Julia Baird - Queen Victoria / Victoria the Queen

  • Kurzmeinung

    Bellis-Perennis
    Eine gelungene Biografie einer großen Frau
  • Kurzmeinung

    Cocolina
    Durchaus gut geschrieben und informativ, aber ich bin einfach kein Typ für Biografien... Daher abgebrochen
  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    Queen Victoria gilt als prüde, ewig trauernde und zurückgezogene Matrone war sie das wirklich? Mit nur 18 Jahren bestieg sie den Thron. Mit 20 heiratete sie Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, mit dem sie neun Kinder hatte. Sie liebte Sex. Und sie setzte ihre Macht bewusst ein. Sie überschritt konventionelle Grenzen, äußerte klar ihre Meinung und begann nach dem Tod ihres geliebten Albert eine intime Beziehung mit ihrem Diener John Brown. Die Frau, die schon zu Lebzeiten einem ganzen Zeitalter ihren Namen gab, verkörperte selbst gerade nicht die bürgerlichen Traditionen und Konventionen, für die das viktorianische Zeitalter steht.
    Julia Baird schreibt mit großer erzählerischer Kraft die bewegende Geschichte einer Frau, die neben den wichtigen politischen Fragen ihrer Zeit mit vielen durchaus heutigen Probleme konfrontiert war: der Balance zwischen Arbeit und Familie, den Schwierigkeiten der Kindererziehung, Ehekrisen, Verlustängsten und Selbstzweifeln.


    Autorin (Quelle: amazon)
    Julia Baird ist eine australische Journalistin und Autorin. Die studierte Historikerin wurde 2005 in Sydney promoviert und war dann Fellow am renommierten Shorenstein Center in Harvard. Sie ist Kolumnistin der International New York Times und moderiert die Nachrichtensendung The Drum im australischen Sender ABC TV. Julia Bairds Artikel erscheinen u.a. in The New York Times, The Guardian, The Washington Post, The Sydney Morning Herald, Newsweek und Harper´s Bazaar.


    Allgemeines
    Titel der Originalausgabe: „Victoria the Queen“, ins Deutsche übersetzt von Hans Freundl und Maria Zettner
    Erschienen am 24.09.2018 bei wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) als HC mit 596 Seiten
    Gliederung: Familienstammbaum von Königin Victoria im vorderen Einband – Einleitung – Fünf Hauptteile mit insgesamt 30 Kapiteln – Nachbemerkung – Danksagung – Anmerkungen (Quellenangaben zu Zitaten) – Bibliographie – Bildnachweis – Register


    Beurteilung
    Die Biographie der Königin Victoria (1819 – 1901), „Großmutter Europas“, beginnt bereits mit der Schilderung der Situation in England nach dem Tod der Charlotte Augusta von Wales, die 1817 mitsamt ihrem Sohn im Kindbett starb. Die Gruppe der nächsten Thronanwärter bestand nun aus den alternden Brüdern von Charlottes Vater George IV, die jedoch keine (legitimen) Nachkommen hatten und schnellstens heiraten „mussten“. Den „Wettlauf“ um die Zeugung eines potenziellen Thronfolgers der nächsten Generation gewannen der Herzog von Kent und seine deutsche Ehefrau, am 24. Mai 1819 brachte die Herzogin ihre Tochter Victoria zur Welt.


    Die Biographie ist in fünf große Teile untergliedert, die sich mit Victorias Kindheit, ihrer Zeit als junge unverheiratete Königin nach ihrer Thronbesteigung mit 18 Jahren, ihrer Ehe und der Zeit der gemeinsamen Regentschaft mit ihrem Mann Albert von Sachsen Coburg und Gotha (1819 - 1861), ihrer Witwenschaft und den Jahren als alternde Königin und Kaiserin von Indien bis zu ihrem Tod beschäftigen.
    In allen Kapiteln wird die Persönlichkeit Victorias mit ihrem oft widersprüchlichen Charakter sehr gut zum Leben erweckt, der Leser erhält – häufig durch Zitate aus Briefen und Tagebucheinträgen der Königin – einen tiefen Einblick in das Leben und die Gefühlswelt Victorias. Dabei wird ihre Beziehung zu den wichtigsten Menschen in ihrem Leben intensiv thematisiert: die wechselvolle Beziehung zu ihrer sie einengenden Mutter, die erst allmählich harmonischer wurde, die Ehe mit Albert, den sie vergötterte und dem sie sich unterordnete, die Beziehungen zu ihren neun Kindern, die sie nicht alle gleichermaßen liebte, die Beziehung zu ihrem Freund (oder Liebhaber?) John Brown während ihrer Witwenschaft und natürlich die Beziehungen zu den diversen Premierministern, die sie im Laufe ihrer langen Regentschaft kennen- und in unterschiedlichem Maße zu schätzen lernte. In diesem Zusammenhang kommen selbstverständlich die politischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts zur Sprache sowie Victorias Einstellungen zu den unterschiedlichen Zielsetzungen ihrer verschiedenen Minister. An der Politik nahm Victoria bis zu ihrem Tod regen Anteil, auch die gesundheitlichen Probleme der letzten zwei Lebensjahrzehnte konnten sie nicht daran hindern.


    Der Leser bekommt nicht nur Informationen über Victoria und ihre Familie, sondern beobachtet auch fasziniert die Veränderungen, die das 19. Jahrhundert mit sich brachte: Die neue Sozialgesetzgebung verbesserte in kleinen, aber stetigen Schritten das Leben der Arbeiterschaft und auch die Rechtslage von Frauen, technische und medizinische Fortschritte katapultierten England im Verlaufe von Victorias Regierungsjahren und vor dem Hintergrund der Industriellen Revolution in die „Neuzeit“, bzw. das 20. Jahrhundert. Dabei begegnet der Leser einigen bedeutenden Persönlichkeiten der Zeit. Besonders interessant ist der Abschnitt über die von Albert maßgeblich mitgestaltete Weltausstellung von 1851 mit ihren gigantischen Besucherzahlen und faszinierenden Exponaten.


    Die Biographie ist in einem sehr flüssigen, gar nicht trockenen und gelegentlich auch dezent humorvollen Stil verfasst, trotz ihres Umfangs lässt sie sich relativ zügig lesen. Der Text wird durch zahlreiche Illustrationen aufgelockert. Umfangreiche Anmerkungen im Anhang (statt Fußnoten) und eine ebenso umfangreiche Bibliographie runden das Werk ab, allerdings wären zusätzlich eine chronologische Zeitleiste und eventuell eine kurze Übersicht über die vielen Premierminister noch eine Bereicherung gewesen. Ein kleiner Kritikpunkt: Albert war drei Monate jünger als seine Frau, nicht drei Monate älter, wie es auf Seite 20 dargestellt wird.


    Fazit
    Eine höchst informative und ansprechend geschriebene Biographie, die dem Leser Königin Victoria sowohl als Mensch als auch als Herrscherin gut nahebringt!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Originaltitel: Victoria The Queen

    Die Autorin (Amazon)

    Julia Baird ist eine australische Journalistin und Autorin. Die studierte Historikerin wurde 2005 in Sydney promoviert und war dann Fellow am renommierten Shorenstein Center in Harvard. Sie ist Kolumnistin der International New York Times und moderiert die Nachrichtensendung The Drum im australischen Sender ABC TV. Julia Bairds Artikel erscheinen u.a. in The New York Times, The Guardian, The Washington Post, The Sydney Morning Herald, Newsweek und Harper s Bazaar.


    Produktinformation (Amazon)

    Gebundene Ausgabe: 596 Seiten

    Verlag: wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) (24. September 2018)

    Sprache: Deutsch

    ISBN-10: 3806237840

    ISBN-13: 978-3806237849

    Originaltitel: Victoria The Queen


    Queen Victoria: Eine außergewöhnliche Frau

    In der Einleitung des Buches lesen wir, worum es in diesem Buch eigentlich geht.

    Victorias Vater, Edward, Herzog von Kent war der vierte Sohn von König George III. Da sein Bruder, der spätere König George IV. eine Tochter mit Namen Charlotte hatte war Edward der fünfte in der Thronfolge. Doch dann starb Charlotte – und die Brüder wurden allesamt aufgefordert, sich zu verehelichen, was sie auch taten. Doch nur Edward von Kent bekam eine Tochter, die überlebte: Die spätere Königin Victoria.

    Meine Meinung

    Dieses Buch ist ein Sachbuch, ich möchte es sogar Biographie nennen, das Julia Baird nach gründlicher Recherche geschrieben hat. Im Anhang teilt sie mit, mit welchen Vorgaben sie das Buch schreiben durfte. Doch dies galt nur für die Recherche bei der königlichen Familie. Doch gab es auch noch andere Quellen, die sie nutzte. Und hier gab es keine Einschränkungen. So können wir heute lesen, wie es Victoria als Prinzessin erging, und wie sie Königin wurde, als ihr Vater überraschend starb. Als sie dann Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha zum Ehemann nahm hatte sie sich schon an das Regieren gewöhnt. Doch Albert wollte selbst über das Land bestimmen, was ihm langsam aber sicher auch gelang. Mit der Zeit gab Victoria die Regierungsgeschäfte an Albert ab. Ob das immer gut war – da kann man geteilter Meinung sein. Victoria war etwas stur, sie ließ sich nicht viel sagen. Dies gelang nur Albert. Doch ich denke, er hat vieles richtig gemacht, allerdings wäre eine Mitsprache Victorias manchmal ganz gut gewesen. Laut diesem Buch war Albert ein Workaholic was vermutlich zu seinem frühen Ableben beigetragen hat. Von da an war Victoria jahrelang in Trauer, was für die Regierungsgeschäfte nicht gerade förderlich war. Doch mehr will ich hier nicht verraten. Meine Bewunderung gilt auch der neunfachen Mutter, was ich mir für mich persönlich nie vorstellen könnte.

    Eigentlich ist dieses Buch nicht unbedingt mein Genre, denn ich bin nur bedingt ein Leser von Biografien. Und die haben die Eigenschaft sich etwas zu ziehen. Obwohl alles was in dem Buch steht, seine Berechtigung hat. Doch das Leben von Queen Viktoria hat mich doch sehr interessiert zumal ja ein ganzes Zeitalter nach ihr benannt wurde. Und sie mehr als 63 ½ Jahre ihr Land regiert hatte. Erst die jetzige britische Königin Elisabeth II. hat sie in diesem Punkt inzwischen übertroffen. Als Anhang gibt es Anmerkungen (Fußnoten), eine Bibliographie sowie ein Register. Ebenfalls gut finde ich den Stammbaum, der auf der Buchdeckelinnenseite abgebildet ist. Insgesamt hat mir dieses Buch sehr gut gefallen. Es hat mir einen Einblick in das britische Empire vermittelt den sich so noch nicht hatte. Daher bekommt es von mir eine Lese-/Kaufempfehlung sowie volle Bewertungszahl.:bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Liebe Grüße
    Lerchie



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    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • Die Verfasserin dieser Biographie, Julia Baird, füllt einen sprichwörtlich gewordenen Begriff mit Inhalt: das Victorianische Zeitalter. In unzähligen Facetten entwirft sie ein umfassendes und detailliertes Bild der Monarchin, die wesentlich auch unser Bild von Großbritannien prägt. Das Entstehen einer Weltmacht, das Wachsen des Empire erschließt sich dem Leser ebenso nachdrücklich wie die Charakterzeichnung einer Frau, die mit ungeheurer Härte sich selbst gegenüber sich in den Dienst ihrer Nation gestellt hat. Die Autorin versteht es, auch durch eher skurrile Einzelheiten ihrem Bildnis der Herrscherin prägnante Züge zu verleihen, aber im Zentrum stehen immer die politischen Verhältnisse, die historischen Entwicklungen, denen diese Herrscherin ihr unauslöschliches Siegel aufgedrückt hat. Mit dieser Darstellung eines „kühnen Lebens einer außergewöhnlichen Frau“ gelingt Baird das Portrait einer Ära.

  • Victoria, die Rose Englands, die Großmutter Europas


    Queen Victoria, Biografie von Julia Baird, 608 Seiten, erschienen im Konrad Theiss Verlag.
    Welche Frau steckt hinter dem Mythos dieser großen, entschlossenen Herrscherin, nach der eine ganze Epoche benannt wurde?
    Das Werk ist chronologisch aufgebaut und in 5 Teile gegliedert, die in 30 Kapitel unterteilt sind. Vor jedem Kapitel sind Zitate verschiedener Zeitzeugen aufgeführt, die sich auf das jeweilige Kapitel beziehen. Die einzelnen Teile sowie auch die Kapitel erscheinen unter einem sich auf den Inhalt zusammenfassenden Titel. Sehr viele Bilder, Fotografien und Landkarten sind eingefügt, so kann sich der Leser zu jeder Zeit das Geschriebene bildhaft vorstellen, es hat mir gut gefallen, z.B. die beschriebenen Personen an den passenden Stellen vor Augen zu haben. Der Stammbaum ganz zu Anfang hat mir sehr dabei geholfen, mich in den verzweigten Familienzusammenhängen zurechtzufinden, ihn habe ich des Öfteren zu Rate gezogen. Zwischen den Texten befinden sich Tagebucheinträge, Briefe und Zeitzeugenberichte, die nützlich waren die Gedanken und Taten der agierenden Personen besser zu verstehen. Welche Recherchearbeit die Autorin geleistet hat, erkennt man an den Quellenangaben und Anmerkungen am Ende die über 100 Seiten umfassen.
    Alexandrina Victoria wurde am 24. Mai 1819 an 5. Stelle der Thronfolge geboren. Nur ihr Vater Edward, der Herzog von Kent war sich sicher, dass seine Tochter einmal den Thron besteigen wird. Sie war ein unbeherrschtes und trotziges Kind und hatte unter der Bevormundung ihrer Mutter und derem Vertrauten, John Conroy sehr gelitten. Am 20. Juni 1837 starb ihr Onkel William IV. und Victoria war mit gerade 18 Jahren die Herrscherin über das britische Weltreich. Im Alter von 20 Jahren heiratete sie Prinz Albert von Sachsen Coburg und Gotha, den sie sehr geliebt hat. Sie bekam 9 Kinder und 42 Enkel, ihre Nachkommen bevölkerten die europäischen Königshäuser. Ihr Gemahl starb nach 20 Jahren glücklicher Ehe und Victoria trauerte über vier Jahrzehnte um ihn. Sie litt zeitlebens sehr stark unter Verlustängsten und überlebte 3 ihrer Kinder und einige Enkel. Albert hatte ihr viel von den Regierungsgeschäften abgenommen, er war in dieser Zeit der heimliche König. Doch nach jahrelanger Trauer wurde sich Victoria ihrer Stärke bewusst und die vermeintliche schwache Frau bewies der Welt was für eine zähe und streitbare Herrscherin sie ist. Sie verstand es politisch klug, energisch und diplomatisch zu taktieren, regelmäßig ging sie an die Grenzen ihrer Befugnisse und nicht selten darüber hinaus. Sie herrschte über ein Viertel des bewohnten Gebiets der Erde und über 400 Mio. Menschen. Unter ihrer Regierungszeit hat sich die Welt verändert. Elektrizität, Telefon, Dampfschiffe, im Rechtwesen, Frauenrechte und in der Medizin wurden Fortschritte gemacht. Sie hat für ihr Land wichtige Gesetze und soziale Verbesserung durchgesetzt und etliche Kriege gewonnen. Viele berühmte Männer und Frauen waren Zeitzeugen. Darunter Florence Nightingale, Dickens, Oscar Wilde, Mark Twain, Conan Doyle usw. Die historischen Persönlichkeiten sind hervorragend charakterisiert. Ihre Regentschaft dauerte 63 Jahre. Am 22. Januar 1901 erschütterte ihr Tod die Welt.
    Diese Biografie über die große, kleine Königin (sie war nur 1,50m groß) hat mir sehr gut gefallen. Ich fühlte mich hervorragend unterhalten, konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe viele neue Einsichten erhalten. Dass Victoria, Albert sehr geliebt hat, war mir bekannt, aber wie stark diese Liebe war, habe ich durch dieses Buch erfahren. Bis an ihr Lebensende trug Victoria Trauerkleider. Auch die Kapitel über das Ehe- und Familienleben waren äußerst informativ, wusste ich doch nicht, wie fest Albert die Zügel der Regierung in seinen Händen hielt. Viel habe ich, nicht nur über die europäischen Herrscherhäuser dieser Zeit, sondern auch über die damaligen Lebensumstände erfahren. Interessant fand ich den Bericht über die Weltausstellung 1851.


    Wer sich ein Bild über Victoria, ihre Politik und das viktorianische Zeitalter machen will, dem kann ich dieses unterhaltsame Werk nur empfehlen. Gute umfassende Biografie, gute Unterhaltung – 5 Sterne. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study::musik::montag:


    Und wenn mir alle Königskronen für meine Bücher und meine Freude am Lesen angeboten wären: Ich würde sie ausschlagen.
    François Fénelon

  • Auch hier eine Eigenzitierung aus amazon.de:


    Frau Dr. Baird bekam die Idee über Königin Victoria zu arbeiten während der zunehmenden Präsens von Frauen im US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2008. Nach Verabredung mit ihrem Redakteur bei ABC begann sie dann mit der Recherchearbeit, die sie um die ganze Welt führen sollte, denn Archive zu Königin Victoria und dem Viktorianischen Zeitalter gibt es überall und sie alle haben unterschiedliches Material eingelagert. Und ab Mitte 2013 hatte sie dann – unter bestimmten Bedingungen – auch Zugriff auf die höchst exklusiven Royal Archives in Windsor. Dabei hat sich dann gezeigt, dass einige der Grundannahme zu Königin Victoria, die in der Öffentlichkeit und auch in Historikerkreisen existieren noch einmal überprüft werden müssten.


    Das vorliegende Buch ist nun das Ergebnis dieser ausgiebigen Recherchearbeit und ist in sich in fünf Abschnitte aufgeteilt, von denen der erste das Leben der jungen Prinzessin beschreibt und der zweite ihre Jahre als junge Königin, die sich aus dem Einfluß ihrer Mutter herauskämpfen muss. Der dritte Teil beschreibt dann ihre Ehe mit Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha und wie sich im Verlauf dieser etwa 21 die Macht mehr und mehr aus ihren in seine Hände verlegt hat, während Victoria damit beschäftigt gewesen ist, neun Nachkommen in die Welt zu setzen.


    Die letzten beiden Teile beschreiben dann die Jahre nach Alberts frühem Tod und somit die Zeit, die eigentlich das Bild von Victoria für die Nachwelt am Meisten geprägt haben - von einer kleinen mächtigen Frau in stets schwarzer Kleidung, die erst so nach und nach wieder mit ihren Untertanen Kontakt aufnehmen konnte - und schließlich von diesen beinahe vergöttert wurde. Auch wenn sie sich durchaus nicht so "göttlich" fühlte - und auch oft eher den Eindruck von Ohnmacht zu vermitteln suchte, den zumindest einige ihrer Premierminister nicht geteilt haben dürften. Außerdem liegen in dieser Zeit natürlich auch ihre sehr unterschiedlichen Beziehungen zu John Brown und Abdul Karim, die ja beide jeweils einen Spielfilm für sich beanspruchen können.


    Der ausgiebige Anhang beinhaltet eine kurze Darstellung der Entstehungsgeschichte dieses Buchs, über sechzig Seiten sehr ausführlicher – und auch in sich interessanter – Endnoten, eine umfängliche Bibliographie, das Bildverzeichnis und dankenswerterweise auch ein Register, was ein späteres Zugreifen auf Einzelaspekte des Buchs wesentlich erleichtert. Hier zeigt sich deutlich die wissenschaftliche Ausbildung und Orientierung der Autorin. Der Schreibstil ist eine Mischung aus journalistischem (im Sinne einer Reportage) und wissenschaftlichem Schreiben, was für eine extrem hohe Faktendichte auf den Seiten führt, die sich aus den vorhergehende Recherchen ableiten ließen. Allerdings ist es diese Faktendichte, die das Lesen gelegentlich erschwert, insbesondere, wenn es um die Zeit nach Alberts Tod geht, denn viele der nun ausführliche dargestellten Reaktionen und Verhaltensweisen sind bereits in den vorherigen Abschnitten zu Genüge erläutert worden und es gibt auch immer wieder zusätzliche Belege zu bereits eigentlich ausreichend belegten Charakteredarstellungen, die zwar in einer wissenschaftlichen Arbeit Sinn ergeben, beim Lesen aber schon ein wenig ermüden können.


    Aber es geht in diesem Buch nicht nur um Victoria, sondern auch um die dem englischen Königshaus verbundenen anderen europäischen Reichen und um die technologischen und sozialen Entwicklungen von dem Zeitpunkt, als Victoria den Thron besteig bis zu ihrem Verlassen der Welt. Und die Ausführungen dazu, die Dinge beschrieben, die der Königin zum Teil ganz entgangen zu sein scheinen, sind auch überaus interessant und durchaus lesenswert – auch wenn sie sich zum Teil in den Fußnoten befinden. Letztere lohnt es sich auf jeden Fall auch wahrzunehmen, bzw. sie nach dem Lesen des Haupttexts noch einmal als eine Art Buch im Buch zu lesen.


    Alles in Allem ein sehr informatives, wenn auch stellenweise ein wenig narrativ-holpriges Buch, das ich gerne weiterempfehle.

  • The important thing is not what they think of me, but what I think of them. (Queen Victoria)



    In der Biographie "Queen Victoria. Das kühne Leben einer außergewönlichen Frau" beschäftigt sich die australische Historikerin Julia Baird mit der berühmten Königin und Kaiserin, die einem ganzen Zeitalter ihren Namen gegeben hat. Queen Victoria gilt als prüde, ewig trauernde und zurückgezogene Matrone – war sie das wirklich? Mit nur 18 Jahren bestieg sie den Thron. Mit 20 heiratete sie Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, mit dem sie neun Kinder hatte. Sie liebte Sex. Und sie setzte ihre Macht bewusst ein. Sie überschritt konventionelle Grenzen, äußerte klar ihre Meinung – und begann nach dem Tod ihres geliebten Albert eine intime Beziehung mit ihrem Diener John Brown. Die Frau, die schon zu Lebzeiten einem ganzen Zeitalter ihren Namen gab, verkörperte selbst gerade nicht die bürgerlichen Traditionen und Konventionen, für die das viktorianische Zeitalter steht.



    Bei der Gestaltung des Schutzumschlages hat man sich an einem Schmuckstück der National Gallery in London orientiert. Das Cover zeigt ein berühmtes Gemälde der jungen Königin, das Franz Xaver Winterhalter geschaffen hat. Es wirkt weit weniger repräsentativ, wie man es bei ihrem hohen Rang erwarten könnte. Mit dem dunkel schimmernden Haar, das lose über ihre linke Schulter fällt, wirkt Victoria empfindsam, weich, verträumt und - shocking indeed - sinnlich. Der englische Titel ist in der deutschen Übersetzung beibehalten worden. Er ist sachlich und schlicht, wie es sich für eine wissenschaftliche Biographie gehört. Trotzdem baut der vielsagende Untertitel eine gewisse Spannung auf. Denn er verweist auf die exponierte Stellung der britischen Herrscherin, die eine besondere Rolle in der Weltgeschichte einnimmt.



    Leider ist die Quellenlage nicht so gut, wie man es auf den ersten Blick glauben möchte. Zwar hat Queen Victoria viele Aufzeichnungen (Briefe, Tagebücher, Publikationen) hinterlassen. Aber ihre Nachkommen haben das vorhandene Material einer strengen Zensur unterzogen und wichtige Unterlagen vernichtet, welche die berühmte Herrscherin in einem "unangemessenen" Licht gezeigt hätten. Dies gilt insbesondere für ihre umstrittene Beziehung zu ihrem Diener John Brown und einem indischen Munshi. Auch in der heutigen Zeit unterliegt die Nutzung der Archive strengen Auflagen, und alle Historiker müssen sich gegen Maßregelungen wehren.



    Trotz dieser Schwierigkeiten hat Julia Baird gründlich recherchiert und eine Fülle von interessantem Material zusammengetragen, das sie für ihre Leser gut aufbereitet hat. Mit Hilfe von Stammbäumen werden die komplizierten familiären Verhältnisse erläutert, und dank vieler Abbildungen und Karten wird der mit vielen Fußnotengespickte wissenschaftliche Text aufgelockert. Julia Baird gibt nicht nur einen Einblick in die gesamte Epoche, sondern lässt auch die Portraitierte selbst in gut ausgewählten Zitaten zu Wort kommen.


    Julia Baird schreibt in einem gut lesbaren Stil und lässt eine längst vergangene Ära lebendig werden. Inhaltlich lässt sich dieses 608 Seiten umfassende Werk in mehrere Sinnabschnitte gliedern, welche die wichtigsten Phasen im Leben von Victoria spiegeln. Für mich war es ein faszinierendes Erlebnis, den Menschen hinter der Maske der Herrscherin kennenzulernen, und ich spreche eine klare Lese-Empfehlung aus

  • Victoria, Königin und Frau




    Inhalt:


    Queen Victoria gilt als prüde, ewig trauernde und zurückgezogene Matrone war sie das wirklich? Mit nur 18 Jahren bestieg sie den Thron. Mit 20 heiratete sie Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, mit dem sie neun Kinder hatte. Sie liebte Sex. Und sie setzte ihre Macht bewusst ein. Sie überschritt konventionelle Grenzen, äußerte klar ihre Meinung und begann nach dem Tod ihres geliebten Albert eine intime Beziehung mit ihrem Diener John Brown. Die Frau, die schon zu Lebzeiten einem ganzen Zeitalter ihren Namen gab, verkörperte selbst gerade nicht die bürgerlichen Traditionen und Konventionen, für die das viktorianische Zeitalter steht.

    Julia Baird schreibt mit großer erzählerischer Kraft die bewegende Geschichte einer Frau, die neben den wichtigen politischen Fragen ihrer Zeit mit vielen durchaus heutigen Probleme konfrontiert war: der Balance zwischen Arbeit und Familie, den Schwierigkeiten der Kindererziehung, Ehekrisen, Verlustängsten und Selbstzweifeln.


    Meine Meinung:


    Eine spannend geschriebene Biographie, informativ und trotzdem lesbar wie ein Roman. Die australische Autorin und Historikerin Julia Baird legt mit dieser 596 Seiten starken Biografie ein wunderbares Werk über Queen Victoria vor. Der Leser erhält nicht nur trockene Fakten serviert, sondern erfährt viel Hintergrundwissen über die damaligen Lebensumstände. Schockiert hat mich der lockere Umgang mit Laudanum bzw. Opium, zum Beispiel verabreichten Nurses schreienden Babys davon, um sie ruhigzustellen, dadurch gaben die Säuglinge auch nicht laut wenn sie Hunger hatten und verstarben.

    Die Biographie ist in fünf große Teile gegliedert. Der erste Teil widmet sich dem Leben der Prinzessin, der zweite Teil der jungen Königin, im dritten Teil geht es um Albert, dem heimlichen König, der vierte Teil lautet: Die Witwe von Windsor, der fünfte und letzte Teil widmet sich der Regina Imperatrix (Königin und Kaiserin). Bei der Thronbesteigung war Queen Victoria gerade mal 18 Jahre alt. Ihre Regentschaft währte 63 Jahre. Unter ihrer Herrschaft wurde England zur Weltmacht. Victoria war eine kluge und sensible Frau, deren Leben von Tragödien überschattet wurde. Julia Baird gewährt Einblicke vor allem auch in das private Leben einer außergewöhnlichen Frau, einer Frau mit Emotionen und Gefühlen, die lieben und hassen konnte. Die Liebe zu Albert ihrem Mann hat mich berührt. Aus der Ehe gingen neun Kinder hervor.


    Fazit: Eine absolut lesenswerte Biografie, die an keiner Stelle langweilig wird.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Tolle Biographie einer interessanten Persönlichkeit


    Das Buch „Queen Victoria“ von Julia Baird ist als gebundenes Buch erschienen und hat 597 Seiten. Die Biographie selbst hat 494 Seiten. Im Anhang finden sich noch Bemerkungen, Bildnachweise etc.

    Auf der ersten Seite des Buches befindet sich ein Stammbaum von Queen Victoria. Da dies die erste Biographie in der englischen Geschichte ist, die ich gelesen habe, war der Stammbaum für mich Gold wert, da ich mich so gut orientieren konnte. Besonders in den ersten Kapiteln blätterte ich immer wieder nach vorne.


    Die Autorin hat es schon auf den ersten Seiten geschafft, mein Interesse an der Person Queen Victoria, zu wecken.Das Leben und Wirken von Queen Victoria wird interessant geschildert. Das Buch beginnt in ihrer Kindheit, wo wir auch ihre Eltern näher kennen lernen. In fünf Teilen, die jeweils in mehrere Kapitel unterteilt sind, erfahren wir mehr zu ihrem Leben. Auch die politische Situation nimmt, klarerweise, einen wichtigen Platz im Buch ein. Man kann gut mit Queen Victoria mitfühlen, es werden aber auch ihre Schwächen und schlechten Angewohnheiten aufgezeigt.

    Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Es gibt immer wieder sehr erzählende Abschnitte. Mit diesen Beschreibungen schafft Julia Baird es, die Atmosphäre der damaligen Zeit einzufangen. Ich fühlte mich immer wieder in diese Zeit „gezogen“.


    Bei einer so wichtigen Persönlichkeit wie Queen Victoria, lernen wir natürlich sehr viele Personen aus dem Umfeld kennen. Als mein Mann einmal beim Lesen neben mir saß und einen kurzen Blick ins Buch warf, fragte er mich, ob ich mich bei den ganzen Namen denn noch auskenne. Aber ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl einen guten Überblick über die diversen Personen zu haben. Wir lernen alle wichtigeren Personen näher kennen und sie werden ausführlich beschrieben. Die Autorin beschreibt auch oft die Vergangenheit der Persönlichkeiten und wie es mit ihnen außerhalb von Queen Victorias Wirkungsbereich weitergeht.


    Ich hatte viel Freude am Lesen der Biographie und habe hier eine interessante Persönlichkeit kennengelernt. Das Buch hat mich auch motiviert mehr historische Biographien zu lesen.

    5 Sterne von mir für diese gelungene Biographie.

  • Eine Frau, deren Regentschaft als viktorianisches Zeitalter bezeichnet wird, muss einfach außergewöhnlich gewesen sein. Zur damaligen Zeit war der Thron, anders als jetzt, nicht nur ein repräsentatives Amt. Es wurde direkt Einfluss auf das politische und gesellschaftliche Leben genommen und ganz nebenbei, natürlich abgepuffert durch unzählige Bedienstet und Lakaien, wurde eine große Familie gegründet. Frau und Mutter zu sein ist heute schon eine enorme Herausforderung für jede Frau. Für eine Königin die während ihrer Regentschaft fast ausschließlich von Männern begleitet wurde, muss das nicht minder anspruchsvoll gewesen sein.


    Julia Bairds Biographie der Victoria ist ein sehr umfangreiches Werk, aufgebaut wie eine Dissertation, allein das Quellenverzeichnis macht ein Fünftel des Buches aus. Die Autorin zeichnet den Lebensweg der Monarchin nach, von der vaterlosen Kindheit und Jugend, über die Krönung, die Heirat mit einem deutschstämmigen Prinzen und die darauf folgende Familiengründung, der Trauer um ihren Mann und ihre Regentschaft in der sie aktiv politisch mitwirkt. Das Buch ist mit reichlich Bildmaterial unterlegt, es kommen jedoch nicht nur engste Vertraute Victorias zu Wort, sondern auch berühmte Zeitzeugen wie Charles Dickens, Winston Churchill, Mark Twain, Florence Nightingale u.v.m. Beindruckend fand ich auch, dass die Autorin viele Entscheidungen, die Victoria während ihrer Regentschaft trifft, recht ausführlich in den geschichtlichen Kontext bringt. Es werden die prekären Arbeits- und Lebensbedingungen der armen Bevölkerung geschildert. Der hohe Anteil an Kinderarbeit (tlw. sind Vierjährige in den Erzgruben beschäftigt worden), desolate Wohnverhältnisse, grassierende Seuchen, die durch hygienische Missstände immer wieder ausbrechen und ganz besonders hart die ärmere Bevölkerung treffen.


    Für mich ist dieses Buch eine umfangreiche Schilderung der politischen Lage Europas des 19.Jahrhunderts. Viele politische (Fehl)Entscheidungen die dort getroffen wurden haben direkte Auswirkungen auf das 20. Jahrhundert und mittendrin eine emanzipierte Monarchin, die die Macht und Einflussnahme ihrerseits fordert, der weiblichen Bevölkerung aber erst zum Ende ihrer Regentschaft einige Zugeständnisse hinsichtlich ihrer Selbstbestimmung macht. Genau diese Ambivalenz macht Julia Baird mehrfach zum Thema.

    „Victoria“ ist eine Biographie, die man nicht so nebenbei durchliest, auf dieses Buch muss man sich bewusst einlassen. Für Leser mit einer Vorliebe für sehr gut recherchierte Geschichte, ein absolutes Muss.


    Ein Manko, das ich nicht in die Bewertung mit einfließen lasse (weil ich das der Autorin gegenüber ungerecht empfinden würde), sind die enormen Fehler in der Rechtschreibung und Grammatik. Ich kann jetzt nicht genau sagen ob das eventuell an der Übersetzung liegen könnte. Es sind jedenfalls so viele, dass ich mich, die sowas sonst gerne überliest, sehr gestört fühlte. Hier sollte vom Verlag noch einmal nachgebessert werden.

  • Sehr informativ und etwas schwer zu lesen


    Bei „Queen Victoria, Das kühne Leben einer außergewöhnlichen Frau“ handelt es sich um ein sehr ausführliches, sehr informatives Werk. Es umfasst fast 600 Seiten wobei knapp 100 Seiten Nachwort, Danksagung und Anmerkungen (statt Fußnoten). Also ein etwas unhandliches Buch…


    Für mich war der Stammbaum Victorias, der sich am Anfang des Buches befindet sehr hilfreich. Die immer mal wieder vorkommenden Drucke von Gemälden und Fotos ist eine schöne Auflockerung.

    Der Inhalt ist in 5 Teile unterteilt. Es befasst sich von ihrer Geburt, ihrer Abstammung bis hin zu ihrem Tod. Jeder „Lebensabschnitt“ ist noch einmal in versch. Kapitel eingeteilt. Zu Beginn wirkt das Buch sehr gut strukturiert, ließ sich locker leicht lesen. Später schwankt die Autorin immer wieder in der Zeit. (Also erst ist die Rede von einem Ereignis von 1844, dann im nächsten Abschnitt oder Kapitel geht sie auf 1842 wieder zurück. Das fand ich dann mit der Zeit etwas mühsam und schwer zu verfolgen.

    Inhaltlich finde ich das Buch sehr gut! Es bringt sehr tiefe Einblicke in das Leben Victorias. Man merkt schnell, dass es hier nicht darum geht Victoria im besten Licht darzustellen, sondern sie darzustellen wie sie wirklich war. Mit all ihren Stärken & Schwächen, allem Guten aber auch allen Ecken und Kanten die sie besaß. Besonders interessant fand ich Victorias Konflikt zwischen ihrem Autonomiebedürfnis, der Angst vor dem Verlust ihrer Macht und dem Wunsch sich ihrer großen Liebe ihres Lebens, ihrem Mann Albert in der Ehe traditionell unterzuordnen. Vieles was ich in diesem Buch gelesen habe, war für mich neu. Ich habe zwar schon einige Dokumentationen zu Queen Victoria gesehen, aber trotzdem waren viele Aspekte aus ihrem Leben die in dem Buch dargestellt wurde unbekannt. Das Lesen hat sich wirklich gelohnt!

  • Victoria, 1819 geboren, war von 1837 bis 1901 britische Königin und gab einer ganzen Epoche ihren Namen, einer Epoche, die durch ihre Prüderie, aber auch durch ihre wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse bekannt wurde. Victoria kennen viele vor allem als trauernde Witwe, die ihren Ehemann um 40 Jahre überlebt hat, aber vielleicht auch als Frau, deren Nachkommen in die meisten europäischen Monarchien eingeheiratet haben. Wer Victoria wirklich war, möchte Julia Baird in dieser Biografie aufzeigen.


    Die Biografie ist in fünf Teile gegliedert, die sich mit den verschiedenen Lebensphasen Victorias beschäftigen, ihr Leben als Prinzessin, als junger Königin, als Ehefrau, als Witwe und als alte Frau, es gibt die eine oder andere Überschneidung, aber mir gefällt dieser Aufbau sehr gut. Die einzelnen Teile werden weiter in insgesamt 30 Kapitel unterteilt, die mit einem jeweils sehr passenden Zitat eingeleitet werden.


    Victoria war von Anfang an eine eher schwierige Persönlichkeit, oft stur und eigensinnig, sie hatte ihre eigenen Vorstellungen und tat alles, diese durchzusetzen, auch wenn es ihr eigentlich nicht zustand. Albert, ihr Ehemann war ihre große Liebe, und sie hätte gerne mehr Zeit mit ihm als reines Ehepaar gehabt, doch schon kurz nach der Hochzeit war sie schwanger, und als Albert starb war Beatrice, das jüngste von neun Kindern, erst 4 Jahre alt. Nach Alberts Tod verklärte sie ihn und macht ihre Trauer zu einer Art Lebensinhalt. Ob sie nach ihm jemals wieder eine intime Beziehung zu einem anderen Mann hatte, ist fraglich, aber es besteht durchaus die Möglichkeit.


    Doch natürlich wird hier nicht nur über ihr privates Leben erzählt, als Königin beeinflusste sie die Politik und hatte einige Krisen durchzustehen, so fiel z. B. der Krimkrieg in diese Zeit und die Jack-the-Ripper-Morde (die hier nur am Rande gestreift werden, aber immerhin wurde einer ihrer Enkel eine Zeit lang verdächtigt). Über 60 Jahre war Victoria die Monarchin eines Weltreiches, und in dieser Zeit gab es eine Reihe von Veränderungen, wirtschaftlicher, politischer, wissenschaftlicher und sozialer Art, die sie nicht alle guthieß, die sie (oder auch ihr Ehemann) aber teilweise auch mit beeinflusste. Sie erlebte mehrere Premierminister, und nicht mit jedem kam sie gut aus, sie war mit verschiedenen anderen Herrscherhäusern verwandt, aber auch das war nicht immer positiv, sie musste viele Verluste erleiden, hat sich aber letztlich nie unterkriegen lassen, immerhin war ihr Wahlspruch „Ich werde nicht versagen“.


    Julia Baird hat umfassend recherchiert, und konnte auch weniger bekannte Dokumente einsehen. Sie zeigt auch auf, wie Dokumente über Victoria teilweise geschönt oder gar vernichtet wurden, und dass manches anders gewesen ist, als es zunächst scheint. Julia Baird musste sich gegen manche Widerstände durchsetzen, um all dies in ihre Biografie einfließen lassen zu können. Dennoch kann auch sie manchmal nur spekulieren. Insgesamt ist ihre Biografie gut geschrieben und transparent genug, dass der Leser sich ein eigenes Bild machen kann. Mich persönlich hat manchmal allerdings der etwas unwissenschaftliche, romanhafte Stil gestört, wenn z. B. auf S. 134 „Die rührselige Herzogen schwafelte ...“ über Victorias Mutter geschrieben wird oder auf S. 279 „... säuselte die Königin“ über Victoria selbst.


    Neben einem Familienstammbaum zu Beginn des Buches gibt es im Anhang ein interessantes Nachwort der Autorin, hier sind auch die umfangreichen Anmerkungen/Fußnoten aufgelistet, zum Teil bibliografische Nachweise, zum Teil aber auch zusätzliche inhaltliche Informationen, die man nicht überspringen sollte. Die obligaten Bibliografie, Bildnachweise und Register schließen das Buch ab. Passend zu einzelnen Kapiteln gibt es Karten, Fotos und Zeichnungen.


    Im nächsten Jahr jährt sich Königin Victorias Geburtstag zum 200. Mal. Wer sich über sie informieren möchte und sich für das viktorianische Zeitalter interessiert, liegt mit dieser Biografie nicht falsch. Wer schon ein bisschen über die Queen weiß, erhält hier womöglich eine neue Sicht auf sie. Gut lesen lässt sich das Buch allemal, hat aber schon einen gewissen Anspruch. Ich kann es empfehlen und vergebe 4 Sterne.

  • Eine gut recherchierte Biografie, die auch die Schattenseiten von Queen Victoria anspricht


    Autorin Julia Baird liefert eine gut strukturierte Biografie von Queen Victoria (1819-1901).

    In der Einleitung schreibt sie über die Schwierigkeiten, geschönte und zensurierte Quellen zu beurteilen. Besonders Tochter Beatrice hat zahlreiche Briefe und Dokumente vernichtet, die einen zu persönlichen Eindruck der Königin hinterlassen hätten können.


    Mich hat vor allem fasziniert, wie sich Victoria gegen ihre Mutter und deren Liebhaber (?) John Conroy durchsetzen musste und ein ziemliches Faible für Lord Melbourne hatte. Interessant, dass sich die Herrscherin über ein riesiges Weltreich nach ihrer Heirat mit Prinz Albert von Sachsen-Gotha sich ihm als besonders konservativ entpuppt: sie unterwirft sich ihrem Gemahl als Frau und Mutter, allerdings nicht als Regentin. Das wird erst später offenbar, dass sie sich immer mehr von ihm beeinflussen lässt. Ziemlich unmöglich finde ich, dass Albert seine Frau als „liebes Kleines“ anspricht. Für mich klingt das geringschätzend. Allerdings scheint er Victoria sehr geliebt zu haben und auf außereheliche Affären verzichtet zu haben. Deswegen haben ihn die Untertanen beinahe verachtet, weil für die Mächtigen damals unüblich.


    Die Zeit nach Alberts frühen Tod ist für Victoria recht schwierig. Interessant, dass niemand auf die Idee gekommen ist, die Königin möge abermals heiraten. Das habe ich noch nirgends gelesen.


    Einen breiten Raum nehmen auch die beiden Männer in ihrem späteren Leben ein: John Brown und Abdul Karim. Vor allem letzterer gilt als Hochstapler und hat die Sehnsucht der Königin nach Zuneigung schamlos ausgenützt.


    An den Ratgebern der Queen übt die Autorin leise Kritik, weil sie ihr nur ein recht einseitiges Bild ihrer Länder vermittelt haben. Mit ein bisschen mehr Durchblick hätte sich die Irland-Frage, die das Vereinigte Königreich bis heute beschäftigt, lösen lassen.


    Meine Meinung:


    Eine gut gelungene Biografie, die einen Einblick in das Leben dieser Herrscherin bietet, die 63 Jahre lang über ein Weltreich geherrscht hat. Sehr gut finde ich, dass die (Selbst)Zweifel von Victoria nicht ausgespart werden. Queen Victoria war eine beeindruckende Persönlichkeit mit vielen Facetten und voller Gegensätze.


    Der Schreibstil ist flüssig und wird durch eine Vielzahl von Zitaten sowie Illustrationen ergänzt.

    Das Cover ziert das Porträt der jungen Königin, gemalt 1843 vom deutschen Maler Franz Xaver Winterhalter.


    Für historisch Interessierte gibt es im Anhang eine ausführliche Bibliografie.


    Fazit:


    Gerne gebe ich für diese gut recherchierte Biografie 5 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)