Stephan Thome - Gott der Barbaren (Start: 03.11.2018)

  • Nur am Rande:

    Heute vor 170 Jahren wurde Robert Blum erschossen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Pensum erfüllt!

    Ab Kapitel 3 kommt die nächste wichtige Person ins Spiel: Lord Elgin, Diplomat, hochkarätiger uralter Adel mit direkter Abstammung von Robert the Bruce. Und ich finde es spannend, wie Thome Lord Elgin darstellt - wie zwiespältig, denn einerseits ist er ein typischer Hochadliger, auf der anderen Seite sieht er sehr deutlich all die Fehler, die das Empire hier in China durch seine Verbohrtheit begeht und worauf das Ganze zielt. Und er ist damit überhaupt nicht einverstanden, kann aber nicht wirklich etwas dagegen tun. Sehr spannend

    Diesen ambivalenten Charakter Lord Elgin finde ich auch spannend. Mir gefällt es, wie wir Einblick in seine Gedanken bekommen. "Wir haben Respekt vor ihren Sitten und achten ihre Tradition, auch wenn wir sie nicht verstehen. Über den Teil, den zu achten uns schwerfällt, sehen wir hinweg", sagt er (S. 87). Oder sein Gedanke, als er das Verhalten der Herren und der Diener beobachtet: "alle Menschen seien Gotteskinder" (S. 83). Oder auch, wenn er kritisch die indischen Gespräche wiedergibt, u. a. auch den mordlüsternen Kirchenvertreter. Sympathisch wird er auch m. E., wenn er die Totenruhe der Chinesen anmahnt und durchsetzt.


    Aber nach außen gibt er sich martialisch, herrisch-arrogant und gewaltbereit.


    Mir gefällt auch der verhaltene Humor des Erzählers. Das Leben eines Oberhaus-Mitgliedes besteht darin, "zwischen langen Partien von Whist ein wenig Politik zu betreiben" (S. 106). Oder als er Maddox zuhört, der Hegel im Gespräch genannt hatte: "Gong, Wong, Hegel, Schlegel" (S. 116) :)


    Mein Buch fällt übrigens auch komplett auseinander, und morgen tausche ich es um.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Pensum 1 bis Ende Kapitel 4

    Kapitel 3 und 4 habe ich an einem Stück gelesen.

    Ich mehr oder weniger auch, ich konnte einfach nicht aufhören und die Seiten flogen dahin. Etwas, das mir relativ selten passiert, ich bin ja eher Lese-Schneckchen. Aber dieses Buch begeistert mich einfach :cheers:

    Mit Philipp kann ich aktuell mehr anfangen als mit Lord Elgin bzw. werde mit ihm eher warm.

    Vielleicht liegt es daran, dass Philipp uns als Person einfach näher ist als der Lord, der das alte Establishment verkörpert und ja auch lebt. :wink:

    ob sie ihre Meinung noch ändert

    Immerhin hat sie eine sehr klare Meinung, äußert sie auch und trifft für sich eine klare Entscheidung. Das ist für eine Frau der damaligen Zeit schon beeindruckend. :thumleft:

    fällt manches erst hier bei der Diskussion auf, deswegen finde ich das Buch als Leserundenbuch richtig gut. :thumleft:

    Ich auch, denn es klärt so vieles wenn wir direkt drüber reden können.

    das "Heranzüchten" von weiblichem Heiratsmaterial

    Das trifft es genau und ist einfach nur unwürdig....

    Immerhin werden die Babies versorgt. Die Alternative stelle ich mir lieber nicht vor.

    ... aber wenigstens überleben die Mädchen, das stimmt. Und sie haben eine gewisse Chance auf ein einigermaßen normales Leben. Wie erfolgreich allerdings die Mission in Hongkong bzw. China war, weiß ich gar nicht. :-k

    Mir gefällt es, wie wir Einblick in seine Gedanken bekommen.

    Und sie wirken für mich durchaus realistisch dargestellt. Ich muss mal schauen, ob ich Hinweise auf Belege finde, ob es vielleicht Tagebücher, Aufzeichnungen oder so gibt oder ob die Briefe wirklich erhalten blieben.

    Aber nach außen gibt er sich martialisch, herrisch-arrogant und gewaltbereit.

    Naja, er ist ein Mann seiner Zeit und seiner Schicht und bei seinem Auftrag kann er auch nicht anders. Er hat einen klaren Auftrag und muss diesen zur Zufriedenheit der Krone erfüllen. In einer Szene wird ja sehr deutlich dargestellt, dass er gar nicht anders handeln kann, wenn er die Chinesen zur Verhandlung zwingen will. Da die Chinesen uns Barbaren als unter ihnen stehend betrachteten, musste Elgin Druck ausüben. Dabei ging er ja noch echt gemäßigt und auch sehr menschlich vor - so eben z.B. in dem Moment, in dem er die Totenruhe der getöteten Soldaten einfordert. Wenn Elgin wirklich realistisch beschrieben wird (wovon ich im Moment tatsächlich mal ausgehe), dann hätte ich ihn gerne kennengelernt, er schien ein faszinierender Mensch zu sein.


    Punkt Humor: da muss ich mehr drauf achten, aber Du hast recht - die Szene ist zu köstlich :loool:

    Mein Buch fällt übrigens auch komplett auseinander, und morgen tausche ich es um.

    Ich hab es heute umgetauscht. Da hat die Druckerei wohl nicht sauber gearbeitet.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • und bei seinem Auftrag kann er auch nicht anders.

    Das sehe ich auch so. Und gerade deswegen finde ich seine privaten Gedanken interessant.

    Wie mag sich jemand fühlen, der Inneres und Äußeres nicht in Einklang bringt?

    Da kann man ja wieder bisschen spekulieren, wie es mit ihm weiter geht...

    Irgendwie müssen ja auch der Missionar und sein gelehrter Freund wieder ins Spiel kommen, und

    das sieht nach einem interessanten Konflikt aus.


    wenn er die Chinesen zur Verhandlung zwingen will.

    Meinst Du die Szene auf dem Schiff? Wo er ständig den Übersetzer unterbricht?

    ob es vielleicht Tagebücher, Aufzeichnungen oder so gibt oder ob die Briefe wirklich erhalten blieben.

    Bei dem Brief, in dem er seinen Bruder als britischen Botschafter empfiehlt (S. 112 ff.) hatte ich auch den Eindruck, dass Thome zitiert - aber dann hätte er

    eine Quelle angeben müssen.


    Ich habe noch eine Verständnisfrage:

    In dem Kursivteil S. 132 ff. geht es um Moses (Mo-Xi) und Ruo-se-fu (Josef), den seine Brüder verkauften.

    Und zwar nach Yi-zhi-bi-duo, und das muss Ägypten sein. Merkwürdig. Orientiert sich an der englischen Lautung?


    Und zum Humor:

    Lord Elgin ist ja auch ein Scherzkeks, wenn er seinem Maddox die Beschaffung eines "Zimmermädchens" aufträgt und sich

    über dessen Verlegenheit amüsiert. Da hat auch Lord Elgin bisschen Spaß am (verbalen) Quälen oder besser: Pieksen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • Wie mag sich jemand fühlen, der Inneres und Äußeres nicht in Einklang bringt?

    Zerrissen und so wird er ja auch dargestellt. Er wäre ja auch gern mal wieder zu Hause, aber dank der ruinösen Finanzgestaltung seines Vaters hat er dazu keine Chance.

    Da kann man ja wieder bisschen spekulieren, wie es mit ihm weiter geht...

    Irgendwie müssen ja auch der Missionar und sein gelehrter Freund wieder ins Spiel kommen, und

    das sieht nach einem interessanten Konflikt aus.

    und wird bestimmt richtig spannend :lechz:auch wenn ich heute nicht viel zum Lesen komme, da ich heut Abend auf einem Geburtstag bin, werde ich mich morgen wieder kopfüber in die Geschichte stürzen :dance:

    Meinst Du die Szene auf dem Schiff? Wo er ständig den Übersetzer unterbricht?

    Genau die und als er dann die nächste Delegation einfach abweist, da sie nicht die nötigen Ermächtigungen besitzt, um wirklich verhandeln zu können.

    Bei dem Brief, in dem er seinen Bruder als britischen Botschafter empfiehlt (S. 112 ff.) hatte ich auch den Eindruck, dass Thome zitiert - aber dann hätte er

    eine Quelle angeben müssen.

    Stimmt und ein solcher Fehler würde Thome wohl kaum unterlaufen. Vielleicht hangelt er sich sinngemäß an verschiedenen Gegebenheiten entlang. Immerhin wurde Frederick ja wirklich der erste englische Botschafter in China.

    In dem Kursivteil S. 132 ff. geht es um Moses (Mo-Xi) und Ruo-se-fu (Josef), den seine Brüder verkauften.

    Und zwar nach Yi-zhi-bi-duo, und das muss Ägypten sein. Merkwürdig. Orientiert sich an der englischen Lautung?

    Ja, das scheint mir der Fall zu sein und es ist ja auch logisch: die Chinesen haben - wenn überhaupt - mit Engländern Kontakt und damit nur mit der englischen Sprache. Also muss Thome die Lautgebung am Englischen orientieren, nicht am Deutschen.


    Lord Elgin ist ja auch ein Scherzkeks, wenn er seinem Maddox die Beschaffung eines "Zimmermädchens" aufträgt und sich

    über dessen Verlegenheit amüsiert.

    Maddox bietet sich dafür aber auch richtig gut an :loool: und ein bisschen Spaß braucht der Mensch...

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • die Chinesen haben - wenn überhaupt - mit Engländern Kontakt und damit nur mit der englischen Sprache. Also muss Thome die Lautgebung am Englischen orientieren, nicht am Deutschen.

    Das ist ja gerade die Frage: die Lautung. Mein Mann hat schon den Kopf geschüttelt, weil ich Ruo-se-fu so versucht habe auszusprechen, dass es

    wie Josef klang. Das ging ja noch. Aber Yi-zhi-bi-duo? Da sprechen wir: jizzibiduo. Es soll aber so ähnlich wie engl. Egypt klingen.

    Das ist jetzt kein echtes Problem, ich beiße mich gerne an Kleinigkeiten fest.


    Mein Buch habe ich heute früh umgetauscht.

    Maddox bietet sich dafür aber auch richtig gut an

    Ach Du …. :)Also mir hat er direkt leid getan. Der Maddox ist doch ein lieber Kerl, finde ich. Ein Wanderer zwischen den Welten und nirgendwo zuhause - kein "richtiger" Europäer und auch kein "richtiger" Asiat. Und dann noch dieser Assistent!

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • Aber Yi-zhi-bi-duo? Da sprechen wir: jizzibiduo.

    Ich weiß zu wenig über die chinesische Sprache, um die Aussprache danach hinzubekommen. Aber wenn ich mir das Klangbild in den Kopf rufe, dann haben Chinesen wohl echte Probleme mit unseren harten Konsonanten, v.a. wenn diese direkt aufeinander folgen wie in Egypt. Evtl. setzen sie dann lautlich Vokale dazwischen??????(

    Ach Du …. :) Also mir hat er direkt leid getan. Der Maddox ist doch ein lieber Kerl, finde ich.

    Ich mag ihn ja auch und finde ihn einen tollen Charakter:uups:, aber er bietet sich dem armen Lord Elgin einfach perfekt an, um ihn ein wenig zu frotzeln. Der Lord macht sich bei allem Stress halt mal einen Spaß, wohl wissend, dass sein armer Maddox das gar nicht merkt.

    Ein Wanderer zwischen den Welten und nirgendwo zuhause - kein "richtiger" Europäer und auch kein "richtiger" Asiat. Und dann noch dieser Assistent!

    Bin neugierig, ob wir über dieses "Paar" noch mehr erfahren werden. Und jetzt wird :study::study::study:


    edit: was ich noch loswerden wollte ehe ich jetzt weiterlese, war diese Übertragung des vertriebenen Volkes auf die Tapping-Revolution. Da steht der Himmlische König also verloren zwischen all seinen Seidentüchern, erkennt sich in Moses wieder und sucht vergeblich nach einem deutlichen Hinweis, wohin er denn jetzt sein "Volk" führen soll. Da ist er schon eine tragische Figur in dieser Szene - er versucht sein Bestes, will seine Anhänger in ein friedliches Reich führen und die "Arbeitsanweisungen" des fremden Gottes = seines Vaters lassen so sehr zu wünschen übrig. Der tat mir da auch leid in dieser Szene. O:-)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Probleme mit unseren harten Konsonanten,

    Ja - aber hier wäre es doch der weiche Laut "dsch" in "Egypt" -

    und von Chinesisch habe ich überhaupt keine Ahnung, aber ich kenne einen Sinologen, der wohnt sogar um die

    Ecke herum.

    Aber wenn ich den frage - pfiati God…


    So, und jetzt schaue ich mal, wie die Sache mit dem Zimmermädchen weitergeht :)!

    So wie ich Thome kenne, wird er uns entsprechende Szenen ersparen und in unsere Phantasie verlagern.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • aber hier wäre es doch der weiche Laut "dsch" in "Egypt"

    aber je nachdem, wie kurz jemand das "Iiidschipt" ausspricht, wird das mittlere i ziemlich verschluckt und es bleibt ein "Iidschpt" übrig :compress: Aber ich glaube, den Sinologen brauchen wir dann doch nicht

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • und es bleibt ein "Iidschpt" übrig

    Ja, aber eben kein izzibiduo, das ist ja das :scratch:!



    Sinologen brauchen wir dann doch nicht

    :thumleft: Da bin ich aber froh. Da bin ich ja nochmal davongekommen ...

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • Ich schon wieder …:uups:


    Mir gefällt der Aufbau des Buches bisher so gut. Jedes Kapitel wechselt die Erzählperspektive und der Autor wechselt die Partei - und so umrundet man quasi das komplizierte Geschehen und sieht immer wieder den Menschen dahinter.

    Ich genieße es auch , dass das Buch chronologisch aufgebaut ist und ich als Leser nicht zwischen den Zeiten und den Erzählern herumspringen und Ordnung schaffen muss.


    Der Krieg kommt immer näher an uns heran. Wir erfahren nur indirekt von ihm: Zunächst sind es die vielen Flüchtlinge auf Hongkong, die vor der kaiserlichen Armee fliehen - dann sind es die Erinnerungen des Lord Elgin an die Massaker in Kanton, die uns durch die Reise des "Missionars" wieder in Erinnerung gerufen werden - wir erfahren viele Gerüchte über die gegenseitigen Gräueltaten - bis wir als Leser dann im 7. Kapitel direkt mit einer Bluttat konfrontiert werden.


    Mir gefällt das Buch bisher ausnehmend gut. Allerdings sehe ich nicht, wieso das ein Dreitausender sein soll, es liest sich leicht und spannend mit wunderbaren Landschafts- und Stimmungsbeschreibungen.

    Und Frau Westermanns Problem mit den chinesischen Namen - ich gebe zu, sie hat mich verunsichert! - kann ich bisher nicht nachvollziehen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Hihi, Dir geht es wohl wie mir :friends:

    und so umrundet man quasi das komplizierte Geschehen und sieht immer wieder den Menschen dahinter.

    So hab ich das noch gar nicht gesehen, stimme Dir aber voll zu :wink:

    ich als Leser nicht zwischen den Zeiten und den Erzählern herumspringen

    Hier allerdings nicht ganz, den zwischen den Erzählern springen wir ja schon, zumindest zwischen zweien. Aber sie lassen sich gut auseinanderhalten, da die Erzählstränge so unterschiedlich sind. :) Bei Kapitel 7 bin ich allerdings noch nicht :lol:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Hier allerdings nicht ganz, den zwischen den Erzählern springen wir ja schon, zumindest zwischen zweien.

    ich hatte da eher die Kombination gemeint, ist aber egal. Stimmt: zwischen den Erzählern springen wir schon herum, und

    das gefällt mir aber richtig gut, weil wir als Leser damit unterschiedliche Blickwinkel einnehmen.

    Eigentlich sind es aber mehr als zwei Erzähler - denk mal an den Unbekannten gleich zu Beginn, und es werden im Lauf der Kapitel immer

    mehr. Da spricht der Rebellenkönig (per Brief), und auch ein Rebellenopfer kommt zu Wort. Oder ein Erzähler tritt auf und nimmt die Perspektive z. B. des kaiserlichen Generals ein. Ein sehr schönes Kapitel.


    ich bin jetzt bei Kapitel 8, und ich würde so gerne einiges ansprechen - aber jetzt warte ich mal, bis Ihr soweit seid. Es läuft ja nichts weg.

    :-#:-#:-#

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • ich bin jetzt bei Kapitel 8, und ich würde so gerne einiges ansprechen

    sprich mit uns :friends: Ich fange jetzt Kapitel 7 an :study: hasewue wie läuft es bei Dir?


    Ich finde die Charakterisierung von Lord Elgin so spannend - diese Zerrissenheit, auch jetzt zurück in Schottland. Zerrissen von der Gegenwart, in der er nicht leben darf wie er es gerne möchte, aber auch zerrissen von seinen Erinnerungen. Sein Vater war ja schon ein Extrem :shock: Und gleichzeitig weiß er - obwohl er überall gefeiert und wie ein Star herumgereicht wird - dass der ausgehandelte Vertrag null und nichtig sein wird, das er nichts erreicht hat. Er wird also jetzt gefeiert, wo er versagt hat (versagen musste aufgrund der Gegebenheiten) während seine Erfolge davor nichts zählen. Und alles hilft ihm nicht aus seiner Bredouille.

    Seine Ehe scheint ja eine gute zu sein, so wie Thome das schildert. War auch nicht so häufig zu damaliger Zeit....

    Was meinst Du: hat er mit der Chinesin oder hat er nicht? Auch diese Schilderung fand ich faszinierend: hat also der arme Maddox tatsächlich ein "Zimmermädchen" aufgetan und jetzt steht der Lord da mit der verängstigten Frau. Irgendwie musste ich ja lachen :lol:


    Und mit Alonzo tritt noch so ein Charakterkopf in die Handlung ein - ein geheimnisvoller Typ, bei dem ich gespannt bin, wie er in der Geschichte weiter auftritt, welche Rolle er wirklich übernimmt. Irgendwie glaub ich nicht, dass es nur beim Wegbegleiter bleibt :-k


    Ach, was ich noch erwähnen wollte: mein umgetauschtes Buch ist soeben wieder zerfallen. Diesmal hat sich der vorderste Block bis S. 152 vom Rücken gelöst :roll:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Ich finde die Charakterisierung von Lord Elgin so spannend

    Ja, ich auch. Ich "kannte" ja nur seinen Vater von den sog. Elgin-Marbles, und was man hier von seinem Vater erfährt, ist mir

    alles neu. Meine Güte, diese zerfressene Nase - igitt.

    Der China-Elgin ist wirklich eine zerrissene Figur. Es bekümmert ihn, dass er

    sogar in seinem eigenen Haus, bei seinem Sohn, auf diesen kolonialen Rassismus trifft, den er in China schon schwer ertrug.

    Sein Sohn scheint ein typisches Kind des Imperialismus zu sein, und diese scharfe Kontrastierung finde ich gut. Man denkt darüber nach.


    Habt Ihr den Brief des Rebellenkönigs im 5. Kapitel auch schon gelesen? Die Antwort kommt dann im zweiten Teil des 6. Kapitels.

    Ich habe mich über einige Fragen gewundert und musste teilweise lachen, z. B. bei der Sache mit der Steinkohle.

    Ich bin mir aber sicher, dass das kein heiterer Einschub ist und denke, dass

    eher die völlig unterschiedliche Denkweise vorgeführt wird, z. B. die Ernsthaftigkeit der Rebellen in religiösen Fragen

    und zugleich auch ihre Bereitschaft zum Dialog. Auf der britisch-frz. Seite besteht allerdings kein Interesse an einem Austausch über religiöse Fragen.

    Da geht es um Machtpolitik.


    Was meint Ihr?

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • Ich "kannte" ja nur seinen Vater von den sog. Elgin-Marbles

    Mir war er überhaupt kein Begriff, muss ich zugeben. Den Schilderungen nach war er eine Art schillernde Persönlichkeit mit exzentrischen Neigungen. Was mir auch neu war, waren die finanziellen Gegebenheiten: da mussten die Staatsdiener, Diplomaten, also erstmal in Vorkasse für den Staat treten. Das ist schon ein Ding, das muss man erst mal stemmen. Auch wenn der alte Lord da sicherlich übertrieben hat in manchem, so waren Diplomaten doch zu manchen Ausgaben auch gezwungen um den Staat zu repräsentieren.

    Es bekümmert ihn, dass er sogar in seinem eigenen Haus, bei seinem Sohn, auf diesen kolonialen Rassismus trifft, den er in China schon schwer ertrug.

    Mit seiner Einstellung zum Kolonialismus bzw. dessen Auswüchsen stellt er aber wohl eher die Ausnahme als die Regel dar. Auch seine Gedanken in Indien über die Dienerschaft gingen ja in diese Richtung. Wo alle anderen nur den "Boy" sahen, machte er sich Gedanken über die Menschen dahinter....

    Ich habe mich über einige Fragen gewundert und musste teilweise lachen,

    Und wie ich teilweise gelacht hab :loool: tja, wir werden wohl nie erfahren, ob Gott einen Bart hat. Auch die Antwort über die Steinkohle war einfach klasse. :lol:


    Die Fragen haben z.T. ja etwas sehr kindlich-naives an sich, aber wenn ich es richtig verstanden habe, hatte der Kaiser der Taiping-Rebellen nie engeren Kontakt mit Missionaren oder auch nur normalen Priestern und von daher auch wenig wirkliche Unterweisung in den christlichen Glauben. Auch stoßen da wohl religiöse Einstellungen aufeinander - viele Religionen haben ja sehr bildhafte Vorstellungen ihrer Götter und empfinden das als völlig normal. Ein Gott ohne Körper muss ihnen ja seltsam erscheinen.

    dass eher die völlig unterschiedliche Denkweise vorgeführt wird,

    Und das überaus deutlich. Das ist eine geschickte Art, das in Form von Briefen aneinander vorzustellen und sich den Leser dann trotzdem noch ein eigenes Bild machen zu lassen.

    Auf der britisch-frz. Seite besteht allerdings kein Interesse an einem Austausch über religiöse Fragen. Da geht es um Machtpolitik.

    Ich hatte den Eindruck, dass die britische Seite in Person des Admirals und Maddox schlicht völlig überrumpelt von diesen Fragen waren. Wer würde auch damit rechnen? In den Passagen über Lord Elgin wird das ja angedeutet in Maddox Brief, wenn ich es richtig verstanden habe. Klar waren die Briten viel mehr an ihrer Politik interessiert, an möglichst Konflikt-freien Beziehungen zu den Rebellen, um dem eigentlichen Ziel ihrer Mission folgen zu können.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • da mussten die Staatsdiener, Diplomaten, also erstmal in Vorkasse für den Staat treten.

    Das war in 48er-Parlament hier in Deutschland (müsste man eigentlich in Anführungszeichen setzen) auch so - ich müsste jetzt nachschlagen, ab wann es eigentlich Diäten gab... Schon 1871??

    völlig überrumpelt von diesen Fragen waren.

    Den Eindruck hatte ich auch. Und die zwei haben sich einen Spaß draus gemacht und mussten die Bibel zu Hilfe nehmen.

    Ziel ihrer Mission

    Mir hat die Doppeldeutigkeit, mit der Thome bzw. die Erzähler den Begriff verwenden, gut gefallen.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


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  • Ich werde mich heute Abend, spätestens morgen melden. Tut mir Leid für meine plötzliche Abwesenheit, aber diese Woche ist gerade sehr stressig bei mir. Gelesen habe ich bisher auch nur bis Kapitel 6, werde aber den zweiten Teil bis morgen beenden und mich dann wieder einklinken.

  • Ich werde mich heute Abend, spätestens morgen melden. Tut mir Leid für meine plötzliche Abwesenheit, aber diese Woche ist gerade sehr stressig bei mir. Gelesen habe ich bisher auch nur bis Kapitel 6, werde aber den zweiten Teil bis morgen beenden und mich dann wieder einklinken.

    Ich wollte auch nur mal hören, wie es Dir geht und wie es läuft - und ob wir Dir evtl. zu schnell sind :friends: Ich gebe zu: ich könnte das Buch in einem Rutsch lesen, da ist es wohl grad gut, dass ich von morgen bis Sonntag unterwegs bin :uups:



    Das war in 48er-Parlament hier in Deutschland (müsste man eigentlich in Anführungszeichen setzen) auch so

    das wusste ich gar nicht. Wobei es finanziell wohl ein Unterschied war, ob man in Frankfurt Abgeordneter oder Botschafter in Istanbul war 8-[

    Den Eindruck hatte ich auch. Und die zwei haben sich einen Spaß draus gemacht und mussten die Bibel zu Hilfe nehmen.

    Wobei der arme Rebellen-Kaiser die Bibel ja nie gelesen hatte. Wenn ich das richtig verstanden habe, hatte er ja nur ein dünnes Büchlein mit quasi einer Zusammenfassung der wichtigsten Geschichten, um mehr über das Christentum zu erfahren. Habt Ihr das auch so verstanden? Wobei mich dann wieder die Vorstellung fasziniert, dass er das Buch von seinen Damen auf Seidentücher abschreiben liess, um dann zwischen diesen Tüchern sinnierend umherzuwandern.

    Mir hat die Doppeldeutigkeit, mit der Thome bzw. die Erzähler den Begriff verwenden, gut gefallen.

    Ich lese eindeutig zu ungenau, auch diese Doppeldeutigkeit ist mir entgangen. :pale: Ich lass mich so schnell so einsaugen in die Geschichte, dass ich einfach nur lese und lese weil ich wissen will, wie es weitergeht. Und WIE es weitergeht :shock: Hab das Ende des See-Kapitels erreicht und wow.... ich hab nicht damit gerechnet, dass dieser Teil so früh im Plot auftaucht. Es wird zwar ganz am Anfang des Buches darauf hingewiesen, aber ich hätte erst viel später damit gerechnet, also mit dem Ende.

    Aber schreiben kann Thome wirklich, die Szenen auf dem See im Nebel sind derart atmosphärisch dicht und eindrucksvoll, ich war dick im Nebel mit auf dem Boot :pray:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • dieser Teil so früh im Plot auftaucht. Es wird zwar ganz am Anfang des Buches darauf hingewiesen, aber ich hätte erst viel später damit gerechnet, also mit dem Ende.

    Aber schreiben kann Thome wirklich, die Szenen auf dem See im Nebel sind derart atmosphärisch dicht und eindrucksvoll, ich war dick im Nebel mit auf dem Boot :pray:

    Ich fand die Szene auch ungeheuer spannend und einfach wunderschön erzählt. Die Warnungen des Alonzo, seine instinktive Wachsamkeit, die Gefahr durch die Felsen, die Wasserschlangengeschichte - die Spannung stieg, und ich war auch mit auf dem Boot :)!

    Ich habe mich übrigens auch gewundert, dass "dieser Teil" schon hier passiert. Irgendwie zieht Thome die Schrauben bisschen an, es wird ernst.

    Wobei es finanziell wohl ein Unterschied war, ob man in Frankfurt Abgeordneter oder Botschafter in Istanbul war

    Das denke ich allerdings auch :)!

    und ob wir Dir evtl. zu schnell sind

    hasewue , sollen wir das Lesepensum ändern? Ich hätte damit kein Problem. Der Vorteil ist nämlich, dass wir uns mehr über einzelne Kapitel

    unterhalten können.


    Z. B. auch über Kapitel 5, die Wanderung über den Pass, die Opiumhöhle...

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).