Ivan Jablonka – En camping-car

  • Kurzmeinung

    tom leo
    Erinnerungen an Campingurlaube der Kindheit, die aber Anlass geben zu allen möglichen interssanten Exkursen...
  • Original : Französisch, 2018


    INHALT :

    Der VW-Bus brachte uns nach Portugal, Griechenland, Marokko, Toledo und Venedig. Er war praktisch und genial ersonnen. Er lehrte mich, frei zu sein auf dem Weg des Exils. Ich habe mir immer eine zärtliche Erinnerung an die Reisen meiner Kindheit bewahrt, für dieses durcheinanderwirbelnde und verwunderte Leben, ohne Zeitplan und Gebote. Das Leben im Camping-Bus. (I.J., Behelfsübersetzung von mir)


    BEMERKUNGEN :

    Thematisch assoziiert(e) man Jablonka wohl eher mit schweren und teils dunklen Themen, rund um die Verfolgung seiner Großeltern (« Histoire des grands-parents que je n’ai pas eus », 2012), der systematischen Deplazierung von Kindern der Insel « La Réunion » in ballungsärmere Gebiete des Festlandes (« Enfants en exil : transfert de pupilles réunionnais en métropole (1963-1982) »), verlassenen Kindern (« père ni mère (2006) »), einer enthüllenden Biographie von Jean Genet etc...


    Und da taucht dieses Buch auf, zunächst mal in einem irgendwie « Urlaubsgewand » und einer grundsätzlich postiven Stimmung : Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend auf Achse mit dem Camping-Car der Familie, und meist zwei befreundeten Familien ! Wie er hier den VW-Kombi T-3 beschreibt ist eine wahre Lobeshymne an die Freiheit und die Freude. In den 22 Kapieteln von 4-10 Seiten Länge wechseln sich aber erinnernde Reisebeschreibungen in den USA und rund um das Mittelmeer mit ernsteren Überlegungen einander ergänzend und erweiternd ab. Diese Ideenausflüge gehen interessant und ernsthaft zu Themen wie


    - der Geschichte des Campens an sich

    - dem Erfolg der Campingbusse (insbesondere derer von Volkswagen)

    - der Hippiebewegung, einem gewissen Nomadentum

    - der Kunst einen richtigen Ort (« spot ») zu finden

    - der Begegnung mit dem Altertum

    - einem alternativen Leben » vor der eintretenden Mode

    - einem Sehnen nach Glück als Gegenausdruck zum Gewicht der Shoah

    ...


    Man könnte das Buch durch den Anteil an Erinnerungen zu Biographie assoziieren, aber es wird durch die Exkurse und die sozialpolitischen Aspekte der Epoche doch zu einem Essay. Und in dieser Kategorie gewann es dann auch den Prix Essai France Télévision 2018.


    Dem Autor ist eine sehr interessante Mischung verschiedener Ansätze gelungen, die auch einem Nicht-Camper wie mir einige Freude und Gedankenanstöße gibt.


    AUTOR :

    Ivan Jablonka wurde 1973 in Paris geboren. Sein Vater war Physiker und die Mutter Lehrerin von Griechisch und Latein. Sie haben jüdische Wurzeln und verloren einen Großteil ihrer Ahnen in der Shoah. Jablonka ist Historiker und als solcher Professor für zeitgenössische Geschichte an der Universität Paris-XIII als auch ein französischer Schriftsteller. Er leitet und editiert verschiedene Serien zur Soziologie, Geschichte, Wirtschaftswissenschaften.


    Broché: 192 pages

    Editeur : Le Seuil (4 janvier 2018)

    Collection : LIB DU .XXI. S.

    Langue : Français

    ISBN-10: 2021361616

    ISBN-13: 978-2021361612

  • Auf Deutsch sind noch gar keine Bücher von ihm übersetzt... :( , auf Französisch könnt Ihr noch nach den anderen Büchern schauen. Unten, für eventuell interessierte Leser des Italienischen (und da gibt es hier ja zwei, drei...) eine Verlinkung zu einer Hommâge, einer Schilderung über seine "Großeltern, die er nicht gehabt hat".