Stephan Thome - Gott der Barbaren (Start: 03.11.2018)

  • Z. B. auch über Kapitel 5, die Wanderung über den Pass, die Opiumhöhle...

    das können wir doch trotzdem, leg los :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Ich bin jetzt bis Kapitel 7 gekommen, 8 und der Rest folgen morgen, ich bin einfach zu müde.:sleep:


    Elisabeths Tod hat mich echt schockiert und absolut überrumpelt. Es wurde so beiläufig erwähnt und ich habe nicht damit gerechnet. Das tat mir auch sehr Leid, hatte ich doch auf ein Happy End gehofft.:wink:


    Mir gefällt der Aufbau des Buches bisher so gut. Jedes Kapitel wechselt die Erzählperspektive und der Autor wechselt die Partei - und so umrundet man quasi das komplizierte Geschehen und sieht immer wieder den Menschen dahinter.

    Ich genieße es auch , dass das Buch chronologisch aufgebaut ist und ich als Leser nicht zwischen den Zeiten und den Erzählern herumspringen und Ordnung schaffen muss.


    Der Krieg kommt immer näher an uns heran. Wir erfahren nur indirekt von ihm: Zunächst sind es die vielen Flüchtlinge auf Hongkong, die vor der kaiserlichen Armee fliehen - dann sind es die Erinnerungen des Lord Elgin an die Massaker in Kanton, die uns durch die Reise des "Missionars" wieder in Erinnerung gerufen werden - wir erfahren viele Gerüchte über die gegenseitigen Gräueltaten - bis wir als Leser dann im 7. Kapitel direkt mit einer Bluttat konfrontiert werden.

    Das gefällt mir am Buch auch sehr. Es wird dadurch facettenreicher, nicht so eintönig und man gewinnt Einblick unterschiedliche Perspektiven und Rollen.

    Ich finde die Charakterisierung von Lord Elgin so spannend - diese Zerrissenheit, auch jetzt zurück in Schottland. Zerrissen von der Gegenwart, in der er nicht leben darf wie er es gerne möchte, aber auch zerrissen von seinen Erinnerungen. Sein Vater war ja schon ein Extrem :shock: Und gleichzeitig weiß er - obwohl er überall gefeiert und wie ein Star herumgereicht wird - dass der ausgehandelte Vertrag null und nichtig sein wird, das er nichts erreicht hat. Er wird also jetzt gefeiert, wo er versagt hat (versagen musste aufgrund der Gegebenheiten) während seine Erfolge davor nichts zählen. Und alles hilft ihm nicht aus seiner Bredouille.

    Seine Ehe scheint ja eine gute zu sein, so wie Thome das schildert. War auch nicht so häufig zu damaliger Zeit....

    Was meinst Du: hat er mit der Chinesin oder hat er nicht? Auch diese Schilderung fand ich faszinierend: hat also der arme Maddox tatsächlich ein "Zimmermädchen" aufgetan und jetzt steht der Lord da mit der verängstigten Frau. Irgendwie musste ich ja lachen :lol:


    Und mit Alonzo tritt noch so ein Charakterkopf in die Handlung ein - ein geheimnisvoller Typ, bei dem ich gespannt bin, wie er in der Geschichte weiter auftritt, welche Rolle er wirklich übernimmt. Irgendwie glaub ich nicht, dass es nur beim Wegbegleiter bleibt :-k

    Lord Elgin finde ich auch immer faszinierender und interessanter. Potter kann ich noch nicht einschätzen, ich bin aber sehr auf mehr von ihm gespannt.

    Ach, was ich noch erwähnen wollte: mein umgetauschtes Buch ist soeben wieder zerfallen. Diesmal hat sich der vorderste Block bis S. 152 vom Rücken gelöst :roll:

    :shock: Was ist das für eine Qualität bitte? Ich habe bisher Glück mit meinem buch, ich hoffe, das bleibt so.


    Ja, das denke ich auch. Allein, dass die Engländer als Barbaren bezeichnet wurden, zeigt das ganz gut. Schließlich sind die Chinesen hier ja die eigentlichen Barbaren (zumindest aus Sicht der Engländer). Ich denke, dass diese Wortwahl auch gewollt war.

    Lustig fand ich den Brief und seine Antwort aber durchaus.



    Morgen lese ich weiter. Das Pensum darf gern beibehalten werden. An sich ist es kein Problem für mich, nur diese Woche war unerwartet viel los und abends war ich dann immer zu müde zum Lesen und hier schreiben, gelesen habe ich eure Beiträge aber immer gleich. Morgen lese ich dann Teil 2 fertig und Sonntag/ Montag dann gleich Teil 3.:D

  • Schließlich sind die Chinesen hier ja die eigentlichen Barbaren (zumindest aus Sicht der Engländer). Ich denke, dass diese Wortwahl auch gewollt war.

    "Barbaren", also Stotterer, sind immer die anderen … Das macht einen nachdenklich, gerade in unseren Zeiten. Kulturellen Rassismus gabs offenbar schon immer.


    ch bin jetzt bis Kapitel 7 gekommen, 8 und der Rest folgen morgen,

    Da bist Du aber gut vorangekommen. Ich habe die Bremse gezogen, anderes gelesen und bin jetzt bei Kapitel 8.

    Dann werde ich mir heute Kapitel 9 gönnen!


    Mir geht es wie Squirrel . Ich könnte das Buch in einem Hau weglesen.

    Gott sei Dank scheint mein umgetauschtes Exemplar stabiler zu sein, noch habe ich keine fliegenden Blätter.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Guten Morgen :wink:


    ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich erst morgen spätnachmittags wieder zu Hause bin :winken:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Potter kann ich noch nicht einschätzen

    Der geht mir auch im Kopf herum. "Ein einäugiger Mann ohne Freunde, den sie hier Teufel nannten" (S. 146).

    So wird er eingeführt.

    Nach welchen Kriterien hat der Missionar ihn ausgesucht? Oder umgekehrt: nach welchen Kriterien entscheidet sich

    Potter dafür, den Missionar zu begleiten? Es heißt nur, dass er seine eigenen Ziele in Nanking verfolgen will, aber welche das sind, bleibt unklar.


    Er ist ein dunkler Geselle. Er raucht Cannabis, seine Waffen sind stets bei ihm, niemand will neben ihm sitzen, er meidet das Gespräch und wirkt wie ein "Krokodil" (S. 199). Ein nicht sehr sympathischer Vergleich …

    Auf der anderen Seite rettet er aber dem "Missionar" das Leben: er bringt ihn vor den Piraten in Sicherheit und amputiert seine Hand wegen dem Wundbrand.

    Aber die Säge ...herrje, muss das denn alles so genau geschildert werden. Ein Beil wäre doch auch vernünftiger gewesen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich sammele einfach mal, was mir so im Kopf herumgeht, und ich hoffe, das ist Euch recht so.


    Zum 5. Kapitel

    Neukamp entwickelt Zweifel an seiner Mission (wie auch Lord Elgin und der Kaiserliche General). "Was es für einen Chinesen hieß, unseren Glauben anzunehmen, war uns nicht klar, obwohl wir wussten, dass viele Konvertiten von ihren Familien verstoßen oder sogar körperlich angegriffen wurden" (S. 156). Der christliche Glaube scheint ein Verrat an China zu sein - wir werden sicher noch mehr dazu hören.


    Zum Brief noch kurz: Die Antworten des Rebellenkönigs sind grundsätzlich blumig-ausweichend (z. B. wenn es um die Truppenstärke geht), aber bei einer Frage macht er eine auffallend klare Ansage: auf dem Konsum von Opium (und Alkohol) steht die Todesstrafe.


    Zum 6. Kapitel

    Das Thema "Finanzen und Diplomaten" hatten wir ja schon, aber diese Szene in Lord Elgins Haus ist richtig nett, finde ich. Er darf alle Geschenke behalten, und da das Geld knapp ist, packt seine Frau sie als Weihnachtsgeschenke ein. Eine sehr praktisch denkende Frau! Aber Lord Elgin will den Storch behalten - und mir kommt der Storch wie ein Symbol vor: er steht nicht mehr auf dem Boden und fliegt aber noch nicht in der Luft, so wie Lord Elgin sich auch irgendwo dazwischen befindet. Die chinesischen Angelegenheiten lassen ihn nicht los, auch wenn er sich sagt, dass "alles umsonst" (S. 167) war.


    Der Antwortbrief für den Rebellenkönig muss als Kränkung aufgefasst werden, denke ich. Osborn reklamiert Gottes Vorsehung und die Rechtmäßigkeit für sich, alles andere muss untergehen. Ein einfaches Geschichtsbild.

    Und was die Steinkohle betrifft - eine scharfzüngige Antwort! Freier Handel dient dem Frieden und ist daher gottgefällig!

    Also nur her mit der Steinkohle und natürlich dem Opium...

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Zum 7. Kapitel, Tagebuch des Mädchens Huang

    Hier spricht nun ein Opfer der Rebellen. Ist sie die Tochter des Unbekannten von S.9?

    Es würde inhaltlich passen.


    Zum 8. Kapitel

    Die Überschriften der Kapitel finde ich auch so schön...

    Hier spricht der General der kaiserlichen Armee, und auch er ist zerrissen. Von seinen Leuten hält er nicht viel: sie sind undiszipliniert, "korrupt bis ins Mark" (S. 230; ist er anders? Meistens stinkt der Fisch vom Kopf her), sie rauchen Opium und gehen zu den Huren, und beim Appell lassen sie sich von Bauern vertreten. Ein desillusionierendes Bild!

    Und der General selber leidet an hartnäckiger Verstopfung...


    In seiner Rede gibt er sich aber fest entschlossen. Seine Strategie besteht darin, den Feind zu dämonisieren - und das kommt einem sehr bekannt vor und wird momentan fleißig von der AfD betrieben - und zu dehumanisieren: und auch das kennen wir aus dem Nationalsozialismus. "Es sind keine Menschen."

    Seine Rede peitscht die Leute auf, mit ihren mantraartigen Wiederholungen des Kampfschreis entwickeln sie ein Einheitsgefühl, Kampflust und so fort. Und mich hat das alles sehr erinnert an "Wollt Ihr den totalen Krieg?"


    --------

    So, und jetzt schweige ich eine Runde, lese das 9. Kapitel und bin gespannt auf Eure Eindrücke.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • :huhu: Bin auch wieder da - müde und durchgefroren, aber das BT-Wochenende in Augsburg war sooooo schön :drunken: nur zum Weiterlesen bin ich nicht gekommen, weshalb mir Kapitel 8 noch fehlt, das hatte ich Donnerstag Abend nur begonnen. Jetzt geb ich mal meinen Senf zu all den Anmerkungen und mir ist das sehr recht drawe , wenn Du einfach schreibst was Dir so im Kopf rumgeht. Das versuche ich ja auch zu tun. Aber ich merke auch grad, dass ich manches zu schnell überlese einfach weil mich die Geschichte an sich so fesselt :uups:


    Elisabeths Tod hat mich echt schockiert und absolut überrumpelt. Es wurde so beiläufig erwähnt und ich habe nicht damit gerechnet. Das tat mir auch sehr Leid, hatte ich doch auf ein Happy End gehofft. :wink:

    Das stimmt - ihr Tod wird so nebensächlich erwähnt, dass das echt einer der Punkte ist, die bei mir schnell versackt sind. Dabei hatte ich auch damit gerechnet, dass es zwischen den beiden zum Happy End kommt, da ja das Buch in Hongkong beginnt zu einer Zeit nach der Amputation. Dass die bereits jetzt ein Thema ist, verändert irgendwie den (theoretische) Plot in meinem Kopf. Ich hatte damit gerechnet, dass es ein kompletter Rückblick wird, geschrieben eben in Hongkong nach dem Verlust der Hand, aber dem scheint ja nicht so zu sein.

    Es wird dadurch facettenreicher, nicht so eintönig

    Ich bin begeistert von diesen wechselnden Blickwinkeln und jetzt kommt ja noch der des kaiserlichen Generals hinzu - Wieder eine neue Sicht auf die Dinge. Ob wir evtl. noch die Sicht des Kaisers selbst erfahren werden?


    Potter kann ich noch nicht einschätzen, ich bin aber sehr auf mehr von ihm gespannt.

    Er ist auch schwierig einzuschätzen, aber drawe hat es ziemlich gut eingegrenzt :

    Er ist ein dunkler Geselle. Er raucht Cannabis, seine Waffen sind stets bei ihm, niemand will neben ihm sitzen, er meidet das Gespräch und wirkt wie ein "Krokodil" (S. 199). Ein nicht sehr sympathischer Vergleich …

    Auf der anderen Seite rettet er aber dem "Missionar" das Leben: er bringt ihn vor den Piraten in Sicherheit und amputiert seine Hand wegen dem Wundbrand.

    Aber die Säge ...herrje, muss das denn alles so genau geschildert werden. Ein Beil wäre doch auch vernünftiger gewesen.

    Wobei ich ihn gar nicht als so finster, sondern einfach als geheimnisumwittert empfinde. Er verrät nichts von sich, aber im Kern ist er zuverlässig. Dass niemand neben ihm sitzen mag liegt wohl einfach daran, dass er und Neukamp Europäer sind und er anscheinend auch kein Chinesisch spricht. Mehr hab ich da gar nicht rein-interpretiert.

    Und nein: ein Beil wäre nicht vernünftiger gewesen, denn dann splittert der Knochen und alles wird noch schlimmer 8-[

    Nach welchen Kriterien hat der Missionar ihn ausgesucht?

    Er hat einen Bewacher gesucht, jemanden, der sich zu wehren weiß und ihn beschützt auf einer Reise ins absolute Ungewisse im Kriegsgebiet - und da ist Potter der absolut richtige Typ dafür.

    Oder umgekehrt: nach welchen Kriterien entscheidet sich

    Potter dafür, den Missionar zu begleiten? Es heißt nur, dass er seine eigenen Ziele in Nanking verfolgen will, aber welche das sind, bleibt unklar.

    Das ist eine ganz andere Frage, die ich mir auch noch nicht beantworten konnte. Potter ist eigentlich der Typ, der doch gar keinen Vorwand braucht, um ins Rebellenreich nach Nanking zu reisen. Die angedeutete Rache (das verlorene Auge???) alleine kann es doch nicht sein, ich vermute auch mehr dahinter. Und gehe fest davon aus, dass wir das noch erfahren. Wehe, wenn nicht :wuetend:


    Allein, dass die Engländer als Barbaren bezeichnet wurden, zeigt das ganz gut. Schließlich sind die Chinesen hier ja die eigentlichen Barbaren (zumindest aus Sicht der Engländer). Ich denke, dass diese Wortwahl auch gewollt war.

    Naja, da schimpft der eine Esel den anderen "Langohr" :totlach:Jeder hält den anderen für unkultiviert und barbarisch und aus der eigenen Sicht der Dinge stimmt es teilweise auch. Eine Mischung hätte vielleicht was Gutes ergeben, aber auch nur vielleicht. Und beide Seiten sind unwillig, mal über den Tellerrand zu schauen :roll:

    Das macht einen nachdenklich, gerade in unseren Zeiten. Kulturellen Rassismus gabs offenbar schon immer.

    Leider, die Geschichtsbücher sind ja voll davon - China, die alten Reiche in Südamerika, die Ureinwohner in Nordamerika und und und .....


    Neukamp entwickelt Zweifel an seiner Mission (wie auch Lord Elgin und der Kaiserliche General).

    Spannend, dass offensichtlich alle an ihren Aufgaben und Missionen zweifeln, aber alle machen weiter. Darin sind sich alle Protagonisten gleich, ganz egal auf welcher Seite sie stehen. :)

    Der christliche Glaube scheint ein Verrat an China zu sein - wir werden sicher noch mehr dazu hören.

    Ist es bei uns anders? Auch in Europa wurden Andersgläubige doch meist als Verräter am Staat gesehen, denk nur an die jahrhundertelangen Judenverfolgungen quer durch die Geschichte unseres Kontinents.

    aber bei einer Frage macht er eine auffallend klare Ansage: auf dem Konsum von Opium (und Alkohol) steht die Todesstrafe.

    Klare Verhältnisse :twisted: ob es nutzt bleibt fraglich ....

    Der Antwortbrief für den Rebellenkönig muss als Kränkung aufgefasst werden, denke ich. Osborn reklamiert Gottes Vorsehung und die Rechtmäßigkeit für sich, alles andere muss untergehen. Ein einfaches Geschichtsbild.

    Und was die Steinkohle betrifft - eine scharfzüngige Antwort! Freier Handel dient dem Frieden und ist daher gottgefällig!

    ... denn die Antwort kam ja prompt wie erwartet. Jede Seite dreht sich die Dinge, wie es für sie am besten passt. Wobei hier die Verhältnisse ungleich verteilt sind: der Rebellenkaiser ist ein Neuling im christlichen Glauben und dadurch evtl. sehr beeinflussbar. Ob er noch eine Antwort an Osborn schreibt?

    mir kommt der Storch wie ein Symbol vor: er steht nicht mehr auf dem Boden und fliegt aber noch nicht in der Luft, so wie Lord Elgin sich auch irgendwo dazwischen befindet.

    oh, so weit gehst du? Ich hab da gar nicht weiter hinein interpretiert als nur ein seltsames Geschenk


    Hier spricht nun ein Opfer der Rebellen. Ist sie die Tochter des Unbekannten von S.9?

    Ich hatte eher den Eindruck als sei der Unbekannte von S.9 vielleicht der am Ende des Personenregisters genannte Hai Rui :-k

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Schön, dass Ihr Spaß hattet in Augsburg! Habt Ihr auch dieses originelle Museum zu den Familien Welser und Fugger gesehen?

    Oben in einer der Pfarrgassen?

    Und nein: ein Beil wäre nicht vernünftiger gewesen, denn dann splittert der Knochen und alles wird noch schlimmer

    DIE SÄGE WAR STUMPF!!! Das erfährt man als Leser in einem späteren Kapitel - und schwupps, stelle ich mir das

    wieder vor.

    Was ist jetzt schlimmer, frage ich Dich:

    das Leiden des Lesers oder das Leiden einer fiktiven Figur?

    Jetzt pass aber auf, was Du sagst …:wink::rambo:

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Wegen dem Storch:

    oh, so weit gehst du? Ich hab da gar nicht weiter hinein interpretiert als nur ein seltsames Geschenk

    Das sind nur Assoziationen in meinem Kopf, mehr nicht.

    Du bringst mich allerdings auf eine andere Frage: wieso schenken die Japaner

    dem schottischen Lord einen Storch? Einen Kranich - das könnte ich verstehen: das ist ein japanisches Glückssymbol.

    Vielleicht ist der vermeintliche Storch ja ein Kranich?

    Dann hätte das Geschenk Sinn (außer dem materiellen Wert) und es gäbe auch Sinn, dass Lord Elgin dieses Geschenk

    behalten will.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Darf ich vor-sich-tig weitergehen?


    Zu Kapitel 9

    Das stimmt - ihr Tod wird so nebensächlich erwähnt,

    Mir scheint er irgendwie notwendig zu sein.

    Im 9. Kapitel zeigt es sich, dass die zwei ganz unterschiedlich an ihre Missionierungsaufgabe herangehen. Er ist eher der Pragmatische, er hat Respekt vor den Bräuchen der anderen - im Unterschied zu Elisabeth. In der Diskussion über Gläubigkeit sagt er: "Und dafür (gemeint ist die 'Annahme des Heils', wie Elisabeth sagt) alles aufgeben, woran sie je geglaubt haben. Dass sie ihre Familien verlassen, das Gesetz brechen und sich in ihren Dörfern verhasst machen" (S. 256 oben).

    denk nur an die jahrhundertelangen Judenverfolgungen quer durch die Geschichte unseres Kontinents.

    Ja, schon - aber die Sachlage ist etwas anders, meine ich. Die Juden hielten sich an das Gesetz - während Neukamp davon spricht, dass sie das Gesetz brechen!


    Der Magistrat ist ja ein sympathischer Mensch. Neukamp + Potter sind unerwünscht, aber sie werden sehr gastlich versorgt, obwohl sie doch ausländische Teufel sind. In dem Gespräch mit Neukamp erfahren wir viel Positives über China um 1860, aber ich weiß nicht, ob das nur der beschönigende Blickwinkel des Mandarins ist.


    Eine schöne Stelle noch kurz, und dann :-#:

    Es geht um den berühmten Tee von Qimen.

    " 'Sogar die englischen Teufel, wurde mir erzählt, mögen ihn. Bei Ihnen zu Hause gibt es keinen, nicht wahr?' Kopfschüttelnd blickte er zu seinen Männern... 'Länder ohne Tee. Kein Wunder, dass sie alle zu uns kommen.' " (S. 268 unten)


    Diese Art Humor erheitert mich.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Schön, dass Ihr Spaß hattet in Augsburg! Habt Ihr auch dieses originelle Museum zu den Familien Welser und Fugger gesehen?

    Nein, das haben wir leider nicht. Aber wir waren uns einig, dass wir nicht das letzte Mal in A waren, denn die Stadt ist schön und es gibt noch sehr viel zu entdecken. Das nächste Mal nur bei wärmerem Wetter :lol:

    DIE SÄGE WAR STUMPF!!! Das erfährt man als Leser in einem späteren Kapitel - und schwupps, stelle ich mir das

    wieder vor.

    okay, ich lese nachher gleich weiter. Gestern Abend war ich nur schlagartig derartig müde, dass ich auf der Couch eingeschlafen bin. Das Wochenende war etwas schlafarm :ergeben::loool:

    das Leiden des Lesers oder das Leiden einer fiktiven Figur?

    Jetzt pass aber auf, was Du sagst … :wink::rambo:

    Ich leide dabei nicht :-, aber ich bin froh, heutzutage zu leben O:-)

    Einen Kranich - das könnte ich verstehen: das ist ein japanisches Glückssymbol.

    Vielleicht ist der vermeintliche Storch ja ein Kranich?

    Dann hätte das Geschenk Sinn (außer dem materiellen Wert) und es gäbe auch Sinn, dass Lord Elgin dieses Geschenk

    behalten will.

    Ein Kranich wäre viel logischer und ganz in Metall könnte es ja sein, dass der gute Lord den Vogel verwechselt. Denn er hält ihn doch für einen Storch, oder hab ich das jetzt falsch in Erinnerung? :scratch: oh Mann, ich werde alt und senil :pale:

    Darf ich vor-sich-tig weitergehen?

    Natürlich darfst Du - ich glaub, ich finde es gut, wenn wir hier ziemlich direkt schreiben über das was wir gelesen haben. Ich vergesse sonst so viele spannende Aspekte dieser Geschichte

    Die Juden hielten sich an das Gesetz - während Neukamp davon spricht, dass sie das Gesetz brechen!

    Aber sie hätten meiner Meinung nach jedes Recht gehabt, auch gegen diese strikten, sie massiv beeinträchtigenden Gesetze zu rebellieren und aufzubegehren.

    Eine schöne Stelle noch kurz, und dann :-#

    nee, schreib ruhig weiter :friends:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Ein Kranich wäre viel logischer und ganz in Metall könnte es ja sein, dass der gute Lord den Vogel verwechselt. Denn er hält ihn doch für einen Storch, oder hab ich das jetzt falsch in Erinnerung?

    Stimmt, das hast Du in guter Erinnerung, die Rede ist von einem Storch! Jetzt müsste man natürlich wissen, ob es in Schottland keine Kraniche, sondern nur Störche gibt oder ob es in Japan keine Störche, sondern nur Kraniche gibt oder ob es da Kraniche gibt, die man mit Störchen verwechseln könnte und wieso die ein Glückssymbol sind - also das ist jetzt nicht ganz ernst gemeint :wink::geek:

    oh Mann, ich werde alt und senil

    Warum soll es Dir besser gehen als mir....???


    Na, dann schreibe ich weiter...

    Das Gespräch mit dem Magistrat:

    Der Pavillon bzw. der Blick wird so schön beschrieben - eine Idylle ist das. Aber dazu passt das, was der Mandarin erzählt, in keiner Weise. Der Krieg rückt dem Leser wieder etwas näher, denn jetzt spricht ein Augenzeuge.

    Ich vermute, dass wir in einem der Folgekapitel noch näher an den Krieg herankommen und schließlich selber Augenzeuge werden - vielleicht durch Neukamps Augen.


    Der Mandarin beschreibt einen Überfall bzw. einen Durchzug der Rebellen.

    Sie sind taktisch geschickt und damit dem Kaiser, der in der fernen Hauptstadt residiert, überlegen. Aber sie scheinen optisch ein bunter und wüster Haufen zu sein, lauter wilde Kerle, zum Fürchten. Ihre Aufmachung ist "grotesk" (S. 270), und sie verhalten sich wie die wilde Jagd, grausam, "im Blutrausch" (S. 272). Man möchte ihnen nicht begegnen...


    Der Mandarin ist aber auch grausam, allerdings nicht wie die Rebellen laut und furios, sondern eher auf eine stille, elegante Art, bei der es mich geschaudert hat. "Warum hat der Einäugige Ihnen denn die Hand abgeschnitten? Wenn Sie wollen, kümmern wir uns um ihn, der See ist groß" (S. 270). :(


    Aber sie hätten meiner Meinung nach jedes Recht gehabt, auch gegen diese strikten, sie massiv beeinträchtigenden Gesetze zu rebellieren und aufzubegehren.

    Ich gebe Dir Recht. Aber das ist jetzt ein weites Feld. Ich meinte auch weniger unser Jahrhundert, sondern die Zeit, in der der Roman spielt, in der das Judentum sich assimiliert hatte. Wie gesagt: ein weites Feld.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • So, ich hab gestern Abend im Bett endlich das Kapitel gelesen und fand es auch sehr interessant - wobei, ich finde eigentlich bisher alle Kapitel sehr interessant :loool:


    Thome gibt auch diesem Protagonisten wieder diese Zerrissenheit, das macht er bei allen so gut. Niemand ist schwarz-weiß, alle haben Zweifel, Sorgen, eigene (nicht laut geäußerte) Meinungen und Einstellungen zu den Geschehnissen. Das macht sie sehr menschlich und nahbar und das gefällt mir sehr gut. :thumleft: Auch Zeng Guofan hat eigene Gedanken zu den Entscheidungen des Kaisers, der lieber der Loyalität der Mandschu als den Fähigkeiten eines Chinesen vertraut. Tja, die Quittung bekommt er ja.

    Sehr interessant die Idee des "als Mensch geborenen Drachen". Ich kenne mich in der Chinesischen Mythologie leider gar nicht aus, aber wenn sich der General wirklich für die Wiedergeburt eines Drachengottes hält, dann hat er wohl das Selbstvertrauen für quasi alles. Und er denkt ja auch entsprechend groß - zwar weiß er, wie kritisch die Lage ist, gleichzeitig glaubt er doch dran, dass sein Plan Erfolg haben wird. Und er ist ein sehr guter Stratege, verbindlich durch seine hohen Fähigkeiten beim Go-Spiel. Meines Wissens gilt dieses Spiel als noch schwieriger als Schach. :-k


    Aber leid tut er mir schon mit seiner Flechte, wobei ich bei der Verstopfungs-Szene auch wieder grinsen musste. Das ist eigentlich so banal, dieses Problem, und holt den Drachengott ziemlich menschlich auf den Erdboden zurück. :loool:

    Ja, die Rede - die Töne, Wortwahl etc kommen einem leider sehr bekannt vor. Die Frage heute: wer sind unsere heutigen Barbaren 8-[


    Am Ende des Kapitels schließt sich ein wenig der Kreis, Thome beginnt mit der Verknüpfung der Erzählstränge, indem er den Magistrat als engen Freund des Generals auftauchen lässt und just in dessen Haus verweilen grade unser gescheiterter Missionar mitsamt Helferlein Potter. Und jetzt werde ich weiterlesen :study:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Wiedergeburt eines Drachengottes

    Hilf mir bitte weiter. Ich sitze hier und blättere hin und her und bin wohl blind.

    Ich habe in Erinnerung, dass der General sich als Reinkarnation eines Schlangengottes sieht - s. Überschrift S. 227 und dann

    S. 246, also 8. Kapitel. Verwechsele ich was?


    Die Verbindung Gelehrter + General finde ich auch interessant. Bildung scheint im China dieser Zeit einen besonderen

    Stellenwert zu haben, auch wenn ich nicht genau weiß, was darunter verstanden wird. Eine schöne Handschrift/Pinselschrift und Dichten gehört jedenfalls dazu.

    Auf S. 276 schreibt der General an seinen Sohn, er möge sich die Gedichte laut aufsagen, weil sie nur so ihre Bedeutung entfalten.

    Wie recht er hat!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich habe in Erinnerung, dass der General sich als Reinkarnation eines Schlangengottes sieht - s. Überschrift S. 227 und dann

    S. 246, also 8. Kapitel. Verwechsele ich was?

    neee, ich verwechsle grad die eine Echse mit der anderen :ergeben: natürlich Schlange und nicht Drache, auch wenn manche Unterschiede in der Mythologie vielleicht gering sind. Immerhin haben chinesische Drachen keine Flügel und ähneln damit sehr den Schlangen :uups:

    Die Verbindung Gelehrter + General finde ich auch interessant. Bildung scheint im China dieser Zeit einen besonderen

    Stellenwert zu haben, auch wenn ich nicht genau weiß, was darunter verstanden wird.

    Übertragen auf uns scheint mir das mehr eine humanistische Bildung im Sinne der Klassiker zu sein - lies diesen Klassiker und jenen und befolge die Ratschläge der Alten und Weisen :-k

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • auch wenn manche Unterschiede in der Mythologie vielleicht gering sind.

    Übrigens auch in Darstellungen z. B. des Hl. Georg oder der Hl. Maria als Mondgöttin. Drache als Lindwurm - da steckt es ja im Wort schon drin.

    Na gut, ist das geklärt:).



    es diesen Klassiker und jenen und befolge die Ratschläge der Alten und Weisen

    Aber nicht nur; das Dichten gehört dazu und die schöne Pinselschrift. Vielleicht erfahren wir noch etwas über die Tugenden, über

    die ein chinesischer Beamter verfügen muss? Bei dem Brief des Generals an seinen Sohn hatte ich sowieso den Eindruck, dass uns der Autor einfach etwas von seinem Wissen weiterreichen und uns auch zeigen will, wie fremd uns doch diese (hochkultivierte) Welt ist.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Zu Kapitel 10


    ein paar Splitter...



    Der General erwägt die Verweigerung eines kaiserlichen Befehls - das zeigt wohl die innere Brüchigkeit dieses Reichs, das von den Rebellen zusätzlich (oder grade drum) gewaltig erschüttert wird.

    Die Sache mit dem Waldgeist ist witzig, zeigt aber seine pragmatische, vernunftbetonte. "aufgeklärte" Art.

    Und diese Ballade --- Auch hier ist der General pragmatisch: er braucht Informationen, "welche Materialien die Bauern zur Verfügung haben - bevor ihr anfangt , zu dichten!" (S. 289)

    Offenbar ist der Ernst der Lage nicht allen bewusst, dem General jedoch schon, er informiert sich selber, inspiziert, liest seine Akten und Nachrichten. Unter anderem auch die, dass "Schneider Guo … drei unverheiratete Töchter [meldete], darunter eine mit gesundem Gebiss" (S. 285).

    Tja - der Ernst der Lage sieht für den Schneider Guo offenbar ganz anders aus als für den General!


    Das Gespräch mit dem Schüler wird äußerst lebendig wiedergegeben - Generationenkonflikte gab es offenbar überall :), alles sehr menschlich! Herrlich, wie der Jungspund alles besser weiß und meint belehren zu müssen! Der Alte setzt sich aber durch, aber im Guten, er behandelt den Stürmer und Dränger durchaus mit Respekt.


    Beim Gespräch über die Barbaren hört er ihm interessiert zu. "Sie verehren die Kaufleute so wie wir die Gelehrten", sagt der Junge. Und auf eines weist er hin: "Verträge sind ihnen heilig." Das scheint den Chinesen fremd zu sein.


    :lol: Die Anglizismen, herrlich...

    "Wir können tun, was wir wollen. Wir sind free." "Wir sind was?" "Free." Sein Schüler gab einen Laut von sich, der an eine quietschende Tür erinnerte.

    An solchen Stellen hab ich Spaß...!


    Der fiktive Zeitungsausschnitt

    Diese theoretische Abhandlung, ob die Rebellen nun Christen sind oder nicht, fand ich merkwürdig. Im Kapitel vorher haben wir Schlimmes über sie gelesen, sie fegen wie ein Taifun über die Siedlungen, grausam und unberechenbar, sie plündern, brandschatzen und morden - aber nun belegt es der Reverend: sie sind Christen.

    Hm.

    Ich bin gespannt, wie sich der gebildete Hong Jin, der Freund unseres "Missionars", in diesen Sauhaufen einfügt.





    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).