Nicola Upson - An Expert in Murder

  • Klappentext:

    March 1934. Revered mystery writer Josephine Tey is traveling from Scotland to London for the final week of her play Richard of Bordeaux, the surprise hit of the season, with pacifist themes that resonate in a world still haunted by war. But joy turns to horror when her arrival coincides with the murder of a young woman she had befriended on the train ride—and Tey is plunged into a mystery as puzzling as any in her own works.

    Detective Inspector Archie Penrose is convinced that the killing is connected to the play, and that Tey herself is in danger of becoming a victim of her own success. In the aftermath of a second murder, the writer and the policeman must join together to stop a ruthless killer who will apparently stop at nothing.


    Meine Meinung:

    Über das Leben der echten Josephine Tey (richtiger Name Elizabeth Mackintosh) ist wenig bekannt. Sie war Schriftstellerin, schrieb Kriminalromane und Theaterstücke und führte ein zurückgezogenes Leben in Schottland. Ich habe zwei ihrer Krimis gelesen ("Alibi für einen König", ISBN 3-423-20002-2, und "Der singende Sand", ISBN 3-7701-1908-8) und war beeindruckt von ihrer sprachlichen Ausdruckskraft, der intelligenten Handlung und dem umfangreichen Hintergrundwissen, das in die Bücher einfloß.


    Nicola Upson lässt Josephine Tey nun in einer Reihe von Kriminalromanen auftreten. Dabei nimmt sie sich - wie sie im Nachwort erkärt - viele schriftstellerische Freiheiten heraus, greift aber auch auf Berichte und Erzählungen von Menschen zurück, die Josephine Tey kannten und mit ihr zusammenarbeiteten. Die im Buch geschilderten Ereignisse sind vollständig erfunden, genauso wie die meisten der darin vorkommenden Personen, doch das tut der Geschichte keinen Abbruch. Ich jedenfalls war von Anfang an fasziniert.


    Die Autorin versteht es, den Charakter ihrer Figuren durch die Erzählung lebendig werden zu lassen und sie nicht - wie manch anderer Autor - durch eine Beschreibung von Aussehen und Innenleben darzustellen. Jede Figur ist eine eigenständige Persönlichkeit, hat eine eigene Vor- und Familiengeschichte sowie eigene Handlungsmotive, die sich nicht auf den Mordfall beschränken. Man hat den Eindruck, das jede einzelne Person ein Leben vor und nach den erzählten Ereignissen hat. Eine große Rolle spielen dabei der Erste Weltkrieg und seine Auswirkungen auf die Menschen, die auch 16 Jahre nach Kriegsende noch deutlich zu spüren sind. Dazu kommt ein gehobener Sprachstil, den ich bei einem Kriminalroman nicht erwartet hatte, der das Lesen für mich aber zu einem Vergnügen machte. Stellenweise erinnerte mich der Stil an das dritte Buch, das ich von Josephine Tey angefangen, aber nicht zu Ende gelesen hatte ("The Man in the Queue"). Auch hier war das sprachliche Niveau sehr hoch, doch leider machte es den Roman auch schwergängig, und die langwierigen Ermittlungen und ständigen Wiederholungen verleideten mir die Lektüre.


    Der Mordfall in Upsons Roman war geschickt aufgebaut und wurde durch akribische Ermittlungen gelöst. Im Gegensatz zu anderen "Promi"-Krimis ist Josephine Tey aber nicht selber aktiv als Ermittlerin tätig, sondern teilt ihre Beobachtungen und Dinge, die ihr auffallen oder die sie am Theater mitbekommt, ihrem guten Freund Detective Inspector Archie Penrose von Scotland Yard mit. Dieser leitet die eigentlichen Ermittlungen und setzt am Schluss die Puzzleteile richtig zusammen, so dass sich ein schlüssiges Bild ergibt. Was dabei zutage kommt und schließlich zu den im Roman geschilderten Ereignisse führte, wird - je mehr ich darüber nachdenke - umso schlimmer. Upson legt viel Wert auf die Psyche bzw. die psychische Entwicklung ihrer Protagonisten, und das wird bei der Auflösung des Falls und der Vor- bzw. Darstellung des Täters ganz besonders deutlich.


    Es gibt lediglich einen halben Minuspunkt, und den bekommt der Showdown mit dem Täter, bei dem Josephine in Lebensgefahr gerät. Diese Szene folgte so sehr den gängigen Klischees, dass er einfach nicht zum Rest des ansonsten in eher ruhigem Ton erzählten Romans passte. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Spannung allein dadurch aufgebaut, dass man nicht wusste, wer der Täter war, aber immer mehr über die Hintergründe der Tat erfuhr. Der Showdown mit dem Täter führte dann allerdings zu weiteren Ereignissen, die für mich wieder stimmig waren, denn sie passten zu den Charakteren der Figuren.


    Alles in allem ragt dieser Roman jedoch aus der Masse ähnlicher Krimis mit prominenten Figuren in der Hauptrolle heraus. Nicht zuletzt durch die beiläufig eingefügten Tatsachen, durch die ich auch ein wenig über die Theaterstücke erfuhr, die Josephine Tey neben den Krimis geschrieben hat.

    Verführung Volljähriger zum Bücherkauf sollte nicht unter 5 Jahren Stadtbibliotheksmitgliedschaft bestraft werden!