Christina Dalcher - Vox

  • Über das Buch wurde hier so viel und so gut gesprochen, also will

    ich es auch lesen.

    Bislang stehe ich aber recht ratlos mit dem Buch da.


    Mir ist die Ausgangssituation unklar. Eine Dystopie hat meistens einen Anknüpfungspunkt

    in der Gegenwart: Umweltverschmutzung (wie die Bücher Maja Lundes), unpolitische Einstellungen (wie in Juli Zehs Buch "Leere

    Herzen") und dergleichen. Wo ist hier dieser Punkt? Diese neue Entwicklung, deren Zeitzeugen wir sind und deren Ausmaß

    wir noch nicht sehen?


    Und dann: wie konnte es so weit kommen, wieso sinken die Zahlen der weiblichen Senatoren und so fort -

    Frauen hatten doch das Wahlrecht? Wie begann diese Entwicklung? Die zitierte Zunahme an "Schulschießereien

    und Erektionsstörungen" hat mich jedoch erheitert.


    Noch etwas verstehe ich auch nicht. Alle Bücher werden entfernt. Aber wieso auch Kochbücher? Und im Internet

    müssten, folgt man der Logik des Romans, Rezeptsammlungen zur freien Verfügung stehen.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Zitat von drawe

    Wo ist hier dieser Punkt? Diese neue Entwicklung, deren Zeitzeugen wir sind und deren Ausmaß

    wir noch nicht sehen?

    Ich habe das Buch bisher noch nicht gelesen, kenne also nur den groben Inhalt.

    Demzufolge könnte man die Grundidee als von der MeToo - Debatte befeuert ansehen. Ich gehe aber stark davon aus, dass der Roman lange vorher entstanden ist und damit tritt es wohl in die Fußstapfen von Atwoods “Der Report der Magd”. Heißt, ich würde beim Lesen ständig Vergleiche ziehen.


    Was mich an “Vox” stört, ist die Grundidee. Ich finde, sie klingt wie ein alberner Herrenwitz.

    Ich habe daher gestern die Probe aufs Exempel gemacht und einem Kollegen erzählt , dass es ein Buch gibt, in dem eine Zukunft entworfen wird, in der Frauen maximal hundert Worte am Tag reden dürfen. Er entgegnete natürlich direkt: „Super, wann ist es denn soweit?”. Mein Kollege ist wirklich kein Macho, allerdings ist der Aufmacher einfach eine Steilvorlage.




  • Das möchte ich eigentlich ebenfalls noch lesen, jedoch zuerst ärgere ich noch etwas mit dem Buch "Der Skandal der Skandale" rum.:wink:


    Ähnelt "Vox" nicht etwas an das Buch von Margret Atwood "Der Report der Magd" - hat das eventuell schon jemand erwähnt und ich habe es überlesen.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Demzufolge könnte man die Grundidee als von der MeToo - Debatte befeuert ansehen.

    Da habe ich auch schon dran gedacht, aber das überzeugt mich nicht. Diese MeToo-Sache ist eine Facette

    der sog. Frauenbewegung. Und die gibt es schon länger. Und die Debatte ist wirkkräftig. D. h. wir sehen

    hier kein Anzeichen für eine kommende Entwicklung, und daher sehe ich keinen Ansatzpunkt für eine solche Dystopie.

    Ja, mag sein, dass die Debatte damit nur "befeuert" werden soll, aber es kommt mir arg übertrieben vor.

    Margret Atwood "Der Report der Magd" - hat das eventuell schon jemand erwähnt

    Ja, s. Post oben - aber das macht nichts. Dieses Buch MUSS einem einfallen, und Christina Dalcher hat hier einfach abgekupfert.

    Leider auch schlecht abgekupfert. Diese vielen unlogischen Handlungselemente stören mich kolossal, sie sind nicht ganz durchdacht. Die logische Stringenz von Atwoods Buch erreicht sie nicht.

    Noch nicht - ich bin ja noch am Lesen bzw. am Hören.

    Was mich an “Vox” stört, ist die Grundidee. Ich finde, sie klingt wie ein alberner Herrenwitz.

    :lol:

    Du bringst es auf den Punkt.


    jedoch zuerst ärgere ich noch etwas mit dem Buch "Der Skandal der Skandale" rum

    Viel Vergnügen wünsche ich Dir:)

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Zitat von drawe

    Diese MeToo-Sache ist eine Facette

    der sog. Frauenbewegung. Und die gibt es schon länger. Und die Debatte ist wirkkräftig. D. h. wir sehen

    hier kein Anzeichen für eine kommende Entwicklung, und daher sehe ich keinen Ansatzpunkt für eine solche Dystopie.

    Wenn Du das mit dem Report der Magd vergleichst, siehst Du dann einen Unterschied zu Vox oder wo war/ist für Dich bei Atwood der Ansatzpunkt?

  • Deine Frage finde ich richtig gut.

    Ich habe den Roman ca. 1990 gelesen und nur in Grundzügen in Erinnerung. Der Ansatzpunkt für Atwood war meiner Meinung nach

    die in der Wohlstandsgesellschaft einsetzende Zurückdämmung (oder wie man das nennen will) der Lebensmöglichkeiten von Frauen;

    die sog. Frauenbewegung bekam ja Aufschwung in den 70er und 80er Jahren. Das Thema hatte also eine andere Aktualität.


    Ich müsste den Atwood-Roman nochmals genauer lesen.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Christina Dalcher, Vox“ zu „Christina Dalcher - Vox“ geändert.
  • Aber wieso auch Kochbücher?

    Es könnte doch sein, dass Frauen mit Kochbüchern lesen lernen. Und das sollen sie bekanntlich auch nicht.


    Ich habe das Buch bereits vor ein paar Wochen gelesen und meine Meinung dazu gesagt. Mir kam weniger die MeToo-Debatte in den Kopf, sondern generell die Rückschritte, die man in vielen Entwicklungen feststellen kann, politisch, gesellschaftlich, humanitär, kulturell, ... und vieles davon ist demokratisch legitimiert. Das macht mir am meisten Angst bei der Sache.


    Vielleicht sollte man Dalcher zugute halten, dass sie einfach den worst case als Aufhänger nimmt, um auf die Gefahr aufmerksam zu machen. (Ob und was Schriftsteller bewegen können, ist natürlich auch so eine - andere - Diskussion.) Dass sie es nicht besonders gut macht und das ihr Buch am Ende in Liebe und Verfolgung endet, naja ... :(

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Vielleicht sollte man Dalcher zugute halten, dass sie einfach den worst case als Aufhänger nimmt, um auf die Gefahr aufmerksam zu machen.

    Das würde ich gerne - aber ich sehe eben die Gefahr nicht, das, was ich weiter oben als Ansatzpunkt gemeint habe.

    Mag ja sein, dass ich ein Zukunftsoptimist bin.


    Danke für den Hinweis auf Deine Rezension! Aber mir ist es lieber, das Buch erst mal zu Ende zu lesen und erst dann

    Rezensionen anzuschauen.

    Vielleicht liegen wir dann ja auch ganz weit auseinander? Bislang bin ich bei 2,5 bis 3 Sternchen.

    --------------


    Eines muss man dem Buch aber lassen: es baut Spannung auf. Ich will wirklich wissen, wie die Autorin den

    Spagat auflöst, in den sie ihre Hauptfigur gesetzt hat.


    Die Figur des Lorenzo hat mich erheitert. Lorenzo der Prächtige...

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Der Fortgang der Erzählung hat mich versöhnt. Die Autorin lässt ihre Protagonistin

    sehr souverän mit den Zeitebenen umgehen. Dass es dabei, was die Ebene der Zukunft angeht,

    gelegentlich zu Wiederholungen kommt, kann man ihr verzeihen.

    Sie baut auch sehr geschickt Spannung auf, das Buch entwickelt einen Sog weiterzulesen!


    Allerdings kann man geteilter Meinung darüber sein, dass sie das Motiv der globalen

    Bedrohung auch noch in ihrer Dystopie unterbringen muss.


    Aber dann kippt alles um. Das Ende kommt hoppladihopp, und da bleibt vieles unklar - es erschließt sich mir z. B. nicht,

    wieso nach der Räumung der Labors erst einmal die Schimpansin operiert werden muss. Mir hätte ein Ende besser gefallen,

    bei dem sich nicht alles so harmonisch-putzig auflöst.

    Sondern eines, bei dem man als Leser noch was zum Knabbern zurückbehält.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Sie baut auch sehr Spannung auf, das Buch entwickelt einen Sog weiterzulesen!

    Lese ich das gleiche Buch ? :loool: Na, dann besteht ja immerhin noch Hoffnung ^^. Bin jetzt bei 20 % des Ebooks und wirklich fesseln konnte mich das Ganze bisher noch nicht. Komme da nicht wirklich rein in die Geschichte und hatte schon überlegt abzubrechen. Dann bleib ich mal noch dran.

  • und hatte schon überlegt abzubrechen.

    Ich tu mich immer schwer mit Abbrechen.

    Das Buch ist ja weitgehend sehr positiv beurteilt worden - ich wünsche

    Dir eine gute Entscheidung!

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • und hatte schon überlegt abzubrechen.

    Ich tu mich immer schwer mit Abbrechen.

    Das Buch ist ja weitgehend sehr positiv beurteilt worden - ich wünsche

    Dir eine gute Entscheidung!

    Danke. Ich bin eigentlich immer recht gnadenlos mit abbrechen. :wink: Ich lese in dem Fall hier aber erstmal noch bis zur Hälfte weiter, vielleicht springt der Funke ja doch noch über.

  • Ähnelt "Vox" nicht etwas an das Buch von Margret Atwood "Der Report der Magd" - hat das eventuell schon jemand erwähnt und ich habe es überlesen.

    Das Gefühl hatte ich gestern, als ich in das Buch reingelesen habe: es spielt quasi in der Jetzt-Zeit und es spielt erneut mit der Idee eines theokratischen Staats, der Frauen unterdrückt. Wie bei Margaret Atwood sehr zeitnahe und damit bedrohliche Szenarien.

    Ich bin gut reingekommen beim Lesen, hab dann aber festgestellt, dass ich das Buch jetzt grad nicht lesen kann. Ich hatte schon beim "Report der Magd" fast depressive Anfälle bekommen, weil das Szenario so greifbar nah war - hier scheint mir das auch der Fall zu sein. :pale:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier