David Foster Wallace - Alles ist grün / Girl With Curious Hair

  • Schon lange hatte ich mir vorgenommen, mich weiter mit David Foster Wallace' Werk zu befassen, hatte aber nie die rechte Muße und die für mich nötige völlige Ruhe dazu. Ich will mich über seine Kurzgeschichtensammlungen langsam seinen Romanen nähern.


    Angefangen habe ich heute mit "Alles ist grün" . Drei Kurzgeschichten, die zusamnmen 25 % meiner eBook-Ausgabe ausmachen, sind gelesen. Und ich habe für mich festgestellt, dass ich wirklich konzentriert lesen muss. Und dennoch habe ich nicht alle Nuancen mancher Geschichten verstanden (was zum Teil auch an den Fremdwörtern lag, die mir bis dahin unbekannt waren, die Sache aber interessant gemacht haben).


    In der ersten Geschichte ging es darum, dass in einer menschenleeren Garage zwei Geschäfttsleute aufeinandertreffen, ein sehr Ranghoher und ein "kleines Licht", die Beide namenlos bleiben. Der Ältere erleidet einen Herzinfarkt, der Jüngere tut Alles, um ihn am Leben zu halten. Das Ende bleibt offen und gerade deshalb im Gedächtnis. Die Anonymität der beiden Männer, die leere, nächtliche Tiefgarage vermitteln eine beinah schaurige Stimmung. Im Kontrast dazu stehen schon die beinah überzogen,, fast schon lächerlich beschriebenen Erste-Hilfe-Maßnahmen dieser durch die Situation verbundenen, sich aber zuvor mmit äußerster Distanz gegenüber stehenden Männer.


    In der zweiten Geschichte versucht ein Paar in einer Therapie die Gründe ihres Auseinanderlebens herauszufinden. Die Reaktionen des Mannes im Gesprächsverlauf nehmen schon beinah groteske Züge an (er hat den größten Gesprächsanteil). Das Schlußwort ist eindrücklich, und wie der Mann im Gespräch sich zu erklären versucht (vor allem vor sich selbst), hat in mir Mitgefühl mit ihm und seiner Partnerin geweckt. Estaunlicherweise gelingt es Foster Wallace, das familiäre Umfeld der Beiden in seiner Geschichte lebendig werden zu lassen, obwohl es "nur" eine Kurzgeschichte ist.


    Die dritte Geschchte lebt durch die Perspektivenwechsel. Ein alter Mann ist die Klammer um die Perspektiven. Er erfährt von seiner alten Freundin von Problemem innerhalb deren Familie (einer ihrer Söhne, verheiratet, hat eine Affäre mit der Partnerin seines Bruders) und versucht zu helfen, wo er kann. An dieser Gesschichte gefiel mir sehr die Umsetzung der Themen "Alter", "Familie" und "Armut".


    Sprachlich waren alle drei Geschichten hervorragend, sehr genau beobachtet, manchmal tieftraurig, manchmal geradezu ausufernd in den Beschreibungen, auf jeden Fall sehr eigen, was das Vokabular und die Wortbilder betraf, die bei mir das Kopfkino entzündet haben.


    Als Nächstes kommt die titelgebende Geschichte "Alles ist grün". Sie und die nachfolgende Novelle habe ich mir für Morgen vorgenommen, denn gerdae die Novelle wird konzentriertes Dranbleiben erfordern - glaube ich.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „David Foster Wallace - Alles ist grün“ zu „David Foster Wallace - Alles ist grün / Girl With Curious Hair“ geändert.
  • Leider bin ich heute nicht so viel zum Lesen gekommen, wie ich erhofft hatte.


    Deshalb kann ich nur wenig erzählen.


    Die Kurzgeschichte "Alles ist grün" war ziemlich deprimierend: Ein Mann erlebt das Ende einer Beziehung, während seine Partnerin, während ihm das Ende bewusst wird, immer wieder darauf hinweist, wie grün - wie wachsend und blühend - alles in der Natur ist. Dieser Gegensatz aus äußerem und innerem Erleben machte für mich den Reiz dieses wirklich sehr kurzen Textes aus.


    Mit der Novelle bin ich erst auf etwas einem Drittel. Hier wechselt Dialog mit erzählenden und kommentierenden Phasen. Immer wieder schaltet sich ein übergeordneter Erzähler zwischen und ironisiert die Handlung. Worum geht es? Ehemalige Teilnehmer an McDonalds-Werbespots werden zu dem größten Treffen Ehemaliger eingeladen, das es je gegeben hat und auf dem die Krönung aller Mc-Donalds-Werbespots gedreht werden soll. Allerdings kommen drei Geladene abhanden und stranden im Nirgendwo, zwei davon verheiratet und ehemalige Mitglieder eines universitären Schreibkurses. Es geht neben der herlich bösen Konsumkritik ebenso um das Schreiben, um die Essenz und Qualität eines Textes, um die Abrechnung mit der Postmoderne, und das Szenario selbst ist irgendwann in der Zukunft angesiedellt. Für das erste Drittel habe ich zwei Stunden Lesezeit benötigt, weil ich so koenzentriert und genau lesen musste. Beklohnt wurde ich mit herrlich schrägen Szenarien, bösem Humor und viel Aussagen. David Foster Wallace springt zwischen Vergangenheit und Gegenwart, dass einem schwindelig werden kann, aber immer flüssig und in sich schlüssig.


    Ich bin gespannt, wie die Geschichte weitergehen wird. Einen Autor wie David Foster Wallace habe ich nie zuvor gelesen, und die weitere Entwcklung der Geschichte ist für mich deshalb unvorhersehbar.

  • Jetzt bin ich bei 70 %. Die Personen. die man zuvor kennen gelernt hat und die nicht nur Probleme mit sich selbst, sondern aucb mit den anderen um sich herum haben, sitzen zusammengepfercht in einem Wagen in Richtung auf ihr Ziel. Konflikte brechen auf, und der zwischengeschaltete Erzähler spricht jetzt von "uns" und "wir", bezieht sich also selbst mit ein. Die Stimmung wird zunehmend düster, denn der McDonalds-Werbemann lässt schon in gedanklicher Vorausschau erkennen, dass die Geschichte mit dem Tod enden wird, und dann zieht auch noch ein Unwetter auf. Zusätzlich gibt es noch Anspielungen auf die Popkultur, die mitunter ganz schön zynisch sind. Es gibt ellenlange Schachtelsätze und Wörter, die Assoziationen wecken, die mein Kindle-Nachschlagewerk aber nicht kennt. Es mag vielleicht merkwürdig klingen, aber inzwischen habe ich bei dieser Novelle Stephen King-Feeling. Das mag an der Atmosphäre liegen. Dennoch ist sie ganz unverkennbar David Foster Wallace. Für mich ist das Gnaze bislang jedenfalls eine - lohnende - Erfahrung. Die Novelle ist stellenweise ganz schön fies, und wenn die schon so ist, dann frage ich ,mich, um wieviel fieser die "Interviews mit fiesen Männern" wohl sein werden, die ich ja - wann auch immer - auch noch lesen will.

  • So, die Novelle ist gelesen. Eine Geschichte-in-der-Geschichte, bei der jedes Detail im Nachhinein einen Sinn bekommt und die dabei absolut abgefahren ist - gespickt mit nahezu filmisch inszenierten Bildern und sehr gesellschaftskritisch. Sie hat mich ganz schön durcheinandergewirbelt - im positiven Sinn. In der ganzen Geschichte geht es um Konsum. um Inszenierung, um Dramaturgie, sich immer selbst reflektierend, dramatisch und humorvoll. Witzig finde ich, wie der Erzähler an einer Stelle kommentiert, ein bestimmtes von ihm benutztes Wort hätte er nicht im Wörterbuch oder Thesaurus gefunden. Der Text endet übrigens ganz anders als in der Vorausschau angekündigt.Wenn mich diese Kurzgeschichtensmmlung eines gelehrt hat, dann, dass man bei David Foster Wallace mit Allem rechnen muss, dass nichts vorherzusehen ist - "Alles ist grün" ist eine sprachliche und stilistische Wundertüte, die mein Verständnis von Literatur bereichert und erweitert hat.