobei die Lösung dann fast schon etwas untergegangen ist. Warum? Weil ab der Hälfte das zentrale Thema der Aufstand der Gemeinen ist, der sich in Norwich sammelt. In ganz England schließen sich die niederen Klassen zusammen, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen und wie Shardlake hier mit einbezogen wird nimmt sehr viel Raum ein, der mir dann doch zu detailliert und ausufernd wurde.

    Interessant war es allemal, aber es wirkte dann doch zu langatmig, weil vieles im Kleinen beschrieben wurde.


    Matthew Shardlake selbst ist mir ja äußerst sympathisch, schon von Anfang an. Aber auch andere Charaktere und auch Nebenfiguren sind mir ans Herz gewachsen und einige machen eine ungewollte Entwicklung durch - grade auch wegen der Rahmenhandlung.


    Leider ja immer noch aktuell, das Thema zum System und den "Klassen", irgendwie. Denn obwohl es so weit weg scheint gibt es diese Unterschiede in der Wahrnehmung ja leider noch bei vielen, dass manche Menschen weniger wert seien als andere.


    Vom Stil her hat der Autor wieder eine perfekte Atmosphäre der damaligen Zeit geschaffen; ohne übertreiben zu müssen hat er die Dialoge und die Erzählweise perfekt an das historische England angepasst und mit anschaulichen Szenen und Authenzität zum Leben erweckt!


    Eine großartige Fortsetzung, die zeigt, wie sehr der Autor sich an den historischen Überlieferungen orientiert hat, teilweise aber eben etwas ausschweifend, wodurch bei der Aufklärung des Mordes am Ende etwas Pfiff gefehlt hat.


    Mein Fazit: 4 Sterne

  • Krimi mit Suchtfaktor


    Matthew Shardlake verschlägt es nach Norwich. Hier soll er den Tod an Edith Boleyn aufklären. Dieser Zweig der Boleyn-Familie ist nur entfernt mit der noch jungen Elizabeth Tudor verwandt, aber sie möchte trotzdem den verdächtigen Ehemann John Boleyn vor dem Galgen bewahren. Matthew hat schon einige Dienste für die zukünftige Königin von England getätigt und so ist er auch hier zuversichtlich. Der Fall entwickelt sich schnell zu einer Katastrophe. Nichts scheint zusammenzupassen und alles scheint möglich zu sein. Doch nicht nur dieser Prozess verlangt dem Rechtsanwalt alles ab, er gerät auch noch mitten in den Aufstand der einfachen Leute im Jahre 1549.


    Dieser neue Fall für Rechtsanwalt Matthew Shardlake ist bereits Band 7 dieser Reihe. Ich selbst habe nur die ersten zwei Teile gelesen, kam aber hier mit der Handlung wunderbar zurecht. Der 10-seitige Prolog klärt die politische Lage im Land und sorgt somit für die nötige Übersicht.


    Danach ging es dann direkt mit der Geschichte weiter. Aus Sicht von Matthew wird dieser Fall dann geschildert. Auf diese Weise ist man immer bei allem, was dem Rechtsanwalt so geschieht mit dabei. Durch diesen Erzählstil der Ich-Perspektive entfällt aber auch die Sicht der anderen Protagonisten. Ich lese ganz gern Geschichten, die aus der Sicht des Charakters erzählt wird. Der Erzählstil von C. J. Sansom ist zudem leicht und locker zu lesen, auch wenn es vielleicht die eine oder andere zu häufige Wortwiederholung gibt.


    Der eigentliche Kriminalfall ist gut durchdacht und geschickt in der Handlung intrigiert. Allerdings gerät er auch ein wenig in den Hintergrund durch die Ereignisse dieses Sommers. Der Aufstand der Bauern im Jahre 1549 in England war mir so gar nicht geläufig. Ich fand es spannend zu lesen, wie Matthew darin verwickelt wurde und wie er mit dieser Situation umgegangen ist. Auch das Handeln der anderen Charaktere wie Barak oder der Rechtsanwaltsgehilfe Nicholas war nachvollziehbar. Diese Protagonisten haben zwar auch eine Vorgeschichte, die in den anderen Bänden erzählt werden, aber durch kleine Rückblenden bleiben auch die Leser auf dem Laufenden, die die Vorgeschichten nicht kennen. Mir hat in diesem Fall nichts gefehlt.


    Ich fand es spannend, wie sich jeder einzelne Protagonist so seine Gedanken zu der politischen Lage im Land gemacht hat und daraus seine Konsequenzen gezogen hat. Es gibt hier interessante Details aus dieser Zeit zu lesen, auch wenn der Krimi dadurch vielleicht in den Hintergrund gerutscht ist. Am Ende klärt sich natürlich alles auf und die ersten losen Fäden für den nächsten Teil sind auch schon gelegt.


    Fazit:

    „Gräber der Verdammten“ ist vielmehr als „nur“ ein Kriminalroman vor historischem Hintergrund. Er weist mit einigen Details aus dem Jahre 1549 auf. Erzählt von einem Aufstand, der hoffnungsvoll begann und in einem Desaster endete und lässt seine Protagonisten einiges Erleben und sich selbst hinterfragen. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und die 1000 Seiten in Rekordgeschwindigkeit gelesen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: